Nichtrückkehr des Komikers Cohrs von einem Gastspiel in Westberlin (1)
21. Februar 1977
Information Nr. 110/77 über die Nichtrückkehr des freischaffenden Unterhaltungskünstlers Cohrs, Eberhard, von einem Gastspielaufenthalt in Westberlin
Dem MfS wurde bekannt, dass der freischaffende Unterhaltungskünstler Cohrs, Eberhard, geb. am 4.1.1921, wohnhaft: 1231 Diensdorf, [Kreis] Beeskow, [Bezirk] Frankfurt/O., [Adresse], NW: Berlin-Pankow, [Adresse], von einem ihm durch die Künstleragentur der DDR1 vermittelten Gastspielaufenthalt in Westberlin am 19.2.1977 nicht in die DDR zurückgekehrt ist.
Cohrs war am 19.2.1977, gegen 9.00 Uhr, gemeinsam mit seiner Ehefrau Cohrs, Dagmar, geb. am 22.8.1943, Assistentin des Ehemanns, mit dem Pkw des Cohrs, Typ »Lada«, polizeiliches Kennzeichen […], über die Grenzübergangsstelle Invalidenstraße nach Westberlin ausgereist. Cohrs, Dagmar, kehrte am 19.2.1977, gegen 21.40 Uhr, gemeinsam mit dem Reiseleiter der Künstleragentur, Genossen [Vorname Name 1], jedoch ohne ihren Ehemann Eberhard Cohrs, über die Grenzübergangsstelle Invalidenstraße in die DDR zurück.
Zum Verlauf des Aufenthaltes des Ehepaares Cohrs in Westberlin wurde bisher bekannt: Eberhard Cohrs sollte gemeinsam mit seiner Ehefrau am 19.2.1977, 20.00 Uhr, in einer Karnevalsveranstaltung im Klubhaus der Eisenbahner in Westberlin-Halensee auftreten. Die vertraglichen Abschlüsse und die Organisierung der Veranstaltung erfolgten durch die Künstleragentur der DDR. Cohrs hatte sich am 13.2.1977 von der Künstleragentur die Genehmigung eingeholt, selbstständig nach Westberlin-Halensee ausreisen zu können, da er angeblich wegen anderer Verpflichtungen im Zeitdruck sei.
Cohrs erschien nicht zur vereinbarten Zeit im Klubhaus der Deutschen Reichsbahn in Westberlin-Halensee. Stattdessen setzte sich ca. 20.30 Uhr seine Ehefrau telefonisch mit dem Reiseleiter der Künstleragentur, Genossen [Name 1], im Klubhaus in Halensee in Verbindung und teilte mit, dass ihr Ehemann vom Parkplatz, von dem er seinen dort abgestellten Pkw holen wollte, nicht zurückgekehrt und seitdem spurlos verschwunden sei.
Das Ehepaar Cohrs hatte sich nach der Einreise in Westberlin gegen 10.00 Uhr im Stadtzentrum von Westberlin mit dem ihm bekannten Ehepaar [Name 2, Vorname 1 (Ehemann)], ca. 55 Jahre alt, wohnhaft: Berlin (West)-Mariendorf, [Adresse], Beruf: Gaststättenleiter, und [Name 2, Vorname 2 (Ehefrau)], ca. 35 Jahre alt, getroffen und den Pkw des Cohrs in der Nähe des Hotels »Berlin«, Henriettenplatz, geparkt. Beide Ehepaare unternahmen danach einen Stadtbummel, aßen in einem Restaurant zu Mittag und begaben sich anschließend in die Wohnung der Familie [Name Ehepaar]. Gegen 17.30 Uhr fuhren beide Ehepaare mit dem Pkw der Familie [Name Ehepaar] in die Nähe des Hotels »Berlin«, um den abgestellten Pkw des Cohrs zu holen. Während die beiden Frauen im Pkw des [Name Ehepaar] verblieben seien, hätten Cohrs und [Name Ehepaar] getrennt nach dem Pkw gesucht, da Cohrs den Parkplatz, auf den er sein Fahrzeug abgestellt hatte, nicht mehr angeben konnte. Cohrs kehrte nicht mehr zum abgeparkten Pkw der Familie [Name Ehepaar] zurück. Die Familie [Name Ehepaar] und Frau Cohrs hätten danach nach Eberhard Cohrs ergebnislos gesucht.
Dagmar Cohrs führte nach ihren eigenen Angaben am 20.2.1977, 0.15 Uhr, mit der Familie [Name Ehepaar] ein Telefongespräch, in dem ihr mitgeteilt wurde, dass bisher keinerlei Hinweise über den Verbleib des Eberhard Cohrs bekannt seien.
Nach den dem MfS vorliegenden Hinweisen sind die familiären und finanziellen Verhältnisse von Cohrs geordnet. Er besitzt ein komfortabel eingerichtetes Einfamilienhaus am Scharmützelsee. Bisher zeigte er enge Bindungen an seine Ehefrau und an sein vier Jahre altes Kind. Seine Ehefrau gab an, dass es in der letzten Zeit zwischen ihr und dem Cohrs keine Streitigkeiten gab.
Cohrs war seit 1972 mehrfach zu Gastspielen in Westberlin eingesetzt. Dabei wurden im Zusammenhang mit seinem Auftreten keine negativen Anhaltspunkte bekannt.
Zur Feststellung der mit der Nichtrückkehr des Cohrs in die DDR im Zusammenhang stehenden Ursachen und Motive sind entsprechende Maßnahmen eingeleitet worden.2