Sicherheitslage und Stimmung in Ostberlin
22. Juli 1961
Bericht Nr. 390/61 über Erscheinungen in Groß-Berlin, die vom Gegner zu Provokationen und anderen Formen der feindlichen Tätigkeit ausgenutzt werden können bzw. wo bereits feindlicher Einfluss erkennbar ist
[Inhaltsverzeichnis]
- 1.
Negative Diskussionen über Friedensvertrag, Westberlin-Frage und andere politische und ökonomische Fragen, staatsgefährdende Hetze und ähnliche feindliche Handlungen
- 2.
Schwerpunkte und Charakter von
- a)
Forderungen
- b)
Arbeitsniederlegungen, Kündigungen und Androhungen
- c)
Diversionsakten und Störungen
- a)
- 3.
Zum Grenzgängerproblem1
- 4.
Konzentrationen krimineller Elemente, Bandenunwesen und Rowdytum
- 5.
Zur Lage in der Volkspolizei von Groß-Berlin
- 6.
Zur Lage in der Deutschen Reichsbahn in Groß-Berlin
- 7.
Politisch-operative Schwerpunktobjekte
1. Negative Diskussionen über Friedensvertrag, Westberlin-Frage und andere politische und ökonomische Fragen, staatsgefährdende Hetze und ähnliche feindliche Handlungen
Neben vielen positiven und zustimmenden Meinungen zum Abschluss eines Friedensvertrages und der Lösung der Westberlin-Frage,2 gibt es eine Reihe von negativen Stimmen, die aus verschiedenen Bevölkerungsschichten bekannt wurden. Ein immer wiederkehrendes Argument ist, dass man mit einer Lösung der Westberlin- und Deutschlandfrage durch den Abschluss eines Friedensvertrages einverstanden ist, dass dies aber mit beiden Staaten geschehen müsste, weil der Abschluss eines Friedensvertrages allein mit der DDR die Spaltung Deutschlands vertiefen würde.
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In ganz Deutschland müssten »freie Wahlen« durchgeführt werden.
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Bis jetzt wurde schon so oft über einen Friedensvertrag mit Deutschland gesprochen, getan hat sich jedoch nichts. Es wird also auch jetzt nichts geschehen.
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Die Westmächte werden auf die Vorschläge der Sowjetunion nicht eingehen und sie – wie schon so oft – wieder ablehnen. Es könne deshalb auch zu keiner Einigung kommen.
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Es besteht Unglauben darüber, dass 1961 noch der Friedensvertrag abgeschlossen wird. Diese Skepsis wird damit begründet, dass der Amerikaner zum Schluss noch mit eigenen Vorschlägen kommen werde, die von der Sowjetunion abgelehnt werden, und dann beginne die ganze Geschichte wieder von vorn.
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Der Friedensvertrag ist sowieso nur eine Formsache. Wenn er abgeschlossen wird, ändert sich für uns nichts. Wir sind jetzt und auch danach ein Satellitenstaat der Russen.
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Die Russen versuchen den Amerikaner wirtschaftlich fertig zu machen. Da müssen sie sich aber ranhalten. Auf uns können sie dabei nicht rechnen. Bei uns gibt es sowieso nichts.
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Man könne nicht verlangen, dass Kennedy die Vorschläge der Sowjetunion annehme; denn das würde eine völlige Umstellung der Politik der USA bedeuten.
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Die Westmächte würden unter allen Umständen die Position in Westberlin halten, wenn nötig auch mit Waffengewalt. Da die Sowjetunion aber keinen Krieg wolle, würde sie unter diesen Umständen auf eine Änderung der Verhältnisse in Deutschland verzichten.
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Ganz Berlin müsste eine freie Stadt werden. Dagegen hätte die USA nichts einzuwenden, und die von Westberlin ausgehende Gefahr wäre dann auch beseitigt.
Schwerpunkte in der Diskussion traten auf unter den Angehörigen der Baubetriebe und unter den Angehörigen der Intelligenz des Funkwerkes Köpenick und des VEB TRO »Karl Liebknecht«. Unter den Beschäftigten der Bauindustrie (Hoch-, Tief und Ausbau) wurden folgende Hinweise bekannt: Zzt. ist die herrschende Stimmung als abwartend zu bezeichnen. Besonders tritt diese abwartende Haltung seit der Veröffentlichung des Memorandums der Sowjetunion über den Friedensvertrag und die Abrüstung und die diesbezüglichen Stellungnahmen verantwortlicher Vertreter der Regierung der DDR in Erscheinung. Auf vielen Baustellen gibt es Verärgerungen über den unkontinuierlichen Arbeitsablauf, über die Arbeitskräftesituation und darüber, dass gegen die Grenzgänger nicht energisch genug vorgegangen wird. Die Arbeit der Partei- und Gewerkschaftsorgane ist in diesem Zusammenhang betrachtet völlig unzureichend. Die Parteileitungen der VEB Volksbau, Stuck- und Naturstein, Industriebau, VEB Bau u. a. wurden wiederholt auf negative Diskussionsschwerpunkte, Erscheinungen politisch-ideologischer Diversion, unberechtigten Forderungen und dgl. mehr aufmerksam gemacht und aufgefordert, dort Veränderungen herbeizuführen. Die krassesten Fälle aus der Durchführung der Gewerkschaftswahlen seien hierzu als Beispiele angeführt:
In einer AGL des VEB Industriebau wurde ein ehem. SS-Offizier gewählt. Obwohl er das bei der AGL-Wahl bekannt gab, wurde es ohne Widerspruch angenommen. Auch die anwesenden Genossen übten in dieser Richtung keinen Einfluss aus.
Auf der Baustelle des VEB Industriebau in Hennigsdorf muss die Wahl erneut vorgenommen werden, weil sich nach der Wahl herausstellte, dass der neugewählte BGL-Vorsitzende seit Juni 1960 keinen FDGB-Beitrag gezahlt hat.
Die Erscheinungen von negativen Diskussionen reichen bis in die Reihen der Parteimitglieder. So wurde in einer Parteiversammlung der math.-naturwissenschaftlichen Fakultät (Chemiker) zum Ausdruck gebracht:
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Es sei kein Wunder, wenn die Bevölkerung kein Vertrauen zur Partei habe, da über die Versorgungsschwierigkeiten oder zu den Fragen der Lage in der Flugzeugindustrie keine Aufklärung erfolge. Wo z. B. sei die Erklärung über die Nichterfüllung der ökonomischen Hauptaufgabe. Die Einschätzung, die durch unsere Presse zu Westdeutschland oder Westberlin gegeben werde, sei nicht richtig. Es gebe keine Kraft in der Welt, die in der Lage wäre, den westdeutschen Militarismus zu bändigen.
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Die Säuglingssterblichkeit im Bezirk Potsdam sei deshalb so niedrig, weil die Mütter die Milch und andere Säuglingsnahrung in Westberlin kaufen. Die bei uns herrschende Misswirtschaft solle doch offen zugegeben werden. Man solle nicht alle Schwierigkeiten vertuschen.
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Nicht nur ideologisch zurückgebliebene Bürger werden republikflüchtig. Es sei so, dass unseren Menschen oft kein anderer Weg übrig bleibe.
Die bisher als positiv eingeschätzten Kräfte schwiegen zu diesen provokatorischen Diskussionen.
Zur Frage der Lösung des Westberlinproblems gibt es im Wesentlichen die Meinung, dass die USA mit einer Lösung nicht einverstanden werden. Sie werden mit allen Mitteln versuchen, Westberlin zu halten und, wenn eine Lösung vonseiten der DDR erfolgt, wird es eine kriegerische Auseinandersetzung geben. Im Zusammenhang mit der Lösung der Westberlin-Frage treten noch große Unklarheiten hervor. Immer wieder wird die Frage gestellt, welche Maßnahmen dann eingeleitet werden würden, besonders in Bezug auf den Verkehr zwischen Westberlin, dem demokratischen Berlin, der DDR und Westdeutschland. Verschiedentlich ist die Frage aufgetreten, dass man bei der Bildung der Freien Stadt Westberlin nur mit einem Pass nach Westberlin fahren könne. Auch in den Fragen der Kontrolltätigkeit – besonders des Luftverkehrs – bestehen noch Unklarheiten.
Einen wesentlichen Teil der geführten Diskussionen bildet das Problem der Grenzgänger. Obwohl von der Mehrheit der Bevölkerung des demokratischen Berlin die Maßnahme des Magistrats zur Verhinderung von Spekulationen begrüßt wird, gibt es dazu laufend weitere Forderungen. Die bis jetzt eingeleiteten Maßnahmen erscheinen zu gering und werden als nicht genügend betrachtet. Besonders die Skala der Industriegüter müsste erweitert werden. Solche »halbe[n] Maßnahmen« würden die Grenzgänger nicht genügend treffen. Viele von diesen Leuten haben sich bereits hochwertige Industriegüter (Fernsehapparate u. Ä.) angeschafft und lachen uns jetzt aus. Die weiteren Forderungen gehen darauf hinaus, dass die Grenzgänger ihre Wohnungsmiete, Gas- und Stromgebühren ebenfalls in West bezahlen sollen. Verwunderung herrschte auch darüber, dass die Verordnung über die Mieten für Bootsstände und Grundstücke nur für Westberliner gelten und nicht auf die Grenzgänger ausgedehnt wurden. Die Regierung hätte schon viel früher und energischer gegen diese Nutznießer der Spaltung vorgehen sollen. Es gebe außer den Besitzern von AWG-Wohnungen auch Grenzgänger, die sich aufgrund ihres spekulativen Verdienstes eigene Häuser gebaut haben. Auch bei den zuletzt genannten Leuten sollte eine genaue Überprüfung vorgenommen werden.
Bei einigen Arbeitern des demokratischen Berlin wurde die Frage aufgeworfen, ob denn die Regierung auch anerkennen würde, dass sie hier im demokratischen Berlin weitergearbeitet und ehrlich ihre Pflicht erfüllt haben.
In der Versorgungslage wirken sich besonders die unterschiedlichen Ladenschlusszeiten negativ aus. Die berufstätigen Frauen sind sehr darüber verärgert, dass sie oft nach Arbeitsschluss sehr lange herumlaufen müssen, weil die Läden bereits vorzeitig geschlossen werden. Außerdem müssten sie dann noch lange anstehen.
Diese Tatsache findet ihren Ausdruck in vielen negativen Diskussionen, in politischen Witzen und Forderungen. Teilweise ist es so, dass die politischen Probleme hinter dieser Frage zurückstehen. Folgende Argumente werden zur Versorgungslage angeführt:
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»Die« hauen immer auf den Putz, dass sie ganz Berlin versorgen wollen. Dabei sind sie nicht einmal in der Lage, im demokratischen Berlin alles richtig zu versorgen und eine regelmäßige Belieferung zu schaffen.
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Wenn das so weiter geht, liegen wir 1965 am Boden und haben gar nichts mehr.
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Warum liefern wir Westberlin Kartoffeln und Milch, wenn es bei uns selbst nicht genügend gibt?
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In Westberlin gibt es Obst aus den Volksdemokratien. Warum liefern sie das Obst nicht an uns? Es ist doch nicht gut, wenn die Volksdemokratien nicht einmal unser Geld nehmen.
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Die schlechte Versorgungslage hat ihre Ursache in der zu schnellen Bildung der LPG. Die Genossenschaften können nicht das schaffen, was die vielen Einzelbauern geschafft haben, die z. T. die DDR verlassen haben.
In der Fräserei des VEB Bergmann-Borsig wurde von den dort beschäftigten Frauen die Forderung gestellt, jeden 2. Sonnabend im Monat arbeitsfrei zu nehmen, damit sie besser einkaufen können. Diese Situation wurde durch die Einrichtung eines Bestelldienstes geklärt. Im Zusammenhang mit der Versorgung treten auch immer wieder politische Witze auf, die sich gegen führende Persönlichkeiten der Regierung, der Partei und meist gegen den Genossen Walter Ulbricht richten und die unter der Bevölkerung verbreitet werden.
In letzter Zeit gibt es Hinweise, dass im Stadtbezirk Prenzlauer Berg ein empfindlicher Mangel an medizinischem Gerät und Röntgenfilmen besteht. Es wurde festgestellt, dass die DHZ diese Filme und Geräte nicht beschaffen kann, obwohl in der DDR Betriebe bestehen, die genügend Geräte herstellen könnten. Die genannten Betriebe dürfen aber lt. Anweisung nur ihren jeweiligen Bezirk beliefern, wobei die vorhandenen Produkte nicht vollständig abgezogen werden.
Auch unter den Schwestern des Krankenhauses Nordmarkstraße wurde geäußert, dass die Arbeit keinen Spaß mehr macht, weil man sich während der Dienstzeit abschwitzt und danach noch stundenlang herumrennt, um das Notwendigste für zu Hause einzukaufen.
Unter den Angehörigen der PGH Friseure in Berlin-Mitte löste die Anweisung, dass die Bedienung nur noch mit DPA vorgenommen werden darf, Verärgerung aus. Die Westberliner Kunden und somit die Trinkgelder bleiben aus. In diesem Zusammenhang wurde von einem Streik gesprochen.
In den Objekten der Industrie treten neben den Diskussionen zur Versorgung und zu den politischen Fragen auch solche über den arbeitsmäßigen Ablauf und die damit verbundene Materialsituation auf. So besteht z. B. im Funkwerk Köpenick eine pessimistische Stimmung, weil kein kontinuierlicher Arbeitsablauf vorhanden ist. Die Wirtschafts- und Parteifunktionäre treten nicht entschieden dagegen auf, sondern suchen Entschuldigungen und gehen nicht konsequent gegen die Missstimmung vor. Sie verbreiten z. T. selbst pessimistische Stimmung. Die Ursachen dafür liegen auch in folgenden Punkten begründet:
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Die Geräte werden laufend geändert. Dadurch ergeben sich negative Auswirkungen in der Konstruktion und Produktion.
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Mangelhafte Zusammenarbeit besteht zwischen Konstruktion, Technologie und Materialversorgung.
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Die Konstruktionen sehen den Einbau neuer Materialien vor, die aber noch nicht bestellt sind, wodurch Produktionsschwierigkeiten auftreten.
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19 Mio. Planschulden stehen einer Summe von 18 Mio. ausgelieferter Produktion im Jahre 1961 gegenüber.
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Die Initiative der Angehörigen der Intelligenz wird gehemmt.
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Mit der Begründung »es kommt ja sowieso nichts dabei heraus«, werden keine Anstrengungen gemacht, den Arbeitstag voll auszunutzen.
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Im Werk II stehen Maschinen still, die für die Konsumgüterproduktion eingesetzt werden könnten, obwohl die Produktion der Kaffeemühle still steht, weil die Mahlkegel fehlen.
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Ein Teil der Angehörigen der Intelligenz bringt zum Ausdruck, dass sie unserer Regierung nicht das notwendige Vertrauen entgegenbringen. Deshalb wird alles Neue mit großem Misstrauen aufgenommen.
Die Stimmung der Bevölkerung – so wird dort allgemein zum Ausdruck gebracht – sei noch nie so schlecht wie jetzt gewesen.
Im VEB TRO »Karl Liebknecht« führten Angehörige der technisch-wissenschaftlichen Intelligenz im Transformatorenbau starke Diskussionen über die angebliche Perspektivlosigkeit des Transformatorenwerkes. Als Begründung dazu führten sie an:
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Seit Monaten wird intensiv am 380-KV-Programm gearbeitet. Die Energie lehne es jedoch ab, diese Geräte zu bestellen.
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Sie sehen in der Bereinigung (Verlagerung von Produktionsteilen nach TUR Dresden) einen weiteren Grund.
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Seit zwei Jahren besteht die Rekonstruktion, ohne dass bisher eine Maßnahme zum Tragen gekommen ist.
Den Angehörigen der Intelligenz ist bekannt, dass in Westberlin ein neues Schaltwerk errichtet wird. Die Ingenieure sind davon überzeugt, dass dieses Westberliner Werk früher fertiggestellt sein wird als unser Werk in Friedrichsfelde, weil dort die Termine immer wieder verschoben werden. Ein Ingenieur brachte zum Ausdruck: »Manchmal hat man große Lust hier abzuhauen. Es macht alles keinen Spaß mehr. Man möchte etwas schaffen, aber an allen Ecken und Kanten fehlt es. Wenn man etwas bestellt (mitunter nur Kleinigkeiten) muss man sehr lange warten, bis es geliefert wird. Drüben ist das ein ganz anderes Arbeiten, da braucht man sich mit solchen Lappalien nicht herumzuschlagen.«
In verschiedenen Objekten kam es zu einer Reihe parteifeindlicher Diskussionen. Im Hufeland-Krankenhaus in Berlin-Pankow wurde z. B. die Auffassung vertreten, dass der »polnische Weg« der sozialistischen Umgestaltung der Landwirtschaft,3 d. h. ein allmählicher Übergang zur genossenschaftlichen Produktion, vorteilhafter sei als der von uns beschrittene. Diese Auffassung wurde besonders von einem Mitglied der SED vertreten, fand aber unter den im Objekt beschäftigten Personen Anklang.
In den kleinbürgerlich-demokratischen Parteien LDPD und DBD traten Tendenzen der Negierung der führenden Rolle der Partei der Arbeiterklasse auf. In der Stadtgruppe Adlershof und Glienicke im Stadtbezirk Berlin-Treptow gab es in einer Mitgliederversammlung bei einer Reihe von Mitgliedern der LDPD starke Tendenzen dieser Negation. Sie gipfelten darin, dass die LDPD eigene Vorstellungen und Forderungen erheben müsste. Den Äußerungen war zu entnehmen, dass damit Fragen gemeint waren, die die LDPD in offensichtliche Opposition zur SED und zur Regierung der DDR bringen sollten. In ihrer Gesamttendenz waren die von den Mitgliedern gegebenen Diskussionsbeiträge nur Aufzählungen negativer und kritischer Erscheinungen, wobei zum Ausdruck kam, dass ihnen der Glaube an den Sieg des Sozialismus fehlt.
In den Stadtbezirken Berlin-Treptow und Berlin-Köpenick traten DBD-Mitglieder in den GPG mit der Auffassung auf, dass die DBD in den GPG eine zahlenmäßig größere Stärke als die SED hat und dort auch eine aktivere Arbeit leiste. Der DBD müsste aus diesem Grunde auch das Recht zugestanden werden, Betriebsgruppen in den GPG zu schaffen und die führende Rolle zu übernehmen. Bei den aktivsten Vertretern dieser Auffassung handelt es sich in einem Fall um eine Person, die enge Verbindungen zu einem Angestellten des Westsenats hat und im anderen Falle um ein ehem. SPD-Mitglied, das bereits mehrmals mit Tendenzen des Sozialdemokratismus in Erscheinung getreten ist.
Ein Querschnitt durch die von bekannten und unbekannten Tätern begangenen Straftaten der staatsgefährdenden Hetze und Propaganda ergibt das Hervortreten folgender Hauptrichtungen: Im II. Quartal 1961 traten 63 Fälle der Hetze gegen die Partei und Regierung auf. Gegenüber dem I. Quartal 1961, wo nur 44 Fälle bekannt wurden, bedeutet das ein Ansteigen. Die Hetze gegen Partei und Regierung war besonders beim Schmieren von Hetzlosungen und bei anonymen Hetzbriefen zu verzeichnen, kam jedoch auch in mündlicher Hetze zum Ausdruck. Den größten Umfang nahm die Hetze gegen die örtlichen Organe der Staatsmacht ein. Im II. Quartal war dies in 34 Fällen ersichtlich, während im I. Quartal 39 Fälle in Erscheinung traten. Überwiegend handelt es sich hierbei um Hetze gegen die Volkspolizisten, die an den Sektorenübergängen ihren Dienst versehen. Eine Konzentration ist dabei an den Sektorenübergängen des Stadtbezirkes Berlin-Mitte zu verzeichnen.
Konzentrationsschwerpunkt der faschistischen Hetze war der Stadtbezirk Friedrichshain mit 13 Fällen und Schmierereien auf Bahnhöfen und in S-Bahnzügen, wo uns 22 Fälle bekannt sind. Insgesamt trat faschistische Hetze im I. Quartal mit 84 Fällen und im II. Quartal mit 56 Fällen in Erscheinung. Diese hohe Zahl ergibt sich besonders aus den faschistischen Schmierereien. Schwerpunkt beim Schmieren von Hetzlosungen ist der Stadtbezirk Prenzlauer Berg. Von 40 im II. Quartal geschmierten Hetzlosungen wurden allein 14 in dem genannten Stadtbezirk festgestellt. Es muss hierbei hervorgehoben werden, dass sich ein vermutlich von SPD-Mitgliedern organisierter Schwerpunkt bei den BGL-Wahlen in den HO-Gaststätten des Stadtbezirks bildete. In eine Wahlurne wurden zehn Zettel mit Hetzlosungen eingeworfen. Einen weiteren Schwerpunkt bildet das Bötzow-Viertel, das als Konzentrationspunkt von SPD-Mitgliedern bekannt ist.
2. Schwerpunkte und Charakter von Forderungen, Arbeitsniederlegungen und Androhungen (Ursachen) [sowie] Diversionsakten und Störungen
a) Forderungen
In den letzten Monaten traten im Gegensatz zu früher in starkem Maße Forderungen besonders finanzieller Art, Forderungen nach Einführung der 5-Tage-Woche und Forderungen nach Normveränderungen auf. Dabei trug ein Teil dieser Forderungen provokatorischen Charakter, und in verschiedenen Fällen gelang es auch, größere Personenkreise für diese Forderungen zu gewinnen. In einigen Fällen kamen als Organisatoren Personen infrage, die bereits mehrmals in dieser und ähnlicher feindlicher Form auftraten.
In folgenden Objekten wurden Forderungen nach Lohn- und Gehaltserhöhung erhoben:
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Kraftwerk Klingenberg,
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BVG Elektrowerkstatt Rudolphstraße,
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VEB Funkwerk Köpenick,
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VEG Buch,
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Dewag Berlin-Mitte,
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Reichsbahn–Bahnhof-Frohnau,
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Humboldt-Universität (Sekretärinnen).
Forderungen nach Einführung der 5-Tage-Woche gab es in den Objekten:
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VEB Bergmann-Borsig,
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VEB Stuck- und Natursteine,
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VEB Motorenwerk Treptow,
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VEB Volksbau Lichtenberg,
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Institut für Schienenfahrzeuge,
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VEB ZEK Konstruktionsbüro für Schwermaschinenbau.
Normveränderungen wurden im VEB Ofen- und Fliesenbau, VEB Autoreparaturwerkstatt Pankow gefordert.
In einer Versammlung der Gewerkschaftsgruppe Rentner und in sieben Fällen durch anonyme Briefschreiber wurden Rentenerhöhungen gefordert. Es soll nachfolgend nur auf einige Beispiele hingewiesen werden:
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In der Abteilung Allgemeine Verwaltung des Magistrats von Groß-Berlin wurde von einer Person die Forderung unterbreitet, die Löhne der Telefonistinnen im Magistrat denen der Post anzugleichen, weil diese höher liegen. Es gelang dieser Person, die übrigen Beschäftigten so zu beeinflussen, dass diese mit Kündigungen drohten, falls ihre Forderungen nicht erfüllt werden.
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Kündigungen wurden auch von Reichsbahnangestellten in Westberlin angedroht, die eine Veränderung des Prämiensystems der Reichsbahn forderten, weil die Anforderungen der Reichsbahn zu hoch seien. (Diese Argumentation ist offensichtlich auf die Beeinflussung durch die Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands – GdED – zurückzuführen.)
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Im VEB Ofen- und Fliesenbau wurden Normenveränderungen gefordert. Die von den Arbeitern deshalb geführten Diskussionen waren ausgesprochen negativ und hatten den Charakter einer Provokation.
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Provokatorische Forderungen wurden bei der AGL-Wahl der Abteilung Naturstein im VEB Stuck- und Naturstein erhoben. So wurden für die Steinmetze 24 Tage Urlaub, 36-Stunden-Woche und 0,36 DM Staubzulage von zwei Personen gefordert, die von den übrigen Kollegen aktiv unterstützt wurden. Die beiden Wortführer erklärten, dass sie 24 Tage Urlaub nehmen werden, ganz gleich, ob es genehmigt wird oder nicht. Bezeichnend ist, dass in die AGL solche Personen gewählt wurden, von denen man sich eine Durchsetzung dieser Forderungen versprach.
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Im VEB Volksbau Berlin-Lichtenberg wurde vor dem 17.6. von einer Brigade die 5-Tage-Woche gefordert. Gleichzeitig wurden Lohnforderungen und Forderungen über Normveränderungen (ähnlich wie am 17.6.1953) gestellt. In den Diskussionen kam es zu negativen Ausfällen gegen Funktionäre der Bau- und Betriebsleitung, wobei sich besonders eine Person hervortat, die am 17.6.1953 aktiv in Erscheinung trat. Eine andere Brigade des gleichen Betriebes kündigte geschlossen wegen Nichterfüllung ihrer Lohnforderungen.
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Die Quarzglasbläser der Hochdrucklampenfertigung im VEB Berliner Glühlampenwerk richteten einen Brief an den Staatsrat, der von ca. 15 Glasbläsern unterzeichnet war und folgende Forderungen enthielt: Schaffung der 36-Stunden-Woche, Angleichung ihrer Löhne (600 bis 1 000 DM) an die in der DDR gezahlten Löhne (bis 1 500 DM), Jahresurlaub von 24 Tagen, täglich ½ l Milch.
b) Arbeitsniederlegungen, Androhen von Arbeitsniederlegungen und Kündigungen
In den letzten Monaten kam es in Berliner Betrieben zu fünf direkten Arbeitsniederlegungen, während in zahlreichen weiteren Fällen mit Arbeitsniederlegungen bzw. Kündigungen gedroht wurde, meist um Druck bei der Durchsetzung finanzieller Forderungen oder Beibehaltung finanzieller Vorteile auszuüben. Allerdings hätte eine Reihe dieser Vorkommnisse bei besserem Reagieren der verantwortlichen Betriebs- und Parteifunktionäre verhindert und durch verantwortlichere Arbeit bestimmte als Anlass dienende Mängel in der Arbeitsorganisation beseitigt werden können.
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Im VEB Osthafenmühle fielen kurz vor dem 17.6.1961 durch Arbeitsniederlegung zwei Nachtschichten aus. In diesem Betrieb erhielt ein Teil der Arbeiter personengebundenen Lohn, der höher als der normale Lohn liegt, und der damals angeglichen werden sollte.
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Im VEB Fliesen- und Ofenbau legten in der 3. Juni-Woche die Brigade [Name] für mehrere Stunden die Arbeit nieder, als der TAN-Sachbearbeiter die Zeitvorgabe überprüfen wollte. Der TAN-Sachbearbeiter wurde an der ordnungsgemäßen Ausübung seiner Tätigkeit durch die drohende Haltung der Brigade behindert und musste seine Arbeit abbrechen.
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Im VEB Kabelwerk Oberspree (Starkstromkabelfabrik) kam es in letzter Zeit mehrmals zu Arbeitsverweigerungen. So wurde am 6.7. an fünf Arbeiter bei Schichtbeginn der Auftrag gegeben, ihre Arbeit an einer anderen Maschine aufzunehmen, weil die Litzenmaschine, an der sie sonst tätig waren, nicht einsatzfähig war. Diese Umbesetzung wurde von den Arbeitern abgelehnt, und sie verließen daraufhin den Betrieb. Aus ähnlichen Gründen lehnten auch noch einzelne andere Kollegen dieses Betriebes die Arbeit ab. Durch den starken Arbeitskräftemangel sieht sich die Betriebsleitung gezwungen, die Arbeitskräfte ständig umzusetzen. Außerdem werden Umsetzungen auch dann vorgenommen, wenn nur stundenweise Material oder Trommeln fehlen. Weil die Umbesetzungen oft mit finanziellen Nachteilen verbunden sind, verweigern die Kollegen teilweise die Arbeit und verlassen das Werk.
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Im VEB Werk für Fernsehelektronik verließen zwei Brigaden, die um den Titel »Brigade der sozialistischen Arbeit« kämpften, vorzeitig ihre Arbeitsplätze, weil die Arbeitsräume ungenügend geheizt waren. Drei Poliere im gleichen Werk wollten die Arbeit niederlegen, weil nur ungenügend Arbeitsbekleidung vorhanden war.
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Im VEB Güterkraftverkehr drohten einige Kraftfahrer mit Arbeitsniederlegung, weil ein Abteilungsleiter wegen verschiedener Vergehen auf Beschluss der Partei- und Betriebsleitung von seiner Funktion abgelöst wurde. Als einer der Organisatoren trat eine Person in Erscheinung, die von 1945 bis 1950 wegen ihrer Betätigung in der Zeit des Faschismus interniert war. Von einem Kraftfahrer wurden die Vorbereitungen zu dieser geplanten Arbeitsniederlegung als »17. Juni« bezeichnet.
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Die Maurerbrigade Krause im VEB Hochbau Friedrichshain drohte geschlossen zu kündigen, wenn sie ihre finanziellen Forderungen (für einfache Maurerarbeiten den gleichen Lohnsatz für Takt- und Fließverfahren) nicht bewilligt bekäme.
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Die Malerbrigade im VEB Malerei und Glaserei kündigte geschlossen das Arbeitsverhältnis, weil ihren ungerechtfertigten Lohnforderungen nicht entsprochen wurde.
Verstärkte Kündigungen wurden in der letzten Zeit auch in Objekten der BVG festgestellt. Allein im Omnibushof Weißensee wurden in den letzten vier Wochen von 13 Omnibusfahrern und sechs Schlossern die Kündigung eingereicht, um sich angeblich finanziell zu verbessern und keine Schichtarbeit mehr leisten zu müssen. In der BVG-U-Bahn kündigten vier Kollegen (SPD-Mitglieder) und nahmen ihre Arbeit bei der West-BVG auf.
Im VEB Gießerei- und Maschinenfabrik Lichtenberg drohten die Kranfahrer ebenfalls mit Kündigung, falls ihren Lohnforderungen (4,50 DM Stundenlohn wie bei VEB Elektro-Kohle) nicht nachgekommen wird. Eine Reihe Arbeiter aus diesem Betrieb hat bereits vorher gekündigt und ist nach Westberlin arbeiten gegangen.
c) Diversionsakte und Störungen
Im 1. Halbjahr 1961 waren im demokratischen Berlin insgesamt 87 Vorkommnisse mit einem Schaden von fast 1 Mio. DM zu verzeichnen. Bei 17 vorsätzlichen Handlungen in Industrie und Landwirtschaft entstand ein Schaden von ca. 131 590 DM und bei durch Fahrlässigkeit verursachten 28 Vorkommnissen ein Schaden von fast 274 000 DM. Die Gegenüberstellung der durch subjektive Beeinflussung herbeigeführten Vorfälle zeigt gegenüber dem Jahre 1960 eine Steigerung. (22 vorsätzliche Handlungen und 46 fahrlässige Handlungen im Gesamtjahr 1960) Drei Vorkommnisse mit einem Schaden von 5 000 DM blieben bisher ungeklärt.
Im VEB Elektrokohle Lichtenberg gab es neun Vorkommnisse, von denen vier vorsätzlich und zwei fahrlässig verursacht wurden. Bei drei Vorkommnissen konnte der Tatbestand noch nicht geklärt werden. Die Vorkommnisse drücken sich in Ausfällen und Beschädigungen von Maschinen und Aggregaten aus. In einem Falle konnte einem Arbeiter die fahrlässige Handlungsweise nachgewiesen werden, während in den anderen Fällen noch kein Täter ermittelt werden konnte.
Im gleichen Zeitraum brannten auf verschiedenen Baustellen verschiedener Baubetriebe zehn Baubuden. Es entstand ein Schaden von ca. 20 000 DM. Nichteinhaltung der Brandschutzbestimmungen (Umgang mit offenem Feuer, glühende Asche, überhitzte Öfen usw.) waren die Ursachen.
Durch vorsätzliche Brandstiftung entstand am 30.7.1960 im VEB Maltose-Werk ein Großbrand mit einem Sachschaden von 500 000 DM und einem Produktionsausfall von 1 300 000 DM. Der überführte Täter hatte, beeinflusst durch RIAS-Hetze, den Brand angelegt. Am 18.1.1961 und 11.3.1961 gab es bei der BVG auf dem U-Bahnhof Friedrichsfelde zwei Unfälle mit einem Schaden von 120 000 DM. In beiden Fällen wurden diese Unfälle durch Fahrlässigkeit herbeigeführt.
Eine Brigade (fünf Mädchen, ein Junge) die keine Lust zur Arbeit hatten und deshalb Fremdkörper in die Maschine warf, verursachte am 28.4.1961 und 2.5.1961 im VEB Elfe in Berlin Weißensee einen Ausfall der Temperiermaschine. Ein Sachschaden von 25 000 DM und Produktionsausfall waren die Folge. Die Personen wurden durch die VP festgenommen.
Aus Verärgerung, weil man seinem Arbeitsplatzwechsel nicht stattgab, legte ein Arbeiter des VEG Falkenberg am 8.4.1961 einen Scheunenbrand an, bei dem ein Schaden von 50 000 DM entstand.
Beträchtlichen Schaden in der Kükenaufzucht erlitt auch die LPG »Neue Ordnung« in Berlin-Mahrzahn durch einen Stallbrand, der am 20.5.1961 durch Selbstmordabsichten einer schwangeren Jugendlichen entstanden ist. Der Gesamtschaden betrug 33 000 DM. Die Jugendliche wurde festgenommen.
Im VEB »7. Oktober« wurde am 14.2.1961 bemerkt, dass das Öl, das zum Rostschutz beim Streichen von Maschinenteilen benutzt wird, eine ätzende Wirkung hatte. Im Öl befand sich ein fremder Stoff, vermutlich Säure.
Durch die Arbeiter in der Rotation des Nationalen Druckhauses (Parteibetrieb der NDPD) wurde im Januar 1961 mehrmals festgestellt, dass in die Papierrollen lange Nägel eingeschlagen waren. Es entstand ein beträchtlicher Papierabfall, und zum anderen konnte ein Zerstören der leinernden [sic!] Förderbänder an der Rotationsmaschine eintreten. Anfang März 1961 entstand in der gleichen Abteilung eine Überschwemmung, die den Ausfall der elektrischen Anlage durch Kurzschluss zur Folge hatte. Die Ursache war der Bruch eines Rohres an einem Heizkörper. Der Bruch könnte durch Aufschlagen eines harten Gegenstandes entstanden sein. Am 18.7.1961 entdeckten Arbeiter einer Rotationsmaschine zwei größere Stücke Bleiabfall. Diese hätten beim Anlaufen das Zerstören der druckfarbigen Matern bewirkt. Die Täter konnten bisher noch in keinem Falle festgestellt werden.
Bei Übernahme einer Stoßbank in der BVG stellte der Arbeiter fest, dass die Maschine verstellt war. Der bisher an dieser Maschine beschäftigte Arbeiter hatte die Einstellung verändert, weil er damit die Unfähigkeit des neuen Kollegen, die Maschine zu bedienen, beweisen wollte. Bei einer Nichtbeachtung der Verstellung wäre die Maschine zu Bruch gegangen und der Kollege verletzt worden.
Hinweise über Diversionstätigkeit wurden aus dem Kraftwerk Klingenberg bekannt. So wurden Magnetspulen und andere Teile an den Förderanlagen mutwillig beschädigt. Obwohl der entstandene Schaden materiell und finanziell geringfügig ist, musste die jeweilige Förderbrücke für mehrere Stunden außer Betrieb genommen werden. Seit April 1961 wurden keine ähnlichen Fälle mehr festgestellt. Durch die Ausfälle der Förderbrücken entstanden in der Energieerzeugung keine Schwierigkeiten.
In der Stromversorgung kleinerer Wohnbezirke sind bei der Durchführung von Ausschachtungsarbeiten mittels Bagger häufige Störungen aufgetreten. In vielen Fällen wurde – entgegen den gesetzlichen Bestimmungen – ohne vorherige Absprache mit den zuständigen Stellen und Einsichtnahme in die vorhandenen Kabellagepläne mit den Arbeiten begonnen und dabei die Stromkabel beschädigt. Obwohl dabei nur das ein- und sechs-KV-Netz betroffen wurde, sind Materialschaden, Arbeitszeit und Produktionsausfall beträchtlich.
Besonders störanfällig ist die Abteilung Kessel im Kraftwerk Klingenberg. Durch die veralteten Kesselanlagen treten des Öfteren Überhitzer und Siederohrschäden auf, die gewöhnlich zu Lastabsenkungen führen, weil keine Kesselreserven vorhanden sind. Ein derartiger Siederohrschaden am Kessel B 8 führte am 6.6.1961 zu größerem Dampfaustritt durch die Kesselwandung, wodurch zwei Personen schwere und fünf Personen leichte Verbrühungen erlitten. Ein Schwerverletzter ist an den Folgen verstorben.
Beim Betonieren am Block 65 in der Stalin-Allee wurde nicht die geforderte Festigkeit des Betons erreicht. Die Brigade war nicht davon informiert worden, dass es sich um 225 Rummelsburger Zement und nicht um 350 Rüdersdorfer Zement handelt. Aus diesem Grunde wurden nicht die für die erforderliche Festigkeit des Betons benötigten Zuschlagstoffe verwendet. Es entstand dadurch ein Planrückstand von 18 Tagen.
In drei Schichten wurden mit einer Pressluftförderanlage Betonierarbeiten für die Grundplatte am Objekt Hotel Tourist durchgeführt. Durch öfteren Ausfall dieser Pressluftförderanlage (die bisher noch nicht zum Einsatz gekommen war), konnte der Beton nicht ordnungsgemäß eingebracht werden. Am 17.7.1961 wurden diese Arbeiten durch die Staatliche Bauaufsicht vorübergehend eingestellt. Von der Bauleitung wurde versäumt, Sperren im Objekt einzubauen, um ein Breitlaufen des Betons zu verhindern. Aufgrund dieser Mängel traten im Beton handbreite Risse auf. Es entstand ein Terminverlust von fünf Tagen.
3. Zum Grenzgängerproblem
Dem MfS sind nach dem Stand vom 1.7.1961 insgesamt 28 055 Grenzgänger namentlich bekannt. Von diesen namentlich erfassten Grenzgängern wohnen im demokratischen Berlin 19 627, im Bezirk Potsdam 6 725, im Bezirk Frankfurt/O. 1 703.
Die vorstehenden Zahlen sind unvollständig. Nach internen Angaben aus Westberlin dürfte die Zahl der Grenzgänger zwischen 50 000 und 55 000 liegen. Da es sich hier lediglich um die in Westberlin registrierten Grenzgänger handelt, ist die Gesamtzahl der in Westberlin arbeitenden Bewohner des demokratischen Berlin bzw. der DDR-Randgebiete noch beträchtlich höher. Während die Zahl der Grenzgänger in der letzten Zeit ständig anstieg, nahm die Zahl der Westberliner, die im demokratischen Berlin arbeiten, in den letzten Monaten und Jahren ständig ab.
Nach den einleitend genannten Zahlen der namentlich erfassten Grenzgänger gibt es im demokratischen Berlin im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung folgende Grenzgänger-Schwerpunkte:
Stadtbezirk | [Anzahl] | % der Gesamtbevölkerung |
---|---|---|
Mitte | 2 448 | = 2,5 % |
Friedrichshain | 3 152 | = 2,0 % |
Pankow | 2 774 | = 2,0 % |
Lichtenberg | 3 215 | = 1,9 % |
Prenzlauer Berg | 3 839 | = 1,8 % |
Im Bezirk Potsdam sind die Kreise Nauen mit 2 039, Potsdam 1 870, Oranienburg 1 209 und im Bezirk Frankfurt/O. der Kreis Bernau mit 737 Grenzgängern Schwerpunkte.
Die altersmäßige Zusammensetzung der namentlich erfassten Grenzgänger ist wie folgt:
[Alter] | [Anzahl] | [Anteil] |
---|---|---|
bis 25 Jahre | 3 400 | = 12,1 % |
26 bis 35 Jahre | 4 371 | = 15,6 % |
36 bis 45 Jahre | 3 523 | = 12,5 % |
46 bis 55 Jahre | 7 260 | = 25,9 % |
über 55 Jahre | 9 501 | = 33,9 % |
Die Aufgliederung der namentlich erfassten Grenzgänger nach Berufszweigen und Arbeitsstellen ergibt folgendes Bild:
Westberliner Verwaltungsorgane:
[Berufszweige] Westberliner Verwaltungsorgane | [Personen] |
---|---|
Senatsdienststellen | 401 |
Banken und Versicherungen | 289 |
sonstige Büro- und Verwaltungsangestellte (Sekretärinnen, Buchhalter, kaufm. Angestellte) | 1 258 |
insgesamt | 1 948 |
Wirtschafts- und Versorgungsbetriebe:
[Berufszweige] Wirtschafts- und Versorgungsbetriebe | [Personen] |
---|---|
Post- und Fernmeldewesen | 666 |
BVG | 473 |
Bewag – Gasag | 311 |
Kraftverkehr und Spedition | 192 |
Wasserwirtschaft | 33 |
insgesamt | 1 675 |
Industriebetriebe:
[Berufszweige] Industriebetriebe | [Personen] |
---|---|
Bauindustrie | 2 309 |
Elektroindustrie (Schwerpunkte: Siemens-Halske, Telefunken, AEG, Schuckert-Werke, Elektro-Lorenz) | 2 193 |
metallverarbeitende Industrie | 1 778 |
Textil- und Bekleidungsindustrie | 1 461 |
Feinmechanik/Optik | 253 |
Chemie | 153 |
Maschinen- und Fahrzeugindustrie | 585 |
Holzindustrie | 62 |
insgesamt | 8 794 |
Wissenschaft, Technik, Künstler u. Gesundheitswesen:
[Berufszweige] Wissenschaft, Technik, Künstler u. Gesundheitswesen | [Personen] |
---|---|
Wissenschaftliche Forschungsinstitute | 49 |
Beschäftigte an Bildungs- und Lehranstalten | 167 |
Gesundheitswesen, ärztlicher und medizinischer Dienst | 342 |
Studenten | 362 |
Künstler | 67 |
insgesamt | 987 |
Lebens- und Genussmittel, sonst. Berufe:
[Berufszweige] Lebens- und Genussmittel, sonst. Berufe | [Personen] |
---|---|
Verkäufer und sonst. Angestellte | 1 017 |
Lebensmittelbranche (Fleischer, Bäcker) | 477 |
Hotels und Gaststätten | 206 |
selbstst. Gewerbetreibende | 252 |
Handwerker (Friseure, Schuhmacher, Sattler, Polsterer) | 1 322 |
insgesamt | 3 274 |
[Sonstige:]
[Berufszweige] | [Personen] |
---|---|
Druckereien und Verlage | 634 |
Reinigungskräfte | 1 831 |
Landwirtschaft und Gartenbau | 94 |
Personen, bei denen über die Arbeitsstelle usw. in Westberlin nichts Näheres bekannt ist | 8 818 |
Nach den dem MfS vorliegenden Informationen schätzten Westberliner Behörden bereits im vorigen Jahr ein, dass bei einem plötzlichen Ausfall der Arbeitskräfte aus dem demokratischen Berlin und aus den Berliner Randgebieten vor allem die Exportgüterproduktion empfindlich beeinträchtigt und die Liefertermine verzögert würden. Diese Westberliner Stellen hatten auf der Grundlage der damaligen Zahl der Grenzgänger Berechnungen angestellt, wonach bei einem plötzlichen Wegbleiben der Grenzgänger etwa 36 000 Arbeitskräfte (»Lohnempfänger«) in Westberlin fehlen würden. Nach den gleichen Berechnungen müssten zur Schließung dieser Lücke Arbeitskräfte aus Westdeutschland nach Westberlin geholt werden.
In diesem Zusammenhang verdient auch Beachtung, dass Westberliner Senatsdienststellen und andere Westberliner Organe bereits vor einiger Zeit die Frage aufwarfen, ob der Zustrom von Grenzgängern nicht etwa mit einer »Infiltration der SED« verbunden sei. Diese Frage wurde jedoch nach entsprechenden Untersuchungen als unbegründet zurückgewiesen. Da der Westberliner Senat jedoch schon damals mit Maßnahmen der DDR gegen die Grenzgänger rechnete, empfahl er der Westberliner Wirtschaft, Grenzgänger möglichst nicht in Schlüsselfunktionen einzusetzen. Dadurch sollten bei einem plötzlichen Ausfall der Grenzgänger die Schwierigkeiten auf ein Minimum reduziert werden.
4. Konzentrationen krimineller Elemente, Bandenunwesen und Rowdytum
Im Bereich des demokratischen Berlin wurden im I. Halbjahr 1961 4 786 strafbare Handlungen bekannt. Dabei zeigt die Kriminalität in den einzelnen Monaten eine unterschiedliche Entwicklung. Während es im Januar 1961 819 Delikte gab, betrug die Zahl im März nur 712, erreichte dann aber im Juni den bisherigen Höchststand von 899 strafbaren Handlungen. Charakteristisch für diese Entwicklung sind in erster Linie das Entstehen sog. Brennpunkte (Einbruchsdiebstähle, Sittendelikte), Kapitalverbrechen und die Aussagen der festgenommenen Täter, wonach sie sich bewusst und unbewusst mit dem kriminellen Sumpf in Westberlin identifiziert hätten und unter diesem Einfluss ihre Verbrechen durchführten. Als besonders zu beachtende Schwerpunkte der Kriminalität im demokratischen Berlin entwickelten sich im 1. Halbjahr 1961:
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die Verbreitung von Hetzschriften fast überall (Friedrichshain, Mitte, Pankow, Treptow),
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unbefugtes Benutzen von Kraftfahrzeugen in allen Bereichen,
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Diebstähle in Selbstbedienungsläden (besonders HO-Mitte, Rathausstraße),
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Unzuchthandlungen an Frauen und Kindern (20 Delikte in Lichtenberg und Treptow),
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Raubüberfälle (Prenzlauer Berg),
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Diebstähle in [auf] Zeltplätzen,
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Wohnungseinbrüche (Treptow, Lichtenberg),
- –
Einbrüche in Schulen.
Von der VP werden 1 489 Personen, davon 580 gefährliche Rechtsbrecher, 739 Rückkehrer und 159 Neuzuziehende unter ständiger Kontrolle gehalten. Als Schwerpunkt treten die Stadtbezirke Köpenick, Lichtenberg und Mitte, besonders aber der Stadtbezirk Friedrichshain auf, wo diese Personen am stärksten konzentriert sind. Allerdings besteht bei der Volkspolizei kein Überblick über die ehemaligen Rechtsbrecher bzw. über ihre jetzige Tätigkeit und jetzigen Aufenthalt.
Das Bandenunwesen und Rowdytum stellt insgesamt gesehen im demokratischen Berlin zwar keinen absoluten Schwerpunkt dar, aber es ist zu beachten, dass ein sehr großer Teil der Jugendlichen ständig in Westberlin verkehrt und den zahlreichen feindlichen Einflüssen direkt ausgesetzt ist, sodass ein beträchtlicher Prozentsatz von ihnen bei feindlichen Provokationen vom Gegner einbezogen werden kann.4
Im demokratischen Berlin selbst bestehen ca. 50 jugendliche Cliquen und Banden, zu denen ca. 900 Jugendliche Kontakt haben. Die in anderen Bezirken der DDR eine beachtliche Rolle spielenden Clubs nach westlichem Vorbild, sind im demokratischen Berlin fast nicht vorhanden, weil sich auch diese Form des Zusammenschließens fast ausschließlich in Westberlin abspielt.
Verschiedene Erscheinungen ließen in der Vergangenheit erkennen, dass die Jugendlichen, die sich zu Gruppen und Banden im demokratischen Berlin zusammengeschlossen haben, mitunter auch Ausgangspunkt feindlicher Handlungen und Provokationen waren, von denen nur einige angeführt werden sollen:
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Am Bahnhof Berlin-Lichtenberg konzentrieren sich negativ eingestellte Jugendliche, die bereits seit Januar 1961 mehrfach mit direkten Feindhandlungen wie Überfällen, Hetze und Anpöbelei in Erscheinung traten.
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Im Bereich der VPI Mitte und Treptow traten an den Sektorenübergängen öfter Jugendliche in Gruppen provokatorisch gegen die Sektorenposten der VP auf, z. B. durch staatsgefährdende Propaganda und Hetze und Steinwürfe gegen die Volkspolizisten. (Es liegen Hinweise vor, dass es sich bei diesen Vorfällen an der Sektorengrenze um organisierte Aktionen einer feindlichen Zentrale handelt.)
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Am 8.7.1961 kam es vor dem Gesellschaftshaus Rahnsdorf in Berlin-Köpenick zu einer Schlägerei, in deren Verlauf ein Jugendlicher festgenommen und dem VP-Revier 246 zugeführt werden musste. Nach der Festnahme rottete sich vor diesem VP-Revier eine Gruppe von ca. 30 Jugendlichen zusammen, die sich vorher im Gesellschaftshaus Rahnsdorf aufgehalten hatten. Die Jugendlichen beschimpften die VP-Angehörigen mit staatsverleumderischen Äußerungen und drohten, in das VP-Revier einzudringen, um den festgenommenen Jugendlichen gewaltsam zu befreien.
(Vermutlich von den gleichen Jugendlichen wurde in der Nähe des VP-Reviers 246 ein Bürger körperlich misshandelt.)
5. Zur Lage in der VP von Groß-Berlin
Die überwiegende Mehrzahl aller VP-Angehörigen versieht pflichtbewusst ihren Dienst und steht treu zur Politik von Partei und Regierung. Die Arbeit der Parteiorganisationen der Berliner VP ist 1961 aktiver und qualifizierter geworden. So wurden mithilfe der Parteiorganisationen der Berliner VP u. a. die Bestenbewegung verstärkt, neue Arbeitsmethoden (z. B. die Tischer-Bewegung5 in der Abteilung VK) durchgesetzt und die politisch-ideologische Erziehungsarbeit insgesamt verbessert, was sich in der qualifizierteren und erhöhten Bekämpfung von Verbrechen und Gesetzesübertretungen und in der Verbesserung des Kontaktes und der Verbundenheit mit der Bevölkerung zeigt.
Obwohl unbedingt eingeschätzt werden muss, dass insgesamt die Einsatzbereitschaft und Verlässlichkeit der Berliner VP auch in schwierigeren Situationen garantiert ist, gibt es im politisch-ideologischen Zustand noch eine Reihe ernster Mängel. So gibt die Leitung des Präsidiums der VP Berlin – ausgehend von den Partei- und Regierungsbeschlüssen – zwar die richtige politisch-fachliche Orientierung, jedoch hat sich dies noch nicht bis nach unten durchgesetzt.
Besonders bei den mittleren Funktionären hat die Erziehungsarbeit der unterstellten VP-Angehörigen noch nicht die notwendige Qualität. Ein Teil der mittleren Funktionäre versucht Lücken im politischen und fachlichen Wissen durch Kommandieren und Bestrafungen zu ersetzen. Zum anderen gibt es Anzeichen dafür, dass ein Teil der VP-Offiziere die Befriedigung persönlicher Bedürfnisse über die gesellschaftlichen Interessen stellt. Durch diese Faktoren besteht zwischen Vorgesetzten und Untergebenen teilweise kein richtiges und parteimäßiges Verhältnis. Oft wissen die für die Erziehung der Genossen Wachtmeister verantwortlichen Funktionäre nichts von den Problemen, die diese VP-Angehörigen bewegen. Eine Reihe schädlicher Vorkommnisse (Desertionen, Disziplinarverstöße, Entpflichtungen usw.) werden dadurch indirekt begünstigt.
Einem Teil von Wachtmeistern und auch Offizieren ist die Perspektive der DDR und die Zukunft Deutschlands (u. a. auch wie die Frage des Friedensvertrages mit Deutschland und das Westberlinproblem gelöst werden soll) nicht völlig klar. Dieser Zustand ist mit darauf zurückzuführen, dass der Einfluss der einzelnen Parteiorganisationen nicht immer stark genug ist, um die feindlichen Argumente zurückzudrängen und durch Auseinandersetzungen in den Mitgliederversammlungen und in der täglichen Argumentation die notwendige Klarheit zu schaffen. Auch der Arbeitsstil und die Arbeitsorganisation einiger Dienststellenleitungen hemmen oft die Orientierung auf diese Fragen.
Folgende hauptsächliche Unklarheiten wurden im Bereich des Präsidiums der VP Berlin festgestellt, wobei viele VP-Angehörige ihre Meinung besonders über politische Fragen nicht offen aussprechen, sondern im internen Kreis ihre Unklarheiten diskutieren:
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Die Lösung der Westberlin-Frage sei mit Krieg verbunden.
- –
Die Durchführung von Wahlen in der jetzigen Situation sei von der Partei nicht richtig überlegt worden.
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Die Mängel in der Versorgung wären auf Fehler in der Politik zurückzuführen.
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Wie wollen wir Westberlin einholen, wenn wir selber nicht genug zu essen haben.
In verschiedenen Dienstzweigen der VP Berlin wird vor diesen und ähnlichen Argumenten zurückgewichen (Abteilung K des PdVP, Abteilung S einschl. VP-Inspektionen, Feuerwehr). In der Abteilung Schutzpolizei zeigt sich neben starken Mängeln in der ideologischen Arbeit vor allem ein nicht parteimäßiges Verhältnis zwischen Vorgesetzten und Untergebenen. Schwerpunkt der VP-Inspektionen ist in politischer und ideologischer Hinsicht das VPI Treptow, wo die Zersetzungserscheinungen im VP-Revier 231 so weit gingen, dass eine Reihe VP-Angehörige sofort entlassen werden mussten.
In der Abteilung F lehnt ein beträchtlicher Teil der Feuerwehrleute die Beschäftigung mit politischen Problemen ab und sieht nur die fachlichen Aufgaben. Ca. 70 % aller Feuerwehrangehörigen gehen einer zweiten Beschäftigung nach. Viele der schädlichen Einflüsse in der Abteilung F und bestimmte sozialdemokratische Tendenzen gehen von Feuerwehrangehörigen aus, die schon vor der Spaltung der damals dem Magistrat unterstehenden Feuerwehr angehörten bzw. die auch jetzt noch unkontrollierte Kontakte zu Angehörigen der Westfeuerwehr haben.
Immer wieder gibt es auch Beispiele, wo sich die an den Sektorengrenzen stationierten VP-Angehörigen in Gespräche mit Stupos einlassen, und vereinzelt betraten VP-Angehörige sogar während ihres Dienstes die Westsektoren, um sich dort Zigaretten zu kaufen.
Als deutlichster Beweis für die Schwächen im politisch-ideologischen Zustand einer Reihe VP-Angehöriger ist die Tatsache zu werten, dass sich die Zahl der desertierten VP-Angehörigen seit 1959 ständig erhöht hat (1959 = 55, 1960 = 61, 1961/I. Halbjahr bereits 39 VP-Angehörige). Für die 1961 desertierten VP-Angehörigen ist typisch, dass 16 von ihnen erst seit 1960 der VP angehören.
Auch die Entpflichtungen haben sich von halbjährlich 773 im Jahre 1960 auf 936 im I. Halbjahr 1961 erhöht.
Wenn auch die Bestrafungen und Parteiverfahren insgesamt eine etwas rückläufige Tendenz aufweisen, sind sie doch mit 705 Bestrafungen im I. Halbjahr und 38 Parteiverfahren im I. Quartal 1961 noch immer sehr hoch.
6. Zur Lage in der Deutschen Reichsbahn Groß-Berlin
Im Bereich der Deutschen Reichsbahn in Groß-Berlin treten in der letzten Zeit verstärkt negative Stimmungen und Diskussionen sowie Schwierigkeiten im ordnungsgemäßen Betriebsablauf auf. Im Zusammenhang mit den gegenwärtigen politischen Hauptproblemen ist durch die starke feindliche Propaganda eine gewisse Verwirrung und Unklarheit bei vielen Eisenbahnern entstanden, der in der politischen Arbeit nicht genügend Rechnung getragen wird.
Ständig treten auch negative Diskussionen zu Lohnproblemen auf, da durch die lohnregulierenden Maßnahmen und die Einführung des Prämienzeitlohnes bei der Deutschen Reichsbahn eine Reihe neuer komplizierter Probleme aufgetreten sind, die z. T. zu berechtigten Verärgerungen führen.
Zu erheblichen negativen Diskussionen führt auch das Problem der Westreisen von Eisenbahnern. Bei Ablehnung derartiger Reisen durch die Dienststellen der Deutschen Reichsbahn wird von den Antragstellern oft in der Form diskutiert, dass diese Maßnahmen nicht der Staatsratserklärung entsprechen würden und keine gesetzliche Grundlage haben. Wiederholt wurden deshalb Beschwerden an die zuständigen staatlichen Organe gerichtet. Diese Situation wird noch durch die ungenügende Koordinierung zwischen den Betrieben der Deutschen Reichsbahn und den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei bei der Entscheidung über Anträge für Westreisen verschärft, da des Öfteren von der Volkspolizei Westreisen genehmigt werden, während der Betrieb diese Reisen ablehnt.
Größere negative Auswirkungen auf den gesamten Betriebsablauf bei der Deutschen Reichsbahn hat der vorhandene Arbeitskräftemangel, der sich besonders spürbar im Fehlen von Rangier- und Lokomotivpersonal äußert. Das hat z. B. zur Folge, dass in der Urlaubsabwicklung der Lokomotivpersonale folgender untragbarer Stand zu verzeichnen ist: Urlaubsabwicklung bis 30.6.1961: 12,5 %, als Vergleich bis 30.6.1960: 23,7 %.
Im Jahre 1960 haben nur ca. 72 % der Lokomotivpersonale ihren Urlaub abwickeln können, sodass also noch ca. 28 % der Lokpersonale Urlaub aus dem Jahre 1960 erhalten müssen.
Bedeutende Bahnbetriebswerke, so z. B. Ostbahnhof und Lichtenberg, haben bis zum 30.6.1961 bei Lokomotivpersonalen eine Urlaubsabwicklung von nur 4 % bzw. 6,5 %. Dieser Zustand führt zu einer schlechten Stimmung und Disziplin bei den davon betroffenen Lokpersonalen, denen wegen der angespannten Betriebslage der Urlaub nicht gewährt wird. Die Auswirkungen veranschaulicht folgendes Beispiel:
Ein qualifizierter und erfahrener Lokführer erschien am 19.7.1961 auf seiner Dienststelle, dem Bahnbetriebswerk Ostbahnhof und erklärte, dass er ab sofort – trotz der Ablehnung durch die Lokleitung – seinen Urlaub nimmt. Als Begründung führte er an, dass er nervlich so überlastet ist, dass er unbedingt seinen Urlaub benötigt. Derartige Argumente treten auch bei den anderen Mitarbeitern immer stärker in Erscheinung. Ein großer Teil der Lokführer erklärt offen, dass der gegenwärtige Zustand untragbar sei, zumal sie auch noch ständig Überstundenarbeit leisten müssten.
Die hohe Anzahl von R-Fluchten, obwohl eine geringfügige rückläufige Tendenz vorhanden ist, trägt noch zur Verschärfung der Situation bei.
Dieser Zustand in der Arbeitskräftelage führt dazu, dass täglich vier bis sieben Regelzüge aus dem Bereich der RBD Berlin aufgrund des Fehlens von Personalen nicht gefahren werden können. Durch den Mangel an Rangierern und z. T. durch die schlechte Arbeitsmoral ist z. B. der Verschiebebahnhof Wuhlheide nur in der Lage, im Durchschnitt 75 % der eingeplanten Leistungen zu bringen, was sich nachteilig auf die gesamte Betriebsabwicklung auswirkt. Bei den leitenden Funktionären der Reichsbahn verbreitet sich zunehmend Ratlosigkeit darüber, wie dieser Zustand jemals überwunden werden soll.
Weitere negative Auswirkungen auf die Betriebslage haben die große Anzahl der Betriebsunfälle von insgesamt 427 im I. Halbjahr 1961 und die zahlreichen Wagen- und Ladegutbeschädigungen. Hierzu muss bemerkt werden, dass die aufgetretene Schadenssumme bei Bahnbetriebsunfällen gegenüber dem Vorjahr bedeutend angewachsen ist.
Die Ursachen für diese Erscheinungen liegen vorwiegend in einer ungenügenden Arbeitsmoral, in der mangelhaften Ordnung und Disziplin sowie in der ungenügenden Leitungstätigkeit bei der Deutschen Reichsbahn begründet.
In den Westberliner Dienststellen der Deutschen Reichsbahn macht sich in immer stärkerem Umfange durch den Lohnumtausch eine politische Abhängigkeit der Westberliner Eisenbahner vom Westberliner Senat bemerkbar.6 Diese Erscheinungen werden durch eine größere Aktivität der »Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands« noch verstärkt.
Das hat solche Auswirkungen, dass bisher politisch aktiv aufgetretene Mitarbeiter offen eine weitere politische Betätigung ablehnen mit der Begründung, dass sie sich keinen Ausschluss vom Lohnumtausch erlauben können. Die politische Aktivität der Westberliner Eisenbahner muss deshalb als völlig ungenügend eingeschätzt werden, was sich besonders auch darin zeigt, dass sie unseren Problemen nur ungenügend zugängig sind.
Die vereinzelt in Westberliner Betrieben der Deutschen Reichsbahn, so z. B. im RAW Tempelhof, aufgetretenen Forderungen nach Einführung einer 5-Tage-Woche konnten bisher noch abgewendet werden und nahmen daher keinen großen Umfang an.
Insgesamt ist einzuschätzen, dass in der letzten Zeit die Versuche des Gegners zur Störung des ordnungsgemäßen Betriebsablaufes und der Betriebssicherheit der Reichsbahn, insbesondere bei der S-Bahn, wesentlich zugenommen haben, wobei als Initiatoren vornehmlich durch den Gegner beeinflusste jugendliche Rowdys in Erscheinung traten. Im I. Halbjahr 1961 wurden z. B. in 22 Fällen Hindernisse angelegt, die offensichtlich zur Störung des S-Bahnbetriebes führen sollten und teilweise auch Sachschäden und Unregelmäßigkeiten im Zugverkehr verursachten. U. a. wurden Steine, Metallteile und andere Gegenstände zur Blockierung des Verkehrs auf die Gleise gelegt.
In der genannten Zeit gab es 64 Fälle, in denen S-Bahnzüge durch Steinwürfe und Beschießen gefährdet wurden. Diese Handlungen führten in den meisten Fällen zur Zerstörung von Fensterscheiben und in Einzelfällen auch zur Verletzung von Fahrgästen durch Splitterwirkung.
Neben den bereits genannten Anschlägen bildet weiterhin die Beschädigung von S-Bahnzügen einen wesentlichen Schwerpunkt gegnerischer Störtätigkeit. Allein im I. Quartal 1961 wurden insgesamt 864 fast ausschließlich bewusst herbeigeführte Beschädigungen an S-Bahnzügen festgestellt, wobei der größte Teil dieser Handlungen beim Durchfahren der Westsektoren erfolgte. Das trifft auch für das Anschmieren von Hetzlosungen in S-Bahnzügen zu. Nach unseren Feststellungen wurden derartige Schmierereien fast ausschließlich in Westberlin angebracht.
In diesem Zusammenhang muss auch auf die verstärkte Streifentätigkeit der Stupo auf dem Gelände der Reichsbahn in Westberlin hingewiesen werden. Im I. Halbjahr 1961 ist z. B. in 1 400 Fällen durch Stupostreifen widerrechtlich Reichsbahngelände in Westberlin betreten worden. Im Allgemeinen beschränkte sich die Stupo auf Streifengänge, ohne dass es zu unmittelbaren Amtshandlungen kam. In einer Reihe von Beispielen erfolgten jedoch provokatorische Handlungen gegenüber den diensttuenden Transportpolizisten, denen sie das Recht, sich auf Westberliner Bahnhöfen aufzuhalten, verwehren wollten und gegenüber Eisenbahnern, die gegen derartige Übergriffe der Stupo protestierten.
7. Politisch-operative Schwerpunktobjekte
Dem MfS sind eine Reihe von Betrieben und Institutionen im demokratischen Berlin bekannt, die aufgrund der dort vorhandenen Konzentration negativer Erscheinungen und vor allem starker feindlicher Beeinflussung gewisse Gefahrenpunkte für die Auslösung provokatorischer Aktionen darstellen können. Wenn auch eine umfassende Einschätzung nicht möglich ist, so soll doch durch eine skizzenhafte Darstellung der wichtigsten dort aufgetretenen Erscheinungen ein annähernder Überblick über die dabei aufgetretenen Schwerpunkte gegeben werden.
Allgemein ist festzustellen, dass es sich bei diesen politisch-operativen Schwerpunkten ausschließlich um solche Betriebe handelt, die für die gesamte ökonomische Entwicklung der DDR eine bedeutende Rolle spielen. Es handelt sich dabei um folgende Schwerpunktobjekte:
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BEWAG
Die wichtigsten Schwerpunkte sind die Kraftwerke Klingenberg und Rummelsburg. Bezeichnend ist die Tatsache, dass in den beiden Kraftwerken und in anderen BEWAG-Betrieben eine Konzentration provokatorischer Forderungen (z. B. Lohn- und Gehaltserhöhungen) und negativer Diskussionen, die zu einem großen Teil von SPD-Mitgliedern ausgelöst und beeinflusst und mit übler Hetze gegen die sozialistische Gesellschaftsordnung verbunden werden, vorhanden ist.
In den BEWAG-Betrieben, insbesondere im Kraftwerk Klingenberg, gibt es eine besonders starke Konzentration von SPD-Mitgliedern. Beachtung verdient dabei, dass bei SPD-Funktionären der West-BEWAG bereits Entwürfe über den »Zusammenschluss der BEWAG« und die damit verbundene Regelung der Ruhegehalts- und Pensionsansprüche für die Angestellten der BEWAG im demokratischen Berlin vorliegen und SPD-Mitglieder z. B. im Kraftwerk Klingenberg damit operieren. Die West-BEWAG ist bemüht, die Positionen der SPD in den BEWAG-Betrieben im demokratischen Berlin zu stärken und Abwanderungen von SPD-Mitgliedern zu verhindern. In der letzten Zeit ist in verschiedenen BEWAG-Betrieben im verstärkten Maße ein offenes provokatorisches Auftreten negativer Personen festzustellen. Dabei müssen solche Äußerungen hervorgehoben werden wie z. B. »Parteifunktionäre sind Halunken« (Klingenberg), »Bei uns ist es schlimmer als unter Hitler, das wird auch wie Hitler enden« usw.
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BVG
Besondere Schwerpunkte sind hier die U-Bahn und die Omnibus-Bahnhöfe Weißensee und Treptow, wo ebenfalls, besonders bei der U-Bahn, Konzentrationen von SPD-Mitgliedern vorhanden sind. Bei der U-Bahn traten in der letzten Zeit besonders SPD-Mitglieder mit provokatorischen Forderungen hervor. In den beiden genannten Omnibus-Bahnhöfen wird vor allem die Parole verbreitet, systematisch Lohnforderungen durchzusetzen und keine Überstunden mehr zu fahren. Beachtung verdient, dass z. B. an den Straßenbahnhaltestellen Leipziger Platz–Klara-Zetkin-Straße und Potsdamerplatz Angehörige der West-BVG mit dem Straßenbahnpersonal der BVG im demokratischen Berlin Gespräche über Entlohnung und Arbeitszeit führen. Es kam auch zu solchen Erscheinungen, wie der Sammlung von Unterschriften gegen die Einführung eines neuen Prämienlohnsystems, Schreiben von Drohbriefen an solche Kollegen, die sich qualifizieren und Überstunden fahren, Forderungen nach Einführung der 5-Tage-Woche usw.
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Bauindustrie
Konzentrationen negativer Elemente und Erscheinungen treten u. a. auf der Baustelle Stadtzentrum, beim Hochbau Friedrichshain und im VEB Volksbau Lichtenberg auf.
Die feindliche Tätigkeit äußert sich vor allem in provokatorischen Forderungen nach Verlängerung des Urlaubs sowie nach höheren Löhnen und nach Einführung der 5-Tage-Woche, in kurzen Arbeitsniederlegungen und Streikandrohungen, Abwerbungen (Grenzgängern) usw.
Dabei muss beachtet werden, dass auf vielen Baustellen die politische Massenarbeit sehr unterschätzt und die politische Wachsamkeit grob vernachlässigt wird. Es gibt verschiedene Beispiele, wo Provokateure und faschistische Elemente in gewerkschaftliche Vertrauensstellungen gewählt wurden. In diesem Zusammenhang wird auch auf das zunehmende offene Auftreten von Provokateuren hingewiesen, z. B. um den 17. Juni herum. Im VEB Zementwerk Rummelsburg arbeiten zu einem großen Teil Personen, die aus der Haft entlassen wurden bzw. Bewährungsfrist haben.
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Werk für Fernsehelektronik
Die feindliche Tätigkeit zeigt sich vor allem in der besonders starken Fluktuation von Arbeitskräften (Abwerbungen/Grenzgänger). Die feindlichen Spionage- und Geheimdienstzentralen interessieren sich besonders für die Bildröhrenentwicklung und für das Farbfernsehen. Größere betriebliche Missstände begünstigen die feindlichen Pläne und Aktionen.
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Funkwerk Köpenick
Eine Konzentration in der Verbreitung von Hetzparolen ist vor allem unter der Intelligenz dieses Betriebes festzustellen, verbunden mit teilweise offenem provokatorischen Auftreten. Der englische Geheimdienst konzentrierte sich in der letzten Zeit besonders auf die Entwicklung von Geräten der Infrarottechnik für Peilung, Radar usw.
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Werkzeugfabrik »Hermann Schlimme«, Treptow
Hier ist besonders eine Konzentration feindlicher und negativer Diskussionen festzustellen.
In den meisten vorstehend angeführten Betrieben gibt es zahlreiche SPD-Mitglieder, die dem »Arbeitskreis für Gewerkschaftsfragen«7 der SPD angehören.
Es wurde festgestellt, dass die genannten Betriebe fast ausschließlich zu den Schwerpunkten der Tätigkeit westlicher Geheimdienste im demokratischen Berlin zählen, vor allem auch im Hinblick auf die Verstärkung der feindlichen Spionagetätigkeit. Außerdem interessieren sich die westlichen Geheimdienste für zentral staatliche Organe, wie z. B. für die Staatliche Plankommission, verschiedene Ministerien usw. sowie für eine Reihe weiterer Betriebe, unter ihnen die Elektroapparatewerke Treptow, der VEB Berlin-Chemie, VEB Starkstromanlagenbau, Werk für Fernmeldewesen, Berliner Bremsenwerk usw.
Als derzeitiger Schwerpunkt der feindlichen Tätigkeit in der Landwirtschaft im demokratischen Berlin ist der Stadtbezirk Pankow anzusehen. Hier traten besonders Formen des sog. passiven Widerstandes in Erscheinung. Von im demokratischen Berlin insgesamt gestellten 43 Anträgen von Genossenschaftsbauern und Gärtnern auf Austritt entfallen allein auf Pankow 24 Anträge auf Austritt aus gärtnerischen Produktionsgenossenschaften und sechs auf Austritt aus LPG.
Neben den bereits genannten Betrieben usw. gehören auch solche Einrichtungen bzw. Betriebe zu operativen Schwerpunkten wie die
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Humboldt-Universität – vor allem in der human-medizinischen, veterinär-medizinischen und mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät – (Verbreitung revisionistischer Auffassungen, Fehlerdiskussionen, große Zahl republikflüchtiger Studenten/allein im I. Quartal dieses Jahres 28),
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Einrichtungen des Gesundheitswesens in Pankow (Schwerpunkt der Republikflucht von Angehörigen des medizinischen Pflegepersonals),
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Nationales Druckhaus (NDPD) – Konzentration negativer Elemente, starke Fluktuation von Arbeitskräften (120 von 350 Beschäftigten im Jahr/Grenzgänger), Sabotage am Maschinenpark, provokatorische Forderungen in Versammlungen usw.
Neben den namentlich genannten Schwerpunkten gibt es noch eine größere Anzahl hier nicht genannter Betriebe und Einrichtungen, in denen es ebenfalls provokatorisches Auftreten feindlicher Elemente und Konzentrationen anderer negativer Erscheinungen und Personen gibt, die aber im Rahmen des gesamten demokratischen Berlin keine so ausschlaggebende Rolle spielen.