Androhung einer Protestversammlung von Kleintierhaltern und Bauern
6. Oktober 1956
Information Nr. 237/56 – Betrifft: Androhung einer Protestversammlung wegen der neuen Verordnung über die Ablieferungspflicht für Kleintierhalter und kleine landwirtschaftliche Betriebe
Aus dem Kreis Eisenach, [Bezirk] Erfurt, wird bekannt, dass besonders von den Arbeitern im VEB Klement Gottwald Ruhla1 und in den umliegenden ländlichen Gemeinden eine sehr schlechte Stimmung über die oben angeführte Verordnung herrscht.2 Besonders stark ist diese schlechte Stimmung in der Gemeinde Winterstein, [Kreis] Gotha. Hier halten über 50 % der Einwohner Ziegen bzw. Kühe ohne Land zu besitzen, sodass sich diese Verordnung besonders stark auswirkt. Der Bürgermeister dieser Gemeinde teilte telefonisch dem Bürgermeister aus Seebach mit, dass die Gemeinde beabsichtigt, eine Protestversammlung durchzuführen, um die Abschaffung dieser Verordnung zu erreichen.
Weiterhin werden im Kreis Gotha negative Diskussionen über das Schlachtgesetz für 1956/57 geführt.3 In der Gemeinde Winterstein wird dazu z. B. die Meinung vertreten, dass der überwiegende Teil der bisher nichtablieferungspflichtigen Betriebe keine Schweine mehr halten will. Die Gemeindevertretung sandte ein Schreiben an das Ministerium für Handel und Versorgung, worin erklärt wird, dass dieses Gesetz für die Waldgemeinden nicht durchführbar sei. Es wird eine Neuregelung verlangt. Die Meinung wird vorwiegend von Genossen der SED vertreten. In der Pfeifenfabrik Winterstein wird von den Genossen dahingehend diskutiert, dass hier der Regierung ein Fehler unterlaufen ist. Das Gesetz wird als Sabotage bezeichnet. Verschiedene Bürgermeister der Landgemeinden des Kreises Gotha sprachen beim Rat des Kreises Abteilung Handel und Versorgung vor und erklärten, dass sie in ihren Gemeinden dieses Gesetz nicht durchführen könnten, weil es sich nicht mit den Beschlüssen des 28. Plenums vereinbaren ließe.4