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Aktivitäten des »Spiegel«-Redakteurs Jörg Mettke

29. November 1976
Information Nr. 830/76 über Aktivitäten des »Spiegel«-Redakteurs Mettke und gegen ihn getroffene Maßnahmen

Gegen das Redaktionsmitglied des BRD-Nachrichtenmagazins »Der Spiegel«, Mettke, Jörg-Rainer, wurde mit Wirkung vom 24. November 1976 eine unbefristete Einreisesperre für das Gebiet der DDR verhängt. Die Maßnahme wurde aufgrund des dringenden Verdachts notwendig, dass Mettke die ihm zu privaten bzw. touristischen Zwecken gestatteten Einreisen in die DDR zu widerrechtlicher journalistischer Tätigkeit missbraucht und auch künftig zu rechtswidrigen Zwecken missbrauchen wird.

Mettke ist begründet verdächtigt, gegen die Verordnung über die Tätigkeit von Publikationsorganen anderer Staaten und deren Korrespondenten in der DDR vom 21. März 1973 (GBl. I S. 99),1 wonach journalistische Tätigkeiten nur nach Akkreditierung als ständiger Korrespondent eines Publikationsorgans gemäß § 1 der Verordnung oder nach Genehmigung als Reisekorrespondent von Publikationsorganen anderer Staaten gemäß § 4 der Verordnung ausgeübt werden dürfen, verstoßen und zugleich im Widerspruch zu den Vereinbarungen des Briefwechsels über die gegenseitige Gewährung von Arbeitsmöglichkeiten für Journalisten aus der DDR bzw. der BRD vom 8. November 1972 gehandelt zu haben.2

Nach seiner am 18. Dezember 1975 wegen grober Einmischung in innere Angelegenheiten der DDR und der Veröffentlichung von Artikeln, die feindlich-aufwieglerischen und die DDR herabwürdigenden Charakter hatten, erfolgten Ausweisung wurde ihm ab 8. August 1976 in großzügiger Weise die besuchsweise Einreise in die DDR wieder gestattet. Seit diesem Zeitpunkt reiste Mettke 30 Mal in die Hauptstadt und das Gebiet der DDR ein. Dabei konnte festgestellt werden, dass er bei seinen Aufenthalten in der DDR vorwiegend feindlich-negativ eingestellte Personen besuchte, zu denen er bereits während seiner Tätigkeit als ständig akkreditierter Korrespondent enge Kontakte unterhielt. Er besuchte seit dem 8. August 1976 u. a. Havemann, Biermann, Schneider und Schlesinger.

Während der Aufenthalte in der DDR versuchte er ständig, sein Verhalten und die Verbindungsaufnahmen zu den als feindlich-negativ bekannten Personen zu konspirieren, indem er Methoden anwandte, die offensichtlich darauf abzielten, seine Zusammenkünfte mit diesen Personen nicht bekannt werden zu lassen.

Mettke ist begründet verdächtigt, seine Kontakte zu dem genannten Personenkreis genutzt zu haben, um geeignete Informationen zur Veröffentlichung in Artikeln des »Spiegels« zu erlangen.

Es ist bemerkenswert, dass seine Aufenthaltszeiten in der DDR teilweise eine auffallende Übereinstimmung mit zeitlich kurz danach erfolgten hetzerischen Veröffentlichungen im »Spiegel« erkennen lassen. So ging z. B. einem am 11. Oktober 1976 im »Spiegel« erschienenen Beitrag Havemanns,3 in dem dieser die Volkswahlen am 17. Oktober 1976 sowie den realen Sozialismus in bösartiger und herabwürdigender Weise verunglimpfte und die Mitglieder der Partei- und Staatsführung diffamierte, ein Besuch Mettkes bei diesem am 24. September 1976 voraus.

In diesem Zusammenhang ist beachtenswert, dass Mettke als Redaktionsmitglied die inhaltliche Gestaltung des »Spiegel« mit beeinflusst, für die u. a. ein zunehmender Anteil gegen die DDR gerichteter (teilweise verbrämter) Veröffentlichungen kennzeichnend ist. Allein im Heft Nr. 48 (22.11.1976) des »Spiegels« wurden vier Beiträge hetzerischen Inhalts veröffentlicht. Mettke nahm als Mitglied der Redaktion dieses Nachrichtenmagazins an einer Gesprächsrunde mit Biermann teil, deren Inhalt sich in einem veröffentlichten Interview (»Wolf Biermann über seine Ausbürgerung und die DDR«) widerspiegelt. (Übersicht über gegen die DDR gerichtete Darlegungen in »Spiegel«-Veröffentlichungen seit dem 6. September 1976 siehe Anlage.)

Nach der Aberkennung der Staatsbürgerschaft der DDR für Biermann entfaltete Mettke gemeinsam mit dem ständig in der DDR akkreditierten Korrespondenten des »Spiegels«, Schwarz, Aktivitäten zur Erlangung von Informationen über die Haltung bestimmter Personen zu den gegen Biermann getroffenen Maßnahmen. Es wurde festgestellt, dass er am 23. November 1976 – gemeinsam mit Schwarz – Gespräche mit der Ehefrau Biermanns sowie mit Eva-Maria und Nina Hagen führte.

Ebenfalls am 23. November 1976 versuchten beide, Havemann zu interviewen, was jedoch durch entsprechende Maßnahmen verhindert werden konnte.

Am 26. November 1976 verbreitete Mettke – unter Berufung auf telefonische Informationen – die verleumderische Behauptung von der Festnahme Havemanns durch die Sicherheitsorgane der DDR, die sofort von den westlichen Massenmedien aufgegriffen und zu einer erneuten Hetzkampagne gegen die DDR ausgenutzt wurde. (Bezeichnenderweise hat DPA kurz nach Veröffentlichung der Erstmeldung die Empfänger dieser Meldung ersucht, nicht den Namen Mettke, sondern einen anderen Korrespondenten als »Quelle« zu nennen.)

Anlage zur Information Nr. 830/76

Übersicht über gegen die DDR gerichtete Darlegungen in »Spiegel«-Veröffentlichungen seit dem 6. September 1976

  • Im Zusammenhang mit dem Export von DDR-Spirituosen wird die sogenannte »offene deutsche Frage« einer Betrachtung unterzogen und der DDR »Prinzipienlosigkeit in ihrer Politik« vorgeworfen (»Der Spiegel« v. 6.9.1976, S. 70).

  • Es wird unterstellt, dass die DDR Vereinbarungen mit der BRD über die Normalisierung des nichtkommerziellen Zahlungs- und Verrechnungsverkehrs praktisch zu »unterlaufen« versucht (»Der Spiegel« v. 6.9.1976, S. 74).

  • Es wird versucht, mit der Kommentierung eines neuen Buches des Schriftstellers Reiner Kunze den Nachweis zu führen, dass die Jugend der DDR »unterdrückt und gegängelt wird« (»Der Spiegel« v. 6.9.1976, S. 74).

  • Es werden gezielte Angriffe auf den Generalsekretär des ZK der SED im Zusammenhang mit seinen Ausführungen anlässlich der Eröffnung der Leipziger Messe über die Fortsetzung des Entspannungsprozesses unternommen (»Der Spiegel« v. 13.9.1976, S. 42).

  • Es wird unter dem Titel »Bedrohliche Dynamik« die Außenhandelspolitik der DDR mit westlichen Ländern angegriffen und dazu aufgefordert, die DDR mit wirtschaftlichen Mitteln politisch unter Druck zu setzen (»Der Spiegel« v. 20.9.1976, S. 118).

  • Es werden in einem Artikel mit der Überschrift »Bonzenkinder machen immer ihren Weg« das sozialistische Bildungswesen und die Erziehungspolitik diskriminiert und verächtlich gemacht (»Der Spiegel« v. 4.10.1976, S. 67 ff.).

  • Es werden der DDR und insbesondere dem Ministerium für Staatssicherheit Handlungen zu unterstellen versucht, die darauf hinauslaufen, dass das MfS selbst die Menschenhändlerbanden organisiert und ausnutzt (»Der Spiegel« v. 4.10.1976, S. 115 ff.).

  • Es werden in einem Artikel von Havemann die Volkswahlen am 17. Oktober 1976 sowie der reale Sozialismus in bösartiger und herabwürdigender Weise verunglimpft und die Mitglieder der Partei- und Staatsführung diffamiert (»Der Spiegel« v. 11.10.1976, S. 67 ff.).

  • Im Artikel »Keine Angst mehr« sind Lügen und Verleumdungen über eine angebliche »Übersiedlungsflut« von Bürgern der DDR in die BRD enthalten. Die Hetzkampagne im Zusammenhang mit einer sogenannten Verletzung der »Menschenrechte« durch die DDR wird weitergeführt (»Der Spiegel« v. 11.10.1976, S. 76 ff.).

  • Im Zusammenhang mit den Volkswahlen am 17. Oktober 1976 unter dem Titel »Honecker, alle Fragen offen diskutieren« wird in abwertender Weise die Wahl des Genossen Sindermann zum Volkskammerpräsidenten mit einem angeblichen innenpolitischen Kurswechsel in Verbindung gebracht. Außerdem wird versucht, einen grundlegenden Widerspruch zwischen der Partei- und Staatsführung der DDR und den Werktätigen zu »begründen« (»Der Spiegel« v. 1.11.1976, S. 25 ff.).

  • In dem Artikel »An der Grenze« wird versucht, der DDR eine »systemimmanente Wirtschaftsmisere« zu unterstellen und als Ursache »hohe Preisforderungen« der Sowjetunion herauszustellen (»Der Spiegel« v. 8.11.1976, S. 60 ff.).

  • In einer Serie von Artikeln werden die Partei- und Staatsführung der DDR und die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung verleumdet und gegen sie aufzuwiegeln versucht, z. B.

    • »Fall Biermann – Honecker im Teufelskreis« (S. 30 f.)

    • »Das Land ist still. Noch.« (S. 32–34)

    • »Die wissen genau, wie sehr sie bedroht sind« (Gespräch mit Biermann über seine Ausbürgerung und die DDR, S. 36–48)

    • »Biermann muss Bürger der DDR bleiben, Robert Havemann appelliert an Erich Honecker« (S. 49 f.)

      (»Der Spiegel« v. 22.11.1976)

  1. Zum nächsten Dokument Absage des Auftritts von Eva-Maria Hagen im Theater Frankfurt/O.

    29. November 1976
    Information Nr. 831/76 über die plötzliche Absage des Auftritts der Schauspielerin Eva-Maria Hagen im Kleist-Theater Frankfurt/O. am 27. November 1976

  2. Zum vorherigen Dokument Aktivitäten kirchlicher Kreise zur Ausbürgerung Biermanns

    29. November 1976
    Information Nr. 829/76 über Aktivitäten kirchlicher Personenkreise im Zusammenhang mit der Aberkennung der Staatsbürgerschaft des Biermann