Dossier über die Sängerin Bettina Wegner-Schlesinger
31. Oktober 1977
Information Nr. 677/77 über Schlesinger, geb. Wegner, Bettina, geb. am 4.11.1947 in Berlin, wohnhaft: 108 Berlin, [Adresse], freischaffende Sängerin und Liedermacherin, parteilos
Die Schlesinger trat seit 1965 insbesondere in literarisch-musikalischen Veranstaltungen wiederholt mit politisch-negativen Liedern in Erscheinung.
1968 beteiligte sie sich an der Verbreitung von Flugblättern gegen die Maßnahmen zur Zerschlagung der konterrevolutionären Kräfte in der ČSSR1 und wurde deshalb wegen staatsfeindlicher Hetze zu ein Jahr und vier Monaten Freiheitsentzug – ausgesetzt auf Bewährung – verurteilt.
Anfang der 70er Jahre missbrauchte die Schlesinger ihre Funktion als künstlerische Leiterin der Veranstaltungsreihen »Eintopp« und »Kramladen«2, indem sie wiederholt durch eigene negative Beiträge in Erscheinung trat, feindlich-negativen Kulturschaffenden (Heym, Plenzdorf, Klaus Schlesinger) ein öffentliches Podium organisierte und anwesende Jugendliche zu negativen Diskussionen aufforderte.
In ihren Aktivitäten wurde sie von Feinden der DDR wie Biermann, Fuchs3 und Pannach4 bestärkt, zu denen die Schlesinger engen persönlichen Kontakt unterhielt, die sie verherrlichte und mit denen sie teilweise bei der inhaltlichen und organisatorischen Vorbereitung von Veranstaltungen zusammenwirkte.
Mit der Schlesinger wurden wiederholt politische Auseinandersetzungen geführt, weil sie in ihren Liedern fortgesetzt in hinterhältiger, feindlicher und teilweise provokatorischer Weise die sozialistische Gesellschaftsordnung angriff. Dabei zeigte sie sich uneinsichtig und entwickelte weitere feindlich-negative Aktivitäten.
Gemeinsam mit ihrem Ehemann Klaus Schlesinger gehört sie zu den Unterzeichnern der Protesterklärung gegen die Ausbürgerung Biermanns5 und unterhält zahlreiche persönliche Kontakte zu Mitarbeitern westlicher diplomatischer Vertretungen in der DDR, insbesondere der BRD und zu ständig akkreditierten Korrespondenten westlicher Massenmedien.
Es ist zuverlässig bekannt, dass die Schlesinger in diesem Jahr in über 50 Veranstaltungen in Klubs und Kulturhäusern von Betrieben, Universitäten, Städten, Gemeinden und kirchlichen Einrichtungen der DDR auftrat, die für sie durch Konzert- und Gastspieldirektionen oder durch direkte Verträge mit den genannten Einrichtungen organisiert wurden.
Darüber hinaus hatte sie am 29.9.1977 gemeinsam mit ihrem Ehemann einen Auftritt im Buchhändlerkeller6 in Westberlin. Zu ihrem Auftritt am 30.9.1977 in Hoyerswerda war die Schlesinger in Begleitung des Sekretärs der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR, Nakonz, erschienen. In mehreren Veranstaltungen durchbrach die Schlesinger eigenmächtig die vereinbarte Programmfolge.
In dieser Veranstaltung und bei ihren Auftritten am 29.9.1977 in Westberlin und am 6.10.1977 in Eisenach trug sie ein Lied vor, in dem die sozialistische Gesellschaftsordnung in der DDR diffamiert wird und deutliche Sympathien für ehemalige, jetzt in der BRD/Westberlin lebende Künstler der DDR zu erkennen waren.7
Es ist bekannt, dass in drei Fällen Veranstaltungen mit der Schlesinger durch den Veranstalter abgesagt wurden (Januar 1977 in Wismar, Februar 1977 in Eisenhüttenstadt, 27.7.1977 in Berlin-Prenzlauer Berg). Die Absagen erfolgten, weil
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die Schlesinger sich teilweise weigerte, den Veranstaltern die von ihr vorzutragenden Lieder und deren Inhalt vorher bekannt zu geben,
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sie bereits in Vorverhandlungen mit den Veranstaltern auf dem Vortragen von Liedern beharrte, deren Inhalt geeignet war, politisch-negative Reaktionen beim Publikum auszulösen und
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den Veranstaltern bekannt wurde, dass die Schlesinger bei vorhergehenden Veranstaltungen sich nicht an die vereinbarte Programmfolge hielt und zusätzlich Lieder mit politisch-negativem Inhalt vortrug.
Es ist bekannt, dass die Schlesinger in ihrem Bekanntenkreis Gerüchte verbreitet, wonach sie »Auftrittsverbot« hätte und ständig in ihrer künstlerischen Arbeit benachteiligt bzw. »überwacht« würde.