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Havarie an Bagger im Tagebau Goitsche bei Bitterfeld

2. September 1964
Einzelinformation Nr. 715/64 über eine Havarie am Bagger D 1000/554 im Tagebau Goitsche, Bkw »Einheit«, Bitterfeld, [Bezirk] Halle, am 31. August 1964

Am 31.8.1964, gegen 21.30 Uhr, trat im Tagebau Goitsche – Baufeld II b – des Bkw »Einheit«, Bitterfeld, aus der Baggersprosse des Baggers D 1000/554 ein Böschungsausbruch in einer Länge von ca. 35 m, einer Breite von ca. 10 m und einer Tiefe von ca. 3 m auf. Da der Bagger D 1000/554 zum Zeitpunkt der Rutschung im Gebiet des Böschungsausbruchs stand, sackte er mit der vorderen Stütze die 3 m ab. Dadurch entstand am Bagger erheblicher Sachschaden, der erst in ca. zehn Wochen behoben sein wird. Der tägliche Ausfall an Abraum beträgt ca. 25 000 cbm. Nach vorläufigen Schätzungen wird der volkswirtschaftliche Schaden ca. 50 000 MDN betragen.

Die bisherigen Untersuchungen zur Ursache der Havarie ergaben Folgendes: Eindeutig wurde festgestellt, dass die Sicherheitsvorkehrungen für die Tätigkeit der Bagger im Tagebau Goitsche – Baufeld II b – unzureichend sind. Durch den Einsatz eines Sicherheitspostens, der laut Arbeitsschutzvorschrift erfolgen muss, hätte die Rutschung am 31.8.1964 vermieden werden können. Sicherheitsposten sind jedoch schon seit einigen Wochen nicht mehr im Einsatz, da die Betriebsleitung aufgrund eines im Mai 1964 gefertigten Gutachtens des Kollegen [Name 1] vom WTI der Ansicht war, dass die Sicherheit im Gelände gewährleistet sei. Demgegenüber ist jedoch bekannt, dass seit Monaten Rutschungserscheinungen bzw. Böschungsausbrüche im Baufeld II b auftraten (insgesamt neun), die auf wasserführende Sandschmitze und Harnischeinlagerungen zurückzuführen sind.

Kurz vor dem Böschungsausbruch am 31.8.1964 bemerkte der Baggerführer [Name 2] ein Knistern, von dem er annahm, dass es sich um eine Senkung der Eimerkette bzw. um eine Bremsenlösung am Bagger handelte. Nachdem eine persönliche Überprüfung diese Vermutung nicht bestätigte, wurde ihm durch die hinzukommenden Baggerführer [Name 3] und [Name 4], die zum Schichtwechsel erschienen, zugerufen, er solle den Bagger zum Schwenkende fahren, da im Boden Risse zu sehen sein. Baggerführer [Name 2] reagierte sofort und bewegte den Bagger noch ca. 7 m, wobei jedoch das Fahrwerk infolge der bereits eingetretenen Rutschung entgleiste. Von den ersten Wahrnehmungen des Baggerführers [Name 2] bis zur Havarie am Bagger waren ca. fünf Minuten vergangen, während ein eingesetzter Sicherheitsposten die Rissbildung sofort erkannt hätte. Der Bagger, der eine Fahrgeschwindigkeit von 9 m pro Minute aufweist, hätte dadurch in Sicherheit gebracht werden können. Diese fünf Minuten wurden vom Baggerführer jedoch gebraucht, um überhaupt die Ursache der aufgetretenen Geräusche zu ergründen.

Durch das MfS wurden weitere Untersuchungen zur restlosen Klärung der Ursachen der Havarie, insbesondere zur Verletzung der Sicherheitsbestimmungen, eingeleitet. Außerdem wurde eine exakte Überprüfung der bisher aufgetretenen Böschungsausbrüche durch eine Expertenkommission der VVB veranlasst.

  1. Zum nächsten Dokument Haltung des Westberliner Senats zur Passierscheinfrage

    4. September 1964
    Einzelinformation Nr. 718/64 über die Haltung des Westberliner Senats zur Passierscheinfrage im Zusammenhang mit der Volkskammertagung vom 1. September 1964

  2. Zum vorherigen Dokument Havarie an Bagger im Kombinat »Schwarze Pumpe«

    1. September 1964
    Einzelinformation Nr. 714/64 über eine Havarie am Bagger 643 der Förderbrücke 2 des Tagebaues Spreetal des Kombinates »Schwarze Pumpe« am 29. August 1964