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Überprüfung nichtamnestierter politischer Häftlinge

5. Juli 1961
Bericht Nr. 356/61 über die Überprüfung der dem MfS übergebenen »Liste nichtamnestierter politischer Häftlinge«

Bezug nehmend auf die dem MfS übersandte vorstehend angeführte Liste, die anbei zurückgereicht wird, wird zunächst festgestellt, dass keine der in der Liste genannten Personen Mitglied des PEN-Zentrums ist. In allen Fällen, die überprüft werden konnten, wurde festgestellt, dass die betreffenden Personen nicht wegen ihrer schriftstellerischen Tätigkeit oder Gesinnung verurteilt wurden, sondern wegen Verbrechen und gefährlichen Handlungen, die der strafrechtlichen Verfolgung unterliegen.

Die Überprüfung der einzelnen Fälle ergab außerdem die Feststellung, dass zahlreiche in der Liste enthaltene Angaben nicht den Tatsachen entsprechen. Das trifft vor allem auf die angegebenen Gründe der Verurteilung der einzelnen Personen und auf ihren Verbleib zu. Zu den einzelnen genannten Personen können folgende Angaben über ihre strafbaren Handlungen gemacht werden, evtl. auch zum Zwecke der Abwehr provokatorischer Anfragen usw. im PEN-Zentrum:

  • 1.

    Dr. Wolfgang Harich, zuletzt Cheflektor im »Aufbau Verlag« Berlin, festgenommen am 29.11.1956.1

    H. organisierte und leitete eine 1956 im Berliner »Aufbau Verlag« geschaffene konterrevolutionäre Gruppe. Er arbeitete eine umfangreiche Konzeption aus, in der der Sturz der Arbeiter-und-Bauern-Macht gefordert wurde. Von ihm ausgearbeitete vier konkrete Pläne, die auf einen gewaltsamen Umsturz in der DDR hinzielten, wurden mit dem Ostbüro der SPD abgesprochen. H. erhielt vom SPD-Ostbüro die Zusicherung, dass die Verwirklichung seiner Pläne durch bestimmte Aktionen des Westens unterstützt würde. Entsprechend dem Inhalt seiner Pläne wollte H. u. a. das ZK der SED durch ein Ultimatum zur Annahme seiner staatsfeindlichen Forderungen zwingen. Im Falle der Ablehnung seines Ultimatums beabsichtigte H., seine Forderungen über Westberliner Rundfunksender unter der Bevölkerung der DDR zu verbreiten und zum Generalstreik sowie zur Beseitigung der Partei- und Staatsführung in der DDR aufzurufen. Außerdem wollte er über westliche Sender die Nationale Volksarmee aufrufen, sich auf die Seite der Konterrevolutionäre zu stellen. Mit einem weiteren provokatorischen Aufruf sollte versucht werden, die zeitweilig in der DDR stationierten sowjetischen Streitkräfte vom Kampf gegen die Konterrevolutionäre abzuhalten.

    Das Oberste Gericht der DDR verurteilte Harich in einer Verhandlung vor erweiterter Öffentlichkeit zu zehn Jahren Zuchthaus.

  • 2.

    Dr. phil. Ralf Schröder, zuletzt wissenschaftlicher Assistent am Slawischen Institut der Leipziger Karl-Marx-Universität, festgenommen am 9.9.1957 und

  • 3.

    Erich Loest, zuletzt freischaffender Schriftsteller, festgenommen am 16.11.1957, bildeten 1956 aufgrund ihrer feindlichen Einstellung konterrevolutionäre staatsfeindliche Gruppen an der Leipziger Karl-Marx-Universität mit dem Ziel, die verfassungsmäßige Staats- und Gesellschaftsordnung und die Regierung der DDR zu beseitigen. Zu diesem Zweck führten sie unter Anwendung konspirativer Methoden illegale Zusammenkünfte durch, arbeiteten eine konterrevolutionäre Konzeption aus und verbreiteten sie unter wissenschaftlichen Mitarbeitern und Studenten der Universität. Außerdem trafen sie Vorbereitungen, um den in Leipzig bestehenden »Club junger Künstler«, das politisch-satirische Kabarett »Die Pfeffermühle« und die Wochenzeitung »Sonntag« für die Popularisierung ihrer staatsfeindlichen Ziele auszunutzen. Zur Koordinierung ihrer staatsfeindlichen Tätigkeit hielten sie untereinander sowie mit der Gruppe Harich–Janka2 Verbindungen. Hier bestand im Wesentlichen eine Übereinstimmung in der staatsfeindlichen Zielsetzung. Im Gegensatz zu den in der Liste enthaltenen Behauptungen muss betont werden, dass die Angehörigen beider Beschuldigter über den Aufenthalt ihrer Männer während der Untersuchungshaft genauestens informiert waren. Außerdem bestand für die Beschuldigten Schreiberlaubnis und die Möglichkeit, Geld für Rauchwaren usw. während der gesamten Zeit der Untersuchungshaft zu empfangen.

    In öffentlicher Verhandlung vor dem Bezirksgericht Halle/Saale wurden Ralf Schröder zu zehn Jahren Zuchthaus und Erich Loest zu sieben Jahren sechs Monaten Zuchthaus verurteilt.

  • 4.

    Dr. Harro Lucht, zuletzt Lektor für Sprachunterricht an der Martin-Luther-Universität in Halle, festgenommen am 17.5.1957.

    L. bildete aufgrund seiner feindlichen Einstellung zur DDR im Sommer 1956 eine staatsfeindliche Gruppe, der weitere drei Personen angehörten. Auf der Grundlage einer ausgearbeiteten Konzeption, in der als Hauptziel die Ablösung der Regierung der DDR und der Mitglieder des ZK der SED sowie die Beseitigung wesentlicher Errungenschaften der Gesellschaftsordnung der DDR gefordert wurden, begann er, sowohl die Mitglieder seiner Gruppe als auch andere Personen im Sinne seiner staatsfeindlichen Absichten zu schulen. Er wollte nach dem von ihm erwarteten konterrevolutionären Putschversuch in der DDR über geeignete »Kader« zur Besetzung von Funktionen im Partei- und Staatsapparat verfügen. Er warb für seine Ziele außerdem einen Offizier der NVA, der versuchen sollte, Angehörige der bewaffneten Kräfte für einen Putschversuch zu gewinnen. L. forderte durch Schreiben an bestimmte Stellen in Westdeutschland und im westlichen Ausland die Forcierung der Hetz- und Wühltätigkeit gegen die DDR.

    Lucht wurde in öffentlicher Verhandlung vor dem Bezirksgericht Halle zu acht Jahren und sechs Monaten Zuchthaus verurteilt.

  • 5.

    Winfried Schröder, zuletzt wissenschaftlicher Assistent am Romanischen Institut der Leipziger Karl-Marx-Universität, festgenommen am 11.9.1957,

    gehörte der staatsfeindlichen konterrevolutionären Gruppe Ralf Schröder-Loest in Leipzig an und war wesentlich an der Ausarbeitung ihrer Konzeption beteiligt. Diese Konzeption verbreitete er unter seinem Kollegenkreis an der Universität und versuchte, dafür wissenschaftliche Mitarbeiter und Studenten zu gewinnen. Er war an der Entwicklung konspirativer Methoden für die Arbeit der Gruppe beteiligt und organisierte aufgrund seiner feindlichen Einstellung eine »finanzielle Unterstützungsaktion« für den inhaftierten Lucht. Winfried Schröder, der wie alle anderen Gruppenmitglieder während seiner Untersuchungshaft mit seinen Angehörigen in schriftlicher Verbindung stand, wurde im Dezember 1959 wegen Beihilfe zum Staatsverrat in einem gerichtsüblichen Prozess vom Bezirksgericht Halle zu drei Jahren Zuchthaus unter Anrechnung der Untersuchungshaft verurteilt. Er befindet sich seit September 1960 wieder auf freiem Fuß.

  • 6.

    Herbert Crüger,3 zuletzt Wahrnehmungsdozent am Institut für Gesellschaftswissenschaften der Humboldt-Universität Berlin, festgenommen am 11.3.1958 und

  • 7.

    Heinrich Saar, zuletzt Direktor des Instituts für Gesellschaftswissenschaften an der Berliner Humboldt-Universität, festgenommen am 11.3.1958,

    bildeten unter Ausnutzung ihrer verantwortungsvollen Stellung im Frühjahr 1956 am Institut für Gesellschaftswissenschaftliches Grundstudium eine aus sechs Personen bestehende konterrevolutionäre Gruppe. Sie arbeiteten gemeinsam mit den Mitgliedern der Gruppe eine auf den Sturz des ZK der SED und der Regierung der DDR gerichtete Konzeption aus und waren bis zu ihrer Inhaftierung bestrebt, durch eine systematische Zersetzung der ihnen zur Ausbildung anvertrauten Studenten ihre Konzeption zu verwirklichen. Sie hetzten in Seminaren und Vorlesungen gegen die Arbeiter-und-Bauern-Macht, verbreiteten westliche Hetzschriften und durchkreuzten vorsätzlich die Anweisungen des Staatssekretariats für das Hoch- und Fachschulwesen über die Verbesserung der Ausbildung und über die sozialistische Erziehung der Studenten. Beide Beschuldigte wurden im Dezember 1958 vom Bezirksgericht Potsdam in öffentlicher Verhandlung zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. Durch Gnadenerweis des Staatsrates der DDR wurde im März 1961 die Strafe der Beschuldigten auf sechs Jahre Zuchthaus herabgesetzt und die Verbüßung der Reststrafe bedingt ausgesetzt. Crüger und Saar befinden sich seit dem 1.4.1961 auf freiem Fuß.

  • 8.

    Guido Lauer, zuletzt Oberassistent am Institut für Gesellschaftswissenschaften der Berliner Humboldt-Universität, festgenommen am 11.3.1958.

    L. schloss sich im Frühjahr 1956 der von Saar und Crüger gebildeten konterrevolutionären Gruppe an. Um die staatsfeindlichen Ziele dieser Gruppe mit verwirklichen zu helfen, zersetzte er durch eine systematische Hetze gegen die Arbeiter-und-Bauern-Macht und gegen die SED die gesellschaftswissenschaftliche Erziehung der Studenten an der medizinischen und veterinärmedizinischen Fakultät. Außerdem verbreitete er in großem Umfange staatsfeindliche und revisionistische Literatur.

    Gegen Lauer erfolgte keine gerichtliche Hauptverhandlung. Dabei wurde die Tatsache berücksichtigt, dass er von Saar und Crüger für verbrecherische Handlungen missbraucht wurde und aufgrund seines offenen und ehrlichen Verhaltens in der Untersuchung erwartet werden konnte, dass er in Zukunft die sozialistische Gesetzlichkeit achtet. Lauer wurde nicht, wie behauptet wird, zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. Das Ermittlungsverfahren gegen Lauer wurde gemäß § 9, Abs. 14 nach einmonatiger Untersuchungshaft eingestellt, und Lauer wurde aus der Haft entlassen.

  • 9.

    Kurt-Heinz Wallesch, zuletzt politischer Geschäftsführer des Bezirksverbandes Leipzig der NDPD, festgenommen am 15.7.1954.

    W. war aktiver Funktionär der HJ und der sog. Reiter-SS. Während der Kampfhandlungen in der Sowjetunion gab er im Raum von Leningrad den Befehl zur Ermordung kriegsgefangener sowjetischer Soldaten und ermordete selbst mehrere sowjetische Soldaten durch Genickschuss. Nachdem er sich durch Verheimlichung seiner faschistischen Vergangenheit in die NDPD eingeschlichen hatte, nahm er 1950 Verbindung zu dem westdeutschen Gehlen-Geheimdienst auf. Er erhielt den Auftrag, in Leipzig ein Bataillon einer sog. Nationalen Befreiungsarmee zur Vorbereitung eines gewaltsamen Umsturzes zu schaffen und Spionageinformationen zu liefern. Er konnte zwar den erstgenannten Auftrag nicht durchführen, übermittelte aber bis zu seiner Verhaftung 1954 den in Westberlin stationierten Agenten des Gehlen-Geheimdienstes in großem Umfange Informationen mündlicher und schriftlicher Art über die Tätigkeit der NDPD und führte dem Gehlen-Geheimdienst außerdem eine weitere Person zur Anwerbung zu. Wallesch wurde zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt.

  • 10.

    Horst Pelzer, zuletzt Redakteur beim »Deutschen Zentral-Verlag« in Berlin, festgenommen am 25.11.1957.

    P. war seit August 1957 bis zu seiner Festnahme unter dem Decknamen »DAHLKE I« Agent des sog. Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen. Im Auftrage eines gewissen Behrendt5 lieferte er die ihm in seiner Arbeitsstelle zugänglich gewordenen und geheimzuhaltenden Unterlagen über geplante Veränderungen in der Volkswirtschaft der DDR, über die Perspektivplanung der Landwirtschaft und über die Arbeit der Örtlichen Organe der Staatsmacht aus. Außerdem führte er im Oktober 1957 seinen Bruder dem sog. Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen zu, der auch unter dem Decknamen »Dahlke II« als Agent geworben wurde. P. wurde also nicht, wie behauptet wird »wegen versuchter Republikflucht und angeblicher Agententätigkeit«, sondern wegen Spionagetätigkeit und Agentenwerbung vom Bezirksgericht Frankfurt/O. zu sieben Jahren und drei Monaten Zuchthaus verurteilt.

  • 11.

    Hermann Möhring, zuletzt Redakteur, festgenommen am 7.11.1952.

    M. betrieb seit 1947 fortgesetzt Hetze gegen die demokratische Entwicklung in der damaligen sowjetischen Besatzungszone und gegen die UdSSR. Nach seiner im Jahre 1948 erfolgten Flucht nach Westberlin arbeitete er aktiv in einer trotzkistischen Organisation mit und gründete die Zeitschrift »Pro und contra«, in der er laufend Hetzartikel gegen die DDR und gegen andere sozialistische Länder veröffentlichte. Außerdem gab er ein sog. Manifest mit verleumderischem Inhalt heraus.

    Im Jahr 1955 wurde er den Organen der DDR von der Sowjetunion zur weiteren Strafverbüßung übergeben. Die von einem sowjetischen Militärtribunal ursprünglich ausgesprochene Freiheitsstrafe von 25 Jahren Arbeitslager wurde durch Gnadenerweis des Präsidenten der DDR auf zehn Jahre Zuchthaus herabgesetzt.

  • 12.

    Lothar Böttcher, zuletzt wohnhaft Berlin-Lichterfelde-West, gehörte seit April 1952 dem sog. Kampfbund Deutscher Jugend6 an und bekleidete die Funktion eines 2. Vorsitzenden der Bundesorganisation Süd dieses Kampfbundes. In dieser Funktion war er führend an der massenweisen Verteilung von Hetzschriften gegen die DDR, an der Durchführung von Hetzballonaktionen und an der Zerstörung von Fahnen, Transparenten sowie Einrichtungen der HO-Kioske beteiligt. Mitte Juni 1952 trennte sich Böttcher mit einem Teil der Mitglieder der Bundesorganisation von dem genannten Kampfbund und organisierte die neue Terrororganisation »Kampfvereinigung Berliner Jugend«.

    Er wurde im Januar 1953 vom Stadtgericht Berlin für seine Verbrechen zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt.

  • 13.

    Ulrich Koslowsky, zuletzt als »freischaffender« Bildreporter tätig, festgenommen am 20.5.1955.

    K. wurde im Sommer 1951 von der inzwischen bankrotten »Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit«7 (KgU) angeworben. In der Folgezeit lieferte er den Mitarbeitern dieser Agenten- und Terrororganisation umfangreiche Informationen über Standorte, Stärke, Bewaffnung und Ausrüstung von Einheiten der Volkspolizei und von den zeitweilig in der DDR stationierten sowjetischen Streitkräften. Außerdem führte er der KgU zwei Offiziere der Volkspolizei zur Anwerbung zu, die auch als Agenten geworben wurden und in der Folgezeit aktiv feindlich tätig waren. Im Jahre 1952 wurde Koslowsky Agent des amerikanischen und 1953 Agent des westdeutschen Geheimdienstes. Bis zu seiner Inhaftierung betrieb er im Auftrag dieser Dienststellen in großem Umfange Militärspionage und lieferte außerdem fortgesetzt geheimzuhaltende Informationen politischen und wirtschaftlichen Charakters. K. wurde nicht, wie angegeben, wegen »Spionageverdacht« zu zehn Jahren Zuchthaus, sondern wegen seiner außerordentlich schweren Verbrechen vom Bezirksgericht Halle zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde vollstreckt.

  • 14.

    Fritz Ruff, zuletzt wissenschaftlicher Assistent an der Deutschen Hochschule für Körperkultur in Leipzig, festgenommen am 22.8.1955.

    R. war von 1949 bis zu seiner Inhaftierung Spion des amerikanischen Geheimdienstes. Im Auftrage des Residenten Siebert lieferte er ca. 100 Berichte über Standorte, Stärke, Ausrüstung und Bewaffnung der zeitweilig in der DDR stationierten sowjetischen Streitkräfte. Er erhielt vom amerikanischen Geheimdienst für seine Spionageberichte insgesamt 17 000 Mark.

    Ruff wurde vom Bezirksgericht Leipzig zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Das Urteil wurde durch Gnadenerweis auf zehn Jahre Zuchthaus herabgesetzt.

  • 15.

    Rudolf Jordan, zuletzt Redakteur beim »Sächsischen Tageblatt«/Dresden, festgenommen am 29.10.1953.

    J. erfuhr im Mai 1953 von dem ehemaligen Mitarbeiter des »Sächsischen Tageblatt« Rossig, dass dieser Agent des SPD-Ostbüros8 ist. Aufgrund seiner feindlichen Einstellung zu den Verhältnissen in der DDR und nach Anfragen Rossigs erklärte sich Jordan bereit, die Verbindung zum SPD-Ostbüro aufzunehmen. Er wurde von Rossig im Mai 1953 dieser Feindzentrale zugeführt. In der Folgezeit lieferte Jordan über Rossig bis zu seiner Inhaftierung Spionageinformationen über Objekte der damaligen KVP aus dem Raum Dresden, wobei er insbesondere Nachrichtengeräte und -stationen auskundschaftete. Vom Bezirksgericht Dresden wurde Jordan im März 1954 zu zwei Jahren und sechs Monaten Zuchthaus verurteilt. Er ist seitdem nicht »spurlos verschwunden«, wie in der Liste behauptet wird, sondern wurde nach seiner Strafverbüßung am 1.5.1956 aus dem Zuchthaus entlassen.

  • 16.

    Rudolf Kleinfeld, zuletzt in Berlin-Charlottenburg wohnhaft, festgenommen am 29.9.1952.

    Kl. unterhielt seit August 1951 zu dem hauptamtlichen Mitarbeiter des westdeutschen Geheimdienstes »Peters« Verbindung. Er erhielt von ihm den Auftrag, Personen aus der DDR als Agenten anzuwerben und mit diesen Personen eine aktive Spionagetätigkeit in der DDR zu organisieren. Kleinfeld warb bis zu seiner Inhaftierung insgesamt sieben Personen aus der DDR zur Spionagetätigkeit an und führte mit ihnen Treffs in Westberlin durch. Er beauftragte diese angeworbenen Personen, eine umfangreiche Spionagetätigkeit gegen die bewaffneten Organe der DDR und der Sowjetunion durchzuführen. Die gesammelten Informationen leitete Kl. an »Peters« weiter. Für diese Spionagetätigkeit erhielt Kleinfeld monatlich feste Bezahlung. Damit ist die Behauptung in der Liste widerlegt, wonach Kl. wegen Verbrechen verurteilt worden sei, über die angeblich keine Auskunft gegeben werden könne.

    Kl. wurde am 22.12.1952 vom Bezirksgericht Frankfurt/O. zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Am 8.3.1957 wurde seine Strafe durch Gnadenerweis des Präsidenten der DDR auf zehn Jahre herabgesetzt. Nach einer erneuten Herabsetzung seiner Strafe am 4.10.1960 durch Staatsratserlass wurde Kl. am 6.4.1961 nach Berlin-Charlottenburg entlassen.

  • 17.

    Dieter Zorn, zuletzt Redakteur an der »Thüringer Neueste Nachrichten«/Weimar, festgenommen am 4.4.1955.

    Z. stand im Verdacht, Verbindung zur Gruppe Benkowitz-Kogel9 zu haben. Diese Verbindung gab Z. anfangs auch zu, was sich jedoch im Laufe der weiteren Untersuchung als unwahr erwies.

    Zorn konnte lediglich eine Verbindungsaufnahme von CIC in Westberlin nachgewiesen werden, wobei er jedoch die Lieferung von Spionageinformationen abstritt. Die Verurteilung Zorns erfolgte am 4.10.1955 vor dem Bezirksgericht Erfurt. Zorn wurde nicht, wie behauptet wird, verschleppt, sondern gemäß Art. 6 der Verfassung der DDR10 und § […] StGB zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr verurteilt.

Über die Festnahme und Verurteilung der in der Liste außerdem angeführten Personen Dr. Ramlow, Kemnitz, Knaak und Eckert ist dem MfS nichts bekannt.

  1. Zum nächsten Dokument Situation in der DEFA-Spielfilmproduktion

    10. Juli 1961
    Bericht Nr. 358/61 über einige Gesichtspunkte zur Verbesserung der Spielfilmproduktion der DEFA

  2. Zum vorherigen Dokument Abwerbung des Leiters des »Heinrich-Hertz-Institutes«

    4. Juli 1961
    Einzel-Information Nr. 353/61 über Versuche der Abwerbung des Leiters des Heinrich-Hertz-Institutes in Berlin-Adlershof, Prof. Hachenberg