Aktivitäten von Propst Grüber in Ostberlin
29. August 1961
[Einzel-Information] Nr. 492/61 über das Verhalten von Propst Grüber nach dem 13.8.1961
Propst Grüber,1 dem Gelegenheit gegeben wurde, nach dem 13.8.1961 das demokratische Berlin zu betreten und seine Amtsgeschäfte unbehindert fortzusetzen, nutzte diese Möglichkeit in feindseliger Form aus.
Bei seinen Predigten am 13., 20. und 27.8.1961 in der Marienkirche hetzte er teils in offener, teils in versteckter Form gegen die Maßnahmen der Regierung der DDR. U. a. erklärte er am 13.8.1961 vor ca. 500 Personen sinngemäß und teils in religiöser Verbrämung:
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Wenn man Rundfunk hört und Zeitung liest, widert es an, dass man die Schuld der anderen Seite sieht, ohne die eigene Schuld zu erkennen.
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1945 fand man sich zusammen, um die Charta der Vereinten Nationen zu gründen, was heute wieder mit Füßen getreten wird.
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Das vor 14 Tagen in einem Fernseh-Interview an die Adresse des Westens gerichtete Zitat »Wer Wind sät, wird Sturm ernten« sei heute gegen den Osten gerichtet.
Mit der Äußerung »wenn man dem Volke den Frieden aufzwingt, dann legt man den Keim zu einem neuen Kriege, ähnlich wie man nach dem Erstem Weltkrieg mit den Verträgen den Keim zu Hitlers Kriegen gelegt« habe, wendet er sich eindeutig gegen einen Friedensvertrag und beschuldigte anschließend die DDR, dass sie leichtfertig mit dem Kriege spiele.
Ferner versuchte er mit dem Hinweis, dass er bei Hitler als »Verbrecher« gegolten habe, weil er den verlassenen, verstoßenen und entrechteten Menschen diente, eine Parallele zur Jetztzeit herzustellen. Außerdem zog er solche Vergleiche zum Eichmann-Prozess (Befehl ist Befehl), die nur die Schlussfolgerung zulassen, dass sich besonders die bewaffneten Kräfte der DDR den Maßnahmen der DDR entgegenstellen sollten und nicht »ihr Gewissen durch Uniformen zum Schweigen bringen« dürften.
Er erklärte weiter, dass mit diesen Maßnahmen der Regierung der DDR die Unmenschlichkeit fast auf einem Höhepunkt angelangt sei: 1945 hätte man gesagt, wer eine Waffe anfasst, dem solle die Hand abfaulen. Andere hätten gesagt, sie wollten den Militarismus ausrotten, treiben aber Militarismus in Reinkultur. für dieses Ziel wollten sie sogar die Christen ausnutzen. Heute sei wieder auf beiden Seiten Parademarsch mit Preußens Gloria – wie gehabt.
Alle diese Äußerungen wurden in einer Art vorgebracht, dass man sie nur auf die DDR beziehen konnte. Z. B. auch seine Äußerungen:
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»Wir haben in der Vergangenheit geschwiegen, wo wir hätten reden müssen. Wir haben in der Vergangenheit nicht gehandelt, wo wir hätten handeln müssen.« und
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»Neben der Bestialität steht die Humanität. Eine Humanität ohne Gott (Atheismus) führt zur Bestialität.«
Grüber benutzte ferner alle Predigten, um in demagogischer Form für die von den Maßnahmen betroffenen Menschen zu beten. Außerdem sei darauf hingewiesen, dass seine feindlichen Äußerungen z. T. von den westlichen Hetzsendern aufgegriffen und verbreitet wurden.
Aufgrund der provokatorischen Haltung Grübers und des Missbrauchs seiner Arbeitsbescheinigung, die ihm das Aufsuchen des demokratischen Berlins ermöglicht, wird vorgeschlagen, Propst Grüber auf die Liste der nicht friedlichen Bürger zu setzen und ihm den Zutritt ins demokratische Berlin nicht mehr zu gestatten.