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Reaktionen auf die Sicherungsaktionen v. 19. Nov. (3)

21. November 1961
Abschluss-Bericht Nr. 725/61 über die Reaktion auf die neuen Sicherungsmaßnahmen der DDR

Die nachstehend abschließenden Informationen beziehen sich auf die zweite Tageshälfte des 20.11. bis zur Beendigung der letzten Bauarbeiten an den neuen Schutzmaßnahmen in der Nacht zum 21.11.1961.1

Ergänzend zu den bereits gemeldeten Einzelheiten über die Konzentrierungen westlicher Besatzer wurde noch bekannt, dass am KP Friedrichstraße ein amerikanischer Jeep, ausgerüstet mit einem MG, postiert war. 200 m vom KP entfernt standen in den Seitenstraßen zur Friedrichstraße mehrere amerikanische SPW. Mit Bestimmtheit wurden vier SPW ausgemacht. Die gleiche Anzahl war hinter einer Ruine in der Potsdamer Straße, in der Nähe des Potsdamer Platzes, postiert.

Die westlichen Besatzer haben auch in den Nachmittagsstunden ihre Beobachtungsfahrten in das demokratische Berlin fortgesetzt. Dabei fuhren Offiziere der engl. Militärmission in zwei Fällen den KP Invalidenstraße vom demokratischen Berlin kommend an, um, über ihn nach Westberlin zu gelangen.

Gegen 15.05 Uhr versuchte das Militärfahrzeug der englischen Militärmission Nr. 27 XB 00 den KP Invalidenstraße vom demokratischen Berlin her zu passieren. Da die Überfahrt von den Sicherungskräften abgelehnt wurde, verließ das Fahrzeug etwa 10 min später diesen KP und begab sich zurück in das demokratische Berlin.

10 min später versuchten zwei engl. Offiziere ohne Fahrzeug den KP Invalidenstraße zu passieren. Auch sie wurden von den Sicherungskräften abgewiesen. Nach Beobachtungen der Sicherungskräfte hatten diese Offiziere einen »Volkswagen« vor dem KP abgestellt, offensichtlich mit der Absicht, nur den KP zu inspizieren. Sie verließen nach diesem Versuch den KP ohne besondere Zwischenfälle.

Auch die Aufklärungstätigkeit der westlichen Besatzungsmächte mittels Flugzeug, Hubschrauber und Beobachtungsposten wurde in den Nachmittagsstunden des 20.11. in der Innenstadt fortgesetzt.

Die Menschenkonzentrationen auf westlicher Seite nahmen in den Nachmittags- und Abendstunden zu, was offensichtlich auf die Hetzkampagne in Presse und Rundfunk zurückzuführen war. In den Abendstunden waren hauptsächlich der provokatorische »Protestmarsch« der Westberliner Jugendverbände und die anschließende Kundgebung auf dem Reichskanzlerplatz die Ursache der Menschenansammlungen.

Der Demonstrationszug, der von einer Reihe Westberliner Polizisten mit Motorrädern begleitet war, begann gegen 19.00 Uhr am Wittenbergplatz und endete gegen 20.00 Uhr am Reichskanzlerplatz. Nach westlichen Meldungen sollen etwa 20 000 Jugendliche daran beteiligt gewesen sein, die Hetzlosungen und Fackeln mit sich trugen. Auf dem Reichskanzlerplatz begann gegen 20.15 Uhr eine Hetzkundgebung, auf der ein »Aufruf an die Jugend der Welt« verlesen wurde. Als Redner trat Lemmer auf. Nach der Kundgebung zogen größere Gruppen von aufgeputschten Jugendlichen zur Staatsgrenze. Zu größeren Konzentrationen kam es vor allem an der Wilhelmstraße, wo mehrere hundert Menschen, vor allem Jugendliche, randalierten und mit Steinen warfen. Auf der »Straße des 17. Juni« sollen nach Meldungen Westberliner Rundfunkstationen etwa 1 000 Mann von der Stummpolizei von einem Marsch zum Brandenburger Tor abgehalten worden sein.

Die Grenze an der Wilhelmstraße hatte sich bereits am Nachmittag als operativer Schwerpunkt herausgebildet. Gegen 15.30 Uhr hatte sich dort bereits eine Menschenmenge von ca. 300 Personen angesammelt. Etwa 10 min später bemühte sich ein Kommando der Stupo, die Menschenmenge bis 100 m hinter die Grenze zurückzudrängen. Gegen 16.15 Uhr war die Menschenansammlung dann zerstreut. Mit einer Ansammlung bis zu 60 Personen auf Westberliner Gebiet war die Grenze an der Bernauer Straße ebenfalls Schwerpunkt, jedoch verhielten sich die Personen ruhig.

Eine erste Stellungnahme aus Kreisen der westlichen Besatzer in Westberlin wurde über Vertreter der amerikanischen Nachrichtenagentur UPI bekannt. Danach hätten englische Offiziere erklärt, dass es unter den neuen Umständen nicht mehr gelingen könnte, Panzerdurchbrüche usw. zu organisieren. Aus der weiteren Unterhaltung konnte geschlossen werden, dass zumindest mehrere Angestellte von UPI bis zum heutigen Tag die Auffassung hatten, dass die von der DDR errichteten Grenzbefestigungen eines Tages von den Westalliierten zusammengewalzt worden wären.

Gegen 2.00 Uhr (21.11.) wurden die letzten Arbeiten an den neuen Sicherungsmaßnahmen beendet. Im Einzelnen die Abschlusszeiten der Bauarbeiten an den restlichen Einsatzorten: Potsdamer Platz 20.00 Uhr (20.11.); Wilhelmstraße 21.30 Uhr; Brandenburger Tor 2.00 Uhr (21.11.).

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    21. November 1961
    Einzel-Information Nr. 729/61 über die Kesselexplosion im VEB Holz- und Imprägnierwerk Magdeburg

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    20. November 1961
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