Brand des DSG-Zuckerrübensamensilos in Klein-Wanzleben
26. Oktober 1964
Einzelinformation Nr. 950/64 über den Brand des Silos der DSG-Zuckerrübensamen Klein-Wanzleben in der Außenstelle Heringen, Kreis Nordhausen, [Bezirk] Erfurt, am 26. Oktober 1964
Am 26.10.1964, gegen 8.55 Uhr, brach im Silo der Deutschen Saatgutgesellschaft Klein-Wanzleben, Außenstelle Heringen, Kreis Nordhausen, [Bezirk] Erfurt, ein Brand aus, der sich zu einem Großbrand entwickelte. Das 3-stöckige Silo in der Größe 100×20 m brannte vollkommen nieder, die eingelagerten Zuckerrübensamen-Vorräte sowie Maschinen und Geräte wurden vollständig vernichtet.
Der Sachschaden beträgt insgesamt ca. 4 Mio. MDN und gliedert sich wie folgt auf:
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12 100 dt Zuckerrübensamen (Hochzucht – Polycarb der Sorten Media und Plenta) – ca. 2,6 Mio. M,
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113 dt Beize – 28 TMDN,
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Gebäude und Maschinen – ca. 1,2 Mio. M,
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33 885 Stück Säcke – 116,5 TMDN.
In diesem Lager wurden keine Export- und Importsaatgüter aufbewahrt. Trotz der Vernichtung obengenannten Saatgutes reichen die in den übrigen Saatgutlagern vorhandenen Bestände an Zuckerrübensamen für den Zuckerrübenanbau 1965 aus. Exportschwierigkeiten entstehen ebenfalls nicht.
Nach den bisher eingeleiteten Ermittlungen entstand der Brand wie folgt: Am Brandtag wurde die Mischkammer im 1. Stock des Silos mit Zuckerrübensamen gefüllt. Gegen 8.25 Uhr bemerkten die Arbeiter, dass das Licht in der 1. Etage erlosch. Der Brigadier [Name 1] stellte fest, dass die Sicherungen für den Stromkreis dieser Etage angesprochen hatten. Er nahm die Sicherungen heraus, ohne die Ursachen des Kurzschlusses zu ergründen. Nach dem Frühstück beabsichtigte er, neue Sicherungen einzusetzen.
Unmittelbar nachdem der Brigadier [Name 1] die Sicherungen nachgesehen und herausgenommen hatte, begab sich die gesamte Belegschaft des Silos – insgesamt 14 Personen – gemeinsam mit den Reinigungsführern (Meistern) [Name 2] und [Name 3] in das daneben befindliche Gebäude und frühstückte.
Gegen 8.55 Uhr begab sich der Genossenschaftsbauer [Name 4] in das Silo, um einen Besen zu suchen. Mit dem Besen wollte er sein auf dem Hof stehendes Fahrzeug reinigen. Bei der Suche nach einem Besen stellte er an der Tür, die zur Mischkammer im 1. Stock führte, Gluterscheinungen fest. Er alarmierte sofort die Belegschaft; der Feueralarm wurde daraufhin sofort ausgelöst.
Infolge der technologisch bedingten Holzbauweise des Silos, des überall abgelagerten Staubes und des eingelagerten Zuckerrübensamens sowie der offen stehenden eisernen Brandtüren (Missstand) griff der Brand sehr schnell um sich. Die herbeigerufene Feuerwehr konnte daher nicht mehr verhindern, dass das Silo restlos niederbrannte.
Die Ermittlungen zur Brandursache ergaben, dass in der Mischkammer – dem Brandherd – eine elektrische Handlampe hing, die von dem eingeschütteten Zuckerrübensamen umschlossen war. Die brennende Handlampe hat durch ihre Wärmestrahlung den Zuckerrübensamen in Brand gesetzt. Das äußere Zeichen für diese Brandursache war der gegen 8.25 Uhr durch Auslösen der Sicherungen festgestellte Kurzschluss.
Der Brigadier [Name 1] und die beiden Reinigungsführer [Name 3] und [Name 2] waren für den Anschluss der elektrischen Handlampe verantwortlich. Sie waren sich über die dadurch geschaffene Gefahrenquelle vollständig im Klaren. Alle drei Personen wurden durch den Betriebsleiter und den Brandschutzverantwortlichen zusätzlich auf die Brandgefahren hingewiesen, ohne dass sie jedoch selber konkrete Maßnahmen zur Beseitigung der Brandgefahren anordneten.
Die Untersuchungen zur restlosen Klärung werden durch das MfS gemeinsam mit anderen Untersuchungsorganen weitergeführt.