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Ansichten von Teilnehmern der DDR-Olympiamannschaft

23. Dezember 1964
Bericht Nr. 1138/64 über Ansichten von Teilnehmern der DDR-Olympiamannschaft

Dem MfS liegen eine Reihe von Meinungsäußerungen von Teilnehmern der DDR-Olympiamannschaft vor, in denen insbesondere zum Verhältnis zur westdeutschen Olympiamannschaft, zu den Möglichkeiten der Bildung einer selbstständigen olympischen Vertretung der DDR und zu anderen sportlichen Problemen im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen in Tokio1 Stellung genommen wird.

Von den Olympia-Teilnehmern der DDR werden im Allgemeinen die Eindrücke über die Stadt Tokio als überwältigend bezeichnet. Besonders der hohe technische Stand japanischer Erzeugnisse, die neu erbauten Hochstraßen, überhaupt das Bautempo und das pulsierende Großstadtleben werden als wesentliche Eindrücke genannt.

Von diesem Gesamteindruck ausgehend schlussfolgern einzelne Aktive auf den Lebensstandard des einfachen Japaners, der im Allgemeinen als sehr hoch eingeschätzt wird.

Realistische und zwei kritische Äußerungen gab es nur von den DDR-Sportlern, die aufgrund ihrer Trainingsmöglichkeiten Gelegenheit hatten die Lebensbedingungen auch an der Peripherie der Stadt Tokio kennenzulernen. Im Gegensatz zu den allgemein geäußerten Ansichten vertreten sie auf der Grundlage der eigenen Beobachtungen die Auffassung, dass bei weitem nicht alle Menschen einen solch hohen Lebensstandard haben, wie es in den Hauptstraßen von Tokio erscheint. (Immo Rittmeyer,2 Dieter Ehrlich,3 Manfred Matuschewski,4 Siegfried Ballerstedt5 u. a.)

In den Äußerungen der DDR-Aktiven über das Verhältnis zu den westdeutschen Aktiven und Funktionären kommt fast übereinstimmend zum Ausdruck, dass kaum nennenswerte Kontakte untereinander bestanden. Mehrere DDR-Teilnehmer berichteten von einer merklichen Abkühlung der Beziehungen innerhalb der sogenannten gemeinsamen Mannschaft im Verhältnis zu den beiden vorhergegangenen Olympiaden in Melbourne6 und Rom.7

Lediglich in den für einige Disziplinen gebildeten »gemeinsamen Mannschaften« (Turnriege, Schwimmstaffeln usw.) sind nach Einschätzung der Beteiligten gute und sachliche Kontakte vorhanden gewesen. Die dabei geführten Gespräche hätten sich meist auf sportliche Probleme beschränkt. (Schwimmer: Pechstein,8 Wiegand,9 Dietze;10 Turner) Von den DDR-Teilnehmern wird im Allgemeinen erklärt, dass von beiden Seiten kaum ein echtes Bedürfnis für ein Näherkommen der Sportler der DDR und Westdeutschlands bestanden hätte.

Die Weisungen der Leitung des DDR-Mannschaftsteils wären klar und verbindlich gewesen, sodass die Sportler jederzeit gewusst hätten, wie sie sich zu verhalten haben. Außerdem wären auch die Kontakte zwischen Aktiven und Funktionären der DDR im Gegensatz zu Innsbruck gut gewesen, was sich ohne Zweifel günstig auf das Auftreten und Verhalten unserer Sportler ausgewirkt habe.11

Zu dem »abgekühlten« Verhältnis unserer Sportler zu den westdeutschen Aktiven hat nach Einschätzung einzelner Sportler auch das Verhalten der westdeutschen Sportler beigetragen, indem diese die einfachsten Höflichkeitsformeln verletzten und nicht einmal einfache Begrüßungen erwiderten (z. B. Mannschaft des Ratzeburger Achters)12.

Die beiden Magdeburger Wasserballspieler Ballerstedt und Vohs13 erklären über den westdeutschen Sportfunktionär Perrey,14 seine Freundlichkeit und Höflichkeit bei unmittelbaren Kontakten mit ihnen sei nur als Äußerlichkeit zu betrachten und konnte auch nicht über die bestehenden Differenzen hinwegtäuschen. Voss bezeichnete das Verhalten Perreys ihnen gegenüber als »geheuchelte Höflichkeit«.

Die wiederholten Versuche, über Presseberichterstatter Kontakte herzustellen, sind nach Äußerungen der Aktiven ebenfalls fehlgeschlagen, da sie sich nur soweit eingelassen hätten, wie es zur Sportinformation notwendig gewesen wäre.

Zu dem Problem »gemeinsame deutsche Olympiamannschaft«15 haben sich nach den vorliegenden Hinweisen im Ergebnis der Ausscheidungskämpfe und der Olympischen Spiele bei allen DDR-Aktiven übereinstimmende Ansichten herausgebildet. Von unseren Sportlern werden zwei deutsche Mannschaften gefordert. Nach Feststellungen unserer Sportler sind derartige Ansichten teilweise auch von den westdeutschen Sportlern vertreten worden.

Die von der DDR angeführte Begründung für die Notwendigkeit getrennter deutscher Olympiamannschaften – Existenz zweier deutscher Staaten erfordert zwei deutsche Olympiavertretungen – wird von den westdeutschen Sportlern im Allgemeinen abgelehnt. Von ihnen würden grundsätzlich nur sportliche Gründe für eine derartige Entscheidung angeführt.

Über die Aussichten zur Bildung von zwei getrennten deutschen Olympiamannschaften wird von Hockeyspielern unter dem Eindruck der Ereignisse in Tokio die Meinung vertreten, dass zur nächsten Olympiade in Mexiko (1968)16 kaum Chancen vorhanden wären, zwei getrennte deutsche Mannschaften zu entsenden. Als Begründung wird angeführt, solange das IOC unter Leitung von Brundage17 stehen würde, gäbe es in ihrer Sportart immer Ausscheidungskämpfe für Olympische Spiele. Da bis 1968 auch kaum mit einer völkerrechtlichen Anerkennung der DDR durch westliche Länder zu rechnen sei, wird auch keine Trennung im Sport eintreten.

Über die Beziehungen im Kanurennsport berichtete Jürgen Eschert18 vom ASK Vorwärts Potsdam, dass gute Beziehungen unter den Sportlern vorhanden waren. Eschert führte u. a. aus, in Tokio viele alte Bekannte wiedergetroffen zu haben, mit denen ein guter Kontakt bestanden hätte. Er bezeichnete sie als echte Sportkameraden, die ihm auch einen vollen Erfolg gewünscht hätten (z. B. der westdeutsche Trainer Franz Johannsen,19 Goldmedaillengewinner von Rom).

Völlig anders schätzt Eschert das Verhalten der DDR-Teilnehmer zum republikflüchtigen Perleberg20 ein.21 Nach seiner Auffassung hätte Perleberg gern wieder Verbindung mit unseren Aktiven aus der DDR hergestellt. Da man ihn jedoch bewusst gemieden und dies auch durch das persönliche Auftreten zu erkennen gegeben habe, sei die Atmosphäre für Perleberg sehr unangenehm gewesen und die offene Verurteilung seiner Handlungsweise deutlich geworden.

Eschert berichtete weiter über Gespräche mit westdeutschen Aktiven und Trainern über die Düsseldorfer Beschlüsse.22 Nach seinen Erfahrungen seien die Westdeutschen mit diesen Beschlüssen ebenfalls nicht einverstanden. Sie hätten wiederholt ihren Wunsch nach Wiederaufnahme des Sportverkehrs und nach ständigen Leistungsvergleichen betont.

Westdeutsche Aktive und Trainer hätten jedoch wenig Verständnis dafür gezeigt, dass vonseiten der DDR die Tokioer Angebote des westdeutschen NOK-Präsidenten Daume23 abgelehnt worden seien. (Nach seiner Ansicht hätten unsere Vertreter jedoch nicht reagiert, da Daume nicht berechtigt sei, das Westberlinproblem in den Sport mit einzubeziehen.)

Der Fünfkämpfer Uwe Adler24SC Halle-Kreuz erklärte, ein gutes Verhältnis mit den westdeutschen Sportlern in Tokio gehabt zu haben. Während des gemeinsamen Trainings sei es auch zu einem Meinungsaustausch zu Problemen der gemeinsamen Olympiamannschaft gekommen. Nach seinen Erfahrungen hätten die westdeutschen Fünfkämpfer einen vernünftigen Standpunkt eingenommen, indem sie sich zukünftig für zwei getrennte Mannschaften aussprachen.

Karin Balzer25 wies darauf hin, dass westdeutsche Sportfunktionäre im Gegensatz zu westdeutschen Sportlerinnen ihren Erfolg nicht beachtet hätten. Unter den westdeutschen Leichtathleten besteht nach den Eindrücken von Karin Balzer ebenfalls der Wunsch nach zwei getrennten Mannschaften, da sie den nervenzermürbenden Ausscheidungen aus dem Wege gehen wollen. Nach Bekanntwerden des Beschlusses der IAAF über die Aufnahme des DVfL der DDR als selbstständiges Mitglied wäre beispielsweise die westdeutsche Kugelstoßerin Klein26 auf das Zimmer unserer Mädchen gekommen und hätte erklärt, dieser Beschluss sei einfach »eine Wucht«. Nun hätte sie (die westdeutsche Klein) wenigstens in einer eigenen Mannschaft die Chance, an Europameisterschaften und an der nächsten Olympiade teilzunehmen.

Der Turner Peter Weber27ASK Vorwärts Potsdam – berichtete von einer zufriedenstellenden Zusammenarbeit und gutem Mannschaftsgeist in der gemischten Turnriege von Tokio. Nach seinen Erfahrungen ergab sich aus dem gemeinsam zu bestreitenden Wettkampf, dass auch jeder Turner sein Bestes gab. Die beiden westdeutschen Turner Fürst28 und Lyhs29 nahmen am gemeinsamen Training teil und fühlten sich dabei offensichtlich wohl. In der Turnriege hätte es keine Schwierigkeiten gegeben.

Von westdeutscher Seite wäre das gute Einvernehmen bei den Turnern benutzt worden, die in Tokio praktizierte »Gemeinsamkeit« auch als Beispiel für die nächste Olympiade in Mexiko-City zu propagieren. Die westdeutschen Turner hätten dazu jedoch einen anderen Standpunkt bezogen, da sie keine Wiederholung der Ausscheidungskämpfe wollen.

Unzufrieden äußerte sich Weber über die Presseberichterstattung und Kommentierung in unseren Publikationsorganen. Er bezeichnete die »abwertende Einschätzung« der westdeutschen Turner als nicht gerechtfertigt. Nach seiner Darstellung wäre unter allen DDR-Turnern eine übereinstimmende Meinung zu den Leistungen von Fürst und Lyhs, die sich augenscheinlich große Mühe gegeben und somit zum Gewinn der Bronzemedaille beigetragen hätten, vorhanden.

Achim Hill30 unterhält nach eigenen Angaben noch Kontakte mit verschiedenen westdeutschen Ruderern. Er betonte jedoch, dass sich diese Kontakte immer mehr lockern würden, da man sich immer seltener trifft und dadurch fremder wird. Von westdeutschen Ruderern ist ihm bekannt geworden, dass sie ablehnend zu einer gemeinsamen Mannschaft stehen. Nach dem merklichen Leistungsabfall der westdeutschen Ruderer in Tokio wären die Ausscheidungen als Begründung für die Ablehnung einer sogenannten gesamtdeutschen Mannschaft besonders strapaziert worden. A. Hill lehnt aus diesen Gründen, unter Bezugnahme auf das Versagen des Rostocker Zweiers mit Steuermann, gleichfalls eine »gesamtdeutsche« Mannschaft ab.

Von DDR-Teilnehmern wurden weiter folgende Probleme angesprochen

Olympiasiegerin Karin Balzer war in der Aussprache sehr unzufrieden darüber, dass ihr Ehemann – zugleich ihr Trainer –31 beim Staatsakt am 16.11.1964 nicht ebenfalls als »Verdienter Meister des Sports« ausgezeichnet worden sei. Sie ist der Ansicht, dass er nicht unerheblich an ihrem Olympiasieg beteiligt gewesen sei und dass er deshalb, wie allgemein üblich, hätte ausgezeichnet werden müssen. Mit der Einstellung des Weltrekordes über 80 m – Hürden und dem Gewinn der Goldmedaille wäre eine Auszeichnung mit dem Titel durchaus begründet gewesen.

Diese »Zurücksetzung« ihres Ehemannes gegenüber anderen Funktionären wäre auf »persönliche Dinge« zurückzuführen, deren Ursachen im Verband zu suchen seien. Das Verhältnis zwischen ihnen und dem Generalsekretär des DVfL Schöber32 vergleicht Karin Balzer mit dem »von Katze und Hund«. Die bestehenden Spannungen wären nach ihrer Meinung bei allen möglichen Gelegenheiten nur allzu deutlich erkennbar.

Betont resignierend erwähnte sie, dass man ihr doch nicht ewig ihre Republikflucht nachtragen könne.33 Wörtlich führte sie dann noch aus: »Entweder wir sind wieder vollwertige Bürger und genießen damit die gleichen Rechte wie andere auch, oder man muss es uns sagen, dass man mit zweierlei Maß misst und von Fall zu Fall Unterschiede macht.«

Karin Balzer beabsichtigte, falls sich bis Ende des Jahres nicht noch etwas ereignet (gemeint ist eine eventuelle nachträgliche Auszeichnung ihres Ehemannes), sich gemeinsam mit ihrem Mann an den 1. Sekretär des ZK, Genossen Ulbricht, zu wenden, wobei sie auf eine Reihe »unangenehmer Erfahrungen« hinweisen will, die sie bisher mit dem Leistungssport gemacht habe.

Rainer Dörner34SC Empor Rostock – äußerte sich negativ über das Verhalten Ingrid Engel-Krämers35 bei der Ankunft in Rostock. Bei der Ankunft sollten beide in einen offenen Wagen umsteigen, was sie jedoch ablehnte. R. Dörner hatte den Eindruck, dass Ingrid Engel-Krämer in ihren Empfindungen etwas überspitzt hätte, da sie sowohl in Tokio als auch bei ihrer Ankunft auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld und beim Deutschen Fernsehfunk völlig normal reagiert und den Reportern Rede und Antwort gestanden habe. In Rostock, wo sie sich den Menschen nur noch zu zeigen brauchte, hätte sie plötzlich ihre Nerven nicht mehr beisammen halten können und das Umsteigen in den offenen Wagen abgelehnt. Seiner Meinung nach bestehe die Verärgerung der Rostocker Bevölkerung völlig zu recht. Der Kaderleiter des SC Empor Rostock [Name] wies darauf hin, dass am Tage vor der Ankunft der Olympiateilnehmer in einer Beratung zwischen der Partei, der Stadtverwaltung und der Klubleitung festgelegt worden war, keinen großen Empfang durchzuführen. Am nächsten Tag wurde jedoch alles umgeworfen.

Über das Verhalten von Frank Wiegand in Tokio liegen ebenfalls negative Äußerungen vor. Von mehreren DDR-Teilnehmern wurde erklärt, dass er als Offizier der NVA in seinem Auftreten kein gutes Beispiel gegeben habe. Obwohl große Schwierigkeiten zwischen den Leitungen beider Mannschaftsteile bestanden, habe Wiegand das gute Verstehen mit westdeutschen Sportlern und Funktionären offiziell gelobt. Aufgrund des eigenen guten Kontaktes mit westdeutschen Sportlern soll Wiegand geäußert haben, dass sich die Sportler untereinander sehr gut verstehen würden. Frank Wiegand hatte zu seiner Hochzeit auch die beiden westdeutschen Schwimmer Hetz36 und Klein37 als Gäste eingeladen.

Mehrere Sportler, insbesondere der Fußball-, Hockey- und Wasserballmannschaft sowie Turner und Kunstspringer äußerten sich unzufrieden über die Schiedsrichterleistungen während der Olympiade. Von den Hockeyspielern wird die Auffassung vertreten, dass es ein abgekartetes Spiel war, die DDR-Auswahl nicht in die Endrunde kommen zu lassen, zurückzuführen hauptsächlich auf westdeutsche Intrigen.38

Unter den Wasserballern, die sich ebenfalls gegen die Schiedsrichterleistungen aussprachen, wird dahingehend argumentiert, dass man bei den nächsten Europameisterschaften trotzdem besser abschneiden will und in diesem Zusammenhang hofft, nicht immer nur Schiedsrichter vorzufinden, die gegen die DDR-Auswahl eingestellt sind. Der Wasserballer Klaus Schulze39 erklärte in einem Gespräch, dass Westdeutschland als Vertreter der sogenannten gemeinsamen deutschen Mannschaft eine bessere Platzierung erreicht hätte, da es vielfach die Schiedsrichter auf seiner Seite gehabt hätte.

Das am meisten diskutierte Problem bildete die Wettkampfrichterleistung des sowjetischen Wertungsrichters beim olympischen Turmspringen der Damen. Von Sportler wird dazu geäußert, hier wäre nicht immer eine objektive Einstellung zum Wettkampf vorhanden gewesen, wodurch Ingrid Engel-Krämer um olympisches Gold gebracht worden sei. Aus den Kreisen der Sportler gibt es in diesem Zusammenhang häufig sinngemäß Bemerkungen, wonach im Sport die Freundschaft aufhöre.

Gerhard Körner40ASK Vorwärts Berlin – und Peter Rock41SC Motor Jena – brachten z. B. zum Ausdruck, das man bei dem Spiel gegen Rumänien42 nicht mehr von Härte, sondern von bewusster Unfairness sprechen muss, die jede Achtung vor dem Gegner vermissen ließ und die es daher unter Sportlern befreundeter sozialistischer Länder nicht geben dürfte.

Der Wasserballspieler Heinz Mäder43SC Karl-Marx-Stadt – äußerte zu dem Problem freundschaftlicher Beziehungen zum sozialistischen Ausland Folgendes: Als wir noch im Wasserball schwach und gelehrige Schüler waren, da war die Sowjetunion bereit, Wasserballvergleiche mit uns auszutragen. Jetzt ist diese Bereitschaft nicht mehr vorhanden, weil nahe liegt, dass wir die SU eines Tages entthronen könnten, und so weit geht die Freundschaft eben nicht. Das gleiche trifft auch auf die ungarische und jugoslawische Mannschaft zu.44 Auf Unverständnis stößt dabei, dass dagegen solche Länder wie Ungarn, Jugoslawien, Sowjetunion häufiger Wettkämpfe in Westdeutschland austragen. In diesem Zusammenhang wird die mangelnde Unterstützung seitens der Fachverbände anderer sozialistischer Länder, besonders auch zur Durchkreuzung der NATO-Blockade bedauert.

Manfred Preußger,45 der nach eigenen Angaben ursprünglich die Absicht hatte, nach der Olympiade in Tokio die aktive Laufbahn zu beenden, will sich eventuell doch noch für die nächsten Olympischen Spiele vorbereiten, da er sich dazu durchaus noch in der Lage fühle. Allerdings müsse dazu bei den verantwortlichen Stellen ein echtes Interesse bestehen.

Immo Rittmeyer – SC Karl-Marx-Stadt – äußerte sich verärgert über eine angeblich beabsichtigte Streichung seiner Förderungsstelle, da die Begründung, ohne Perspektive wegen Alter (28 Jahre) von ihm als nicht stichhaltig betrachtet wird. R. betonte in der Aussprache, mit niemandem über seine Verärgerung gesprochen zu haben. Trotzdem seien bei den Ausscheidungskämpfen in Westdeutschland Personen mit der Absicht der Abwerbung an ihn herangetreten und hätten diese Frage als Anknüpfungspunkt benutzt. Rittmeyer erklärte weiter, dass es ähnliche Erscheinungen der Unzufriedenheit auch bei dem republikflüchtigen Wiedemann46 gegeben habe. (Über diesen Vorfall hat R. allerdings erst nach den Olympischen Spielen berichtet.)

Peter Weber vom ASK Vorwärts Potsdam wies auf einige Unstimmigkeiten unter den vier DDR-Turnern innerhalb der Olympiariege hin. Diese resultierten aus der seit längerer Zeit bestehenden Spannung zwischen den Leipziger Turnern und den Turnern des ASK Vorwärts. Während er die Sachlichkeit und Korrektheit des Turners Koppe,47 z. B. in Unterhaltungen mit den westdeutschen Turnern, erkannte, nannte er das Auftreten und Verhalten des Turners Fülle48 leicht beeinflussbar (z. B. Glanz der Stadt Tokio). Insgesamt hatte Weber vom Turner Fülle den Eindruck, dass dieser lieber westdeutsche Turner statt ASK-Vertreter in der gemeinsamen Turnriege gesehen hätte.49

Allgemein ist noch darauf hinzuweisen, dass viele Olympiateilnehmer großen Wert darauf legen, bei der Auswertung der Olympischen Spiele von Tokio um ihre Meinungen und Erfahrungen seitens der Verbände befragt zu werden.

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    23. Dezember 1964
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