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Prozess wegen Fluchthilfeaktion mit Waffengebrauch

17. Juli 1976
Information Nr. 520/76 über die beabsichtigte Durchführung der gerichtlichen Hauptverhandlung gegen den [Name des Angeklagten] vor dem 1. Strafsenat des Bezirksgerichtes Magdeburg am 27., 28. und 30. Juli 1976

In Übereinstimmung mit dem Generalstaatsanwalt der DDR ist vorgesehen, am 27., 28. und 30. Juli 1976 vor dem Bezirksgericht Magdeburg gegen den [Name des Angeklagten], geboren am [Tag] 1939, ohne erlernten Beruf, zuletzt Kraftfahrer, wohnhaft: 42 Oberhausen 12/BRD, [Adresse], wegen Straftaten gemäß

  • – §§ 101, 110 StGB

    Terror im besonders schweren Fall

  • – § 112 StGB

    versuchter Mord

  • – § 206 StGB

    unbefugter Waffenbesitz

  • – §§ 213, 22 StGB

    Beihilfe zum ungesetzlichen Grenzübertritt im schweren Fall

die gerichtliche Hauptverhandlung durchzuführen.

[Der Angeklagte] wurde am 8. Februar 1976 durch die Organe des MfS festgenommen, als er unter Missbrauch des Transitabkommens und unter Anwendung von Waffengewalt – wobei zwei Angehörige des MfS schwer verletzt wurden – versuchte, eine Bürgerin der DDR in einem von ihm hergerichteten Versteck in seinem Pkw über die Grenzübergangsstelle Marienborn in die BRD auszuschleusen.

Bei [dem Angeklagten] handelt es sich – wie die Untersuchungen weiter ergaben – um einen charakterlich brutalen und zu Gewalttätigkeiten neigenden Menschen, der diesen Terrorakt vorsätzlich geplant hatte und beabsichtigte, unter Anwendung der Schusswaffe die Schleusungsaktion durch Geiselnahme eines Offiziers der Grenzsicherungskräfte gewaltsam zu erzwingen.

Durch mutiges und umsichtiges Reagieren der Angehörigen des MfS wurde dieser verbrecherische Anschlag verhindert, wobei [der Angeklagte] zur Abwehr dieses Gewaltaktes und zur Verhinderung weiterer Verbrechen selbst verletzt wurde, jedoch zwischenzeitlich wieder voll genesen ist.

Durch die gerichtliche Hauptverhandlung soll demonstrativ und öffentlichkeitswirksam juristisch dokumentiert werden, dass

  • die DDR in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht, in Ausübung ihrer Souveränität den Schutz der Staatsgrenzen der DDR und der Angehörigen der Grenzsicherungsorgane der DDR auch mit dem sozialistischen Strafrecht garantiert,

  • die DDR Mörder konsequent verfolgt im Gegensatz zur BRD, die – wie im Falle des Doppelmörders Weinhold1 – mit konstruierten pseudorechtlichen Begründungen zur politischen und moralischen Rechtfertigung seiner Mordtaten Völkerrecht, den Grundlagenvertrag DDRBRD,2 die Schlussakte von Helsinki3 und Prinzipien der Menschlichkeit verletzt,

  • all jene Elemente, die sich durch diese den Entspannungsgegnern dienende Haltung der BRD-Behörden zu Angriffen gegen die Staatsgrenzen der DDR und insbesondere ihre Grenzsoldaten ermuntert fühlen, folgenschwere Konsequenzen durch die Strafverfolgungsorgane sozialistischer Staaten zu erwarten haben.

Die gerichtliche Hauptverhandlung soll in öffentlicher Sitzung stattfinden; als Prozessbeobachter sind politische Mitarbeiter der Bezirksleitung der SED Magdeburg und Angehörige der Sicherheitsorgane vorgesehen.

Ein mit Sicherheit zu erwartender notifizierter Antrag an das MfAA zur Teilnahme eines Mitarbeiters der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR an der gerichtlichen Hauptverhandlung ist eingeplant.

In Abstimmung mit dem Büro des Mitglieds des Politbüros, Gen[ossen] Werner Lamberz, ist vorgesehen, nach der Urteilsverkündung eine zentrale Pressemeldung zu veröffentlichen.4

  1. Zum nächsten Dokument Statistik Einnahmen Mindestumtausch 12.7.–18.7.1976

    21. Juli 1976
    Information Nr. 525/76 über die Entwicklung der Einnahmen aus der Durchführung des verbindlichen Mindestumtausches für die Zeit vom 12. Juli 1976 bis 18. Juli 1976

  2. Zum vorherigen Dokument Explosion auf einem Truppenübungsplatz der US-Armee in Westberlin

    17. Juli 1976
    Information Nr. 519/76 über die ernsthafte Gefährdung von Leben und Gesundheit von Bürgern der DDR durch Folgeerscheinungen einer Explosion auf dem Truppenübungsplatz der USA-Armee in Berlin (West), Lichterfelde Süd