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Unzufriedenheiten bei der Intelligenz (4)

24. Juli 1956
Information Nr. 84/56 – Betrifft: Unzufriedenheit der Intelligenz (3. Bericht)

In der Zeit vom 16.5.1956 bis 10.7.1956 wurden wieder aus einigen Bezirken Anzeichen der Unzufriedenheit unter Angehörigen der technischen Intelligenz und Ärzten bekannt. Am stärksten kam das wieder zu materiellen Fragen, wie Wohnung, Entlohnung und andere, zum Ausdruck. Jedoch wurde auch eine Anzahl Äußerungen zu Fragen der Produktion sowie Qualifizierung und Weiterentwicklung bekannt, die beachtlich erscheinen.

1.) Zu materiellen Fragen

In dem VEB Kunstfaserwerk Premnitz, [Bezirk] Potsdam, kamen vor ca. 14 Tagen sieben Chemiker aus der Volksrepublik Ungarn, um in der DDR für eine Zeit von drei bis fünf Jahren in der Produktion zu arbeiten. Schon nach kurzer Zeit zeigte sich unter der dortigen Intelligenz eine Stimmung gegen den Einsatz und die Anwesenheit der ungarischen Chemiker. Diese Stimmung kommt in Äußerungen wie: »Ja, wir Alten bekommen kein höheres Gehalt, aber diesen werden gleich Gehälter von 1 100 DM gegeben« zum Ausdruck. Angeblich fehlt den ungarischen Chemikern die fachliche Qualifikation, was ebenfalls mit Grund zur Verärgerung und Spannung sein soll.

Die Ärzte des Krankenhauses in Luckenwalde, [Bezirk] Potsdam, bringen zum Ausdruck, dass sie zum Ministerium für Gesundheitswesen kein Vertrauen haben. Sie begründen ihre Meinung mit Folgendem: Sie haben seit Jahren an das Gesundheits-Ministerium die Bitte gerichtet, einen verantwortlichen Vertreter nach Luckenwalde zum Krankenhaus zu schicken, damit sie sich mit diesem aussprechen können. Da das Krankenhaus Luckenwalde hinsichtlich [der] Ärzte völlig unterbesetzt ist, sind die anwesenden Ärzte überbelastet. So erklärte Dr. [Name 1], Facharzt für Gynäkologie, dass er völlig fertig sei und ihm würden nur noch zwei Möglichkeiten bleiben, entweder als Arzt kaputtzugehen oder sich durch die Flucht nach dem Westen der Verantwortung zu entziehen. Dr. [Name 1] führte vor einigen Jahren monatlich ca. 80 bis 90 Entbindungen durch, jetzt sollen es monatlich ca. 700 bis 750 sein. Da die Planstellen im Krankenhaus sowie in der Poliklinik in Luckenwalde nicht ausgelastet waren, bekamen die Ärzte, die im Krankenhaus sowie in der Poliklinik arbeiteten, außer ihrem Gehalt von ihrer Planstelle noch einen bestimmten Betrag von einer leeren Planstelle, da sie ja die Arbeit leisteten. Vom Ministerium für Gesundheitswesen wurde später erklärt, dass das Krankenhaus Luckenwalde sowie die Poliklinik niemals sämtliche Planstellen in Anspruch nehmen würde, daher würde man einige Planstellen streichen. Diese Streichung wurde auch durchgeführt. Die Ärzte erhalten daher nur noch das Gehalt von einer Planstelle. Der Verdienst der Ärzte aus dem Krankenhaus beträgt ca. 35 % von dem Verdienst, den ein Arzt hat, der eine eigene Praxis besitzt.

Unstimmigkeiten sind auch unter der wissenschaftlich-technischen Intelligenz und unter den Lenkungskräften des Kraftwerkes Theißen, [Kreis] Zeitz, [Bezirk] Halle, und der Brikettfabriken Theißen und Draschwitz zu verzeichnen. Dieses ist auf die im Monat Mai gezahlte Quartalsprämie für das IV. Quartal 1955 zurückzuführen. Durch die nicht hundertprozentige Planerfüllung in den oben angeführten Abteilungen wurden die betreffenden Lenkungskräfte von der Prämie ausgeschlossen.

Alle freipraktizierenden Ärzte im Bezirk Halle beklagen sich besonders über die bestehenden Altersversorgungen und über die schlechte Betreuung durch den Feriendienst. Einige Ärzte des Kreises Naumburg berichteten, dass sie nach wenigen Tagen den Urlaub abbrachen, da sie völlig unzulänglich in den Heimen untergebracht waren. Dr. [Name 2], wohnhaft Halle-Kröllwitz, brachte Folgendes zum Ausdruck: »Meine zwei Söhne sind in Westdeutschland, weil sie in der Deutschen Demokratischen Republik nicht studieren können. Man kann doch nicht verlangen, wenn der Sohn eines Arztes intelligent ist, dass er Schlosser oder einen ähnlichen Beruf erlernt. Das ist auch ein großer Faktor, welcher meine Berufskollegen nach dem Westen zwingt. Warum soll das nicht gehen, dass Söhne von Ärzten und Arbeitersöhnen zusammen studieren?«

Aus den Kreisen Saalkreis und Köthen, [Bezirk] Halle, werden negative Diskussionen zur jetzt laufenden Fragebogen-Aktion bekannt. Verschiedene Personalabteilungen haben von sich aus die Ausfüllung neuer Fragebogen gefordert. Dazu erklärten Angehörige der wissenschaftlich-technischen Intelligenz des VEB Funkwerk Halle: »Wir füllen keine Fragebögen mehr aus; die wollen uns mit ihren Fragen nur fangen. Die Kaderabteilung hat auch festgestellt, dass die meisten Kollegen die Mitgliedschaft zur NSDAP nicht mehr angeben.«

Im technischen Büro der Abteilung Stahlbau des Betriebes VEB Kranbau Köthen, [Bezirk] Halle, sagte ein Angestellter dazu: »Wir befinden uns in einem Staat der Sklaverei und Verfolgung und müssen alle Schikanen auf uns nehmen. Die geistigen Urheber dieses Personalfragebogens sind verblödete Herren. Ich bin nicht gewillt, den Fragebogen auszufüllen, und sollten mir Schwierigkeiten bereitet werden, dann gehe ich nach dem Westen.« Ein anderer Mitarbeiter ergänzte: »Der Personalfragebogen trägt den Charakter einer Wehrstammrolle und ich lehne die Ausfüllung dieses Bogens ab.«

Aus dem Kunstfaserwerk Rudolstadt, [Bezirk] Gera, wird berichtet, dass besonders unter den älteren Kollegen der technischen Intelligenz Unzufriedenheit darüber herrscht, in welcher Art und Weise im November vorigen Jahres die von der Regierung verfügte Eingliederung des Werkes in einen anderen Industriezweig durchgeführt worden ist, die dem Ziele dienen sollte, die Gehälter des ingenieurtechnischen Personals anzugleichen. Dabei wurden bei einem größeren Teil der jüngeren Kollegen die Gehälter erheblich aufgebessert, wobei sie meistens das Anfangsgehalt der Gruppe I 3 erhielten.1 Die älteren Kollegen, welche sich fast alle in der Endstufe I 3 befanden, wurden zunächst erst einmal vollständig übergangen, sodass sie jetzt meistens ein Gehalt bekommen, das praktisch der neuen Gruppe I 3 entspricht. Aufgrund allseitigen Einspruches wurde dann im Februar eine Korrektur vorgenommen, jedoch nur so, dass diese Kollegen nur das Anfangsgehalt der neuen Gruppe I 3 erhielten. Weiter wird gesagt, dass, wenn jemand mit dem Weggang aus diesem Werk droht, erklärt man sich zögernd bereit, den berechtigten Forderungen nachzukommen. Diese Maßnahme wirkt sich dahingehend aus, dass immer wieder länger oder kürzer Beschäftigte aus diesem Personenkreis das Werk verlassen und dabei öfters auch nach dem Westen gehen.

In den Kreisen der Intelligenz wird verstärkt die Fahrt nach Westdeutschland diskutiert. Die Intelligenz des VEB Ölwerk Wittenberge, [Bezirk] Schwerin, verpflichtete sich im April 1956, nicht nach Westdeutschland zu fahren. Ein Ingenieur stellte einen Antrag auf Ausstellung der PM 12a,2 die ihm abgelehnt wurde, da seine Tochter vor zwei Jahren republikflüchtig wurde. In diesem Zusammenhang erklärte er, dass ihm die Lust zum Arbeiten vergangen wäre.

Die Intelligenz der Gasversorgung Schwerin bringt zum Ausdruck, dass sie es nicht verstehen, dass die Gehälter in den Elektrobetrieben höher liegen als bei der Gasversorgung und dass diese Frage wiederholt in den Gewerkschaftsversammlungen der IG Energie behandelt wurde, ohne zu einer Klärung zu kommen.

Im Entwurfsbüro für Hochbau in Schwerin steht im Vordergrund das Wohnungsproblem der Intelligenz, z. B. dass der leitende Diplom-Ingenieur mit drei Personen einen Wohnraum von 12 qm bewohnt, sein Stellvertreter mit der gleichen Personenanzahl einen 17 qm großen Raum benutzt, während weitere Ingenieure in möblierten Räumen untergebracht sind.

Unter der Intelligenz im VEB IKA-Werk Sondershausen, [Bezirk] Erfurt, ist Empörung und Unzufriedenheit über Wohnungsfragen vorhanden. In diesem Werk gibt es einige Ingenieure, welche schon jahrelang eine Wohnung suchen. Vonseiten des Wohnungsamtes war es bisher nicht möglich, diese Frage zu lösen, da eine Beauflagung für die Offiziere der Zentralschule der Grenzpolizei vorlag.3 Jetzt, nach Beendigung dieser Auflage, wird vonseiten des Wohnungsamtes erklärt, eine neue Auflage für die Angestellten der technischen Intelligenz der Forschungsstelle des Kaliwerkes »Glück auf« zu haben. Der Ingenieur [Name 3] macht sich als [sic!] Fürsprecher der anderen Ingenieure des Betriebes und stellte die Frage, »ist es denn im Rahmen unserer demokratischen Gesetzlichkeit überhaupt möglich, dass eine Dienststelle, wie der Rat des Kreises oder Bezirkes, eine Beauflagung für die Beschaffung von Wohnungen nur für einen Teil der Bevölkerung gibt und alle anderen Wohnungssuchenden bekommen jahrelang keine Wohnung?«

Dem Entwicklungsingenieur [Name 4] aus dem »Karl Marx«-Werk Magdeburg, der eine Altersversorgung und zusätzlich ca. 3 000 DM vom Werk erhält, wurde von der Werkleitung ein Schreiben vorgelegt, in welchem er sich bereit erklären soll, seine Arbeit für 1 200 DM durchzuführen. [Name 4] weigerte sich, diesem zuzustimmen. Nach Bekanntwerden erklärte der Oberingenieur Tschorn4 vom »Karl-Marx«-Werk Magdeburg, dass er unter solchen Verhältnissen im KMW kündigen will, um in einem anderen Werk in Magdeburg zu arbeiten; auch unter anderen Angehörigen der Intelligenz dieses Werkes hat der Vorgang Verärgerung hervorgerufen, die sich gegen die Werkleitung richtet.

Im VEB Waggonbau Niesky, [Bezirk] Dresden, ist ein großer Teil der technischen Intelligenz unzufrieden und bemüht sich um andere Arbeit. Die Ursachen liegen in erster Linie in unbefriedigender Bezahlung und nicht richtiger Behandlung durch die Kader- und Werkleitung. Ein Ingenieur brachte zum Ausdruck, dass er bereits 25 Jahre Praxis habe und dass ihm sein Gehalt vor Kurzem während seiner Krankheit unberechtigt von der I 3 auf die I 2 zurückgestuft wurde.5 Ein weiterer Angehöriger der Intelligenz brachte zum Ausdruck, dass vonseiten der Kaderabteilung mit ihm noch kein Gespräch geführt wurde und sich niemand um seine persönlichen Belange kümmert. Nach Rücksprache mit dem Werkleiter erklärte dieser, dass ihm keine Mittel für Gehaltserhöhung zur Verfügung stehen und solche nur mit Genehmigung der HV durchgeführt werden können. Wenn keine Veränderung eintritt, ist die Erfüllung der Pläne wegen Mangel an Konstrukteuren infrage gestellt.

Ein Intelligenzler aus Dippoldiswalde, [Bezirk] Dresden, ist unzufrieden darüber, dass ihm kein Interzonenpass6 ausgehändigt wurde. In seinen Diskussionen brachte er zum Ausdruck: »Wir sind ja weiter nichts als Sklaven, wir sind nicht frei, denn ein Freier darf sagen, was er will, ohne dafür eingesperrt zu werden.«

Auf einer Ärztetagung in Suhl erregte es Unzufriedenheit, dass verschiedenen westdeutschen Ärzten, die zu Besuch in die DDR mit einem Kraftwagen kommen wollten, die Aufenthaltsgenehmigung nicht genehmigt wurde. Besonders beschwerten sich die Ärzte Dr. [Name 5], Viernau, [Kreis] Suhl[-Land], und Dr. [Name 6], Benshausen, [Kreis] Suhl[-Land]. Diese brachten zum Ausdruck: »Andere fahren auch mit dem Auto zu Besuch in die DDR.« Dasselbe ist auch in der SVK Zella-Mehlis, [Kreis] Suhl[-Land], festzustellen, wo die Einreise der Verwandten der Angestellten [Name 7] und [Name 8] per Auto in die DDR nicht genehmigt wurde.

2.) Zu Fragen der Produktion, Qualifizierung und Weiterbildung

Im Bergbaumaschinenbetrieb Dietlas, [Kreis] Bad Salzungen, [Bezirk] Suhl, treten unter der Intelligenz Diskussionen darüber auf, dass sich höhere Regierungsstellen nicht um die Entwicklung dieses Bergbaumaschinenbetriebes kümmern. Sie bringen zum Ausdruck, dass die Bezirksleitung und auch die Kreisleitung der SED vom Betrieb neue Produktionsmaschinen für den Bergbau fordern, wie z. B. Rohrwagen, Streckenauffahrmaschinen, wozu der Betrieb auch bereit ist. Jedoch haben es die übergeordneten Dienststellen noch nicht für notwendig erachtet, Anfragen zu stellen oder die entsprechenden Aufträge zu erteilen. Dem Betrieb ist nicht bekannt, ob die Hauptverantwortung hierfür das Ministerium für Schwermaschinenbau oder die HV Kali trägt.

Aus dem VEB Ernst-Thälmann-Werk Suhl wird bekannt, dass vor ca. sechs Wochen ein Brief von einigen Ingenieuren an die Podolsker Mechanischen Werke7 in der UdSSR betreffs Erfahrungsaustausch über Wachsausschmelzverfahren geschrieben wurde. Dieser Brief hat ca. vier Wochen bei der BGL gelegen. Nach mehrmaligen Rücksprachen zwischen dem Ingenieurkollektiv, der BGL und BPO wurde dieser Brief weggeschickt. Die Ingenieure, die diesen Brief geschrieben haben, sind folgender Meinung: »Bis jetzt haben wir noch keine Hilfe oder Unterstützung in unserer Arbeit von diesen Stellen bekommen. Wenn wir dann einmal ein Anliegen haben, was sich zum Nutzen unserer Produktion auswirkt, so sollte man uns doch auch eine Unterstützung geben.«

Im Karl-Liebknecht-Werk Magdeburg ist als kommissarischer Werkleiter seit dem 15.6.1956 der Hauptingenieur Vinz,8 ehemals Technischer Direktor, eingesetzt. Der vorherige Werkleiter Kinzel9 ist zzt. ohne Arbeit. Der Vorschlag, eine Zentralschule für Werkleiter zu besuchen, wurde von ihm abgelehnt.

Im Kunstseidenwerk Premnitz, [Kreis] Rathenow, [Bezirk] Potsdam, ist seit einigen Monaten Dr. Störling als Chefarzt tätig. Dr. Störling steht absolut positiv zur Entwicklung in der DDR, ist aber unzufrieden wegen verschiedener Missstände. Diese Missstände hat er schon des Öfteren gemeldet, jedoch wurde nichts geändert. Aus diesem Grunde war Dr. Störling vor ca. drei Wochen beim Genossen Otto Grotewohl, um u. a. eine Aufbesserung der Planstellen für das Kunstseidenwerk zu erhalten. Dr. St. kehrte mit großem Optimismus von dieser Fahrt zurück, der aber schon wieder nachlässt, weil auch jetzt noch nichts verändert wurde. Zum anderen ist Dr. Störling nicht damit einverstanden, dass der Verwaltungsleiter der Poliklinik des Kunstseidenwerkes Premnitz noch nicht von seiner Funktion entfernt wurde. Zwischen dem Verwaltungsleiter Bielig und Dr. Störling bestehen des Öfteren Differenzen, an denen Bielig schuld ist. B. ist ehemaliger faschistischer Polizeileutnant, der in seiner ganzen Art die Funktionäre der Poliklinik verärgert. Bielig ist auch daran schuld, dass eine Jungärztin das Kunstseidenwerk verlassen hat. Dr. St. erwähnte in einem Gespräch, dass er, wenn sich die Verhältnisse in Bezug auf Bielig nicht ändern, auch zu diesem Schritt gezwungen wird. Zu erwähnen wäre noch, dass von der Kreisdienststelle Rathenow schon seit ca. einem Jahr vorgeschlagen wurde, den B. von seiner Funktion zu entfernen.

Im VEB Waggonbau Dessau, [Bezirk] Halle, besteht unter der Intelligenz die Meinung, dass, wenn nicht bald Aufträge für 1957 hereinkommen, es mit der Produktion 1957 genauso schleppend weitergehen bzw. noch schlechter werden wird als 1956, da wieder nicht genügend Vorlaufzeit für die Konstruktion vorhanden ist. Die wissenschaftlich-technische Intelligenz ist der Meinung, dass die Verantwortung für diesen Zustand bei der HV liegt, die genau wisse, wie es im Produktionsablauf aussieht, und sich doch Gedanken darüber machen müsste, dass schon 1½ Jahre lang ca. 4 000 Beschäftigte nur stundenweise arbeiten und die andere Zeit herumlaufen oder -sitzen würden. In gleicher Weise sind die Diskussionen unter den Arbeitern, die eine Delegation zu Walter Ulbricht entsenden wollen.

Im VEB Gaselan Fürstenwalde, [Bezirk] Frankfurt/O., besteht für ca. 100 Konstrukteure, die vom Hauptwerk übernommen wurden, Wohnraummangel. Außerdem ist eine Unterbringung in Arbeitsräumen zzt. nicht gegeben. Diese Unterbringung wäre gewährleistet, wenn der Rat des Kreises Fürstenwalde das Gelände, wo zum Teil der VEB Gaselan schon untergebracht ist, für diese Tätigkeit freigeben würde. Die Bemühungen des Betriebes haben jedoch bisher zu keinem Erfolg in dieser Sache geführt.

Aus dem Zentralinstitut für Gießereitechnik (ZIG) wird bekannt, dass Unzufriedenheit unter den Wissenschaftlern und Ingenieuren darüber herrscht, dass nur ein geringer Teil an der im September dieses Jahres in Düsseldorf/Westdeutschland stattfindenden Internationalen Gießereifachmesse teilnehmen kann.10 Es ist vorgesehen, dass aus der DDR insgesamt 31 Personen an dieser Tagung teilnehmen. Davon sind acht aus dem ZIG, welches jedoch 16 Vorschläge eingereicht hatte. Außerdem sind diese Wissenschaftler verärgert darüber, dass sie nicht vom 1. bis 9.9.1956, sondern nur vom 2.9. bis 7.9.1956 daran teilnehmen können. Nach Mitteilungen der HV Gießereien des zuständigen Ministeriums sollen alle Teilnehmer mit einem Bus nach Düsseldorf und zurückfahren. Dazu gibt es solche Meinungen, dass man dann lieber ganz auf die Teilnahme verzichten will oder dass sie in ihrem Urlaub privat an dieser Tagung teilnehmen wollen.

Im Werk für Fernmeldewesen Berlin löst die Tatsache, dass im Werk kein Werkleiter vorhanden ist, lebhafte Diskussionen aus. Den Angehörigen der Intelligenz sowie den Wirtschaftsfunktionären ist es unverständlich, wie von den vorgesetzten Dienststellen ein derartiger Zustand geduldet werden kann. Sie führen an, dass lange genug bekannt war, dass der ehemalige Werkleiter für eine andere Funktion vorgesehen war, und es deshalb notwendig gewesen wäre, rechtzeitig für einen Nachfolger zu sorgen. Die Bildaufnahmeröhrenentwicklung im Versuchswerk Berlin-Adlershof des VEB Werk für Fernmeldewesen soll auf Anweisung des Ministeriums für Allgemeinen Maschinenbau vom Versuchswerk getrennt und der Deutschen Post unterstellt werden. Von den Angehörigen der Intelligenz und der Leitung des Werkes wird diese Maßnahme als völlig falsch bezeichnet. Die Begründung dafür ist Folgende: Im Versuchswerk werden Studiogeräte, Bildaufnahmeröhren und das industrielle Fernsehen entwickelt. Zur Entwicklung des letztgenannten Zweiges werden vielseitige Bildaufnahmeröhren benötigt und die Herausnahme der Bildaufnahmeröhrenentwicklung würde deshalb für das Werk die Entwicklung des industriellen Fernsehens praktisch unmöglich machen. Diese Argumentation der Fachkräfte des Versuchswerkes blieb bisher unberücksichtigt. Der technische Direktor hat die Absicht, seine Funktion als Leiter des Arbeitskreises für Elektronenröhren in der DDR niederzulegen, wenn die Anweisung des Ministeriums verwirklicht werden sollte.

Wissenschaftler im VEB Elektrokohle Berlin, die auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung arbeiten, weisen darauf hin, wie positiv für den Betrieb sich ein Erfahrungsaustausch mit anderen Elektrofabriken auswirken würde. Für den VEB Elektrokohle steht die Aufgabe, eine größere und bessere Produktion herauszubringen, da sie für den Außenhandel der DDR von großer Bedeutung ist. Hauptsächlich auf dem Gebiet der Kohlebürsten- und Elektrodenentwicklung wäre dabei eine stärkere Beachtung der Erfahrungen anderer Länder erforderlich. Im Bericht wird darauf aufmerksam gemacht, dass in der Sowjetunion und in einigen Volksdemokratien Elektrokohlefabriken vorhanden sind und dass es für alle diese Betriebe – einschließlich des VEB Elektrokohle Berlin – einen großen Gewinn bedeuten würde, wenn ein Erfahrungsaustausch zwischen ihnen zustande kommt. Das würde sich schon darin zeigen, dass bestimmte einzelne Dinge, für die Erfahrungswerte in einem dieser Betriebe bereits vorliegen, nicht mehr von sämtlichen anderen Betrieben in Angriff genommen werden müssen, sondern durch eine gute Zusammenarbeit für alle Betriebe etwas Positives herausspringt und somit die gesamte Entwicklung der Elektrokohleproduktion vorangebracht wird.

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