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Antisowjetische Vorkommnisse und Vorfälle mit sowjetischen Soldaten

[ohne Datum]
Information Nr. 970/71 über Vorkommnisse und Handlungen antisowjetischen Charakters bzw. unter Beteiligung von Angehörigen der Gruppe der zeitweilig in der DDR stationierten sowjetischen Streitkräfte

In der Zeit vom 1.1. bis 30.9.1971 wurden dem Ministerium für Staatssicherheit insgesamt 26 Vorkommnisse und Handlungen antisowjetischen Charakters bzw. unter Beteiligung von Angehörigen der Gruppe der zeitweilig in der DDR stationierten sowjetischen Streitkräfte bekannt.

Dabei handelt es sich – ausgehend von den Erstmeldungen – um folgende Vorkommnisse und Handlungen:

Schändung von Erinnerungsstätten und Ehrenmalen für die Helden der Sowjetarmee

7 Fälle

Tätliche Angriffe auf Angehörige bzw. Zivilbeschäftigte der Sowjetarmee

11 Fälle

Überfälle auf Angehörige der Sowjetarmee

4 Fälle

Auffinden von Leichen sowjetischer Armeeangehöriger

2 Fälle

Versuchter Einbruch in ein sowjetisches Objekt

1 Fall

Unterlassung der Hilfeleistung gegenüber Angehörigen der Sowjetunion

1 Fall

Die von den zuständigen Organen des Ministeriums für Staatssicherheit im Zusammenwirken mit der Deutschen Volkspolizei eingeleiteten Maßnahmen der Untersuchung zur umfassenden Aufklärung dieser Vorkommnisse und Handlungen, der Ermittlung der Täter und der Herausarbeitung der Ursachen und Motive ergaben:

Die Vorkommnisse und Handlungen konzentrieren sich, ohne dass von territorialen Schwerpunkten gesprochen werden kann, auf solche Bezirke, in denen im relativ größeren Umfang sowjetische Einheiten stationiert sind (Bezirk Potsdam – sieben Vorkommnisse, Bezirke Magdeburg und Frankfurt/Oder – je fünf Vorkommnisse).

An den Handlungen und Vorkommnissen waren insgesamt 45 Täter, davon 41 DDR-Bürger beteiligt.

Vier Vorkommnisse wurden von Angehörigen der Sowjetarmee ohne Beteiligung von DDR-Bürgern selbst verursacht bzw. verschuldet.

Unter den DDR-Bürgern, die als Täter für derartige Vorkommnisse und Handlungen ermittelt wurden, befinden sich

  • 9 Kinder im Alter von 6 bis 9 Jahren,

  • 15 Jugendliche im Alter von 16 bis 25 Jahren,

  • 11 Bürger im Alter von 27 bis 45 Jahren.

Charakteristisch für zwölf Vorkommnisse (= 44 %) und 22 (= 54 %) der ermittelten Täter war, dass sie die antisowjetischen Handlungen unter größtenteils erheblichem Alkoholeinfluss durchführten.

Acht der Täter waren bereits vorbestraft, darunter vier mit zwei bis zwölf Vorstrafen vornehmlich wegen Straftaten gegen die staatliche und gesellschaftliche Ordnung bzw. gegen das persönliche oder private Eigentum.

Ein weiteres Merkmal war die Tatsache, dass neun antisowjetische Handlungen von insgesamt 23 Tätern (= 56 %) gemeinschaftlich handelnd in Gruppen von zwei bis vier Personen begangen wurden.

Die sieben antisowjetischen Handlungen durch Schändung von Erinnerungsstätten und Ehrenmalen für die Helden der Sowjetarmee wurden ausschließlich durch Jugendliche (neun Täter) und Kinder (neun) begangen und richteten sich gegen Erinnerungsstätten für die Helden der Sowjetarmee in den Städten Seelow, Eberswalde und Bernau (Bezirk Frankfurt/Oder), Eisleben (Bezirk Halle), Luckenwalde (Bezirk Potsdam), Gera sowie den sowjetischen Ehrenhain im Nordpark von Magdeburg.1

Durch die Täter wurden dabei Grab- und Gedenksteine umgestürzt oder gewaltsam beschädigt sowie in zwei Fällen mehrere anlässlich des Tages der Opfer des Faschismus im ehrenden Gedenken abgelegte Kränze zerstört bzw. entfernt.

Im Ergebnis der bisherigen Untersuchungen dieser antisowjetischen Handlungen wurden bei den Tätern folgende Motive herausgearbeitet:

In drei Fällen wurden als Täter Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren ermittelt.

Am 24.5.1971 haben zwei Kinder (neun Jahre) auf dem sowjetischen Ehrenfriedhof in Eberswalde (Bezirk Frankfurt/Oder) insgesamt 30 Grabsteine umgestürzt und sechs Grabsteine beschädigt.

Am 8.6.1971 haben drei Kinder (sechs bis zehn Jahre) auf dem sowjetischen Ehrenfriedhof in Seelow (Bezirk Frankfurt/Oder) sieben Grabsteine umgeworfen.

Am 17.9.1971 haben vier Kinder (drei Mädchen und ein Junge im Alter von neun Jahren) von den anlässlich des Tages der Opfer des Faschismus am sowjetischen Ehrenhain in Bernau (Bezirk Frankfurt/Oder) abgelegten Kränzen sieben Kränze entfernt und beschädigt.

Im Ergebnis der Untersuchungen wurde herausgearbeitet, dass die Kinder in diesen Handlungen ein besonderes »Spiel und Vergnügen« sahen.

In keinem Fall lagen den Handlungen Motive zugrunde, die ihren Ausgangspunkt im Elternhaus hatten oder durch Einfluss anderer Personen entstanden.

Mit den Erziehungsberechtigten der Kinder wurden durch Vertreter der zuständigen staatlichen Organe Aussprachen geführt und Schadensersatz erhoben.

In einem Fall (zwei Jugendliche – 16 Jahre, Lehrlinge im VEB Mansfeld-Kombinat) verfolgten die als geistig unter dem Durchschnitt (Sonderschule) liegenden Täter das Ziel, durch diese Handlung im Mittelpunkt der Lehrlinge zu stehen.

  • Die Täter waren bereits mehrfach wegen rowdyhafter Handlungen in der Öffentlichkeit angefallen.

  • Gegen die Täter wurde ein Ermittlungsverfahren gemäß § 215 StGB (Rowdytum)2 durchgeführt.

In einem Fall handelte ein Jugendlicher (21 Jahre) in Magdeburg mit dem Ziel, sich ebenfalls wie zwei seiner »Freunde«, die wegen einer gleichen Straftat bereits rechtskräftig verurteilt wurden, »hervorzutun«.

  • Der Täter, geistig primitiv, wurde in der losen Gruppierung nur wenig beachtet und galt als »Feigling«, wodurch er sich zurückgesetzt bzw. benachteiligt fühlte und sich mit dieser Straftat »bewähren« wollte.

In zwei Fällen (Gera – ein Jugendlicher, 23 Jahre und Luckenwalde – zwei Jugendliche, 22 bzw. 23 Jahre) handelten die Täter unter erheblichem Alkoholeinfluss.

  • So hat z. B. der 23-jährige Bauschlosser [Name 1] aus Gera in der Nacht vom 20. zum 21.5.1971 die am sowjetischen Ehrenmal in Gera angebrachte Inschrift »Ruhm und Ehre den Helden der Sowjetunion« gewaltsam abgerissen und entwendet. Im Ergebnis der Untersuchungen bestätigte sich der Tatbestand der staatsfeindlichen Hetze. Der Täter handelte aus einer feindlichen Einstellung zur Sowjetunion heraus mit dem Ziel, gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung aufzuwiegeln und staatliche Einrichtungen zu diskriminieren.

  • Am 16.9.1971 haben zwei Jugendliche auf dem sowjetischen Ehrenfriedhof in Luckenwalde (Bezirk Potsdam) sechs Kränze, die anlässlich des Tages der Opfer des Faschismus abgelegt wurden, entfernt und eine dort installierte Lautsprecheranlage zerstört. Die bisherigen Untersuchungen des MfS zum Motiv ergaben, dass die Täter spontan und unter erheblichem Alkoholeinfluss handelten. Einer politisch feindlichen Motivierung der Straftat sind die Täter bisher nicht geständig. Die Untersuchungen werden fortgeführt.

In allen Fällen wurden nach der Durchführung der Spuren- und Tatortsicherung umgehend Maßnahmen der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes der Erinnerungsstätten durchgeführt.

Unter Zugrundelegung der dem MfS bekannt gewordenen Erstmeldungen bilden mit 55 % aller Vorkommnisse antisowjetischen Charakters Überfälle (4) und tätliche Angriffe (11) auf Angehörige und Zivilbeschäftigte der Sowjetarmee einen Schwerpunkt.

Die durch das MfS im Zusammenwirken mit der Deutschen Volkspolizei geführten Untersuchungen erbrachten in neun Fällen (= 60 %) die Bestätigung für das Vorliegen einer strafbaren Handlung durch tätliche Angriffe auf Angehörige bzw. Zivilbeschäftigte der Sowjetarmee.

Für diese Handlungen war charakteristisch, dass ausnahmslos alle der insgesamt 18 Täter, wovon 17 Täter in sieben Fällen in Gruppen von zwei bis drei Personen handelten, zum Zeitpunkt der Tat unter Alkoholeinfluss standen.

Ein weiteres Merkmal für derartige strafbare Handlungen bestand darin, dass bei 17 Tätern im Verlauf der Untersuchungen herausgearbeitet werden konnte, dass sie bereits in der Vergangenheit mehrfach die Regeln des sozialistischen Gemeinschaftslebens missachteten und durch rowdyhafte Handlungen die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigten.

Für die Motivation der Angriffe auf Angehörige bzw. Zivilbeschäftigte der Sowjetarmee war charakteristisch, dass die antisowjetischen Handlungen in der Mehrzahl aller Fälle spontan und unter teils erheblichem Alkoholeinfluss durchgeführt wurden, wie die

  • vorsätzliche Herbeiführung von tätlichen Auseinandersetzungen aus persönlicher Antipathie gegen Angehörige der Sowjetarmee in vier Fällen,

  • vorsätzliche Herbeiführung von tätlichen Angriffen durch Bezichtigung der Angehörigen der Sowjetarmee, Täter von Fahrraddiebstählen zu sein in zwei Fällen,

  • Herbeiführung einer tätlichen Auseinandersetzung durch vorsätzliche Gewalttätigkeiten und grobe Belästigung anderer Bürger, ohne Ansehen der Person in zwei Fällen,

  • Herbeiführung einer tätlichen Auseinandersetzung im Ergebnis des Alkoholeinflusses bei den Tätern und einem Angehörigen der Sowjetarmee in einem Fall.

Dazu folgende Beispiele:

Am 15.9.1971 hat der 44-jährige Verkäufer [Name 2] (von 1948 bis 1967 insgesamt zwölfmal wegen Straftaten der allgemeinen Kriminalität und staatsfeindlicher Hetze vorbestraft) in der der Öffentlichkeit zugänglichen sowjetischen Klubgaststätte »Weimar-Halle« in Weimar den in Uniform anwesenden stellvertretenden Klubhausleiter aufgrund des gegen [Name 2], der stark angetrunken war, ausgesprochenen Alkoholverbotes tätlich angegriffen und betitelte ihn als »Faschist«.

Gegen [Name 2] läuft ein Ermittlungsverfahren gemäß § 215 StGB (Rowdytum) und § 220 StGB (Staatsverleumdung).3 Es wurde Haftbefehl erlassen.

Am 11.6.1971 haben zwei Genossenschaftsbauern (beide vorbestraft wegen Diebstahl) aus Jüterbog-Damm in einer Gaststätte in Jüterbog den dort anwesenden sowjetischen Staatsbürger [Name 3] (Krankenpfleger im Krankenhaus Treuenbrietzen) eines Fahrraddiebstahls bezichtigt, was sich dieser verbat.

Nach Verlassen der Gaststätte haben die Täter den sowjetischen Staatsbürger brutal zusammengeschlagen.

Die Untersuchungen ergaben zweifelsfrei, dass der sowjetische Staatsbürger in keinem Zusammenhang mit dem Fahrraddiebstahl steht.

Gegen die Täter wurde ein Ermittlungsverfahren gemäß § 115 StGB (vorsätzliche Körperverletzung)4 durchgeführt.

Am 12.7.1971 haben zwei Arbeiter in Prierow, Kreis Luckau, Bezirk Cottbus, nach vorherigem Gaststättenaufenthalt an sechs verschiedenen Orten in Prierow einen Sergeanten der Sowjetarmee mehrfach brutal bis zur Bewusstlosigkeit zusammengeschlagen und bedroht, ihn totzuschlagen.

Die Handlungen wurden verbunden mit herabwürdigenden Äußerungen und Beleidigungen.

Die Täter handelten aus dem wahrheitswidrigen Motiv heraus, von dem sowjetischen Armeeangehörigen einen Schlag erhalten zu haben, wofür man sich »rächen« wollte.

Die Täter sind durch bereits mehrfache rowdyhafte Ausschreitungen in der Öffentlichkeit bekannt.

Gegen die Täter läuft ein Ermittlungsverfahren mit Haft gemäß § 215 StGB (Rowdytum), erweitert auf § 102 (Terror)5 und 108 StGB (Staatsverbrechen, die gegen ein anderes Land gerichtet sind).6

Am 20.5.1971 haben zwei mehrfach vorbestrafte Arbeiter aus Magdeburg, motiviert durch die ihnen gegebene wahrheitswidrige Information, dass eine Bekannte, mit der sie vor der Tat gemeinsam »feierten«, von einem Angehörigen der Sowjetarmee vergewaltigt worden sei, in brutaler Art und Weise den Oberleutnant [Name 4] (Gehilfe des Kommandanten der sowjetischen Kommandantur Magdeburg) und Sergeanten [Name 5] zusammengeschlagen und, vorsätzlich handelnd, mit feststehenden Messern mehrere Stichverletzungen beigebracht. An den Verletzungen ist der Sergeant der Sowjetarmee [Name 5] am 22.7.1971 verstorben.

Gegen die Täter läuft ein Ermittlungsverfahren gemäß § 115 und 116 StGB (vorsätzliche Körperverletzung im schweren Fall),7 § 140 StGB (Beleidigung wegen Zugehörigkeit zu einer anderen Nation oder Rasse)8 bei gleichzeitiger Prüfung des Mordvorsatzes.

In allen Fällen, wo sich der Tatbestand des tätlichen Angriffes auf Angehörige bzw. Zivilbeschäftigte der Sowjetarmee bestätigte, wurden gegen die Täter Ermittlungsverfahren gemäß § 115 bzw. 215 des StGB eingeleitet.

Bei sechs Fällen ergaben die Untersuchungen des MfS und der Deutschen Volkspolizei, dass der in der Erstmeldung als tätlicher Angriff bzw. Überfall auf Angehörige der Sowjetarmee ausgewiesene Sachstand nicht den Tatsachen entspricht.

So wurde im Ergebnis der Untersuchungen bei fünf Fällen ein strafrechtlich nicht relevanter Sachverhalt herausgearbeitet.

Das betrifft folgende Vorkommnisse:

Am 11.6.1971 wurde gegen einen Wachposten der Sowjetarmee an einem Objekt in Berlin-Karlshorst ein Steinwurf geführt, wobei der sowjetische Soldat leicht verletzt wurde.

Die durch das MfS gemeinsam mit dem zuständigen sowjetischen Militärstaatsanwalt geführten Untersuchungen am Tatort ergaben, dass kein strafrechtlich relevanter Sachverhalt vorliegt.Der Tatort befindet sich innerhalb eines nur für Angehörige der Sowjetarmee zugänglichen Sperrgebietes. Das Vorkommnis wurde seitens des sowjetischen Militärstaatsanwaltes ausgewertet.

Am 13.5.1971 wurde dem MfS bekannt, dass auf einen sowjetischen Wachposten am militärischen Objekt in Schleife, Kreis Weißwasser, Bezirk Cottbus, ein bewaffneter Überfall durchgeführt wurde.

Der sowjetische Wachposten ist am Tatort seinen Verletzungen erlegen.

Im Ergebnis der umfangreichen Maßnahmen des MfS und des engen Zusammenwirkens mit den zuständigen sowjetischen Organen der Militärabwehr und dem Militärstaatsanwalt wurde zweifelsfrei geklärt, dass kein Angriff bzw. Überfall von außen vorliegt.

Das Vorkommnis wurde durch sowjetische Wachposten selbst verursacht. Die weitere Bearbeitung übernahm der zuständige sowjetische Militärstaatsanwalt.

Am 17.5.1971 wurde dem MfS und der Deutschen Volkspolizei bekannt, dass ein Hauptmann der Sowjetarmee, der sich in Begleitung seiner Ehefrau befand, in Zeesen, Kreis Königs Wusterhausen, Bezirk Potsdam, tätlich angegriffen worden sei. Im Ergebnis der Untersuchungen wurde herausgearbeitet, dass der sowjetische Offizier das Vorkommnis selbst verursachte, indem er im angetrunkenen Zustand auf seine Frau einschlug und ein als »Täter für den Überfall« ermittelter 23-jähriger Arbeiter der Ehefrau Hilfe leistete und versuchte, die Tätlichkeiten des sowjetischen Offiziers zu unterbinden.

Die weitere Bearbeitung übernahm der sowjetische Militärstaatsanwalt.

Am 6.7.1971 wurde dem MfS bekannt, dass im Kreis Strausberg, Bezirk Frankfurt/Oder, ein bewaffneter Überfall auf ein mit mehreren Soldaten besetztes sowjetisches Militärfahrzeug durchgeführt worden sei.

Die sofort eingeleiteten Untersuchungen und Fahndungsmaßnahmen des MfS und der Deutschen Volkspolizei wurden mit dem zweifelsfreien Ergebnis abgeschlossen, dass kein strafrechtlich relevanter Sachverhalt vorliegt.

Als Ursache des schussartigen Knalles und des wahrgenommenen »Mündungsfeuers« wurde herausgearbeitet, dass das sowjetische Militärfahrzeug (Fahrschulwagen) mehrmals Fehlzündungen hatte, wodurch der schussartige Knall entstand, und das »Mündungsfeuer« durch wiederholtes Hinauswerfen glimmender Zigarettenreste aus dem sowjetischen Militärfahrzeug, wodurch eine Funkenspur entstand, verursacht wurde.

Am 21.7.1971 wurde auf einem Schießplatz in Burg bei Magdeburg ein sowjetischer Soldat durch einen unbekannten Täter mit einem MPi-Schuss angegriffen (leichte Verletzung). Die Untersuchungen des MfS im Zusammenwirken mit den zuständigen sowjetischen Organen und der Deutschen Volkspolizei ergaben, dass der sowjetische Soldat trotz Belehrung gegen die Sicherheitsbestimmungen verstieß, indem er unmotiviert in eine Zone des Schießplatzes eindrang, wo eine Einheit der Deutschen Volkspolizei Gefechtsschießen durchführte. Die Auswertung des Vorkommnisses erfolgte durch die zuständigen sowjetischen Organe.

In einem Fall konnte durch die Untersuchungen des MfS herausgearbeitet werden, dass der Täter eines in der Erstmeldung als Überfall bekannt gewordenen Vorkommnisses einen Angriff auf einen Angehörigen der Sowjetarmee mit dem Ziel beging, sich in den unbefugten Besitz einer Schusswaffe zu setzen und damit die Voraussetzungen für einen geplanten ungesetzlichen Grenzübertritt unter Anwendung von Waffengewalt zu schaffen. Am 24.8.1971 führte der 15-jährige Jugendliche [Name 6] aus Lehnin, Bezirk Potsdam, mit einem im Dienst befindlichen Regulierungsposten der Sowjetarmee ein dreistündiges Gespräch, wobei der sowjetische Armeeangehörige fahrlässig dem [Name 6] seine Dienstpistole mit Magazin zum spielerischen Hantieren überließ. Aufgrund des Eintreffens einer sowjetischen Fahrzeugkolonne musste sich der sowjetische Regulierungsposten vom Gesprächsort entfernen. Diese Situation nutzte der Täter aus, um sein Ziel, sich in den Besitz der Schusswaffe zu setzen, zu realisieren. Er entfernte sich unter Mitnahme der Waffe und des Magazins und versteckte beides in der Nähe seines Wohnortes.

Der sowjetische Regulierungsposten stellte – offensichtlich mit dem Ziel, sich der Verantwortung für das begangene Dienstvergehen zu entziehen – die Schutzbehauptung auf, dass er von drei unbekannten Jugendlichen überfallen worden wäre, die ihn zusammengeschlagen und der Pistole beraubt hätten.

Gegen den Täter läuft ein Ermittlungsverfahren wegen unbefugten Waffenbesitzes, Vorbereitung des ungesetzlichen Grenzübertrittes und Diebstahl.

Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen.

Bei weiteren drei Vorkommnissen unter Beteiligung von Angehörigen der Sowjetarmee liegt weder eine antisowjetische Tätigkeit noch ein strafrechtlich relevanter Sachverhalt vor.

Am 4.8.1971 wurden bei Salzwedel, Bezirk Magdeburg, und am 15.9.1971 bei Jüterbog, Bezirk Potsdam, auf Gleisanlagen der Deutschen Reichsbahn die Leichen von jeweils einem Angehörigen der Sowjetarmee gefunden.

Die durch das MfS im Zusammenwirken mit dem zuständigen sowjetischen Militärstaatsanwalt geführten Untersuchungen ergaben, dass die Soldaten während der Durchführung von Militärtransporten durch fahrlässiges Verhalten innerhalb der Gleisanlagen von Zügen überfahren wurden.

Die Untersuchungen des MfS und der Transportpolizei9 zu einem am 2.8.1971 bekannt gewordenen Vorkommnis der Unterlassung der Hilfeleistung gegenüber einem sowjetischen Offizier ergaben, dass der sowjetische Offizier, der sich im angetrunkenen Zustand befand, mehrfach durch fahrlässiges Verhalten den Transportverkehr und sich selbst gefährdete, auf einen fahrenden Zug aufsprang und eine Hilfeleistung bei Aufnahme in den fahrenden Zug ablehnte, wodurch er abstürzte und sich leicht verletzte.

Die weitere Bearbeitung übernahm die zuständige sowjetische Kommandantur.

Aus den bekannt gewordenen und vom MfS im Zusammenwirken mit der Deutschen Volkspolizei sowie mit den zuständigen sowjetischen Organen untersuchten Vorkommnissen und Handlungen antisowjetischer Tätigkeit bzw. unter Beteiligung von Angehörigen und Zivilbeschäftigten der Gruppe der zeitweilig in der DDR stationierten sowjetischen Streitkräfte ist zu entnehmen, dass nur in Einzelfällen zielgerichtete antisowjetische Handlungen von Tätern begangen wurden, die in der Regel bereits seit längerer Zeit durch anderweitige rowdyhafte Ausschreitungen in der Öffentlichkeit angefallen waren und mehrfach gegen die Prinzipien des sozialistischen Gemeinschaftslebens verstießen.

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    [ohne Datum]
    Information Nr. 972/71 über die Festnahme eines Grenzverletzers Westberlin – Hauptstadt der DDR unter Anwendung der Schusswaffe am 2. Oktober 1971

  2. Zum vorherigen Dokument Fluchtversuch von Jugendlichen nach Westberlin

    [ohne Datum]
    Information Nr. 847/71 über einen ungesetzlichen Grenzübertritt DDR – Westberlin durch drei Jugendliche am 22. August 1971