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Suizid einer Rentnerin durch Selbstverbrennung

27. April 1977
Information Nr. 271/77 über den Suizid einer Rentnerin durch Selbstverbrennung in Altenburg, [Bezirk] Leipzig

Am 22.4.1977, gegen 10.20 Uhr, beging die Rentnerin [Name, Vorname 1], geb. am [Tag] 1912, wohnhaft in Altenburg, Bezirk Leipzig, [Adresse], verwitwet, an der Kleingartenanlage »Waldesruh II« in Nähe der Stadtgrenze von Altenburg Suizid durch Selbstverbrennung.

Im Ergebnis der durch das Ministerium für Staatssicherheit im Zusammenwirken mit den Organen der DVP bisher durchgeführten Untersuchungen ist Folgendes festzustellen:

Die [Name, Vorname 1] übergoss sich am Tatort mit Brennspiritus (drei leere 1-Liter-Flaschen wurden aufgefunden) und zündete sich anschließend selbst an. In unmittelbarer Nähe des Tatortes wurde ein von der [Name] vor dem Suizid abgelegter Mantel sichergestellt, in dem sich in einem Plastebeutel die Wohnungsschlüssel und zwei Zettel befanden. Sie schrieb, es ist »mein freier Entschluss. Ich scheide aus dem Leben. Die Nerven machen nicht mehr mit.«

Wie festgestellt wurde, ist die [Name] seit 1945 in nervenärztlicher Behandlung. Sie unternahm bereits 1971 und 1972 je einen Suizidversuch (Sprung aus dem Fenster mit Wadenbeinbruch und Versuch der Selbstertränkung). Seit 1964 wurde sie in der Kreispoliklinik Altenburg, Abteilung Neurologie, wegen »paranoider Schizophrenie mit immer wieder auftretenden akuten Schüben, verbunden mit depressiver Symptomatik« behandelt. Außerdem suchte sie in den letzten Jahren jeweils vierteljährlich in Begleitung eines ihrer Söhne die Heilanstalten Hubertusburg, Kreis Oschatz, zur ambulanten Behandlung und medikamentösen Versorgung auf. Sie war dort auch mehrfach, letztmalig 1972, in stationärer Behandlung.

Nach dem Tod ihres Ehemannes am 11.12.1975 (Ehemann war Ingenieur, Mitglied der SED) hatte sich ihr nervlicher Zustand weiter verschlechtert und ihre bereits seit längerer Zeit bestehende Kontaktarmut trat noch deutlicher zutage. Ihre Tat ist, nach bisherigen Erkenntnissen, auf diese Umstände zurückzuführen; für andere Motive gibt es keinerlei Hinweise.

Die Täterin lebte im Wohngebiet sehr zurückgezogen. Engere Beziehungen bestanden lediglich zu ihren beiden Söhnen ([Name, Vorname 2], 38 Jahre, Ingenieur im Instandsetzungskombinat Regis, Mitglied der SED, und [Name, Vorname 3], 36 Jahre, Schweißer im gleichen Kombinat, ebenfalls Mitglied der SED).

Aufgrund der Abgelegenheit des Tatortes haben nur wenige Tatzeugen Kenntnis von dem Suizid erhalten. Es wurden entsprechende Maßnahmen eingeleitet, um eine Weiterverbreitung und damit eine Öffentlichkeitswirksamkeit über dieses Vorkommnis zu verhindern. Bisher wurden keine Diskussionen unter der Bevölkerung im Zusammenhang mit dem Suizid bekannt.

  1. Zum nächsten Dokument Statistik Einnahmen Mindestumtausch 18.4.–24.4.1977

    27. April 1977
    Information Nr. 272/77 über die Entwicklung der Einnahmen aus der Durchführung des verbindlichen Mindestumtausches für die Zeit vom 18. April 1977 bis 24. April 1977

  2. Zum vorherigen Dokument Verhaftung eines Arbeiters in Jena wegen angedrohter Geiselnahme

    26. April 1977
    Information Nr. 270/77 über die Verhinderung einer durch angedrohte Geiselnahme versuchten rechtswidrigen »Übersiedlung« in die BRD