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Interne Beratung der evangelischen Bischöfe über die Verfassung

19. Februar 1968
Einzelinformation Nr. 179/68 über zwei am 9. und 15. Februar 1968 stattgefundene interne Beratungen der evangelischen Bischöfe der DDR über die Annahme eines Schreibens zum Verfassungsentwurf an den Vorsitzenden des Staatsrates der DDR

Dem MfS wurde bekannt, dass am 9.2.1968 in Lehnin, [Kreis] Oranienburg, vor Beginn der Synode der Evangelischen Kirche der Union eine von Bischof Krummacher1/Greifswald kurzfristig einberufene streng vertrauliche Bischofskonferenz stattfand. An dieser Konferenz nahmen alle evangelischen Bischöfe der DDR – auch Bischof Mitzenheim2 – und einige juristische Berater teil. Außerdem waren anwesend: Präsident Hildebrandt3 von der Kirchenkanzlei der Evangelischen Kirche der Union (EKU), Oberkirchenrat Stolpe4 von der Kirchenkanzlei der »EKD« Berlin, Präsident Dr. Müller5/Schwerin, Präsident Johannes6/Dresden, Pfarrer Hamel7/Oberpredigerseminar Naumburg.

Die interne Tagung wurde von Bischof Krummacher eröffnet, wobei er den Sinn der Beratung damit erklärte, dass die evangelische Kirche ein Wort zur Verfassung8 annehmen müsse. Dazu legte Krummacher den vorbereiteten Entwurf eines Schreibens zur Diskussion und zur Unterschrift vor (siehe Anlage 1).

Im Anschluss daran entstand über den Entwurf der neuen sozialistischen Verfassung und über das vorgelegte Schreiben eine heftige Auseinandersetzung unter den Bischöfen. Bischof Mitzenheim erklärte sich mit einem Schreiben der evangelischen Bischöfe zur Verfassung grundsätzlich einverstanden, falls der Brief eine Bejahung des Verfassungsentwurfes vom christlichen Standpunkt beinhalte. Er erklärte, dazu müsste jedoch sein juristischer Berater, Oberkirchenrat Lotz,9 herangezogen werden, der bereits den ersten Brief an Staatssekretär Seigewasser10 erarbeitet habe und den alle Bischöfe gebilligt hätten. (Dabei handelt es sich um den Brief von Bischof Schönherr11 an Staatssekretär Seigewasser.) Dieser Meinung schloss sich dann auch Bischof Schönherr an.

Für den vorgelegten Entwurf plädierten hartnäckig Bischof Krummacher, Bischof Noth,12 Bischof Beste,13 Bischof Jänicke14 und Kirchenpräsident Müller.

Bischof Fränkel15 wandte sich ganz energisch gegen ein Schreiben zum Verfassungsentwurf und erklärte sinngemäß, jegliche Stellungnahme zur Verfassung bedeute eine Anerkennung der DDR und das müsse verhindert werden.

Nach einer heftigen Debatte ergab eine erste Auswertung, dass von den acht Bischöfen außer Mitzenheim und Fränkel sechs Bischöfe bereit waren, zu unterschreiben.

Da keine Einigkeit erzielt worden war, wurde die Besprechung abgebrochen. Ursprünglich war vorgesehen gewesen, den Brief bei Einmütigkeit der Bischöfe der Synode der EKU sowohl in Potsdam als auch in Westberlin vorzulegen.

Dem MfS wurde weiter bekannt, dass während des Verlaufs der Teilsynode der EKU in Potsdam in internen Besprechungen eine neue Fassung eines Schreibens zum Verfassungsentwurf erarbeitet wurde, an deren Zustandekommen besonders Oberkirchenrat Stolpe, Präsident Johannes und Pfarrer Hamel nach häufiger Konsultierung mit Bischof Krummacher beteiligt waren. Die einzelnen evangelischen Bischöfe der DDR wurden im Verlaufe der Teilsynode der EKU in Potsdam-Babelsberg vor allem durch Stolpe, Hildebrandt, Johannes und Hamel zur Unterschriftsleistung bewegt. (Ausgenommen war Bischof Mitzenheim, der nach der internen Bischofskonferenz abgefahren und trotz erneuter Einladung zu einer Aussprache nicht mehr angereist war.) Aufgrund der massiven Beeinflussung zur Unterschriftsleistung unter diese zweite Fassung zogen jedoch die Bischöfe Schönherr und Jänicke ihre vorherige Bereitschaft zur Unterschriftsleistung zunächst zurück.

Nach Beendigung der Synode der EKU (Teilsynode Potsdam-Babelsberg) wurde eine erneute Bischofsberatung anberaumt, die am 15.2.1968 in der Zeit von 14.00 bis 21.00 Uhr tagte. Zu Beginn und während des Verlaufs der Bischofskonferenz wurde mehrmals auf den streng vertraulichen Charakter der Beratung hingewiesen. Der Einladung waren alle Bischöfe gefolgt – bis auf Bischof Mitzenheim, der eingeladen worden war, sich aber entschuldigen ließ.

Während dieser Beratung wurde der im Laufe der Synode der EKU erarbeitete neue Briefentwurf (siehe Anlage 2) gemeinsam beraten und nach langer Diskussion einstimmig gebilligt (auch durch Bischof Fränkel). Vor der Abstimmung hatte Pfarrer Hamel den Brief der katholischen Berliner Ordinarienkonferenz16 vom 5.2.1968 an den Vorsitzenden des Staatsrates der DDR verlesen, in dem die in der Berliner Ordinarienkonferenz vereinigten Bischöfe und Bischöflichen Kommissare der katholischen Kirche in der DDR eine »ernste Gewissensverpflichtung« zum Entwurf der neuen Verfassung vorgelegt hatten.

Nach der Unterschriftsleistung durch die Bischöfe gab Bischof Krummacher bekannt, dass er gegenüber dem Evangelischen Nachrichtendienst (ena)17 eine persönliche Stellungnahme zum neuen Verfassungsentwurf abgegeben habe. (Bei dieser schriftlichen Stellungnahme handelt es sich um die Erklärung gleichen Inhalts, die Krummacher vor Beginn der Synode der EKU auch dem 1. Sekretär der Bezirksleitung der SED Rostock, Harry Tisch,18 gegeben hatte. Diese Erklärung hat einen positiven Inhalt. Unter anderem ist darin die Rede von »unserem sozialistischen souveränen Staat, der DDR« usw.)

Krummacher wurde daraufhin besonders von den Bischöfen Beste, Jänicke und Präsident Müller stark angegriffen. Es wäre unfair, die Bischöfe nach Lehnin einzuladen und sie zur Unterschriftsleistung zu bewegen, wenn er, Krummacher, 48 Stunden vorher eine persönliche Stellungnahme abgibt, die weit über die Meinung der Bischöfe hinausgeht, und das im Alleingang. Die Bischöfe hätten ja volles Verständnis, wenn Krummacher wieder »ins Geschäft kommen möchte«, aber warum wende er dann gegenüber den Bischöfen eine solche »Trickspielerei« an. (Bisher ist die Stellungnahme Krummachers nicht veröffentlicht.) Nach Meinung der Bischöfe mache sich Krummacher mit einer solchen Veröffentlichung in Kirchenkreisen »unmöglich«, während er hoffe, bei den staatlichen Stellen »groß rauszukommen«.

Nach langer Debatte wurde beschlossen, dass das von allen Bischöfen – außer Mitzenheim – unterschriebene Schriftstück am Dienstag, dem 20.2.1968, spätestens aber am 21.2.1968 der Kommission zur Vorbereitung der Verfassung19 übergeben wird.

Nach Beendigung der vertraulichen Beratung der evangelischen Bischöfe wurden auf Veranlassung von Stolpe allen Teilnehmern der Konferenz die während der Besprechung gemachten Notizen abgenommen.

Dabei wies Bischof Krummacher nochmals auf den streng internen Charakter dieser Beratung hin, wobei er betonte, durch gemeinsame Handlungen könnten die sich zurzeit gut anbahnenden Verbindungen zu den staatlichen Stellen noch gefördert werden.

Zwei Anlagen

Diese Information darf aus Gründen der Sicherheit der Quellen nicht öffentlich ausgewertet werden.

Anlage 1 zur Information Nr. 179/68

[Brief an Walter Ulbricht]

Berlin, den 9.2.1968 | An den Vorsitzenden des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik Herrn Walter Ulbricht 102 Berlin

Sehr geehrter Herr Vorsitzender des Staatsrates!

Die unterzeichneten evangelischen Bischöfe in der Deutschen Demokratischen Republik haben den Entwurf einer neuen Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik beraten und übersenden Ihnen, als dem Vorsitzenden der Kommission zur Ausarbeitung der Verfassung, hiermit ihre Stellungnahme:

Wir begrüßen vor allem, dass der Mensch und die Menschenwürde im Mittelpunkt der neuen Verfassung stehen sollen. Auch die zentrale Bedeutung, die dem Recht, der Rechtssicherheit und der Gleichheit aller Bürger zugemessen wird, haben wir mit Dankbarkeit zur Kenntnis genommen. Im »Internationalen Jahr der Menschenrechte« heben wir besonders hervor, dass die Regeln des Völkerrechts in unserem Staat für verbindlich erklärt sind. Die evangelischen Bischöfe respektieren die politischen und ökonomischen Grundlagen der sozialistischen Gesellschafts- und Staatsordnung. Wir stimmen dem im Entwurf ausgesprochenen Ziel, normale Beziehungen zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, in der Hoffnung zu, dass durch eine geordnete Zusammenarbeit die menschlichen Beziehungen zwischen den Bürgern beider deutschen Staaten erleichtert werden. Ebenso vertreten wir eine stabile Friedensordnung in Europa und in der Welt.

Im Einzelnen möchten wir Folgendes sagen: Dem Kapitel über die Grundrechte und Grundpflichten der Bürger ist die Gewährleistung der Rechte aller Bürger und der Schutz der Würde und Freiheit der Persönlichkeit ausdrücklich vorangestellt. Im Hinblick auf diese Bestimmungen sollte jedoch die Formulierung einzelner Grundrechte noch einmal bedacht werden. So sollte in Artikel 2220 die im Erlass des Nationalen Verteidigungsrates vom 7.9.1964 gegebene Möglichkeit eines Wehrersatzdienstes21 aufgenommen werden. Das Recht der freien Meinungsäußerung ist nach unserer Auffassung bereits eindeutig durch Artikel 6, Abs. 522 und die Strafgesetzgebung begrenzt. Der im Artikel 2323 vorgesehene Wortlaut könnte jedoch auch verantwortliche Kritik behindern. Die jetzige Formulierung des Artikels 32, Abs. 124 könnte dazu führen, dass bei den Zulassungen zu den höchsten Bildungseinrichtungen das allen Bürgern in gleicher Weise zustehende Recht auf Bildung eingeengt wird. – Wir vermissen im Entwurf den Schutz der Sonn- und Feiertage entsprechend dem Artikel 16, Abs. 225 der bisherigen Verfassung.

Sehr geehrter Herr Vorsitzender des Staatsrates!

Wir begrüßen es, dass der Verfassungsentwurf nach Ihrem einführenden Bericht26 vor der Volkskammer die Tätigkeit der Kirche voll gewährleistet. Der Entwurf des Artikels 3827 bringt jedoch diese Tatsache in seinem Wortlaut nicht eindeutig zur Geltung. Unsere Gemeinden sind durch die knappe Aussage dieses Artikels beunruhigt. Sie befürchten im Vergleich zu den Artikeln 40–48 der bisherigen Verfassung28 eine Einschränkung des kirchlichen Lebens. Auch für die künftige praktische Anwendung des Artikels 38 lässt der jetzige Text viele Fragen offen. Wir sind in Sorge, dass sich dadurch unnötige Komplikationen im Verhältnis von Staat und Kirche ergeben könnten. Deshalb bitten wir darum, dass den christlichen Bürgern im sozialistischen Staat, an dessen Aufbau sie mitwirken, die Anerkennung ihres kirchlichen Lebens eindeutig zugesagt wird. Dabei bitten wir zu berücksichtigen, dass sich der christliche Glaube im tätigen Leben und in der Gemeinschaft von Einzelgemeinde und Kirche ausdrückt. Schließlich lässt der Wortlaut des Artikels 38, Abs. 2 nicht deutlich erkennen, dass das bewährte Prinzip der Trennung von Staat und Kirche beibehalten wird. Wenn auch eine Verfassung nicht alle Einzelgesetzen vorbehaltenen Fragen regeln kann, so müssen doch bestimmte unaufgebbare Grundaussagen gemacht werden.

Wir schlagen daher folgende Neuformulierung des Artikels 38 vor:

  • 1.

    Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat das Recht, einen religiösen Glauben zu bekennen und religiöse Handlungen auszuüben.

  • 2.

    Die Tätigkeit der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften im Sinne ihres religiösen Bekenntnisses, insbesondere die Seelsorge, die Unterweisung und die gemeinnützige Arbeit, werden gewährleistet. Die Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften ordnen ihre Angelegenheiten selbstständig in Übereinstimmung mit der Verfassung und den gesetzlichen Bestimmungen der Deutschen Demokratischen Republik. Ihre Rechtsfähigkeit, ihr Eigentum sowie das Recht, ihre Mitglieder zu geordneten Abgaben und zu Opfern heranzuziehen, werden gewährleistet.

Wir bitten dringend, sehr geehrter Herr Vorsitzender, dass unseren Vorschlägen, insbesondere zum Artikel 38, Rechnung getragen wird.

Mit ausgezeichneter Hochachtung

Anlage 2 zur Information Nr. 179/6829

[Brief an Walter Ulbricht]

zzt. Lehnin, den 15.2.1968

An den Vorsitzenden des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik Herrn Walter Ulbricht Berlin

Sehr geehrter Herr Vorsitzender des Staatsrates!

Die unterzeichneten evangelischen Bischöfe in der Deutschen Demokratischen Republik haben den Entwurf einer neuen Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik beraten und übersenden Ihnen, als dem Vorsitzenden der Kommission zur Ausarbeitung der Verfassung, hiermit ihre Stellungnahme:

Als Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik und als Christen gehen wir davon aus, dass nach dem durch deutsche Schuld begonnenen Krieg nun auf dem Boden der deutschen Nation zwei deutsche Staaten bestehen. Wir erstreben die geordnete Zusammenarbeit und die Annäherung der beiden deutschen Staaten, damit wir Deutschen den Frieden fördern und die menschlichen Beziehungen insbesondere zwischen Familienangehörigen, wieder voll zu Ihrem Recht kommen.

Als Staatsbürger eines sozialistischen Staates sehen wir uns vor die Aufgabe gestellt, den Sozialismus als eine Gestalt gerechteren Zusammenlebens zu verwirklichen. Als Christen lassen wir uns daran erinnern, dass wir es weiterhin unterlassen haben, »die Sache der Armen und Entrechteten gemäß dem Evangelium von Gottes kommendem Reich zur Sache der Christeneinheit zu machen«. (Darmstädter Wort des Bruderrates zum politischen Weg unseres Volkes vom 8.8.1947)30

Nach dem grundlegenden Artikel 131 des Entwurfes der neuen Verfassung ist die Deutsche Demokratische Republik ein sozialistischer Staat und als solcher die politische Organisation der Werktätigen in Stadt und Land, die gemeinsam unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei den Sozialismus verwirklichen. Wir bitten, dass die neue Verfassung so erstellt wird, dass die Christen und diejenigen Mitbürger, die die Weltanschauung der führenden Partei nicht teilen, an der Verantwortung für unser Staatswesen mit unverletztem Gewissen teilhaben können. Der Entwurf selbst hebt hervor, dass der Mensch und die Menschenwürde im Mittelpunkt der neuen Verfassung stehen sollen. Dem »Internationalen Jahr der Menschenrechte« trägt er damit Rechnung, dass die Regeln des Völkerrechts in der Verfassung einen breiten Raum einnehmen. Dem Recht, der Rechtssicherheit und der Gleichheit aller Bürger wird zentrale Bedeutung zugemessen. Darum ist es im Hinblick auf den Artikel 1 des Entwurfes unerlässlich, dass auch in der neuen Verfassung die »volle Glaubens- und Gewissensfreiheit« ausdrücklich zugesichert wird. Es ist auch notwendig, die häufig wiederkehrende Formulierung »gemäß dem Geist und den Zielen dieser Verfassung« durch klare rechtliche Bestimmungen zu ersetzen. »Geist und Ziele dieser Verfassung« sind mannigfaltiger Auslegung fähig. Ihrer missbräuchlichen Auslegung wird von vornherein gewehrt, wenn der Staatsbürger ebenso wie der Vertreter der Staatsmacht an eindeutige Verfassungsvorschriften gebunden ist.

Unter diesen Gesichtspunkten bitten wir auch den Wortlaut des Artikels 38, der die Stellung des religiösen Bekenntnisses und der Kirche in der Deutschen Demokratischen Republik beschreibt, zu überprüfen und zu ergänzen.

Sehr geehrter Herr Vorsitzender des Staatsrates!

Nach Ihrem einführenden Bericht vor der Volkskammer ist durch den Verfassungsentwurf die Tätigkeit der Kirche gewährleistet. Der Entwurf des Artikels 38 bringt jedoch diese Tatsache in seinem Wortlaut nicht eindeutig zur Geltung. Wir sind mit unseren Gemeinden durch die Formulierung dieses Artikels beunruhigt. Wir befürchten im Vergleich zu den Artikeln 40–48 der bisherigen Verfassung eine Beschränkung des kirchlichen Lebens. Auch für die künftige praktische Anwendung des Artikels 38 lässt der jetzige Text viele Fragen offen. Wir sind in Sorge, dass sich dadurch unnötige Komplikationen im Verhältnis von Staat und Kirche ergeben könnten.

Deshalb bitten wir darum, dass den christlichen Bürgern im sozialistischen Staat, an dessen Aufbau sie mitwirken, die Anerkennung ihres kirchlichen Lebens eindeutig zugesagt wird. Dabei bitten wir zu berücksichtigen, dass sich der christliche Glaube im tätigen Leben und in der Gemeinschaft von Einzelgemeinde und Kirche ausdrückt. Schließlich lässt der Wortlaut des Artikels 38, Abs. 2 nicht deutlich erkennen, dass das bewährte Prinzip der Trennung von Staat und Kirche beibehalten wird.

Wenn auch eine Verfassung nicht alle Einzelgesetzen vorbehaltenen Fragen regeln kann, so müssen doch bestimmte unaufgebbare Grundaussagen gemacht werden.

Wir schlagen daher folgende Neuformulierung des Artikels 38 vor:

  • 1.

    Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat das Recht, einen religiösen Glauben zu bekennen und religiöse Handlungen auszuüben.

  • 2.

    Die Tätigkeit der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften gemäß ihrem religiösen Bekenntnis, insbesondere die Seelsorge, die Unterweisung und die gemeinnützige Arbeit, werden gewährleistet. Die Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften ordnen ihre Angelegenheiten selbstständig und nach Maßgabe der für alle geltenden Gesetze. Ihre Rechtsfähigkeit, ihr Eigentum sowie das Recht, ihre Mitglieder zu geordneten Abgaben und zu Opfern heranzuziehen, werden gewährleistet.

Wir bitten dringend, sehr geehrter Herr Vorsitzender des Staatsrates, dass unseren Vorschlägen Rechnung getragen wird.

Mit ausgezeichneter Hochachtung

gez. D. Noth | Landesbischof D. Noth

gez. D. Dr. Krummacher | Bischof D. Dr. Krummacher

gez. D. Dr. Beste | Landesbischof D. Dr. Beste

gez. D. Jänicke | Bischof D. Jänicke

gez. D. Fränkel | Bischof D. Fränkel

gez. Dr. Müller | Kirchenpräsident Dr. Müller

gez. D. Dr. Schönherr | Verwalter des Bischofamtes, D. Dr. Schönherr

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