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Brand im Kartoffellagerhaus Klosterfelde (Bezirk Frankfurt/O.)

28. November 1977
Information Nr. 738/77 über einen Brand in der Zwischenbetrieblichen Einrichtung Blumberg, Betriebsteil Kartoffellagerhaus Klosterfelde, Bezirk Frankfurt/O.

Am 26.11.1977, gegen 7.15 Uhr, brach im Kartoffelhaus Klosterfelde ein Brand aus. Dadurch entstand am Gebäude – insbesondere an der Dachkonstruktion und an der elektrischen Anlage – ein Sachschaden von ca. 1 Million Mark.

Beim Brandobjekt handelt es sich um einen Kompaktbau in Metallleichtbauweise, Spannstahldach mit Wandverkleidung und PUR-AL-Elementen mit Holzrahmen mit einer Einlagerungskapazität von 10 000 t Kartoffeln. Eingelagert waren am Brandtag etwa 7 500 t.

Der Betrieb liefert täglich bis zu 18 t geschälte Kartoffeln und 30–40 t in 5-kg-Beutel abgepackte Ware. Etwa 90 % der Produktion erhalten 30 Berliner Abnehmer, unter anderem die Großküche Berlin-Weißensee, die Krankenhäuser Berlin-Mitte, Weißensee, Charite, die Humboldt-Universität, VEB Funkwerk Köpenick, VEB Datenverarbeitung Berlin-Lichtenberg und MfS Berlin.

Die vom MfS gemeinsam mit der DVP geführten Untersuchungen zur Aufklärung des Brandes ergaben:

Auf Weisung des Leiters der Zwischenbetrieblichen Einrichtung, [Name 1, Vorname], geb. am [Tag] 1940 in [Ort 1], wohnhaft: Zepernick, [Adresse], Diplom-Landwirt, Mitglied der SED, wurde am 24.11.1977 und 25.11.1977 die Benebelung der eingelagerten Kartoffeln des Kartoffellagerhauses mit Keimstopmittel »Fumigant« vorbereitet.

Dazu erhielt der Brigadier [Name 2, Vorname], geb. am [Tag] 1923 in [Ort 2], wohnhaft: Klosterfelde, [Adresse], Brigadier des Lagerhauses, Mitglied der DBD, vom Leiter [Name 1] einen entsprechenden schriftlichen Auftrag.

Die Benebelung der Kartoffeln sollte ursprünglich am 25.11.1977 nach Betriebsschluss durchgeführt werden. Aufgrund widriger Witterungsbedingungen wurde wegen Gefahr des Abdriftens von Keimstopnebelschwaden in das Wohngebiet davon Abstand genommen und festgelegt, die Benebelung der Kartoffeln mit Keimstop am 26.11.1977, gegen 7.00 Uhr, durchzuführen.

Aus diesem Grunde wurde der Betrieb von der Betriebsleiterin [Name 3, Vorname], geb. am [Tag] 1942 in [Ort 1], Kreis Roebel, wohnhaft: Seefeld, [Adresse], Mitglied der SED, und den bereits genannten Personen verlassen. Durch die Genossin [Name 3] wurden die Produktionshallen, Lagerräume und die Tore des Betriebsgeländes ordnungsgemäß verschlossen.

Am 26.11.1977, gegen 7.00 Uhr, trafen sich die genannten Personen im Betrieb, um die Benebelung der Kartoffeln mit Keimstopmitteln vorzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Produktions- und Lagerräume unversehrt unter Verschluss. Daraufhin wurden die vorbereiteten Keimstopbehälter durch Koll. [Name 1] mittels Salzsäure nacheinander zur Reaktion gebracht.

Dann verließen die Koll. [Name 1], [Name 3] und [Name 2] das Lagerhaus und verschlossen die Türen, da die Nebelbildung sofort einsetzte.

Um den Keimstopnebel gleichmäßig im Lagerstapel zu verteilen, wurde die Umluftanlage durch [Name 2] in Betrieb gesetzt.

Alle drei Personen beobachteten außerhalb des Lagerhauses die aus dem Gebäude entweichenden Nebelschwaden. Gleichzeitig bemerkten sie eine erhöhte Qualmentwicklung und außerhalb des Daches einen Feuerschein. Daraufhin wurde unverzüglich die Feuerwehr informiert und erste Maßnahmen zur Sicherung mobiler Technik eingeleitet.

Die Untersuchung der Brandursache ergab, dass der Brand zweifelsfrei im Prozess der Benebelung der Kartoffeln mit Keimstopmitteln entstand. (Es wurde »Keim-Stop-Fumigant« der Firma VEB Fahlberg List Magdeburg verwandt.)

[Name 1] verstieß in grober und leichtfertiger Weise gegen die auf jedem Behälter befindlichen Anwendungsvorschrift, indem er die geforderten Mindestabstände bei der Aufstellung der Keimstopbehälter untereinander und zur Zwischendecke hin nicht einhielt und die 16 verwendeteten Behälter unmittelbar zusammenstellte.

Nach übereinstimmenden Aussagen von Experten entzündete sich durch die Wärmeentwicklung bei der Vernebelung und den sich zwischen den einzelnen Behältern und der Zwischendecke bildenden Wärmestau die Zwischendecke. Aufgrund der hohen Abbrandgeschwindigkeit der Schaumdämmstoffe der Zwischendecke konnte sich der Brand schnell ausbreiten. (Ein entsprechendes Experiment bestätigte diese Tatsache. Die elektrische Anlage wurde zweifelsfrei als Brandverursacher ausgeschlossen.)

Betriebsleiter [Name 1] gibt über seine Handlungsweise zu, die Anwendungsvorschriften für das Keimstopmittel nicht gelesen zu haben. Er habe sich lediglich auf seine Erfahrungen verlassen.

Über die strafrechtliche Verantwortlichkeit des [Name 1] wird in Abstimmung mit dem zuständigen Staatsanwalt entschieden.

Am Brandort wurde eine Arbeitsgruppe aus verantwortlichen Mitarbeitern der staatlichen Organe des Rates des Bezirkes Frankfurt/O. und des Rates des Kreises Bernau gebildet, die konkrete Maßnahmen der Sicherung der Versorgung der Abnehmer mit Speisekartoffeln, der Sicherung und Bergung des Lagergutes und der Wiederaufnahme der Produktion festlegte.

Erste Maßnahmen zur schnelleren Produktionsaufnahme im Kartoffellagerhaus Klosterfelde sind bereits eingeleitet.

Betriebsleiter [Name 1] ist bereits jahrelang in seiner Funktion tätig. Unter seiner Leitung entwickelte sich der Betrieb zu einer zuverlässigen Einrichtung. Er hat eine positive Einstellung zur DDR und vertritt einen festen Klassenstandpunkt. Als Politstellvertreter leistete er im Rahmen der Kampfgruppen1 eine aktive gesellschaftliche Arbeit.

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    29. November 1977
    Information Nr. 747/77 über die Entwicklung der Einnahmen aus der Durchführung des verbindlichen Mindestumtausches für die Zeit vom 21. November 1977 bis 27. November 1977

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    24. November 1977
    Information Nr. 737/77 über geplante Einreise der Sarah Kirsch am 25.11.1977 in die Hauptstadt der DDR