Leichen an der Grenze zu Westberlin
31. Mai 1976
Information Nr. 409/76 über das Auffinden von zwei Leichen an der Staatsgrenze der DDR zu Westberlin im Raum Nieder Neuendorf, Kreis Oranienburg, Bezirk Potsdam
Ergänzend zur Information Nr. 408/76 vom 29 Mai 1976 wird mitgeteilt:
Im Ergebnis der Untersuchungen der am 28. Mai 1976, gegen 17.50 Uhr an der Staatsgrenze zu Westberlin, südlich der Ortschaft Nieder Neuendorf, Nähe des Oberjäger Weges auf dem den Grenzsicherungsanlagen vorgelagerten Territorium der DDR aufgefundenen zwei Leichen wurde festgestellt:
Durch die am 29. Mai 1976 auf Anordnung des Generalstaatsanwaltes der DDR im Institut für gerichtliche Medizin Berlin durchgeführte Obduktion konnte die Todesursache bei beiden Leichen pathologisch-anatomisch wegen hochgradiger fortgeschrittener Leichenzersetzung nicht zweifelsfrei festgestellt werden. An den Leichen fanden sich – soweit noch beurteilbar – keine Hinweiszeichen für die Einwirkung fremder äußerer Gewalt, insbesondere keinerlei Verletzungszeichen, die als Schussverletzung gedeutet werden konnten.
Im Ergebnis der geführten umfangreichen Fundortuntersuchungen konnten keinerlei beweiserhebliche Feststellungen getroffen werden, die das Vorliegen eines Verbrechens oder den Verdacht eines solchen begründen würden. Die Liegezeit der Leichen konnte durch das Institut für gerichtliche Medizin Berlin unter Berücksichtigung der Witterungseinflüsse sowie des Zersetzungszustandes nur mit mehreren Wochen bis zu einigen Monaten angegeben werden.
Bei den festgestellten und untersuchten Leichen handelt es sich in beiden Fällen um männliche Personen im etwaigen Alter von 35 bis 45 Jahren bzw. von 50 Jahren. Die Untersuchung der Bekleidungsgegenstände der Leichen erbrachte folgende Anhalte für eine Identifikation:
Eine der beiden Leichen führte den behelfsmäßigen Personalausweis für ständige Einwohner von Berlin (West), Nr. […], auf den Namen; [Name], geboren am [Tag] 1923, wohnhaft: Berlin 19 (Charlottenburg), [Adresse] (Passbild infolge der Zersetzung unkenntlich), einen Dienstausweis der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) auf den gleichen Namen, eine Ausweiskarte der Deutschen Bundespost, Postscheckkonto Berlin (West) Nr. […], sowie einen behelfsmäßigen Personalausweis für ständige Einwohner von Berlin (West), Nr. […], auf den Namen [Name], geboren am [Tag] 1936 in Berlin, wohnhaft: Berlin 20 (Spandau), [Adresse] bei sich. Bei der zweiten Leiche wurden keine Personaldokumente festgestellt. Sie war mit einem Dienstanzug der Westberliner Verkehrsbetriebe (BVG) bekleidet.
Aufgrund der Fundortuntersuchungen und der Summe aller Identifikationsanhalte ist anzunehmen, dass es sich bei den Leichen um Personen aus Westberlin handelt.
Da eine zweifelsfreie Identifizierung durch die Organe der DDR nicht möglich ist, wird vorgeschlagen:
- –
nach Abstimmung mit dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR durch den Generalstaatsanwalt der DDR dem Generalstaatsanwalt beim Kammergericht Berlin (West) den Fund der Leichen auf dem Territorium der DDR zur Kenntnis zu geben und gleichzeitig die vorliegenden Identifikationsdaten zur Leichenidentifizierung und der Klärung des Vermisstseins zu übermitteln mit dem Ersuchen, die diesbezüglichen Ergebnisse dem Generalstaatsanwalt der DDR zuzuleiten,
- –
nach zweifelsfreier Identifizierung der Leichen durch die Behörden Westberlins wird durch den Generalstaatsanwalt der DDR die Übergabe der Leichensache sowie der Leichen an den Generalstaatsanwalt beim Kammergericht Berlin (West) veranlasst,
- –
über den Fund der zwei Leichen am 28. Mai 1976 wird eine entsprechende Mitteilung in der Presse veröffentlicht.1