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Überfliegen des Flugplatzes Tegel durch zwei MiG 21 der NVA

6. November 1965
Einzelinformation Nr. 987/65 über das Überfliegen des Flugplatzes Tegel/Westberlin durch zwei NVA-Düsenmaschinen (Typ MiG 21) des JG 1 am 4. November 1965

Am 4.11.1965, 12.53 Uhr, starteten vom Flugplatz Cottbus die Flugzeugführer Oltn. [Name 1, Vorname], geb. [Tag, Monat] 1940, NVA seit 30.10.1958, Politstellvertreter, 2. Staffel, JG 1, Mitglied der SED, und Ltn. [Name 2, Vorname], geb. [Tag, Monat] 1941, NVA seit: 29.10.1960, Oberflieger, 2. Staffel, JG 1, Mitglied der SED, mit den Düsenmaschinen Typ MiG 21, Nr. 918 und 920, zur Durchführung der Übung 113.

Zum Zeitpunkt des Starts war im vorgesehenen Übungsraum eine Wolkenbedeckung von 4/10. Die Übungshöhe betrug 15 000 m, die Geschwindigkeit 1,3 bis 1,5 Mach. In der Endphase der Übung verlor der Paarführer Oltn. [Name 1] die Raumorientierung. Er war der Annahme, dass sie sich zu weit südlich des Flugplatzes Cottbus befinden würden. Um den Flug abzuschließen und den Platz anzufliegen, gab Oltn. [Name 1] den Befehl zur Durchführung einer Kampfkurve rechts mit Ausleiten auf 300 Grad. In dieser Situation nutzte er jedoch nicht die Möglichkeit der genauen Standortbestimmung durch Bodennavigationsmittel. Durch Einpegeln des Funkkompasses auf das Funkfeuer glaubten beide Piloten, sich über dem Flugplatz Cottbus zu befinden. Sie durchstießen gegen 13.30 Uhr im Paar die Wolkendecke in der Höhe von 950 bis 500 m und erkannten plötzlich die dunkle Start- und Landebahn des Westberliner Flugplatzes Tegel. Unmittelbar beim Erkennen der für den Flugplatz Tegel charakteristischen Start- und Landebahn gab [Name 1] sofort das Kommando, auf Höhe zu gehen und links abzukurven. Von beiden Flugzeugen erfolgte daraufhin ein rechts vom Platz versetzter Überflug in Höhe von 500 m. Im Bereich der Zone 1 wurde dann der Schwielochsee als charakteristische Sichtorientierung erkannt und danach der Flugplatz Cottbus angeflogen.

Die Landung erfolgte um 13.38 Uhr und um 13.39 Uhr mit einer Kraftstoffreserve unter 200 Liter.

Nach den bisherigen Untersuchungsergebnissen liegt die Ursache für den Anflug des Flugplatzes Tegel darin, dass zwischen den Funkfeuern Cottbus und Tegel nur ein Unterschied von 2 kHz besteht und der Funkkompass auf das Funkfeuer Tegel ansprach. Diese Tatsache ist jedoch allen Flugzeugführern des JG 1 bekannt.

Begünstigend wirkte sich aus, dass der am 4.11.1965 als Flugleiter eingesetzte Oltn. [Name 3, Vorname], geb. [Tag, Monat] 1937, NVA seit 24.6.1955, Steuermann im JG 1, Mitglied der SED, nicht in allen Phasen des Flugdienstes die vorhandenen Bodennavigationsmittel nutzte, um sich über die Standorte der sich in der Luft befindlichen Flugzeuge des JG 1 zu orientieren. Erst nachdem er feststellte, dass die Maschinen 918 und 920 ihre Flugzeit überschritten hatten und Kraftstoffmangel eintreten musste, orientierte er sich vorrangig auf die Zurückführung der beiden Flugzeuge. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Maschinen Tegel jedoch schon überflogen und befanden sich im Anflug auf Cottbus.

Die bisherigen Untersuchungen ergaben, dass dem genannten Vorkommnis keine feindlichen oder provokatorischen Absichten zugrunde liegen. Alle drei beteiligten Personen werden gut beurteilt und als politisch zuverlässig eingeschätzt.

Durch die Einheitsleitung erfolgt eine eingehende Auswertung des Vorkommnisses sowohl hinsichtlich möglicher politischer Konsequenzen als auch hinsichtlich der festgestellten fliegerischen Fehler und Mängel.

Weiter wird die Frequenz des Funkfeuers des Flugplatzes Cottbus verändert, um ähnliche Vorkommnisse in Zukunft auszuschließen.

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    8. November 1965
    Einzelinformation Nr. 992/65 über Kontaktaufnahmen von NVA-Angehörigen der 1. Bootsgruppe Dömitz mit Besatzungen westdeutscher Zollboote und Fahrgastschiffe

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    6. November 1965
    Einzelinformation Nr. 986/65 über eine Gruppenfahnenflucht aus der 2. Kompanie/31. Grenzregiment im Bereich des VEB Bergmann-Borsig am 5. November 1965