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Aktivitäten im Vorfeld des Kongresses Bildender Künstler

21. November 1988
Information Nr. 505/88 über einige beachtenswerte Aspekte im Zusammenhang mit dem X. Kongress des Verbandes Bildender Künstler der DDR (VBK) vom 22. bis 24. November 1988

Auf der Grundlage der dem MfS vorliegenden internen Hinweise wird nachstehend auf einige beachtenswerte Probleme hingewiesen, die im Zusammenhang mit der Vorbereitung auf dem X. Kongress des Verbandes Bildender Künstler der DDR1 von Bedeutung erscheinen.

Von Kadern der mittleren und leitenden Ebene des VBK wird hervorgehoben, dass verantwortliche Funktionäre und die Mehrheit der Mitglieder dieses Bereiches bestrebt sind, konstruktiv auf die Vorbereitung und Durchführung des Kongresses des VBK Einfluss zu nehmen. Es sei das Bemühen anzuerkennen, die Zielstellung dieses bedeutsamen kulturpolitischen Höhepunktes zu unterstützen und die Orientierungen der Partei z. B. im Rahmen der gebildeten vier Arbeitsgruppen (»Bildende und angewandte Künste in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft«, »Der Verband und unsere sozialistische Umwelt«, »Bildende und angewandte Künste im Ringen um eine Koalition der Vernunft«, »Der Verband und seine Partner«) schöpferisch umzusetzen.

Vorliegenden internen Hinweisen zufolge gibt es durch gezielte gegnerische ideologische Einflussnahme insbesondere seitens Kräften und Einrichtungen in der BRD und Westberlin im Rahmen der Kontakttätigkeit Bestrebungen auf dem Gebiet der Bildenden Künste, die Dialogpolitik von Partei und Regierung sowie das Kulturabkommen zwischen der DDR und der BRD zu unterlaufen, um die Zielstellung des angeblichen Fortbestehens einer sogenannten einheitlichen Kulturnation wirkungsvoll zu demonstrieren.

Die Angriffe richten sich besonders gegen die führende Rolle der Partei und sind darauf ausgerichtet, Einfluss auf solche Mitglieder und Kandidaten des VBK zu gewinnen, die auf politisch schwankenden Positionen stehen.2

Stärker als in den Vorjahren wird versucht, bestimmte Mitglieder des VBK im westlichen Ausland künstlerisch aufzuwerten (Anerkennung künstlerischer Arbeiten in westlichen Medien, lukrative Aufkäufe), um mit ihnen in einen ständigen Kontakt zu kommen und auf diesem Wege direkten Einfluss auf sie ausüben zu können.

Die Aktivitäten gegnerischer Kräfte konzentrieren sich weiter darauf, Kontakte auf dem Gebiet der Bildenden Kunst auf unterster Ebene unter Umgehung staatlicher Organe zu organisieren.

Eine steigende Tendenz wird bei persönlichen Einladungen zu Studienreisen, Arbeitsaufenthalten und Ausstellungen durch Einzelpersonen, Galerien, Kunstzeitschriften und Kunstvereinigungen des nichtsozialistischen Auslands erkennbar.

Streng internen Hinweisen zufolge wird unter Berufung auf das Kulturabkommen eine Erhöhung der Beteiligung von Malern der DDR an Ausstellungen in der BRD und in Westberlin angestrebt, wobei zu diesem Zweck individuelle Kontakte zu Künstlern der DDR hergestellt und unter Umgehung der staatlichen Organe mit ihnen persönlich Absprachen hinsichtlich ihrer Beteiligung an Ausstellungen getroffen werden. Bemerkenswert sind Aktivitäten des Westberliner Galeristen Dieter Brusberg, Organisator der Ausstellung »Zeitvergleich ’88« – Aktuelle Malerei aus der DDR – von August bis November 1988 in Westberlin, der in enger Zusammenarbeit mit dem Kultursenator von Westberlin, Volker Hassemer, unter Ausschaltung der zuständigen staatlichen Stellen, u. a. des Ministeriums für Kultur der DDR, solche Künstler wie Bernhard Heisig, Wolfgang Mattheuer, Werner Tübke, Max Uhlig, Hartwig Ebersbach, Werner Liebmann und andere persönlich ansprach, um sie in diese Ausstellung einzubeziehen. Bemerkenswert erscheint hierbei, dass Werke von mehreren DDR-Künstlern zur Präsentation gebracht werden, aber der Präsident des Verbandes Bildender Künstler der DDR, Prof. Willi Sitte, bezüglich dieser Ausstellung weder angesprochen noch einbezogen wurde.

Bemerkenswert sind umfangreiche Aktivitäten der Mitarbeiterin der Universität Bremen, Dr. Antonia Grunenberg, die sich darum bemüht, Kontakte zu bildenden Künstlern aus der DDR herzustellen und zu intensivieren, von ihnen Exponate zu erwerben und Informationen über Nachwuchskünstler dieses Genres zu erhalten, zu denen sie sich vermitteln lässt bzw. selbst den Kontakt herstellt. Nachweisbar sucht die Grunenberg bei ihren Einreisen in die DDR auf politisch negativen Grundpositionen stehende Künstler auf, führt mit ihnen z. T. längere Gespräche über ihre künstlerischen Vorhaben und festigt damit ihre Verbindungen.

Von Bedeutung sind weiterhin Aktivitäten des Kulturdezernenten der Stadtverwaltung Duisburg/BRD, Dr. Konrad Schilling, der maßgeblich an der Organisierung der Kulturfestspiele »Akzente« in Duisburg beteiligt ist. Seine Bemühungen richten sich insbesondere auf eine weitere Einbeziehung jüngerer, noch wenig bekannter DDR-Künstler mit »eigenem künstlerischen Anspruch«.

In die Bestrebungen der zunehmenden Einflussnahme auf Mitglieder und Kandidaten des VBK sind Aktivitäten der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR einzuordnen. Zielstellung derartiger Verbindungen zu Malern/Grafikern und Kunstwissenschaftlern ist die Erlangung von Informationen über die Haltung dieser Personen insbesondere zur Kulturpolitik. Die Kontakte reichen z. T. bis in die Privatsphäre.

Internen Hinweisen zufolge unterhält beispielsweise der zuständige Mitarbeiter der Ständigen Vertretung, Dr. Matanovic, zu dem Leipziger Kunstwissenschaftler Dr. Klaus Werner sowie zu den Malern/Grafikern Hartwig Ebersbach, Wolfgang Biedermann und Michael Kunert enge private Kontakte.

Intensive Kontakte unterhalten auch der Kulturattaché der französischen Botschaft in der DDR und der Leiter des französischen Kulturzentrums in Berlin zu bildenden Künstlern der DDR.

Internen Hinweisen aus den Bezirken zufolge werden unter bildenden Künstlern der DDR, besonders aber auch unter Kunstwissenschaftlern, zum Teil sozialismusfremde bzw. antisozialistische Theorien und Auffassungen vertreten.

Personenkreise um den Kunstwissenschaftler Christoph Tannert, Berlin, sind bemüht, ihre z. T. von der Kulturpolitik der Partei abweichenden Grundpositionen in die Arbeit des VBK einzubringen.

So sind durch Tannert im April 1988 dem Präsidium des VBK schriftlich Vorstellungen zur Neugestaltung der Arbeit des Verbandes dargelegt worden, die von den Kunstwissenschaftlern Barbara Barsch, Berlin/SED, Ina Gille, Leipzig/SED, Gabriele Muschter, Dresden/SED, Henry Schumann, Leipzig/SED, Wolfgang Kil, Berlin und Klaus Werner/Leipzig unterstützt werden.

Diese Vorstellungen enthalten u. a. Forderungen nach gleichberechtigter Teilnahme aller Kunstwissenschaftler an nationalen und internationalen Gremien und Kongressen, baldiger Gründung einer Edition zeitgenössischer Kunst zum Zwecke der Vorstellung des Schaffens bisher noch nicht ausreichend präsenter Künstler der jungen und mittleren Generation sowie Beseitigung von Einschränkungen in der Publikationstätigkeit.

Obwohl dieser Personenkreis in einem am 3. Mai 1988 stattgefundenen Gespräch, das der Präsident des VBK, Prof. Willi Sitte, weitere Präsidiumsmitglieder sowie der stellvertretende Minister für Kultur, Genosse Keller, führte versachlichtere Grundeinstellungen zu erkennen gab, wurden in der Folgezeit auch in der Öffentlichkeit diese Diskussionen weitergeführt. So wurden z. B. die Vorstellungen von April 1988 in der Wahlversammlung der Bezirkssektion Kunstwissenschaftler im Bezirksverband Leipzig am 25. Mai 1988 zur Kenntnis gebracht. Sie waren Gegenstand der dort geführten Diskussionen, wobei inhaltlich z. T. Zustimmung erreicht wurde.

Von progressiven Künstlern im Bezirksverband Leipzig wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Verfasser der dem Präsidium des VBK übergebenen Vorstellungen mit ihren Auffassungen insbesondere unter jüngeren Kunstwissenschaftlern Resonanz finden.

Auf realistischen Positionen stehende Künstler äußerten, dass Mitglieder der Partei ihren Einfluss zur Zurückweisung derartiger gegen die Kulturpolitik der Partei gerichteten Auffassungen z. T. nur ungenügend geltend machen und »unbequemen« Auseinandersetzungen zunehmend aus dem Wege gehen.

Bemerkenswert ist, dass sich die vorgenannten Personenkreise im Juli 1988 erneut mit schriftlichen Vorstellungen an das Präsidium des VBK wandten, die sechs Problem- bzw. Forderungskomplexe enthielten und als »Angebot zum Gespräch in Vorbereitung des Kongresses« formuliert waren. Die Mitunterzeichner Barsch, Gille und Muschter sind Delegierte des X. Kongresses des VBK in der DDR.

Die Vorstellungen enthalten u. a. Forderungen nach Reise- und Studienaufenthalten im nichtsozialistischen Ausland für alle Kunstwissenschaftler als prinzipielle Arbeitsvoraussetzung und damit im Zusammenhang stehender Vergabe von langfristigen und mehrfachen VISA, Bereitstellung von Forschungsstipendien aus dem Kulturfonds für zusätzliche wissenschaftliche Buchprojekte bis hin zu Forderungen nach Aufarbeitung der jüngsten Kunstgeschichte der DDR unter Einbeziehung ehemaliger DDR-Bürger und Legalisierung von Ausstellungen in privaten Räumen.

Hinweisen zufolge werden in einigen Bezirksorganisationen in letzter Zeit in Gesprächen in kleineren Kreisen stärker Probleme, die die Innenpolitik der DDR betreffen, angesprochen, wobei ein Teil der Meinungsäußerungen Vorstellungen über angeblich notwendige Veränderungen in gesellschaftlichen Teilbereichen enthält. Im Vordergrund stehen dabei Überlegungen hinsichtlich einer Veränderung der Medienpolitik in der DDR im Interesse aktueller und »objektiver« Informationen, der »Entfernung der Schwarz-Weiß-Malerei« in den Medien, einer Offenlegung von Mängeln in der ökonomischen Entwicklung, verbunden mit dem Aufzeigen von konkreten Lösungswegen, der Zulassung öffentlichen Dialogs zu gesellschaftsrelevanten Problemen bis hin zu kunstwissenschaftlichen und künstlerischen Positionen.

Weiteren internen Hinweisen zufolge versuchen dem MfS hinlänglich bekannte Kräfte, private Ausstellungen in Ateliers und Privatwohnungen zu organisieren. Inhalte dieser Ausstellungen sind z. T. bürgerliche, dem sozialistischen Realismus fremde Kunstrichtungen.

Einen Schwerpunkt bildet die Leipziger Galerie »Eigen + Art«. Durch regelmäßige Annoncen, u. a. in der Zeitschrift »Bildende Kunst«, sowie durch Gespräche zwischen dem VBK/DDR und dem Organisator der Galerie, Gerd Lybke, habe sie inzwischen eine »nichtrückkehrbare Legalität« erreicht. Vorrangig stellen in »Eigen + Art« Künstler aus, die sich mit ihren zum Teil bürgerlichen Kunstauffassungen im Widerspruch zur Kulturpolitik unserer Partei befinden. Die Galerie wird von ihnen gleichzeitig als Ort von Zusammenkünften und Gesprächen genutzt.

Gegenwärtig wird in Leipzig von jungen Künstlern eine weitere Galerie »Am kleinen Feld« unter Nutzung einer Privatwohnung aufgebaut, deren Inhalte sich wesentlich an der Galerie »Eigen + Art« anlehnen.

Positive Ergebnisse bei der Zurückdrängung staatlich nicht genehmigter Galerien sind in der Bezirksorganisation Rostock zu verzeichnen. So beabsichtigte das Verbandsmitglied Udo Rathke, auf privater Initiative eine Ausstellungsreihe in seinem Atelier zu organisieren, was durch Einbindung in Projekte des Kulturbundes der DDR offizialisiert werden konnte. Auch die VBK-Mitglieder Sonja Rolfs und Thomas Carl, welche mit der Organisierung von privaten Pleinairs in Erscheinung traten, auf denen elitäre bürgerliche Kunstauffassungen propagiert wurden, konnten durch differenziert geführte Maßnahmen wie individuelle Auseinandersetzung, zielgerichtete Auftragspolitik, Übertragung von Funktionen unter Berücksichtigung von Kontroll- und Einflussmöglichkeiten, Genehmigung von Studienreisen in sozialistische und nichtsozialistische Staaten, zielgerichteter Ankauf ihrer Werke, diszipliniert und in das Verbandsleben eingebunden werden.

Nach vorliegenden Hinweisen sind die Wahlen zu den Sektionsleitungen in den Bezirksorganisationen des VBK der DDR entsprechend den zentralen Orientierungen und terminlichen Festlegungen abgeschlossen worden. Die Beteiligung der Verbandsmitglieder war nach Auffassung von Mitgliedern der Verbandsleitungen mit durchschnittlich 55 % insgesamt nicht befriedigend.

Progressive Kräfte der zentralen Ebene des Verbandes äußerten, es seien Initiativen notwendig, die Ursachen dafür aufzudecken und zu analysieren mit dem Ziel, die Mitglieder wieder stärker an den Verband heranzuführen; damit müsse bereits auf dem X. Kongress begonnen werden.

Feststellungen progressiver Kräfte zufolge sei in individuellen Gesprächen und in den Diskussionen in den Sektionswahlversammlungen der Bezirksorganisationen des VBK der DDR großes Interesse an der innenpolitischen Lage in der DDR und an der gesellschaftlichen Entwicklung in der UdSSR und in anderen sozialistischen Ländern erkennbar gewesen.

Bei genereller Anerkennung der Friedenspolitik der DDR seien internen Hinweisen zufolge u. a. von namhaften Künstlern Standpunkte dahingehend geäußert worden, die gesellschaftlichen Veränderungen in der UdSSR sollten analysiert werden und unter Berücksichtigung des gesellschaftlichen Entwicklungsstandes in der DDR auch in unserem Land Beachtung finden.

Ausgehend von dem Prozess der Umgestaltung in der UdSSR werde von einzelnen Künstlern (u. a. im Bezirksverband Rostock) eine Übernahme derartiger Reformen erwartet. Vordergründig werde dabei auf eine »Notwendigkeit der ehrlichen Darlegung offener Probleme« verwiesen, wobei in den Mittelpunkt von Diskussionen gestellt worden sei, generell wäre in der Innenpolitik der DDR »mehr Offenheit und Überschaubarkeit« erforderlich. Namhafte Künstler hätten geäußert, staatliche Maßnahmen, die Medienpolitik und Eckpunkte der Innenpolitik der DDR würden von ihnen und vielen Bürgern interessiert und kritisch verfolgt; es zeige sich aber, dass »alte Positionen vertreten werden und keine Veränderungen zu erwarten seien«. Künstlerische Arbeiten würden unter diesen Bedingungen weiter eingeengt.

Es wurde teilweise die Erwartungshaltung zum Ausdruck gebracht, dass auf dem X. Kongress des VBK offen über noch vorhandene entwicklungsbedingte Probleme in der DDR, insbesondere die Kulturpolitik betreffend, gesprochen wird.

Dabei traten folgende Argumente und Erwartungshaltungen, aus denen z. T. Forderungen abgeleitet wurden, in Erscheinung:

In mehreren Bezirksverbänden sei die Auffassung vertreten worden, das Statut des Verbandes zu überarbeiten bzw. eine Änderung des Wahlmodus in den Strukturen des Verbandes vorzunehmen. Zur Verbesserung des innerverbandlichen Lebens wäre fördernd, eine zeitliche Begrenzung der Ausübung von Wahlfunktionen vorzunehmen und zu gewährleisten, dass auf allen Ebenen eine höhere Anzahl von Kandidaten aufgestellt wird als zu wählen ist. So habe z. B. der neu gewählte Vorsitzende der Bezirksorganisation Dresden, Bock, Dieter/SED, die Meinung vertreten, dass eine Wahlfunktion höchstens über zwei Wahlperioden von der gleichen Person wahrgenommen werden dürfe, um eine »Verkrustung« der Verbandsleitung zu verhindern.

In anderen Bezirksorganisationen wurden Vorschläge unterbreitet, mindestens drei Kandidaten für den auf dem X. Kongress des VBK zu wählenden Präsidenten aufzustellen und nach demokratischer Wahl dem Kandidaten mit den meisten Stimmen den Vorstand zu überlassen (u. a. Forderung in der Versammlung der Sektion Kunstwissenschaftler des Bezirksverbandes Berlin am 4. November 1988 durch die Kunstwissenschaftler Christoph Tannert, Barbara Barsch, Gabriele Muschter).

Wiederholt wurde angesprochen, die Verfahrensweisen der Genehmigung oder Ablehnung von Reisen der Mitglieder des VBK (Privatreisen, Studienreisen, Arbeitsaufenthalte u. a.) müssten insgesamt durchschaubarer gemacht werden. So seien in den Bezirksverbänden Halle und Gera eine individuelle Begründung bei Ablehnung von Reisen in nichtsozialistische Staaten sowie eine »Offizialisierung« der Auswahlkriterien für Reisekader und Studienreisen in diese Staaten gefordert worden.

Im Bezirksverband Rostock sei mehrfach hervorgehoben worden, es sei erforderlich, staatliche Maßnahmen, die die Sektion bzw. den Verband insgesamt betreffen, »überschaubarer« zu machen. So müsse die Vergabe staatlicher Mittel im Rahmen der Auftragserteilung an Künstler »offengelegt« werden, wobei der Sektion bei Wahrung demokratischer Mitentscheidungsrechte Einflussnahme zugesichert werden sollte.

Erwartungshaltungen wurden im Zusammenhang mit der angeblich notwendigen Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen geäußert. Im Mittelpunkt stand die Notwendigkeit der Verbesserung der Bereitstellung von Material, Werkzeug und Ausrüstungen für die handwerkliche Arbeit der bildenden Künstler.

Seit Längerem auftretende Anfragen aus Sektionen zur Rentenversorgung der bildenden Künstler, zur Bereitstellung von Atelierwohnungen, Werkstätten und Ausstellungsräumen würden nicht ausreichend beantwortet und Probleme, die in diesen Zusammenhängen aufgetreten seien, habe man nicht geklärt.

Von progressiven Kräften einiger Bezirksorganisationen (u. a. Gera, Karl-Marx-Stadt, Rostock, Schwerin) wird in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, eine Zusammenarbeit der territorial zuständigen verantwortlichen Mitarbeiter der Fachabteilung Kultur des örtlichen Staatsapparates – sowohl mit den Sektionen als auch mit einzelnen Künstlern bei individuellen Problemen – sei nur in Ausnahmefällen vorhanden bzw. überhaupt nicht gewährleistet. Von großen Teilen der Verbandsmitglieder würden aus diesen genannten Gründen die staatlichen Organe nicht mehr als Kooperationspartner anerkannt; insgesamt wäre ein Vertrauensverlust zu verzeichnen.

Vorliegenden Hinweisen zufolge setzt sich der künstlerische Nachwuchs im VBK mehrheitlich mit seinem spezifischen künstlerischen Schaffen für die Verwirklichung der Politik der Partei ein.

Unterschiedlich ausgeprägt sei die Ausstrahlung der Arbeitsgruppen »Junge Künstler« der einzelnen Bezirksverbände, sodass noch nicht alle jungen Künstler in die Verbandsarbeit einbezogen würden. Während z. B. in den Bezirken Rostock und Gera seitens der Arbeitsgruppen »Junge Künstler« politisch-ideologisch und künstlerisch-fachlich gute Ergebnisse erzielt worden wären, sei z. B. in Halle die Tätigkeit der Arbeitsgruppe nur auf die Lösung organisatorisch-technischer Fragen beschränkt mit zunehmender Tendenz eines ausgeprägten Desinteresses an politischem und gesellschaftlichem Engagement.

Im Hinblick auf den Verlauf des X. Kongresses des VBK in der DDR erscheint der intern vorliegende Hinweis von Bedeutung, dass der zu den profiliertesten Mitgliedern des Bezirksverbandes Schwerin gehörende freiberufliche Maler/Grafiker Winfried Wolk (Mitglied des Hauptvorstandes der CDU) erklärte, im Bezirksverband nicht mehr mitarbeiten und eine vorgesehene Funktion im Zentralvorstand des VBK nicht annehmen zu wollen. (W. wandte sich zunächst mit berechtigter Kritik gegen Leitungskräfte des Bezirksverbandes, leitete jedoch daraus ungerechtfertigte Schlussfolgerungen ab, die sich in ihrer Grundtendenz gegen die führende Rolle der Partei richteten, sodass seine Kandidatur als Mitglied des Zentralvorstandes des VBK inzwischen zurückgenommen werden musste.) Wolk äußerte im internen Kreis die Absicht, sich analog »wie Christa Wolf« mit einem Brief an den VBK-Kongress wenden zu wollen. (Über den Inhalt wurde bisher nichts bekannt.)3

Darüber hinaus wurde streng intern bekannt, dass die hinlänglich bekannte Mitunterzeichnerin der bereits genannten Vorstellungen von April und Juli 1988 an das Präsidium des VBK, Gabriele Muschter, einen Diskussionsbeitrag für den Kongress vorbereitet, in dem u. a. Honorarfragen, Reisemöglichkeiten und andere in den genannten Vorstellungen erhobene Forderungen eine Rolle spielen sollen. Der Beitrag solle von der freischaffenden Kunstwissenschaftlerin Barbara Barsch gehalten werden.4

Die Information ist wegen Quellengefährdung nur zur persönlichen Kenntnisnahme bestimmt!

  1. Zum nächsten Dokument Herbstsynoden der Landeskirche und der Kirchenprovinz Sachsen

    21. November 1988
    Information Nr. 507/88 über die Herbstsynoden der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen in Halle und der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens in Dresden

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    21. November 1988
    Information Nr. 493/88 über einige bedeutsame Probleme zum Schadensgeschehen durch Brände, Havarien und Explosionen in der Volkswirtschaft der DDR