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Betriebsgefährdung u. Störungen im Kernkraftwerk »Bruno Leuschner«

15. September 1976
Information Nr. 644/76 über bisherige Ergebnisse der Untersuchung der Ursachen einer Betriebsgefährdung und über weitere Vorkommnisse im VEB Kernkraftwerk »Bruno Leuschner«

Aufgrund der am 25. August 1976 eingetretenen Betriebsgefährdung im VEB Kernkraftwerk »Bruno Leuschner« (KKW) Greifswald, wurden vom MfS im Zusammenwirken mit Fachexperten und dabei gewährter persönlicher Unterstützung durch den Minister für Kohle und Energie, Gen[ossen] Siebold, Untersuchungen zur Aufdeckung der Ursachen geführt. Im Ergebnis der Untersuchung dieses Vorkommnisses und weiterer in diesem Jahr bisher aufgetretener Störungen ist Folgendes festzustellen:

Nach Durchführung der planmäßigen Umladungs- und Revisionsperiode am Reaktorblock 2 des KKW wurde im Verlauf der Inbetriebnahmearbeiten am 25. August 1976 eine nicht mehr funktionstüchtige Armatur des ersten Kreislaufes festgestellt. Zu diesem Zeitpunkt war der Reaktor 2 mit einer Leistung von 125 Kp/cm2 Druck und 260oC Temperatur in Betrieb.

Zur Beseitigung dieser, die weitere Inbetriebnahme hemmenden Störung kamen drei Reparaturschlosser zum Einsatz. Sie erhielten von dem mit der Ausstellung von Freimeldungen beauftragten Reaktoroperator der Blockwarte 2 eine technologische Freimeldung, die, bezogen auf den Reparaturauftrag an der Armatur, unvollständig und nicht ordnungsgemäß ausgefüllt war.

Auf der Grundlage dieser Freimeldung wurden Reparaturarbeiten am Antrieb der Armatur im Bedienungsraum, der sich zwar innerhalb des ersten Kreislaufes, jedoch nicht im Druckraumsystem befindet, durchgeführt.

Nachdem die Reparaturarbeiten abgeschlossen worden waren, wurde bei der Funktionsprobe an der gleichen Armatur ein erneutes Versagen festgestellt. Deshalb wurde am gleichen Tage eine weitere technologische Freimeldung zur Reparatur durch den gleichen Reaktoroperator des Blockes 2 ausgegeben, die wiederum Ausfertigungsmängel aufwies.

Da die erneute Reparatur am Antrieb der Armatur im Bedienungsraum trotz mehrmaliger Versuche keinen Erfolg brachte, wurde durch die eingesetzten Reparaturschlosser, ohne dass ein entsprechender Auftrag vorlag, begonnen, den Deckel der sich in einem anderen Raum innerhalb des Druckraumsystems befindlichen Armatur zu lösen.

Die Reparaturschlosser verletzten die Festlegungen über den in der technologischen Freimeldung bestimmten Arbeitsort (Betriebsraum der Armatur außerhalb des Druckraumsystems).

Die Armatur selbst war für eine solche Reparatur nicht freigeschaltet, d. h. nicht drucklos gemacht worden. Damit entstand eine erhebliche Gefahrensituation für die Schlosser selbst, für weitere in diesem Raumsystem befindliche Reparaturkräfte sowie für die nukleare Sicherheit des Reaktorbetriebes.

Zu einem unmittelbaren Schaden aus dieser Handlung kam es nicht, da durch Kontrolle bei Schichtwechsel rechtzeitig die Unzulässigkeit der Reparaturhandlung erkannt wurde.

Die Gefährdung konnte entstehen, weil

  • in der technologischen Freimeldung der Arbeitsauftrag nicht exakt genug formuliert war, keine Angaben über mechanische Freischaltung und weitere Sicherheitsmaßnahmen enthalten waren, keine exakte Einweisung in den tatsächlichen Betriebszustand der Armatur erfolgte,

  • entgegen der Freimeldeordnung die technologische Freimeldung nicht über die Apparaturhauswarte, sondern direkt an die Schlosser ausgegeben wurde und damit keine Einweisung am Arbeitsort erfolgte,

  • in der Freimeldeordnung keine exakte Abgrenzung des Geltungsbereiches – Arbeitsort und Anlagenteil – festgelegt ist.

Die eingetretene Gefährdung wurde durch Pflichtverletzungen der mit der Ausstellung der Freimeldung beauftragten Reaktoroperatorin [Name] und des für die Reparatur verantwortlichen Meisters [Name] verursacht, wobei sie ihre Handlungsweise – das nicht exakte Einhalten von Vorschriften bzw. die oberflächliche Arbeitsweise – mit dem Erfordernis einer schnellen Inbetriebnahme zu motivieren versuchten.

Diese Handlungsweisen der [Operatorin] und des [Meisters] stehen im Gegensatz zu den in der Anordnung Nr. 434/75 des Vorsitzenden des Ministerrates (in Auswertung des Brandes vom 7. Dezember 1975 im KKW »Bruno Leuschner« erlassen) enthaltenen Festlegungen sowie zu den auf der Grundlage dieser Anordnung getroffenen staatlichen und betrieblichen Maßnahmen zur Verbesserung der Leitungstätigkeit im KKW, zur Erhöhung von Ordnung, Sicherheit, Sauberkeit und Disziplin und zum Zurückdrängen des Störgeschehens.

Wie weiter festgestellt wurde, bildet das Fehlverhalten keine Einzelerscheinung im KKW »Bruno Leuschner«. So ereigneten sich im Zeitraum vom 1. Januar 1976 bis 31. Juli 1976 192 betriebsgefährdende Vorkommnisse, von denen ca. 50 Prozent schuldhaft von Betriebsangehörigen verursacht wurden.

Die in der Anlage dargestellten Beispiele verdeutlichen, dass bisher trotz vielfältiger Aktivitäten bei der Erziehung der Werktätigen zu verantwortungsbewussten Verhaltensweisen noch nicht in ausreichendem Maße Veränderungen erreicht wurden. So trägt auch das durch den Werkdirektor und den Hauptingenieur bewusst eingegangene Risiko nicht zur Beispielwirkung bei. Als am 5. August 1976 bei der Ortung einer Gefahrenquelle ein Leck an einem Flansch der Hauptumwälzleitung festgestellt worden war, wurde auf seine Weisung die defekte Hauptwälzleitung wieder in Betrieb genommen, ohne dass die Gefahrenquelle beseitigt war. (Die Weisung der Außerbetriebnahme erfolgte dann erst durch den Stellvertreter des Ministers für Kohle und Energie, Krause.)

Die wesentlichsten Ursachen für die bisher ungenügende Durchsetzung der Anordnung Nr. 434/75 des Vorsitzenden des Ministerrates vom 7. Dezember 1975 zur Herstellung eines straffen Betriebsregimes sowie zur Erreichung eines ständig disziplinierten und sicherheitsbewussten Verhaltens der Werktätigen im VEB KKW »Bruno Leuschner« sind:

  • Der ehemalige Werkdirektor, [Name], hat in seiner Leitungstätigkeit die ihm nachgeordneten Leiter nicht ausreichend zur politischen Führung ihrer Kollektive befähigt und zur konsequenten Auseinandersetzung mit Mängeln und Missständen in allen Leitungsebenen und in jeder Situation erzogen.

  • In der täglichen Arbeit wurde die politisch-ideologische Erziehungsarbeit zur sozialistischen Persönlichkeitsentwicklung der Werktätigen durch die unmittelbar mit ihnen arbeitenden Abteilungsleiter, Schichtleiter und Meister vernachlässigt.

  • Der im Verantwortungsbereich des Direktors für Betriebssicherheit vorherrschende Arbeitsstil reicht offensichtlich noch nicht aus, eine umfassende Kontrolle zur konsequenten Durchsetzung des Betriebsregimes zu gewährleisten, bestehende objektive und subjektive Mängel sichtbar zu machen und wirkungsvoll beseitigen zu lassen.

  • Die erst im 2. Halbjahr 1976 wirksam gewordene qualifiziertere Besetzung der Gruppe »Störungsingenieure« hat bisher noch nicht zum Abbau bestehender Rückstände in der tiefgründigen Ursachenermittlung, Bearbeitung und Auswertung betriebsgefährdender Vorkommnisse beigetragen.

Im Interesse einer schnellen Veränderung der Situation im KKW »Bruno Leuschner« Greifswald wird es für zweckmäßig erachtet, die Realisierbarkeit folgender Vorschläge zu prüfen: Es sollten insbesondere

  • das System der gegenwärtig bestehenden Schulung dahingehend qualifiziert werden, die Wirksamkeit der politisch-ideologischen Erziehung zu erhöhen, jedem Werktätigen an seinem Arbeitsplatz nochmals die Verantwortung für die stabile Elektroenergieerzeugung im KKW und für Sicherheit, Ordnung und Disziplin bewusst zu machen,

  • eine straffe Kontrolle und wirksame Unterstützung sowohl seitens der VVB Kraftwerke gegenüber dem KKW als auch durch alle Leitungsebenen bis in die Betriebskollektive organisiert werden.

Dabei sollte insgesamt in der politisch-ideologischen und erzieherischen Arbeit im KKW stärkeres Augenmerk darauf gerichtet werden, den im KKW beschäftigten Werktätigen nochmals die sich aus der Tätigkeit in einem Kernkraftwerk ergebenden großen Anforderungen und ihre hohe Verantwortung zu verdeutlichen. Dabei wären besonders das außerordentlich hohe Sicherheitsbedürfnis insgesamt und die sich für jeden Einzelnen im KKW Beschäftigten daraus resultierenden Aufgaben hervorzuheben. Zugleich sollte auch auf spezifische Umstände und Bedingungen, die nur in einem Kernkraftwerk auftreten, eingehender hingewiesen werden, mit dem Ziel, die täglichen Aufgaben und Pflichten umsichtig und gewissenhaft zu erfüllen.

Folgende weitere Maßnahmen, insbesondere zur Erhöhung von Sicherheit, Ordnung und Disziplin werden empfohlen:

  • Durchsetzung eines umfassenden Systems zur Kontrolle und konsequenten Einhaltung des komplexen Betriebsregimes unter Nutzung aller vorhandenen Möglichkeiten im Bereich Betriebssicherheit unter Einbeziehung gesellschaftlicher Kontrollkräfte,

  • Erhöhung der Wirksamkeit des Direktionsbereiches Betriebssicherheit zur Zurückdrängung des Stör- und Havariegeschehens durch die aktive Mitwirkung bei der Ursachenaufklärung und Kontrolle zur Durchsetzung der festgelegten Maßnahmen,

  • Veränderung des Unterstellungsverhältnisses der Gruppe »Störungsingenieure« im KKW dahingehend, dass ihre Wirksamkeit wesentlich erhöht und ihre Autorität gestärkt wird,

  • Überarbeitung der zurzeit gültigen Freimeldeordnung mit dem Ziel,

    • eine exakte und eindeutige Festlegung der freigegebenen Räume und Anlagenteile stets zu gewährleisten,

    • zu sichern, dass der Betriebszustand der freigegebenen Anlage und die notwendigen Sicherungsmaßnahmen eindeutig auf der Freimeldung formuliert sind,

    • eine eindeutige Verantwortungsabgrenzung für die Freigabeberechtigung in allen Betriebssituationen zu gewährleisten und

    • ein System der Kontrolle zur Verhinderung des unbefugten Betretens von Räumen und Arbeiten in Anlagen in der Phase des Anfahrens bzw. während des Dauerbetriebes des ersten Kreislaufes zu schaffen.

Anlage zur Information Nr. 644/76

Störungen im KKW »Bruno Leuschner«, die nach dem 7. Dezember 1975 durch Fehlbedienungen oder Nichteinhaltung von betrieblichen Weisungen entstanden sind

Nachfolgend werden einige subjektiv verursachte Störungen dargestellt, die einen größeren Sachschaden bzw. Einfluss auf die Versorgungssicherheit des KKW zur Folge hatten.

  • 1.

    Am 9. Januar 1976, gegen 6.20 Uhr wurde durch Fahren mit zu heißem Wasser der Filter der Wasseraufbereitungsanlage WA 5 zerstört, wobei 1 200 l Anionenaustauscherharz unbrauchbar wurden. Als Ursache wurde festgestellt, dass durch den BMSR-Mechaniker [Name] vom Bereich EB ein Arbeitsauftrag zur Überprüfung und Reparatur einer elektrischen Verriegelung zur Steuerung dieser Anlage nicht ordnungsgemäß realisiert wurde.

    Es entstand ein Schaden von ca. 10 000 Mark. Als disziplinarische Maßnahme wurde [der Mechaniker] durch die Konfliktkommission entsprechend dem Gesetzbuch der Arbeit § 113 Abs. 1, Bestimmungen über die materielle Verantwortlichkeit, zur Verantwortung gezogen. Weiterhin muss [der Mechaniker] die Zulassungsprüfung wiederholen.

  • 2.

    Am 23. März 1976 wurde infolge ungenügender Kontrolle durch die Maschinistin [Name] aus der A-Schicht der Motor der Speisepumpe 2 thermisch überlastet. Diese Maschinistin hatte stündlich an dieser Pumpe Messwerte abgeschrieben, ohne dabei zu bemerken, dass der Motor heißlief, da die Kühlung versehentlich nicht zugeschaltet wurde.

    Es entstand ein Schaden von ca. 10 000 Mark. Eine grundsätzliche Auswertung dieses Vorkommnisses erfolgte mit sehr großer Verzögerung. Trotz dieser Vorkommnisse wurde für die Schicht A im Wettbewerb Ordnung, Sicherheit, Sauberkeit und Disziplin die Note »1« festgelegt.

  • 3.

    Am 19. April 1976 um 0.55 Uhr musste der Anfahrvorgang des Turbosatzes 2 abgebrochen werden, da der Kondensator undicht war. Die Untersuchungen ergaben, dass aus dem Kondensator des Turbosatzes 2 zur Materialuntersuchung aus der Schleife 1 ein Rohr herausgeschnitten worden war. Das Herausschneiden und Abdichten dieses Rohres wurde durch den Meister der Abteilung RM [Name] durchgeführt. Infolge mangelnder Konzentration bei der Arbeit und Kontrolle der Arbeitsdurchführung verschloss der Meister mit seinen Monteuren ein falsches Rohr an der Schleife 2 des Kondensators.

  • 4.

    Am 30. Juni 1976, gegen 9.42 Uhr ging der Reaktor des Blockes 2 durch Havarieschutz 1. Ordnung außer Betrieb. Infolgedessen wurde Turbosatz 3 durch Auslösen des Schnellschlusses von Hand vom Netz getrennt und abgefahren. Durch das Versagen des Leistungsschalters erfolgte keine Umschaltung der Eigenbedarfsversorgung vom Blocktrafo. Dadurch schaltete sich die Kühlwasserpumpe 3 aus und es kam zu einer Temperaturerhöhung des oberen Traglagers der Kühlwasserpumpe 3, das dann ausgewechselt werden musste. Als Ursache für den Blockausfall wurde festgestellt, dass entgegen der Weisung des Werkdirektors Reparaturarbeiten an der automatischen Schutzeinrichtung des Reaktors (Vorverstärker des Neutronenflusskanals 17) ausgeführt wurden. Dadurch kam es zum Ausfall eines elektronischen Bauelementes und zur Auslösung des Havarieschutzes. Durch den stellvertretenden Hauptingenieur [Name], und den amtierenden Hauptingenieur [Name] wurden die Reparaturarbeiten angewiesen, da sie der Meinung waren, dass schon nichts passieren würde, obwohl aufgrund der Durchführung der Konferenz der kommunistischen und Arbeiterparteien derartige Reparaturarbeiten zu diesem Zeitpunkt untersagt waren. Dem stellvertretenden Hauptingenieur [Name] wurde ein Verweis ausgesprochen.

  • 5.

    Am 1. Juli 1976, gegen 9.08 Uhr ging der Block 2 wiederum durch Ansprechen der automatischen Schutzeinrichtung außer Betrieb. Es wurde festgestellt, dass der Blockleiter [Name] bei der Leistungserhöhung des Turbosatzes 3 eine Fehlschaltung vornahm, indem er eine falsche Verriegelung betätigte. [Der Blockleiter] erklärte danach, er habe unkonzentriert gehandelt. Der Werkdirektor leitete eine disziplinarische Maßnahme gegen [den Blockleiter] ein.

  • 6.

    Am 10. Juli 1976 betätigte der E-Operator [Name] entgegen dem Schaltkommando des Blockleiters [Name], »220 KV-Leistungsschalter Generator 1 einschalten«, den Leistungsschalter Generator 2 und dazu noch in falscher Drehrichtung (»Aus« statt »Ein«). Begünstigt wurde diese Fehlschaltung noch dadurch, dass das Schaltkommando vom Blockleiter [Name] entgegen der TGL 190–124/01 ohne Verlangen des Wiederholens und ohne Bestätigung der Wiederholung durch den Kommandierenden gegeben wurde. Außerdem erfolgte die Durchführung der Fehlhandlung im Sichtbereich des Blockleiters.

  • 7.

    Am 30. Juli 1976 kam es gegen 0.39 Uhr und 5.30 Uhr in der B-Schicht zu zwei Vorkommnissen. Bei dem ersten Vorkommnis wurde durch den Meister des 2. Kreislaufes [Name] die Freimeldung der Armatur 61 Mark 2 herausgegeben, ohne dass er den technologischen Zustand der Anlage überprüfte. Beim Öffnen der Armatur durch das Reparaturpersonal kam es zum Austritt einer erheblichen Wassermenge. Es lag eindeutig ein Verstoß des Meisters [Name] vor, der gegen die bestehende Freimeldeordnung verstieß. Das zweite Vorkommnis – Ausfall des Turbosatzes 2 – wurde vom 2. Maschinisten im Einlaufbauwerk, [Name], verursacht. In dieser Arbeitswoche hatte der Maschinist [Name] im Einlaufbauwerk die Aufgabe, kleine Ölproben aus sämtlichen Ölsystemen aller Kühlwasserpumpen zu entnehmen. Diese Aufgabe war dem 1. Maschinisten [Name] übertragen worden, der sie jedoch an seinen 2. Maschinisten [Name] weiterleitete. Das Entnehmen der Ölprobe erfolgte, indem an einem Ölkühler ein Blindstopfen gelockert und das anfallende Öl aufgefangen wurde. Beim Entnehmen einer größeren Ölmenge am 30. Juli 1976 wurde der Blindstopfen durch den Öldruck ganz aus der Verschraubung herausgerissen. Durch das jetzt in größerer Menge austretende Öl kam es zu einem Druckabfall im Ölsystem und Unterschreiten des Grenzwertes. Über die Schutzschaltung wurde die Kühlwasserpumpe und in der Folge der gesamte Turbosatz außer Betrieb gesetzt. Das Projekt sieht für die Ölsysteme der Kühlwasserpumpe keine Probenentnahmemöglichkeiten vor. Trotzdem wurden in der vergangenen Zeit häufig Ölproben von den Kühlwasserpumpen entnommen. Dieser Zustand wurde von dem verantwortlichen Personal, wie den Meistern, Schichtleitern, der Bereichsleitung 2. Kreislauf und der Anlagentechnik, nicht erkannt. Es wurden demzufolge keine Maßnahmen zur Beseitigung dieses Projektmangels eingeleitet. Auch das Bedienungspersonal fand sich mit dem Zustand ab und ließ sich auf eine anlagengefährdende und arbeitsschutzwidrige Handlungsweise ein.

  • 8.

    Am 31. Juli 1976, gegen 13.10 Uhr wurde ein leichter Wasseraustritt aus der geöffneten. Stopfbuchse des Hauptabsperrschiebers 4 P II festgestellt. Die Kontrolle ergab, dass der Hauptabsperrschieber nicht in die obere Endlage gefahren war. Obwohl kein Schaden entstand, wurde der Hauptabsperrschieber und ca. 20 m² Fußboden des Raumes A 002 kontaminiert. Es wurde festgestellt, dass durch die Schichtleiter [Name] – Schicht B – und [Name] – Schicht D – des Bereiches 1. Kreislauf keine ordnungsgemäße Übergabe und nur eine mangelhafte Kontrolle vor Ort erfolgte. Als Disziplinarmaßnahme erfolgte eine Prämienminderung.

  • 9.

    Am 9. August 1976, gegen 9.25 Uhr kam es zu einem Brand im Maschinenhaus auf der Höhe minus 3,6 m unter der sich in Revision befindlichen Turbine 4. Obwohl kein Schaden entstand, war eine große Brandgefährdung der Anlagenteile vorhanden. Der Brand entstand infolge fahrlässig durchgeführter Schweißarbeiten des Schweißers [Name] – Bereich EDS. Der Meister [Name] – Bereich EDS – hatte den Schweißerlaubnisschein ausgeschrieben und die Gefährdungsstufe 1 festgelegt. Aufgrund der Brandgefahr am Arbeitsplatz hätte jedoch die Gefährdungsstufe 3 erkannt werden müssen (Stellen eines Brandpostens, Löscheinrichtung usw.). Auch der Schweißer [Name] erkannte nicht die Gefahrenlage. Durch herabfallende Funken entzündete sich bei den Schweißarbeiten angelegte Glaswolle (dient zum Aufsaugen von Ölleckagen). Vor den Schweißarbeiten wurden Reparaturen an einem Lager durchgeführt, wobei das Lagerölsystem außer Betrieb genommen wurde. Durch die Maschinistin [Name] wurde nicht der Höhenstand im Hauptölbehälter kontrolliert. Infolge der Außerbetriebnahme des Lagerölsystems stieg der Höhenstand im Hauptölbehälter stark an, sodass das Überlaufsystem die anfallende Ölmenge nicht aufnehmen konnte. Es trat Öl aus dem Deckel der Abdeckungen der Ölsiebe aus. Diese Deckel waren nicht verschraubt, da die Siebe öfters gereinigt werden müssen. Ca. 2 bis 3 m3 Öl traten aus und flossen auf die Decke – 3,6 m. Durch das rechtzeitige Bemerken der brennenden Glaswolle konnte dieser Brand sofort gelöscht werden. Ein Übergreifen auf die unmittelbar daneben befindlichen ausgelaufenen Ölmengen hätte einen Großbrand mit erheblichem Sachschaden am Turbinensatz 4 zur Folge gehabt. Durch den Schweißer [Name] wurde bereits im Dezember 1974 in der chemischen Wasseraufbereitungsanlage ein Brand mit größerem Schaden verursacht. Gegen [den Meister] und [den Schweißer] werden Ordnungsstrafverfahren durch die DVP/ Abt. Feuerwehr eingeleitet.

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    15. September 1976
    Information Nr. 646/76 über einen spezifischen Fall der Antragstellung auf Übersiedlung nach der BRD

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    15. September 1976
    Information Nr. 641/76 über die Tagung des Zentralausschusses des Ökumenischen Rates der Kirchen vom 10. August bis 18. August 1976 in Genf