Kontrolle eines Mitarbeiters der StäV an der GÜST Invalidenstraße
23. Dezember 1976
Information Nr. 895/76 über die Durchführung einer Kontrollhandlung gegenüber einem Mitarbeiter des Verwaltungs- und technischen Personals der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR am 22. Dezember 1976 an der Grenzübergangsstelle Invalidenstraße
Am 22. Dezember 1976, gegen 17.30 Uhr wurde an der Grenzübergangsstelle Invalidenstraße der Bürger der BRD, [Name], geboren am [Tag] 1937 in Berlin, zurzeit wohnhaft in 102 Berlin, [Adresse], Mitarbeiter [Name] der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR [Funktion] Dienst-Pass-Nr. […], der sich in Begleitung seines [Alter] Sohnes befand, mit dem Pkw, amtliches Kennzeichen […], an der beabsichtigten Weiterreise nach Westberlin gehindert und aufgrund des Vorliegens von Verdachtshinweisen der Begehung einer Rechtsverletzung einer Kontrolle unterzogen.
Wie dem Ministerium für Staatssicherheit bekannt ist, hat [der Mitarbeiter] unter Missbrauch seines Status der Kontrollbefreiung Bürger der DDR ungesetzlich nach Westberlin ausgeschleust.
Der gegenüber [dem Mitarbeiter] am 22. Dezember 1976 durchgeführten Kontrollhandlung lagen gleichfalls diesbezügliche dringende Verdachtshinweise zugrunde. Zum Zwecke der Durchführung der Verdachtskontrolle wurde [Name] mit seinem Pkw für die übrigen Reiseströme unauffällig in die von außen nicht einsehbare Zollkontrolleinrichtung der Grenzübergangsstelle Invalidenstraße eingewiesen. [Name] kam dieser Aufforderung ohne Zögern nach. Nachdem [Name] erklärt worden war, dass diese Maßnahme zur Klärung eines Sachverhaltes erforderlich ist und die Ständige Vertretung der BRD in der DDR davon in Kenntnis gesetzt wird, verblieb er ohne eine diesbezügliche Aufforderung mit seinem Sohn im Pkw.
Durch die zuständigen Organe des Ministeriums für Staatssicherheit wurde umgehend der Stellvertreter des Ministers für Auswärtige Angelegenheiten, Genosse Nier, verständigt, der unverzüglich die Ständige Vertretung der BRD in der DDR von der Hinderung des [Name] an der Weiterreise nach Westberlin informierte.
Gegen 18.00 Uhr erschienen drei Mitarbeiter der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR, unter ihnen der Persönliche Referent von Gaus, Christian Nakonz, und der Leiter der Rechtsabteilung der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR, Hoesch, an der Grenzübergangsstelle Invalidenstraße und baten den Leiter der Dienststelle der Passkontrolle um Auskunft über die Gründe des Festhaltens [des Mitarbeiters].
Sie wurden daraufhin über das Vorliegen von Verdachtshinweisen auf die Begehung einer Rechtsverletzung des [Mitarbeiters] unter Missbrauch seiner Immunitäten als bevorrechtete Person in Kenntnis gesetzt und gebeten, Herrn [Name] aufzufordern, unter Ausschluss der Öffentlichkeit und in Gegenwart der Mitarbeiter der Ständigen Vertretung, den Kofferraum seines Pkw zu öffnen.
In der Folgezeit konsultierten sich die Mitarbeiter der Ständigen Vertretung der BRD und in der DDR mehrmals mit Gaus, wodurch die Realisierung der Verdachtskontrolle erheblich verzögert wurde.
Die Mitarbeiter der Ständigen Vertretung protestierten gegen die Durchführung einer Kontrollhandlung und bezeichneten die Maßnahmen der zuständigen Organe der DDR als »Festnahme« des [Mitarbeiters].
Gegen 19.50 Uhr erklärten die Mitarbeiter der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR ihr und [des Mitarbeiters] Einverständnis zur Durchführung der Kontrollhandlung, und [der Mitarbeiter] öffnete selbst den Kofferraum seines Pkw. Nach der Öffnung des Kofferraumes wurde festgestellt, dass sich in diesem Fall der Verdacht des Vorliegens einer Rechtsverletzung nicht bestätigte.
[Dem Mitarbeiter] wurde um 19.55 Uhr erklärt, dass seine Weiterreise gestattet wird. Er nahm jedoch davon Abstand und reiste in Begleitung seines Sohnes in die Hauptstadt der DDR, Berlin, zurück. Der Mitarbeiter der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR, Hoesch, protestierte nochmals gegen die Maßnahme der zuständigen Organe der DDR und brachte zum Ausdruck, dass sich die Ständige Vertretung der BRD in der DDR weitere Schritte vorbehalten werde.
Es ist festzustellen, dass von den zuständigen Organen der DDR die vorgenannte Maßnahme aufgrund des Vorliegens von dringenden Verdachtshinweisen einer Rechtsverletzung erfolgte und bei der Durchführung derselben die Immunität von [Name] als bevorrechtete Person strikt beachtet wurde.