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Tagesbericht

22. Juli 1953
Information Nr. 1020

Stimmung der Bevölkerung

Am 10.7.1953 wurde von der Politabteilung Baruth1 eine Bauernversammlung einberufen, in der die Beschlüsse der Regierung behandelt wurden. In der anschließenden Diskussion sprach der Bauer [Name 1], wohnhaft in Paplitz, [Straße, Nr.]. [Name 1] stellte die Frage an die Versammlung, wie die Regierung ihre Beschlüsse verwirklichen will? Weiterhin stellt er die Forderung, falls die Häftlinge aus Paplitz nicht freigelassen werden, würden die Bauern aus Paplitz nichts mehr abliefern. Mit diesen Worten legte [Name 1] eine Resolution vor.

Am heutigen Tage legten fünf Gemeindevertreter von Paplitz ihre Arbeit nieder und fordern Rücktritt der Regierung. In beiden Fällen wurde eindeutig [Name 1] als Rädelsführer festgestellt. Von [Name 1] selbst ist bekannt, dass er in der Gemeinde das große Wort führt und sämtliche Maßnahmen der Regierung versucht, mit Argumenten des Hetzsenders RIAS zu diskreditieren. Besonders enge Verbindung unterhält [Name 1] mit dem Pfarrer des Ortes.

Nachstehend die Abschrift der Resolution:

Baruth, den 13.7.1953

Resolution

Wir Bäuerinnen und Bauern und Einwohner Gemeinde Paplitz haben in der heutigen öffentlichen Bauernversammlung folgende Resolution einstimmig angenommen:

Wir protestieren hiermit gegen die Urteile, welche gegen die Mitbürger Frau [Vorname Name 2], Frau [Vorname Name 3] und [Vorname Name 4] ausgesprochen sind und fordern: 1. Sofortige Überprüfung und Aufhebung der Urteile, 2. Freilassung der Obengenannten bis zum 30. Juli 1953. Die beiden Erstgenannten fuhren aus wirtschaftlicher Not mit Lebensmitteln nach Westberlin und wurden für Eier und Schlachtprodukte zu 5½ bzw. 5 Jahren Zuchthaus verurteilt.

Da wir Bürger in der DDR keine Möglichkeit hatten, lebenswichtige Bedarfsmittel zzt. zu bekommen, waren wir gezwungen, zu unseren Verwandten oder Bekannten nach Westberlin zu fahren und für unsere Produkte diese Sachen einzutauschen. Aus diesem Grunde sehen wir es nicht als Verbrechen an. Bei solcher Kleinigkeit so hohe Zuchthausstrafen auszusprechen, ist in unseren Augen ein größeres Verbrechen.

Der Letztgenannte war bei der Kapitulation und bei seiner Verhaftung 15 Jahre alt. Mehrere Jungen in diesem Alter spielten in ihrer Freizeit mit herumliegendem altem, unbrauchbarem Kriegsmaterial. Diese Spielerei wurde von einem damaligen Polizeiangestellten als Aufstand gegen die Rote Armee angesehen und der Genannte zu 25 Jahren Zuchthaus verurteilt. Da er in diesem Alter noch als Kind gilt, dürfte es als ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit angesehen werden, so ein Urteil auszusprechen. Alle anderen mitbeteiligten Jungen wurden bereits entlassen.

Die Frauen, welche in der Landwirtschaft bzw. Forstwirtschaft beschäftigt sind, werden hier dringend benötigt, um die Pflege- und Erntearbeiten der Eltern ordnungsgemäß durchzuführen. Um der schwergeprüften Mutter, welche auch ihren Mann im Kriege verloren hat, den Sohn, den Kindern die Mutter und der Mutter, welche Flüchtling ist, die Tochter wiederzugeben, verlangen wir die Aufhebung der Urteile und sofortige Freilassung.

Sollten diese unsere gerechten Forderungen keinen Anklang finden, sehen wir uns gezwungen, diesen Forderungen Nachruck zu verleihen. Wir werden ab 30. Juli des Jahres sämtliche Lieferungen an landwirtschaftlichen Produkten einstellen, bis diese Forderungen realisiert sind. Aufgrund der Beschlüsse vom 11.6. betrachten wir diese Forderung als gerechtfertigt und machen von den uns laut Verfassung zustehenden Rechten Gebrauch.

Diese Resolution ist zu senden an:

  • 1.

    die Kreisstaatsanwaltschaft in Zossen,

  • 2.

    den Präsidenten der DDR,2 Otto Grotewohl,

  • 3.

    den »Freien Bauern« Berlin.3

Paplitz, den 10. Juli 1953.

Bisher 34 Unterschriften gegeben, weitere werden noch gesammelt. Die gleiche Resolution wurde auch von der Gemeinde verfasst. Bürgermeister Sperling hat diese Resolution nicht unterschrieben.

gez. [Name 1]

Der Arbeiter [Name 5], beschäftigt im Werk 7. Oktober, äußerte sich in einer Unterhaltung über die am 16. und 17.6.1953 festgenommenen Personen: »Es wird ja nicht lange dauern, wahrscheinlich schon am Sonnabend wird eine Sache gestartet, die kann vielleicht 14 Tage dauern, aber dann ist alles in Ordnung gebracht.«

Dieselmotorenwerk Rostock

In dem Dieselmotorenwerk Rostock beabsichtigen 19 Kraftfahrer, falls sie nicht denselben Lohn erhalten wie die Fahrer der übrigen Schwerpunktbetriebe Rostocks (Neptunwerft und Warnow-Werft), am 23.7.1953 zu streiken. Bei der allgemeinen Lohnerhöhung für Schwerpunktbetriebe im Juni vorigen Jahres wurden die Kraftfahrer nicht berücksichtigt. Die Entscheidung liegt bei dem zuständigen Hauptabteilungsleiter des Ministeriums für Schwermaschinenbau, der am 23.7.1953 in diesem Werk anwesend sein wird. Anzeichen für Ausdehnung des Streiks sind nicht vorhanden.

Warnow-Werft

89 Monteure des EKM Finow, die normal zehn Stunden arbeiten, haben am heutigen Tage ihre Arbeit nach 8½ Std. niedergelegt. Grund dafür soll der Entscheid vom ZK sein, dass der Betrieb EKM Finow nicht nach Gehaltsgruppe I eingestuft wird. Tatsache ist, dass verschiedene Montagegruppen des EKM, die in der Werft tätig sind, nach der Gehaltsgruppe I entlohnt werden. Die Arbeitsniederlegung der Montagegruppe des EKM Finow hat sich bisher nicht weiter auf die Werft ausgedehnt.

Aus Rostock wird bekannt:

Die Ausgangssperre für sämtliche westdeutsche und ausländische Seeleute ab 23.00 Uhr hat unter diesen eine Missstimmung hervorgerufen. Die westdeutschen und ausländischen Seeleute äußern, dass sie es ablehnen, bei derartigen Bestimmungen die Häfen der DDR anzulaufen. Die bestehende Sperrzeit von 23.00 bis 6.00 Uhr erfolgte aufgrund eines Beschlusses der Regierung.

In einer Prämienbesprechung bei der HV Entwurf4 gab der Direktor des VEB Entwurfsbüro für Industriebau Plauen, Eisenwinter, Auskünfte über die Folgen des neuen Kurses auf den stillgelegten Großbaustellen. Die Stilllegung und der Abzug von Material wird von ihm als ein Chaos bezeichnet, wodurch eine starke Missstimmung unter den Arbeitern erzeugt wird. Durch Stilllegung der Zinnerzgruben Salisdorf müssten die Kumpels jetzt Stöcke roden, da andere Verdienstmöglichkeiten nicht vorhanden wären. Die angefangenen Bauten würden nicht so abgeschlossen, dass ein Weiterbauen zu einem späteren Zeitpunkt möglich wäre. Die Kumpels sowie Arbeiter könnten diese Maßnahmen nicht verstehen. Eisenwinter bringt zum Ausdruck, dass er bei dieser verbitterten Stimmung keinen seiner Leute zutrauen könnte, eine Baustelle zu besuchen.

[Name 6], Arbeiter am Stoßofen der Blockstraße des SAG EHW Thale, sagt: Er als Gewerkschaftsfunktionär steht auf dem Standpunkt, den 50%igen Sonntagszuschlag zu vernichten und dafür einzutreten, dass grundsätzlich ein freier Sonntag gewährt werden muss. Selbst der Obermeister der Blockstraße sei gleichgültig geworden, jeder Schwung und Liebe zur Arbeit fehlt. Die Mitglieder der SED an der Blockstraße sind müde geworden und es gibt keinen darunter, der den Mut aufbringt, offen über die Weiterentwicklung zu diskutieren. Die gesamte Belegschaft hält an ihrer abwartenden Haltung fest.

Anlage vom 22.7.1953 zur Information Nr. 1020 (1.Expl.)

Information Nr. 1020a: Forderung der Eisenbahner auf sozialem und lohnpolitischem Gebiet

Frankfurt/Oder: Betriebswerk Verschiebebahnhof

Die Brigadefahrer weigern sich, 50,00 DM in Zloty einzuwechseln, da sie in der Volksdemokratie Polen dafür nur sieben Brote kaufen können. Die Aufbewahrung der Verpflegung der Brigadefahrer ist in der heißen Jahreszeit schlecht. Die am Vormittag empfangene Verpflegung wird im Wohnwagen bereits abends ungenießbar. Ebenfalls ist die soziale Einrichtung schlecht. So stehen z. B. drei Wannen und fünf Brausebäder für eine Belegschaft von 2 800 Mann zur Verfügung. Auch ist das Dach im Umkleideraum der Werkstattgruppe undicht. Es besteht die Gefahr, dass die Decke einstürzt. Durch Feuchtigkeit entsteht laufend Kurzschluss, sodass im Umkleideraum oft kein Licht ist.

Auch durch das Dach des Lokschuppens regnet es. Gleichfalls sickert das Wasser vom Umkleideraum in der oberen Etage durch den Fußboden in die Lagerräume. Ebenfalls ist das Werksküchenessen schlecht und es wird die Errichtung einer HO- und Konsumverkaufsstelle im Bw gefordert. Weiterhin wurde die schlechte Bezahlung der Lokleiter kritisiert sowie die Tatsache, dass das Kilometergeld zwischen Heizer und Lokführer nicht einheitlich ist. Auch die Wagenmeister werden schlecht entlohnt. Die Brigadefahrer verlangen ihre Ablösung aus dem Transitdienst nach einem Jahr, wie es vertraglich festgelegt ist.

Reichsbahndirektion Erfurt

RAW Jena

Die Belegschaft ist mit der Einstufung in die Ortsklasse B nicht einverstanden, da die Arbeiter der Zeiss-Werke die Ortsklasse A erhalten.

RAW Meiningen

Hier wurde die Prämienverteilung anlässlich der Erfüllung des Halbjahresplanes unter der Belegschaft stark in aggressiver Weise diskutiert. Bekanntmachungstafeln, wo Aushänge angebracht sind, wurden beschmiert. Diese Diskussionen führten hauptsächlich Arbeiter der Lohnstufe I–IV.

RAW Gotha

Von der Belegschaft wird vor allem ausreichende Schutzkleidung gefordert. Die Arbeiter der Bauzüge verlangen eine Abänderung der Missstände in der Unterbringung derselben. So müssen drei Kollegen übereinander schlafen, der oberste liegt nur 20–30 cm vom Dach entfernt. Wenn ähnliche Sachen nicht abgestellt werden, wollen sie, wenn wieder gestreikt wird, mitmachen.

Unter den Lokheizern wird diskutiert, dass, wenn ein ungelernter Arbeiter als Heizer auf die Lok kommt und dort drei Jahre arbeitet, immer noch als ungelernter Heizer bezahlt wird. Man ist der Meinung, dass ein Heizer (wenn auch ungelernt) in drei Jahren bewiesen hat, dass er fähig ist, als Heizer zu arbeiten, und demnach auch bezahlt wird.

Bahnbetriebswerk Meiningen

Man ist mit der unterschiedlichen Bezahlung des Bahnbetriebswerkes gegenüber dem RAW Meiningen nicht einverstanden, da im Bw unter schwereren Umständen als im RAW gearbeitet wird und dort auch bessere Arbeitsbedingungen (Kran usw.) vorhanden sind.

Bahnhof Jena (Saalbahnhof)

Man fordert, dass bei Unfällen, wo keine Menschengefährdung eintritt, diese nur von der Reichsbahndienststelle bestraft werden und nicht wie bisher von drei verschiedenen Stellen (Partei, Polizei und Staatsanwaltschaft). Zur Untersuchung soll man nur Fachleute heranziehen.

Die Rangierer fordern eine Überprüfung des bestehenden Lohnsystems, da die Rangieraufseher einen niedrigeren Lohn erhalten wie die Rangierer.

RAW Meiningen

Von den Kollegen wurde die Werksleitung scharf kritisiert, da diese ohne Einverständnis der BGL und AGL diktatorische Maßnahmen durchgeführt hat. So wurde z. B. allen Arbeitern zu Weihnachten, die eine Prämie in Höhe von 70,00 DM erhalten sollten, diese nur ausgezahlt, wenn keine Disziplinarstrafen vorlagen, während dies bei den Angestellten nicht berücksichtigt wurde. Gleichzeitig wurde über die schlechte Materiallieferung diskutiert.

Bw Eisenach

Das Bw Eisenach ist für 400 Kollegen eingerichtet. Durch Verlagerung des Bw Gerstungen erhöhte sich die Beschäftigtenzahl auf 700. Dadurch sind die vorhandenen sozialen und sanitären Einrichtungen vollkommen unbefriedigend. Trotz mehrmaliger Mitteilung an die Reichsbahndirektion und Generaldirektion der Reichsbahn ist nichts geschehen.

Bahnhof Eisenach

Von den Kollegen wurde scharf Stellung genommen gegen Entlassungen von alleinigen Verdienern von Familien, während man andere, wo zwei Personen in der Familie arbeiten, weiterbeschäftigt. Von Kollegen aus dem Raum Gerstungen wird kritisiert, dass das Ministerium für Arbeit keine Zustimmung für die Erstattung des Fahrgeldes bei etwa 400 Kollegen erteilt, welche jetzt in Eisenach arbeiten und mit dem Omnibus zur Arbeit fahren müssen.

Reichsbahndirektion Schwerin

Von einigen Zweigen der RBD Schwerin traten Eisenbahner zusammen und verfassten Schreiben an den Präsidenten der RBD zwecks Forderung höherer Löhne. Die Bahnhofsvorsteher des Bezirkes Schwerin fordern, dass sie eine gerechte Entlohnung entsprechend der Verantwortung, die sie tragen, erhalten. Sie berufen sich auf die 2. Konferenz der Deutschen Reichsbahn, auf welcher Genosse Walter Ulbricht gesprochen hat und die zum Teil himmelschreienden Ungerechtigkeiten in der Lohnpolitik der Deutschen Reichsbahn aufzeigte.5 Sie verstehen nicht, dass sie trotz der hohen Verantwortung das gleiche Geld erhalten wie manche Angestellte. So wurde im Betriebskollektivvertrag 1953 den Dienstvorstehern sogar das Bereitschaftsgeld entzogen. Man ist der Meinung, dass man den Dienstvorstehern eine bessere Entlohnung geben muss, denn mit dem reibungslosen Betriebsablauf auf den Bahnhöfen und in der Güterabfertigung steht und fällt die Leistungsfähigkeit und das Ansehen der Deutschen Reichsbahn sowie die Erfüllung unserer Wirtschaftspläne.

Auf einer Versammlung der Gruppe Bahnanlagen wurde stark kritisiert, dass die Gruppe Techniker und Ingenieure in der Verwaltung nicht nach Gruppe I bezahlt wird. So kündigte der Gruppenleiter des Reichsbahnamtes Güstrow der Gruppe Bahnanlagen, Ventzki, seinen Einzelvertrag, dass er sich zu dieser Maßnahme gezwungen sähe, da den Technikern und Ingenieuren bei den Reichsbahnämtern und RBD seit einem Jahr nur Versprechungen gemacht werden, jedoch keinerlei befriedigende Maßnahmen zur Regelung ihrer Gehaltsfrage getroffen werden. Durch die neue Struktur bei den Reichsbahnämtern ist die Tätigkeit der jetzigen Gruppenleiter Bahnanlagen als Abteilungsleiter von der Gruppe M 11 auf A 10 herabgewertet worden. Diese Maßnahme zeigt, dass man vom Ministerium für Eisenbahnwesen die Tätigkeit der Ingenieure nicht so bewertet, wie es sein müsste.

RBD Schwerin, Gruppe Fahrzeuge

Hier wurde zum Ausdruck gebracht, dass von der ehemaligen Generaldirektion nichts unternommen wurde, um die Bezahlung der ingenieurtechnischen Intelligenz zu überprüfen. Man hat lediglich versprochen, das gesamte Lohngefüge bis zum 30.6.1953 zu verändern.

Reichsbahnamt Rostock

Die Eisenbahner fordern, dass sie jetzt auch die B-Lebensmittelkarte bekommen, da die Arbeit auf dem Güterboden ebenso schwer ist wie in der Warnow- oder Neptunwerft. In der Verordnung zur Verbesserung der Lage der Eisenbahner von 1952 wird im Nachtrag betreffs Handwerker, Meister und Ingenieure erwähnt, dass alle übrigen Regelungen im Mai 1953 herauskommen werden.6 Bis jetzt wurde aber noch nichts bekannt.

Bahnhof Schöneberg

Hier beschweren sich die Schrankenwärter, dass das Vertragsschrankenwärtersystem eine Gewaltmaßnahme war. Bei Nichtanerkennung dieses Vertrages wurde mit Entlassung gedroht. Später wurde der Vertrag widerrufen und gleichzeitig von der Generaldirektion der Reichsbahn die Nachzahlung anerkannt. Die Prüfungsstelle hat jedoch diese Nachzahlung als unrichtig angesehen. Die Folge ist, dass ein großer Teil des Betrages vom Lohn abgezogen wird. So kommt es vor, dass Kollegen 10 bis 15 Jahre abzuzahlen haben. Man ging sogar so weit, dass man die Rückzahlung auch von bereits Verstorbenen gefordert hat. Mit diesen Maßnahmen sind die Kollegen nicht einverstanden. In Bezug [auf] Dienstkleidung wird darüber gesprochen, dass man die Tragezeit wesentlich verlängert hat und auch die Beiträge für die Kleiderkarte erhöhte. Trotzdem ist ein großer Teil der Kollegen heute noch nicht mit Dienstkleidung beliefert.

Bahnbetriebswerk Rostock

Die Lokomotivschlosser sind in der Mehrzahl mit ihrem Verdienst nicht einverstanden, da der Verdienst der Lokschlosser in einem Bw gegenüber dem Verdienst der RAW-Schlosser zu gering ist. Die Bw-Schlosser müssen bei erschwerten Arbeitsbedingungen (warme Maschinen, Instandsetzungen) ihre Tätigkeit verrichten. Die Kohlenentlader, Ausschlacker, Betriebsarbeiter und Wagenmeister sind gleichfalls mit der Entlohnung nicht einverstanden.

Reichsbahnamt Aschersleben

In der Bahnmeisterei Klostermansfeld beschwert sich Kollege [Name 1], dass verschiedene Kollegen ihren Urlaub noch nicht haben, trotzdem nimmt man noch vom Amt Kollegen weg. Im Bahnhof Güterglück äußerte sich Kollege [Name 2], dass man die Beschäftigtenzahl verringert hat und man nicht weiß, wie man arbeiten soll. Ebenfalls sind die Wohnungen in Güterglück noch sehr schlecht. Weiterhin ist die Bezahlung der Schrankenwärter katastrophal. So gibt es Kollegen, welche vier Kinder haben und außerdem amputiert sind, die sich nicht einmal eine Zigarette kaufen können. Diesen Kollegen müsste einmal eine Anerkennung zuteil werden.

Im Bahnhof Güsten äußerte Kollege [Name 3], dass der Arbeitskräfteplan um zwölf Kollegen gekürzt wurde. Nun stand die Frage, wen entlassen? Es wurden die Schlechtesten herausgesucht. In Güsten wurde zum »Tag des Eisenbahners« eine Veranstaltung durchgeführt, welche Kollege [Name 3] bezahlt hat (700 DM). Er wartet heute noch auf das Geld.

Reichsbahndirektion Magdeburg

Lokbahnhof Osterburg

In diesem Betrieb herrschen katastrophale Zustände in der Übernachtung. Es sind für zwölf Mann Personal nur zwei Betten vorhanden, wozu eine Decke vorhanden ist und Bettzeug überhaupt nicht. Das Bw Salzwedel stellte ein Bett, jedoch ohne Matratze zur Verfügung. Ein mitgeliefertes Keilkissen wurde von den Kollegen zum Fenster hinaus geworfen, da es vollkommen vermodert war.

Bahnhof Haldensleben

Von allen Versammlungsteilnehmern wurde die geschlossene Forderung erhoben, dass Maßnahmen einzuleiten sind, dass von unserer Volkspolizei nicht jeder Mensch, dem ein Unfall zustößt, mit Handschellen abgeführt wird.

Kesselwagenwerk Magdeburg

Der Betrieb wird, trotzdem er einen Betriebskollektivvertrag abgeschlossen hat – wie die übrigen Betriebe der Reichsbahn und das Werk für die Eisenbahn – [und] wie das RAW arbeitet, anders behandelt. Die unterschiedliche Behandlung in allen Fragen ist der Grund der Unzufriedenheit der Kollegen. Diese Sachlage hat sich schon seit Jahren nicht geändert. Sie fordern die gleichen Vergünstigungen, welche ein Eisenbahner besitzt. Dies gilt insbesondere für Freifahrtscheine und Quartalsprämien.

Verschiebebahnhof Rothensee

Es wird darüber gesprochen, dass die höheren Organe die Wichtigkeit der Eisenbahn unterschätzt hätten, da sie weit schlechtere Arbeitsbedingungen hätten wie die Kollegen im Schwermaschinenbau, trotzdem haben diese gestreikt. Die Eisenbahner äußerten, dass sie trotz der schlechten Bedingungen weitergearbeitet haben. Ebenfalls sind schlechte Arbeitsräume vorhanden, da nirgends Schlämmkreide aufzutreiben ist. Für 500 Beschäftigte ist nur ein Versammlungsraum für ca. 60 Mann vorhanden. Es wird vorgeschlagen, dass in Rothensee ein Objekt geschaffen wird, wo gleichzeitig ein Erweiterungsraum für die Zugbegleiter als Umkleideraum benutzt werden kann. Das Bw Köthen benötigt unbedingt einen Waschraum und Umkleideraum für Frauen und für das Lokpersonal einen Ruheraum.

Reichsbahndirektion Halle

Bahnkraftwerk Leipzig-Connewitz

Die Turbinenmeister verlangen die Eingruppierung in die M 2.7 Diese Forderung wurde nach einer Beschwerde von der Präsidialkanzlei anerkannt, jedoch fühlt sich niemand zuständig für diese Eingruppierung.

Die Aschezieher (alles parteilose Kollegen) verzichten freiwillig auf die Zuteilung von Lederarbeitsschuhen und verlangen einfache Holzschuhe, da sie der Meinung sind, dass Lederschuhe durch heiße Asche verbrannt werden. Die Forderung der Gesamtbelegschaft ist Anerkennung als Schwerpunkt.

Signal- und Fernmeldemeisterei Dessau

Es wurde zum Ausdruck gebracht, dass [es] für Mitglieder8 der Kleiderkarte bei der Reichsbahn zwei Sorten von Menschen gibt, die mit »Großen Brettern« (Rangabzeichen) bekommen alles und die »Kleinen« bekommen nichts.

Bahnbetriebswerk Leipzig-Ost

Besonders unter den Frauen herrscht eine abwartende Haltung. Sie stellen die Forderung nach dem Haushaltstag.9 Ebenfalls wurden die Normen administrativ ohne Kenntnis der Frauen selbst festgelegt. So kennen die Frauen der Wagenreinigung ihre Norm nicht und vermuten, dass sie betrogen werden. Weiterhin fordern die Frauen, Einstufung nach der Lebensmittelkarte C für ihre Tag- und Nachtarbeit. Die Wagenölerinnen fordern Arbeitskleidung.

Bahnbetriebswerk und Bahnhof Roßlau

Hier wurde eingehend zur Realisierung des Betriebskollektivvertrages Stellung genommen, da der Amtsvorstand Jägerle einige Verpflichtungen auf sozialem Gebiet nicht termingemäß erfüllt hat. So wurde die Wasserzuleitung für das Aufenthaltsgebäude nicht fertiggestellt und das Aufenthaltsgebäude für die Bahnmeisterei ebenfalls noch nicht. Weiterhin verlangte man die Klärung der Entlohnung der Rangierleiter sowie den Wegfall von Strafen für kleinere Unfälle.

Bahnmeisterei Eilenburg

Es wird besonders gefordert, die Einstufung der Bahnunterhaltungsarbeiter in die Lohngruppe V10 vorzunehmen sowie eine bessere Zuteilung von Arbeitsschutz- und Arbeitskleidung.

Bahnbetriebswerk Falkenberg

Die Forderung der Kollegen bei Entlohnung war die Erhöhung der Ortsklassen von C auf B.11 Weiterhin fordert man bessere Zuteilung von Arbeitskleidung, besonders in den richtigen Größen, und die Einführung des Wirtschaftszweiglohngruppenkatalogs.

Reichsbahndirektion Halle (Bezirk)

Große Unruhe in den Bahnmeistereien, besonders bei den Streckenläufern, hat eine Verfügung des Ministeriums für Eisenbahnwesen hervorgerufen (Mitteilungsblatt 3/53), wonach ab sofort das Schuhgeld für die Streckenläufer von 4,50 DM pro Monat und das Fahrradgeld von 0,04 DM pro km entfällt.12

Eine weitere Ursache der Verbitterung der Kollegen in den Betrieben besteht darin, dass von der RBD Halle bei Schadenfällen von den Kollegen Schuldanerkennungen gefordert werden. Selbst bei Freisprüchen durch die Staatsanwaltschaft verklagt die RBD beim Arbeitsgericht die Arbeiter, um eine Anerkennung der Schadenforderung zu erreichen.

Bahnbetriebswerk Leipzig-Wahren

Der Obermeister [Name 4] erklärte den Drehern des Bw Wahren bei Bekanntgabe der Kennziffern zur Erhöhung der Normen, dass sie nicht mehr als 115 % verdienen dürften. Die Folge davon war, dass die Dreher statt acht Stunden nur sechs Stunden tatsächlich arbeiteten, um ja nicht über die 115 % hinauszukommen.

Bahnmeisterei Halle (I)

Hier sprachen in Diskussionen 18 Kollegen, die in der Hauptsache die mangelhafte Sorge um den Menschen durch die Gewerkschaften kritisierten.

Bw Röblingen

Die Einführung des Wirtschaftszweiglohngruppenkatalogs13 wird gefordert sowie eine einheitliche Entlohnung der Heizer. Auch wurde die Forderung nach Wohnraum für die Eisenbahner gestellt.

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    23. Juli 1953
    Information Nr. 1021: Analyse über die Vorkommnisse in den Chemischen Werken Buna vom 17.6. bis 22.7.1953

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