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Ausschreitungen bei einem Beat-Konzert in Karl-Marx-Stadt

24. Februar 1965
Einzelinformation Nr. 162/65 über Ausschreitungen Jugendlicher bei einer öffentlichen Tanzveranstaltung mit den »Sputniks« aus Berlin im VEB »8. Mai« Karl-Marx-Stadt

Am 21.2.1965 fand im Saal des VEB »8. Mai« in Karl-Marx-Stadt die letzte von mehreren öffentlichen Tanzveranstaltungen mit den »Sputniks«1 aus Berlin statt, an der ca. 800 bis 1 000 Personen, vorwiegend Jugendliche, teilnahmen. Diese Veranstaltung verlief bis gegen 22.45 Uhr ohne Zwischenfälle.

Als die »Sputniks«, die zuletzt etwa 30 Minuten vorwiegend nur westliche Schlager spielten, gegen 23.00 Uhr ihr Programm beendeten, kam Erregung unter die Jugendlichen. Offensichtlich mit dem Abschluss des Programms zu diesem Zeitpunkt nicht einverstanden, äußerten sie ihre Erregung durch Pfeifkonzerte.

Der anwesende VP-Angehörige [Name 1] veranlasste daraufhin telefonisch das Schnellkommando in den Saal des VEB »8. Mai« zu beordern und wies das Kommando an, sich auf dem Balkon des Saales zu stationieren. Die anwesenden Jugendlichen bemerkten davon zunächst nichts.

Auf die Anwesenheit des Schnellkommandos wurden die Jugendlichen erst durch den Schlagzeuger der »Sputniks« aufmerksam gemacht, der bei der Verabschiedung den Jugendlichen unter Anspielung auf die auf dem Balkon anwesenden Volkspolizisten zurief: »Auf Wiedersehen. Hoch leben unsere Kollegen da oben, das sind die Größten.«

So auf das Schnellkommando aufmerksam gemacht, begannen die Jugendlichen erneut lautstark zu schreien und zu pfeifen und, als die »Sputniks« die Bühne verlassen hatten, Biergläser und Flaschen auf die Bühne zu werfen. Gleichzeitig mit dem Abtritt der »Sputniks« von der Bühne hatte sich das Schnellkommando der VP hinter die Bühne zurückgezogen.

In der Zwischenzeit war es Ordnungsgruppen der FDJ möglich gewesen, den Saal bis auf 50 Jugendliche zu räumen. Von diesen Jugendlichen hielten 20, der Aufforderung des Jugendlichen [Name 2, Vorname] folgend, die Bühne besetzt und leisteten der Räumung Widerstand, sodass das Schnellkommando eingesetzt werden musste. Von der VP wurde zur Räumung lediglich körperliche Gewalt angewandt. Bei der Entfernung der Jugendlichen aus dem Werkgelände ist – nach Aussagen der VP-Angehörigen – von diesen Jugendlichen aus größerer Entfernung gerufen worden: »Kommunistenschweine, Deutschland Erwache. SPD heraus2.« Ermittlungen zur Aufklärung dieses Vorfalls werden gegenwärtig noch geführt.

Neben [Name 2], der den VP-Angehörigen [Name 3] als »Schwein« bezeichnete, wurde im Zuge der Räumung auch noch eine Reihe weiterer Jugendlicher der Wache zugeführt, die im Verdacht standen, an den Ausschreitungen beteiligt gewesen zu sein und außerhalb des Werkgeländes Sachbeschädigungen begangen zu haben. Alle diese Jugendlichen wurden nach der Vernehmung wieder entlassen. Untersuchungen zur Feststellung der Initiatoren dieser Vorfälle werden noch geführt.

Bei vorangegangenen öffentlichen Veranstaltungen mit den »Sputniks« am 6., 7. und 20.2.1965 war es zu keinen Ausschreitungen und Zwischenfällen gekommen.

  1. Zum nächsten Dokument Zündung von Explosionskörpern auf Westberliner Reichsbahngelände

    26. Februar 1965
    Bericht Nr. 169/65 über die Zündung von Explosionskörpern auf dem Reichsbahngelände in Westberlin durch Angehörige der US-Armee am 25. Februar 1965

  2. Zum vorherigen Dokument Zugentgleisung in Marienehe

    24. Februar 1965
    Einzelinformation Nr. 160/65 ein Zugunglück am Haltepunkt Marienehe der Strecke Rostock–Warnemünde am 23. Februar 1965