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Neue Flugschriften (1)

25. Juni 1956
Information Nr. 33/56 – Betrifft: Neue Hetzschriften

1) Ein vierseitig beschriebenes Hetzblatt mit der Überschrift: »Hier hilft kein Maulspitzen, hier muss gepfiffen werden« ist im Text so gehalten, als ob die Herausgeber Mitglieder der SED seien. Einleitend ist die Rede davon, dass die Bruderparteien der Volksdemokratien »konsequenter als unsere Partei« die Beschlüsse des XX. Parteitages der KPdSU1 auswerten würden. Nach einer Aufzählung, was seit dem XX. Parteitag in diesen Ländern alles geschehen sei, heißt es wörtlich: »Dagegen beobachten wir in unserer eigenen Partei eine Taktik, die nicht mit den Beschlüssen des XX. Parteitages in Übereinstimmung gebracht werden kann. Offensichtlich gibt es in unserer Parteiführung eine Gruppe, die nicht entschlossen ist, die Konsequenzen aus dem XX. Parteitag zu ziehen.« Auch fehlt es nicht an Hetze gegen den Genossen Walter Ulbricht, indem er aufgefordert wird, Selbstkritik zu üben. Das Ganze endet mit der Feststellung: »Man kann nicht alle Schuld auf den Genossen Stalin abwälzen, man muss die Gründe in der gesellschaftlichen Basis aufspüren, aus denen sich die schreckliche Gestalt des Überbaues ergeben hat. Die gibt es nicht nur für die SU, dies gilt auch für die Volksdemokratien und für die DDR. Hier hilft kein Maulspitzen, hier muss gepfiffen werden.«

2) Ein Flugblatt mit der Überschrift »Gedächtnis-Stütze« wirft die Frage auf, »was mit den Genossen geworden ist, die bei Neugründung der KPD dem ZK angehörten«. (Diese Genossen werden namentlich aufgeführt.)2 Die Antwort darauf lautet: »Sie fielen alle den Intrigen Ulbrichts zum Opfer …« Unterschrift: »Aufklärungsaktiv der alten KPD«.

3) Das SPD-Ostbüro3 gibt ein Flugblatt heraus, welches an die Bauern gerichtet ist und die Überschrift trägt: »Kämpft um jeden Fußbreit eures Bodens!« Ausgehend von den Zielen des 2. Fünfjahrplanes,4 den sozialistischen Sektor in der Landwirtschaft zu stärken und zu festigen, wird gegen den Beitritt zu den LPG gehetzt. Die Bauern werden aufgefordert »um jeden verbliebenen Fußbreit freien Bauernlandes zu kämpfen«. Sie sollen sich nicht einschüchtern lassen, denn es gäbe kein Gesetz, dass »den Eintritt in die LPG befiehlt«. Aufgabe der Bauern müsse es sein, möglichst »viel freies Bauernland in die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit hinüberzuretten«.

4) Ein anderes Flugblatt mit der Überschrift: »Liebe Bauern in der Sowjetzone!« (Herausgeber unbekannt) hetzt die Bauern zu Folgendem auf: »Wenn die Bonzen euch bedrängen – wegen den Mängeln in der Landwirtschaft – dann haltet mit eurer Meinung möglichst nicht zurück! Sagt ihnen in vorsichtiger Art, dass sie alleine mit ihrer Planwirtschaft schuld sind an diesem Versagen.« Des Weiteren wird versucht, die Bauern gegen die Pflichtablieferung aufzuwiegeln und gesagt: »Das unerfüllbare Abgabesoll zwingt den Bauern vielfach, noch dürftiger zu leben als ein Rentner.« Das Flugblatt trägt die Unterschrift: »Die deutsche Bauernwacht.«

  1. Zum nächsten Dokument Auswertung internen Materials des SPD-Ostbüros

    26. Juni 1956
    Information Nr. 34/56 – Betrifft Auswertung internen Materials des SPD-Ostbüros

  2. Zum vorherigen Dokument Krankenhaus der Volkspolizei Berlin

    23. Juni 1956
    Information – Betrifft: Krankenhaus der Volkspolizei Berlin [Information Nr. M131/56]