Direkt zum Seiteninhalt springen

Tagesbericht

5. November 1953
Informationsdienst Nr. 2012 zur Beurteilung der Situation

Die Lage in Industrie, Verkehr, Handel und Landwirtschaft

a) Industrie und Verkehr

Diskussionen über die Preissenkung1 flauen in allen Bezirken weiter ab. Nach wie vor werden negative Stimmen laut, die aber keinen entscheidenden Einfluss unter den Massen der Arbeiter gewinnen. Diese negativen Stimmen versuchen, die Preissenkungen zu bagatellisieren oder durch »Milchmädchenrechnungen« vollkommen zu negieren. Wohl die meisten dieser negativen Meinungen werden von Intellektuellen in den Betrieben ausgedrückt.

Ein Ingenieur von der Neptunwerft Rostock: »Aufgrund der Preissenkung spare ich mit meiner sechsköpfigen Familie monatlich rund 4,00 DM ein. Das soll eine Verbesserung sein?«

Ein Arbeiter im Ernst-Thälmann-Werk Magdeburg: »Vor Abschaffung der Punktkarten2 hat ein Männerhemd auf Punkte 12,00 DM gekostet. Dann stieg der Preis auf 40,00 DM, als die Preise an den staatlichen Handel angeglichen wurden. Jetzt nach der Preissenkung kostet es aber immer noch 24,00 DM, also 100 % mehr als früher auf Punkte.«

Die Verpflichtungsbewegung zur Unterstützung des neuen Kurses hält in ihren mannigfaltigen Formen weiter an. Vereinzelt werden auch wieder freiwillige Normenerhöhungen gemeldet. Im Kombinat Deutzen/Leipzig haben vier Kumpel 20 Normen um je 12 % erhöht.

Über die Normenfrage entstehen oft negative Diskussionen. Im Bau 20 des Buna-Werkes wird durchweg die Meinung vertreten, die Normen seien zu hoch. In sämtlichen Reparaturwerkstätten des gleichen Werkes sind die Arbeiter darüber missgestimmt, dass angeblich die Normen ab 1.1.1954 generell erhöht werden. Offensichtlich handelt es sich hier um Gerüchte.

Die Wettbewerbsbewegung, die sich verbreitet, wird oft durch verschiedene Ursachen gehemmt. Während die Besatzungen der Hochöfen 4 und 6 im Stahlwerk Brandenburg im Oktober ständig Höchstleistungen erreichten, können die Brandenburger Walzwerker ihre Höchstleistungen nicht einhalten, weil von ihnen verlangt wird, während der Stromspitzenzeiten den Energieverbrauch einzuschränken und dadurch ihre Leistungen zu senken. Bei Jenapharm in Jena/Gera wird die Initiative der Arbeiter, Wettbewerbe durchzuführen, durch mangelndes Verständnis und konservative Haltung der Betriebsleitung gehemmt. Der VEB Hausschuhfabrik Oschatz/Leipzig wollte am 1.11.1953 einen innerbetrieblichen Wettbewerb beginnen, das wurde durch Materialmangel verhindert. Eine ganze Abteilung musste deshalb bereits nach Hause geschickt werden. Negative Stimmung der Arbeiter gegenüber unserem Wirtschaftssystem und unserem Staat ist die Folge.

Die Materialsorgen einiger Betriebe nehmen zuweilen ernste Ausmaße an. Im EMW Eisenach mussten allein im Oktober 82 t Walzstahl umgeschmiedet werden, weil das Walzmaterial nicht in den bestellten Größen geliefert wurde. Dadurch können die vorgeschriebenen Fertigungszeiten nicht eingehalten werden, der Plan kann nicht termingemäß erfüllt werden, die Prämien für die Arbeiter und den Direktorenfonds bleiben aus und die Leidtragenden sind die Arbeiter. Schuld daran sind aber nicht die Zubringerbetriebe, sondern das zuständige Ministerium bzw. die zentralen Stellen der DHZ, die die Bestellung des Betriebes nicht richtig weitergeleitet haben. Bezeichnend für die Arbeitsweise dieser Stellen ist, dass diese Mängel bereits seit 6 bis 8 Wochen dort bekannt sind, und nichts hat sich bisher geändert.

Über die Liquidierung feindlicher Spionagetruppen3 werden wieder vereinzelt Stimmen laut. Ein Arbeiter aus dem Gaswerk Parchim/Schwerin sagte: »Ich hatte den Eindruck, dass die Staatsorgane nach dem 17. Juni sehr zurückhaltend geworden waren. Dadurch hat der Klassengegner seine freche Schnauze wieder erhoben. Ich begrüße, dass unsere Sicherheitsorgane jetzt wieder hart zugreifen.«

b) Handel und Versorgung

In der Kartoffelversorgung bestehen in den Bezirken Cottbus, Frankfurt/Oder, Leipzig, Erfurt und Gera noch Schwierigkeiten. Durch die Gefahr des bald einsetzenden Frostes ist die Bevölkerung, die noch nicht im Besitz von Kartoffeln ist, stark beunruhigt. Kreis Forst/Cottbus ist erst zu 50 % mit Kartoffeln beliefert. In Eberswalde/Frankfurt/Oder fahren immer mehr Arbeiter und andere Einwohner aufs Land, um sich bei den Bauern Kartoffeln zu kaufen. Dadurch entsteht in den Betrieben großer Ausfall an Arbeitszeit.

Mangel an Frischfleisch besteht immer noch im Bezirk Karl-Marx-Stadt. Im Kreis Annaberg gibt es nur Fleischkonserven und Gefrierfleisch. In den Bezirken Neubrandenburg und Erfurt ist man in verschiedenen Kreisen nicht in der Lage, den Bedarf an Fleischwaren nach der Preissenkung zu decken. Das Gleiche trifft im Bezirk Cottbus bei Margarine Sorte II zu. So waren im Kreis Worbis/Erfurt zwei Tage nach der Preissenkung in der HO Frischfleisch und Wurstwaren ausverkauft. Im Kreis Neustrelitz konnten nicht genügend Bockwürste hergestellt werden. Der Zustand der Importbutter wird in Neubrandenburg kritisiert, da diese nach kurzer Zeit bereits grüne Flecken aufweist und ungenießbar wird.

Fehlen von Übergangs- und Winterbekleidung macht sich in einigen Kreisen des Bezirkes Gera bemerkbar. So hat sich in dieser Angelegenheit der Leiter des HO-Textilhauses von Zeulenroda an die DHZ wegen schlechter Belieferung bzw. schlechter Qualität gewandt, ohne dass eine Veränderung eintrat. Von 590 qm laut Vertrag zu liefernden Stoffen wurden bisher nur 70 qm geliefert.

c) Landwirtschaft

Diskussionen über die Preissenkung werden nicht mehr so stark wie bisher geführt. Die positiven Stimmen sind in der Mehrzahl. Verschiedene negative Stimmen bringen zum Ausdruck, dass jetzt auch für die Bauern etwas getan werden müsste (Erhöhung der Erzeugerpreise für landwirtschaftliche Produkte). Leiter des devastierten Betriebes in Wallmow/Neubrandenburg: »Die Preis- und Lohnsteuersenkung4 ist ganz gut, jedoch müssen die Bauern für ihre Erzeugnisse mehr Geld erhalten, sonst haben sie davon auch keinen Nutzen.« Im Allgemeinen sind die Argumente die gleichen wie bisher.

Zum Monat der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft sind die Eröffnungsveranstaltungen unterschiedlich besucht. Vereinzelt werden aus diesem Anlass Verpflichtungen übernommen. Während die Eröffnungsveranstaltungen in den MTS-Bereichen Zschölkau und Weisena5/Leipzig schlecht besucht wurden, waren in der LPG Querbitzsch/Leipzig alle LPG-Mitglieder anwesend, sie waren jedoch verärgert, weil der Referent der SED-Kreisleitung Delitzsch nicht erschien.6 In der MTS Kamenz/Dresden verpflichtete sich ein Kollege, bis zum Abschluss des Monats der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft die gesamte Belegschaft als Mitglieder der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft zu werben.

Bei der Rübenernte entsteht Verärgerung bei den Bauern in den Bezirken Cottbus, Rostock und Neubrandenburg durch Mangel an Waggons und Abnahmeverweigerung der Zuckerrüben verarbeitenden Industrie. Die Bauern der Kreisstadt Röbel/Neubrandenburg beklagen sich, dass die Waggongestellung für Kartoffel- und Zuckerrübenverladung immer noch so schlecht wie vor einigen Wochen ist. Dadurch geht sehr viel Zeit verloren, die für die Herbstaussaat notwendig gebraucht wird.

Bürgermeister aus Bünzow7/Rostock: »Unter den Bauern herrscht eine schlechte Stimmung, da die Zuckerfabrik Anklam sich seit zwei Tagen weigert, Zuckerrüben abzunehmen. Hierdurch entsteht den Bauern durch Eintrocknen der Rüben ein großer Verlust, den sie selbst tragen müssen.«

Mangel an Ersatzteilen für landwirtschaftliche Maschinen ruft im Bezirk Erfurt immer noch Verärgerung hervor. So fehlen in der MTS Buttelstedt/Erfurt Ersatzteile für Traktoren. Dadurch sind ein Viertel der vorhandenen Traktoren durch Reparatur ausgefallen. Dies ist in mehreren MTS des Bezirkes der Fall.

Die Kartoffelablieferung verweigern verschiedene Bauern in den Bezirken Potsdam und Halle mit der Begründung, dass sie diese benötigen, um ihre Futtergrundlage zu sichern. Im Kreis Kyritz ist die Ablieferung so schlecht, dass die bestellten Waggons nicht voll beladen werden können und oft leer wieder zurückgehen. Die Bauern erklären, dass sie nicht abliefern können, da sonst die Futtergrundlage für den Winter nicht gesichert ist. In Rhinow drohen die Bauern sogar, dass sie die DDR verlassen werden, falls sie durch Druck zur Ablieferung gezwungen werden. In verschiedenen Fällen äußern Bauern im Kreis Aschersleben, dass sie ebenfalls sich nach Westdeutschland absetzen wollen, wenn sie nicht eine Zurückstufung im Soll erhalten, da sie nicht wissen, wie sie ihr Vieh füttern sollen.

Zersetzung in der LPG versuchen im Bezirk Leipzig feindliche Elemente durch provokatorische Diskussionen. So wurden die Genossenschaftsbauern der LPG Grünberg durch einen zurückgekehrten Kriegsverurteilten aus der SU (ehemaliger Sonderführer) in Zweifel gesetzt, da er ihnen erklärte: »Die Kolchosen in der SU sind unrentabel, trotzdem sie alles vom Staat erhalten, und genau so ist es mit den LPG bei uns.«

Zur Verweigerung der Ablieferung erklärten einige Klein- und Mittelbauern im Kreis Artern/Halle, dass direkte Anweisung diesbezüglich durch den Stuttgarter Rundfunk (!) an die Bauern ergangen sei. Nach individuellen Aussprachen mit Funktionären der SED erklärten sich die Bauern zur 100%igen Ablieferung bereit.

Zur Veröffentlichung des Geheimmaterials des OKW wurde an die Politabteilung der MTS Oschatz/Leipzig verschiedentlich die Forderung herangetragen, die Namen der zu Tode verurteilten Soldaten aus diesem Material bekannt zu geben, »um nachzuweisen, dass diese Meldung der Wahrheit entspricht und um den Angehörigen, die vielleicht noch auf eine Rückkehr warten, Gewissheit zu verschaffen«.

Stimmung der übrigen Bevölkerung

Die Diskussionen über die Preissenkungen flauen ab. Die positiven Stellungnahmen sind in der Mehrzahl. Die Argumentationen sind die gleichen wie bisher.

Arbeiterfrau aus Grevesmühlen/Rostock: »Der neue Kurs ist jetzt schon erheblich zu spüren, da die Preise für viele Artikel gesenkt sind, jetzt kann man sich für das gesparte Geld schon mehr kaufen.«

Ein Einwohner aus Frankfurt/Oder: »Die Preissenkung ist nicht so groß, wie die es machen, es ist alles noch zu teuer. Wir wollen hoffen, dass bald größere Preissenkungen folgen, damit man sich etwas kaufen kann.«

Zu den Verhaftungen der Agentengruppen8 wird im Allgemeinen positiv Stellung genommen. Man fordert strenge Bestrafung dieser Agenten und erklärt, dass eine noch engere Verbindung der Bevölkerung und den Staatsorganen geschaffen werden muss. Angestellter der Stadtverwaltung Pasewalk/Neubrandenburg: »Man kann aus diesen Festnahmen ersehen, wie die westlichen Imperialisten mit ihren gekauften Agenten und Spionen versuchen, die DDR zu unterminimieren. Wir alle müssen noch viel wachsamer sein und enger mit unseren Staatsorganen zusammenarbeiten, damit es uns gelingt, alle Feinde des Friedens zu entlarven.«

Über die Entlassung des ehemaligen Generalfeldmarschalls Paulus9 werden in der gesamten Bevölkerung, auch in der Industrie und Landwirtschaft, Stimmen laut, welche die Rückkehr Paulus’ und seinen Aufenthalt in der DDR ablehnen. Einzelne Stimmen besagen, besonders aus den Reihen unserer Partei, dass es besser ist, wenn er hier in der DDR wohnt als in Westdeutschland.

Werkzeugmacher im VEB Turbine Dresden: »Ich kann nicht verstehen, dass so ein Mann wie Paulus, der Hunderttausende auf dem Gewissen hat und auch als Kriegsverbrecher gilt, wieder freigelassen wird.«

Arzt vom Ludwig-Hoffmann-Hospital Berlin: »Paulus wird der neue Führer unserer Nationalarmee werden. Er wurde in der SU zuverlässig erzogen und es steht ja auch noch ein Kommissar dahinter.«

Ein Genosse vom Martin-Hoop-Werk Zwickau: »Wenn man die Rolle Paulus’ einschätzt, muss man sie im Zusammenhang sehen. Er hat doch dem Nationalkomitee Freies Deutschland angehört und die faschistische Wehrmacht vor Stalingrad aufgefordert, das sinnlose Blutvergießen zu beenden. Wir sind froh, dass er in der DDR seinen Wohnsitz genommen hat.«

Über die Stromversorgung werden oft heftige negative Diskussionen unter der gesamten Bevölkerung geführt. So äußerte der Parteisekretär der Glashütter Uhrenwerke: »Ich weiß nicht mehr, wie ich diskutieren soll. Wenn ich vom Fortschritt erzähle, hält man mir immer die Stromsperren entgegen und fordert, dass diese abgeschafft werden.«

Gerüchte über eine Währungsreform, die angeblich bevorstehen soll, werden im Kreis Schmölln/Leipzig verbreitet. Das gleiche Gerücht trat bereits gestern im Bezirk Suhl in Erscheinung.

Im Bezirk Magdeburg wurden in der Zeit vom 1. bis 3.11.1953 105 Personen republikflüchtig. Dagegen kehrten nur 22 zurück und sieben wanderten zu. Im Kreis Quedlinburg ist die Zahl der Republikflüchtigen ebenfalls angestiegen. Bei Bauern handelt es sich ausschließlich um Elemente, die unserer Republik feindlich gesinnt sind; bei Arbeitern und anderen Personen sowie Angestellten handelt es sich überwiegend um Anhänger der katholischen Kirche.

Organisierte Feindtätigkeit

Vereinzelte Flugblatttätigkeit in den Bezirken Neubrandenburg, Dresden, Karl-Marx-Stadt, Potsdam und Rostock.

Im Bereich des Mansfeld-Kombinates wurden Kumpel von unbekannten Personen angesprochen und aufgefordert, nach Westdeutschland zu kommen. Ihnen wurden gute Verdienstmöglichkeiten in einem bestimmten Bergbaurevier versprochen.

Ausgehend von den Verhaftungen im Zuge der kürzlich bekannt gegebenen Liquidierung von feindlichen Spionagegruppen versucht der RIAS, Panikstimmung unter der Bevölkerung vor einer »neuen Verhaftungswelle« zu erzeugen.

In den frühen Morgenstunden des 3.11.1953 wurde vor dem Gebäude der Objektparteileitung der SED Wismut in Aue ein Parteifunktionär von einer männlichen Person niedergeschlagen. In Grimma/Leipzig wurde der Amtsleiter des VPKA von einem Arbeiter ohne jegliche Veranlassung tätlich angegriffen.

Stimmen aus Westberlin

Aus den Kreisen der Stummpolizei10 wird Folgendes bekannt: Ein Wachpolizist, der ein Flüchtlingslager mit desertierten Volkspolizisten bewacht, erzählte in seinem Kameradenkreis, in der Zeit vom 29.9. bis 27.10.1953 seien erst elf »Vopos« im Lager angekommen. Er habe den Leiter der zuständigen amerikanischen Dienststelle gefragt, wie es möglich sei, dass in den Westzeitungen für den gleichen Zeitraum »124 Vopos und vier Kommissare« gemeldet wurden. Der Amerikaner habe ihm geantwortet, die anderen seien im britischen und französischen Sektor. Er, der Wachpolizist, sei aber mit dieser Erklärung nicht einverstanden, er glaube das nicht.

Bei einer Dienstbesprechung wurde gesagt, im französischen Sektor sei die illegale Arbeit der SED völlig zum Erliegen gekommen. Von einem Vorhandensein der SED sei nichts mehr zu verspüren. Die Stupos waren darüber sehr erfreut, da ihnen die Tätigkeit der SED viel »Arbeit« bereitet.

Einschätzung der Situation

In der Gesamtlage sind gegenüber dem Vortage keine Veränderungen.

Anlage 1 vom 4.11.1953 zum Informationsdienst Nr. 2012

Stimmen aus Westdeutschland

Ein arbeitsloser aus Frankfurt/M. (KPD): »Der Ausgang der Wahlen11 hat bei SED-Mitgliedern einen tieferen Eindruck hinterlassen als bei den KPD-Genossen. Die SPD ist so gut wie eingeschlafen. Allgemein wird die Ansicht vertreten, dass sich das Adenauer-Regime jetzt selbst entlarvt und dadurch die Aktionseinheit an Boden gewinnen wird. Bei den Kommunalwahlen im Jahre 1954 wird ein großer Teil der SPD-Mitglieder mit den Kommunisten zusammenarbeiten.«

Der Betriebsratsvorsitzende der Allgemeinen Ortskrankenkasse im Bad Reichenhall: »Die SPD ist über das Wahlergebnis sehr deprimiert. Die große Masse der Arbeiter ist gegen die Spaltung der Gewerkschaft. Wenn der Bundesvorstand zu Kampfaktionen aufrufen würde, wären sie bereit zu kämpfen.« Auf die Frage, ob die Arbeiter selbstständig, ohne Aufruf des DGB Aktionen veranlassen würden, erwiderte er: »Das könnte vielleicht in bestimmten Betrieben der Fall sein.«

Der Betriebsrat der Fa. Breuer & Probst,12 Köln: »In meinem Betrieb, in dem die Belegschaft 100%ig organisiert ist, haben die Arbeiter beschlossen, die Ablehnung des CDU-Ultimatums durch den Bundesvorstand zu fordern (dieser Betrieb beschäftigt 175 Arbeiter).«

Ein Schlosser aus Bochum beschäftigt auf der Zeche Mansfeld (KPD): »Die Genossen haben nicht verstanden mit den Massenorganisationen und der SED zusammenzuarbeiten. Es liegt zum Teil an der schlechten Verteilung des Materials, zum anderen sind einige zu feige, offen in den Versammlungen zu sprechen. Mit der Gewerkschaftsspaltung sind die Kumpel nicht einverstanden, sie brachten zum Ausdruck, dass es jetzt die Hauptaufgabe sei, die Forderungen der Gewerkschaft in die Betriebe zu verlegen und auf der Basis der Aktionseinheit ein Betriebsforderungsprogramm gegen die Spalter aufzustellen und die Organisierung von Ausspracheabenden mit der SPD durchzuführen.«

Ein Arbeiter von der Fa. Conti in Hannover: »Der Wille zur Aktionseinheit ist bei den Arbeitern vorhanden. Die Genossen im Betrieb versuchen mit allen Mitteln, die Arbeiter für ein gemeinsames Handeln zu gewinnen. So wurde auch die Note der SU vom 28.9.195313 an die Belegschaft verteilt und von den Arbeitern zustimmend aufgenommen. Die Bestrebungen zur Aktionseinheit werden hauptsächlich durch den Betriebsratsvorsitzenden, einem SPD-Mann, unterbunden. Das Klassenbewusstsein der Arbeiter im Betrieb ist sehr schwach entwickelt. 50 % der Belegschaft sind Umsiedler, die nicht genügend Interesse für das politische Geschehen zeigen.«

Der Parteisekretär der KPD aus dem Kreise Erlangen bezeichnete es als ein Ergebnis der Wahl, dass sich SPD-Genossen und auch ein Teil der unteren und mittleren Führung der SPD und KPD nicht mehr so ablehnend gegenüber verhalten.

Bei der Fa. Deutz & Bayer14 und auf einer Betriebsrätekonferenz in Köln wurde die konsequente Ablehnung des Ultimatums der CDU15 durch den Bundesvorstand gefordert. Als der Vertreter der Bezirksleitung auf dieser Versammlung versuchte, die Verhandlungsbereitschaft mit der CDU den Arbeitern schmackhaft zu machen, wurde er am Weitersprechen gehindert. Der Betriebsrat erklärte, Aufgabe sei es jetzt, die Kampfbereitschaft der Arbeiter durch die Betriebsräte zu lenken und anzuleiten. Er beklagt sich darüber, dass die Genossen der KPD in den Gewerkschaften nicht so arbeiten, wie es notwendig wäre. Ein Teil der Genossen sei überhaupt nicht gewerkschaftlich organisiert.

Anlage 2 zum Informationsdienst Nr. 2012

Verluste an Tieren durch Seuchen im III. Quartal 1953

[Tabelle nicht barrierefrei]

Schweine

Hühner

Bezirk

Schweinepest

Rotlauf

Hühnerpest

verendet

notgeschlachtet

verendet

notgeschlachtet

verendet

notgeschlachtet

Rostock

181

922

299

87

448

3 274

Schwerin

60

861

344

127

748

1 110

Neubrandenburg

187

1 776

322

165

3 986

9 985

Potsdam

1 048

9 572

395

221

1 001

3 595

Frankfurt

537

5 512

579

391

582

1 932

Cottbus

447

5 084

1 098

470

357

1 085

Magdeburg

814

6 891

1 415

328

413

2 761

Halle

327

4 319

303

226

5

71

Erfurt

145

1 602

263

116

53

171

Gera

20

156

76

105

2

8

Suhl

6

84

123

161

15

297

Dresden

423

779

316

318

913

4 798

Leipzig

99

1 815

152

163

1 390

5 600

Karl-Marx-Stadt

15

94

150

162

297

354

Groß-Berlin, Demokr. Sektor

8

1 220

Insgesamt

4 317

40 687

5 835

3 040

10 210

35 041

  1. Zum nächsten Dokument Tagesbericht

    6. November 1953
    Informationsdienst Nr. 2013 zur Beurteilung der Situation

  2. Zum vorherigen Dokument Tagesbericht

    4. November 1953
    Informationsdienst Nr. 2011 zur Beurteilung der Situation