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Vorfälle auf der »MS Saßnitz« im Hafen Trelleborg

21. August 1961
Einzel-Information Nr. 467/61 über Republikfluchten und Provokationen durch westdeutsche und schwedische Bürger unter Ausnutzung der Fährverbindung Saßnitz–Trelleborg

Seit dem 13.8.1961 ereignen sich im schwedischen Hafen Trelleborg Republikfluchten sowie Provokationen und Verleumdungen durch westdeutsche und schwedische Bürger gegen die Besatzung und die Touristen des Fährschiffes »Saßnitz«. Die Bürger der DDR werden zur Republikflucht aufgefordert, beschimpft und bedroht. Im Zusammenhang mit den Schutzmaßnahmen an der Grenze zu Westberlin wird die DDR verleumdet.

Im Einzelnen ereigneten sich seit dem 13.8.1961 folgende Vorkommnisse: Während der Liegezeit der »Saßnitz« in Trelleborg in der Nacht zum 13.8.1961 provozierten ca. 15 westdeutsche Bürger (z. T. Republikflüchtige der DDR) Touristen und Besatzungsmitglieder und forderten sie zur Republikflucht auf.

Am 13.8.1961 hatten um den Liegeplatz der »Saßnitz« ca. zehn bis zwölf Polizisten in Uniform und Zivil Posten bezogen. Wie ein schwedischer Rangierer von den Polizisten erfahren habe, würden sie auf Republikflüchtige warten.

Am gleichen Tage forderten zwei schwedische Passoffiziere Westberliner Reisende mit dem Hinweis, dass in Berlin Panzer aufgefahren seien, auf, mit dem Flugzeug über Westdeutschland nach Westberlin zurückzukehren. In den uns bekanntgewordenen Fällen wurde dies jedoch von den Westberlinern abgelehnt.

Am 15.8.1961 wurden vom Fährschiff »Saßnitz« aus, 30 Seemeilen von der schwedischen Küste, 15 Einheiten der westdeutschen Bundesmarine gesichtet. Ein U-Boot-Jäger umkreiste die »Saßnitz«.

Am 17.8.1961 provozierten zehn Jugendliche in Trelleborg die Besatzung der »Saßnitz« u. a. mit folgenden Worten: »Mehr Stacheldraht ziehen, das ist eure Freiheit. Wenn ihr an Land kommt, werdet ihr gelyncht. Man müsste euch den Hals abschneiden und Chruschtschow zum Frühstück servieren. Früher habt ihr ›Heil Hitler‹ geschrien, jetzt schreit ihr ›Heil Moskau‹. Wo sind Reiner Jahr und Horst Schulz (Mitarbeiter des MfS auf der Saßnitz), oder habt ihr einen neuen Spitzel der Staatssicherheit an Bord? Das nennt ihr Freiheit. Das ist eine Hölle. Wir müssen uns schämen, solche Landsleute zu haben.« Ähnliche Beschimpfungen und Drohungen erfolgten bis zum Auslaufen des Schiffes.

Als ein DDR-Tourist ins Wasser sprang, um republikflüchtig zu werden, und deshalb der Scheinwerfer eingeschaltet wurde, rief eine andere Personengruppe: »Macht den Scheinwerfer aus, ihr Landesverräter.«

Aufgrund dieser Vorkommnisse sah sich der Chefkapitän der »Saßnitz« gezwungen, am 19.8.1961 mit dem Bahnhofsvorsteher von Trelleborg eine Aussprache zu führen, in deren Verlauf der Schwede sich in seinem und im Namen der schwedischen Eisenbahner von den Provokationen distanzierte und dem Kapitän empfahl, sich an den Polizeichef der Stadt Trelleborg zur Einleitung von Sicherheitsmaßnahmen zu wenden, weil er als Eisenbahner im Hafen keinerlei Polizeigewalt hätte.

Zum Schutze der Besatzungsmitglieder der »Saßnitz« wurde vereinbart, dass sie zur Abfertigung der Waggons nicht mehr von Bord gehen, sondern die Papiere an Bord übergeben.

Am 20.8.1961 wurde erstmalig festgestellt, dass bei Ankunft der »Saßnitz« sich mehrere Ruderboote in der Nähe des Schiffes aufhielten, offensichtlich, um republikflüchtig werdende Personen aufzunehmen.

Ebenfalls am 20.8.1961, während der Liegezeit zwischen 14.45 bis 15.35 Uhr, sprangen zwei DDR-Touristen vom Bootsdeck über die Reling auf den ca. 8 m tiefer liegenden Trelleborger Landgangssteg. Dabei haben sich beide Personen vermutlich schwer verletzt, denn sie wurden von jugendlichen Provokateuren an Land gebracht und später mit Krankenwagen abtransportiert. Es handelt sich um die Personen:

  • Rodig, Konrad, geboren [Tag, Monat] 1939 aus Oranienburg, [Straße, Nr.] und

  • Eberhardt, Dieter, geboren [Tag, Monat] 1936 aus Berlin Weißensee, [Straße, Nr.].

Die Republikflucht wurde von dem Touristen [Name 3], geboren [Tag, Monat] 1935, wohnhaft Falkenthal Kreis Gransee, fotografiert. Der Film wurde sichergestellt.

Am 20.8.1961 forderten im Hafen Saßnitz Jugendliche vom schwedischen Fährschiff »Trelleborg« aus einen Genossen des AZKW auf, mit der Fähre die DDR illegal zu verlassen. Als der Genosse des AZKW darauf nicht reagierte, wurden ihm in deutscher und schwedischer Sprache hetzerische, gegen Genossen Walter Ulbricht gerichtete Äußerungen zugerufen.

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    21. August 1961
    [Bericht] Nr. 470/61 über die Situation aufgrund der Schutzmaßnahmen der DDR

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