Sitzung der KKL vom 11. bis 13.3.1977 in Bad Saarow
16. März 1977
Information Nr. 170/77 über die Sitzung der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen vom 11. bis 13.3.1977 in Bad Saarow
Dem MfS wurde intern bekannt, dass vom 11. bis 13.3.1977 in Bad Saarow die Konferenz der evangelischen Kirchenleitungen1 in Klausur tagte. An der Sitzung, die internen Charakter hatte, nahmen von 25 evangelischen Bischöfen und leitenden Vertretern der einzelnen evangelischen Landeskirchen 22 teil. (Zu den Nichtteilnehmern gehörte Bischof Braecklein/Landeskirche Thüringen.) Es wurden u. a. folgende Punkte behandelt, Beschlüsse gefasst bzw. Festlegungen getroffen:
Nach einer sehr lebhaften Diskussion, in der sich u. a. Superintendent Fritz, Karl-Marx-Stadt, und Dr. Ihmels, Dresden (ständiger Vertreter von Bischof Hempel), – unterstützt von Oberkonsistorialrat Juergensohn, Görlitz, – grundsätzlich gegen eine Teilnahme des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR2 am Weltkongress der religiösen Friedenskräfte im Juni d. J. in Moskau3 aussprachen, jedoch Bischof Gienke, Greifswald, und Oberkonsistorialrat Stolpe, Berlin, für die Teilnahme plädierten, wurde die Teilnahme beschlossen. Über den Status der Delegation wurde mit folgendem Ergebnis abgestimmt: Für den Status einer Delegation mit beschließender Stimme gab es bei zwölf Gegenstimmen und zwei Enthaltungen nur acht Ja-Stimmen (Oberkirchenrat Mitzenheim, Eisenach, Oberkirchenrat Zilz, Eisenach, Bischof Gienke, Greifswald, Konsistorialrat Dr. Plath, Greifswald, Bischof Schönherr, Berlin, Konsistorialpräsident Kupas, Berlin, Oberkonsistorialrat Stolpe, Berlin, Dr. König, Erfurt). Damit erhält die Delegation des Bundes lediglich Beobachterstatus. Es wurden folgende Delegierte nominiert:
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Bischof Rathke, Schwerin
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Propst Dr. Falcke, Erfurt
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Kirchenrätin Lewek, Berlin
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Dr. Schulz, Naumburg, Rektor des Kirchlichen Oberseminars Naumburg (als Sprachkundiger)
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Konsistorialrat Fichtner, Görlitz.
Die Nominierung erfolgte ohne Gegenstimmen bei fünf Enthaltungen. Über diesen Beschluss soll eine Information an die Presse erfolgen. (Dazu wurde eine Mitteilung des Sekretariats des Bundes an die Redaktionen der kirchlichen Sonntagsblätter, ENA,4 vorbereitet, die eine Information über den »Verhandlungsgegenstand religiöse Weltkonferenz in Moskau« enthält. Beigefügt wurde eine Mitteilung des Vorbereitungskomitees in Moskau vom 10.3.1977. Als Sperrfrist für eine Veröffentlichung wurde der 16.3.1977, 12.00 Uhr, angegeben. Die Information wird als Anlage 2 beigefügt.)
Während der Sitzung wurde weiter beschlossen, einen Brief an Genossen Honecker zum Entwurf des Arbeitsgesetzbuches zu richten.5 Damit solle verdeutlicht werden, dass die Kirchenleitungen solche staatlichen Dokumente aufmerksam verfolgen, vom Mitspracherecht Gebrauch machen und »im Sinne der Gleichberechtigung« Forderungen erheben. (Eine Abschrift dieses Briefes wird als Anlage 1 beigefügt.) Einen Durchschlag dieses Briefes soll der Staatssekretär für Kirchenfragen erhalten. Das Sekretariat des Bundes wurde beauftragt, diesem Durchschlag die Forderung beizufügen, dass Synodale zur Teilnahme an Synoden eine bezahlte Freistellung erhalten, genau wie andere Bürger der DDR für die Teilnahme an Kongressen, Bezirkstagen, Volkskammersitzungen usw.
Präsident Domsch, Dresden, berichtete im Verlauf der Sitzung, das Ministerium für Finanzen habe abgelehnt, der Kirche die entstandenen Mehrkosten für die Anhebung der Mindestlöhne zu erstatten. Er teilte mit, dass der Vorstand der Konferenz der Kirchenleitungen am 28.2.1977 ein Schreiben an den stellvertretenden Finanzminister gerichtet hat und jetzt die Zustimmung der staatlichen Organe erwartet wird. (Eine Abschrift dieses Schreibens wird als Anlage 3 beigefügt.)
Die Sitzung wurde weiter darüber informiert, dass eine Kommission, bestehend aus Vertretern der evangelischen Kirchen aus dem deutschsprachigen Raum (Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR, »Evangelische Kirche in Deutschland/BRD«, der Kirchen Österreichs und der Schweiz) die Revision der Predigttextordnung beraten hat. Der »Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland«6 hat diese Predigttextordnung bereits beschlossen, jedoch eine Informationssperre festgesetzt, bis der Bund den Beschluss vollzieht. Durch die Informationssperre solle erreicht werden, nicht den Eindruck zu erwecken, als ob der Bund sich der Auffassung der »EKD« anschließt, die »EKD« also eine »gesamtdeutsche« Entscheidung getroffen hat.
Oberkonsistorialrat Stolpe äußerte dazu, dass die westdeutsche Presse für diese Dinge wenig Interesse zeige; so sei es gelungen, die Informationssperre durchzuhalten. Die Konferenz der Kirchenleitungen beschloss in Bad Saarow ebenfalls die Revision der Predigttextordnung und ihre Einführung am ersten Adventssonntag 1978.
Weiter wurde ein Schreiben des Friedensrates der DDR7 vom 28.2.1977 vorgetragen, in dem der Bund aufgefordert wird, Delegierte für die Konferenz in Warschau vom 6. bis 11.5.1977 zu benennen, die als Mitglieder der DDR-Friedensratsdelegation nach Warschau reisen werden. Die Beteiligung des Bundes wurde ohne Gegenstimme bei sechs Enthaltungen beschlossen. Nominiert wurden Konsistorialrat Dr. Plath, Greifswald, und Kirchenrätin Lewek, Berlin.
Die Konferenz der Kirchenleitungen beschloss einen Brief an die Gemeinden mit der Aufforderung zu einer Sonderspende für Rumänien. Es wurde festgelegt, die Mittel im Wesentlichen den Kirchengemeinden in Rumänien und Bulgarien zur Verfügung zu stellen.
Ein weiterer Beschluss beinhaltet, ab 1.9.1977 neue Lehrgänge zur Ausbildung von Kirchenjuristen durchzuführen, weil die staatlichen Organe keine Möglichkeit gegeben hätten, christliche Bürger Jura studieren zu lassen. Als Lehrgangsleiter wurde Pfarrer Dr. Hamel, Naumburg, benannt.
Superintendent Fritz, Karl-Marx-Stadt, berichtete, er sei vom Stellvertreter des Oberbürgermeisters aufgefordert worden, seine Besuche und Gespräche in Neubaugebieten einzustellen, da dies eine unerlaubte Befragung der Bevölkerung sei. Auch der Rat des Bezirkes habe ihm eine derartige Belehrung zukommen lassen.
Der Rat des Bezirkes Karl-Marx-Stadt habe sich gleichzeitig an die Kirchenleitung in Dresden gewandt, die die Einwände zurückgewiesen habe. Er selbst habe die Belehrung ebenfalls zurückgewiesen und erklärt, er befinde sich bei solchen Besuchen im Einvernehmen mit allen Kirchen der DDR. Die Konferenz der Kirchenleitungen bestätigte auf Antrag von Präsident Domsch, Dresden, dass alle Kirchen der DDR die Auffassung vertreten würden, solche Besuche in Neubaugebieten bzw. dort wohnender Gemeindeglieder seien legitim, und diese Methode finde die Unterstützung aller Kirchen in der DDR.
Pfarrer Kramer, Magdeburg, berichtete, der stellvertretende Vorsitzende der CDU, Sefrin, habe auf einer Mitarbeiterkonferenz in Dresden ein Referat gehalten, das am 14.2.1977 in der »Neuen Zeit« abgedruckt wurde.8 Darin werde von einer Bewusstseinsänderung der Kirche gesprochen und Oberkirchenrat von Brück, Dresden, zitiert, der geäußert habe, Mittel aus der Aktion »Brot für die Welt« seien bisher für Nahrungsmittel und Medikamente und dem »kämpfenden Volk von Vietnam« zur Verfügung gestellt worden. Kramer verlangte die Widerrufung dieser Äußerung, weil sonst die Gemeindeglieder nichts mehr für die Aktion »Brot für die Welt« spenden würden.
Die Kirchenleitung beschloss, von Brück aufzufordern, die Verwendung der Mittel klarzustellen und die Gemeinden entsprechend zu informieren. Von Brück soll auf der bevorstehenden Synode des Bundes in Görlitz darüber berichten.
Oberkonsistorialrat Stolpe informierte darüber, das Staatssekretariat für Kirchenfragen habe vorgeschlagen, das geplante Grundsatzgespräch mit Vertretern des Bundes und der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen (Magdeburg) zwischen dem 25.4. bis 10.5.1977 durchzuführen. Zuvor solle ein Gespräch mit Bischof Krusche, Magdeburg, erfolgen.
Am 20.4.1977 solle in der DDR eine Delegation der tschechoslowakischen Kirchen eintreffen. Bischof Krusche äußerte dazu, er habe eine Information erhalten, nach der die Zusammensetzung der Delegation so sei, dass ein »offenes Gespräch« nicht möglich sein werde.
Zur Teilnahme am Kirchentag vom 8.6. bis 12.6.1977 in Westberlin9 wird der Bund Antrag auf Ausreise für zwei Mitglieder stellen. Zur Teilnahme an der Synode der »Evangelischen Kirche in Deutschland« im November 1977 wurden Bischof Schönherr, Berlin, und Oberkirchenrat Müller, Schwerin, nominiert.
Oberkonsistorialrat Juergensohn, Görlitz, wurde verabschiedet. Er tritt in den Ruhestand und will in die BRD übersiedeln.
Die Information ist wegen Quellengefährdung nicht zur öffentlichen Auswertung geeignet.
Anlage 1 zur Information Nr. 170/77
[Entwurf eines Briefes des Vorsitzenden des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR an Erich Honecker (Abschrift)]
Abschrift | Entwurf
Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR (ohne Sekretariat) | Der Vorsitzende der Konferenz | 104 Berlin, den [ohne Datum]
An den | Vorsitzenden des Staatsrates der DDR | Herrn Generalsekretär E. Honecker | Berlin
Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Die Konferenz der Ev. Kirchenleitungen in der Deutschen Demokratischen Republik hat mit Interesse von dem veröffentlichten Entwurf eines Arbeitsgesetzbuches der DDR10 Kenntnis genommen.
Wir konnten dankbar feststellen, dass der Entwurf des Arbeitsgesetzbuches vor allem auch der Weiterentwicklung der Sozialpolitik unseres Staates dient. Wir begrüßen Schritte, die eine weitere Verbesserung der sozialen Bedingungen im Interesse der Gesellschaft und jedes Einzelnen ermöglichen.
Die Bestimmungen des künftigen Arbeitsgesetzbuches werden sich auf unsere mehr als 40 000 Mitarbeiter in den Kirchen, Kirchgemeinden, Werken und Einrichtungen auswirken. Wir gehen dabei davon aus, dass der besondere Charakter der kirchlichen Arbeitsrechtsverhältnisse dieser Mitarbeiter wie bisher gewahrt bleibt und die Kirchen weiter ungehindert die Besonderheiten des kirchlichen Dienstes gemäß Art. 39 Abs. 2 der Verfassung der DDR11 selbstständig ordnen können. Es wäre wünschenswert, wenn dieser Gesichtspunkt etwa im § 15 Abs. 3 des Gesetzbuches12 deutlicher erkennbar werden würde.
Wir setzen auch voraus, dass die besondere Regelung, dass für bestimmte Gruppen kirchlicher Mitarbeiter die arbeitsrechtlichen Bestimmungen keine Anwendung finden, bestehen bleibt (Anordnung vom 18.1.1958 über die arbeitsrechtliche Stellung der in kirchlichen Einrichtungen beschäftigten Arbeiter und Angestellten – GBl. I S. 84).13
Zu den Werktätigen in unserem Staat gehören viele Bürger christl. Glaubens.
Ihnen allen ist ein gleichberechtigter Platz in unserer Gesellschaft und die Möglichkeit, ihrem Gewissen und Glauben gemäß zu arbeiten, zu lernen und dabei ihre Religion ungehindert auszuüben, zuerkannt. Wir verstehen den Entwurf so, dass dieses verfassungsmäßige Recht auch durch § 414 nicht eingeschränkt wird. Dazu gehört ebenso, dass die garantierte Gewissens- und Glaubensfreiheit für Waffendienstverweigerer (Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates der DDR vom 7.9.1964 über die Aufstellung von Baueinheiten im Bereich des Ministeriums für Nationale Verteidigung – GBl. I S. 129)15 auch hinsichtlich der Verpflichtung der Lehrlinge nach § 133 Abs. 2 des Entwurfs16 voll wirksam wird.
Wir halten es ferner für wünschenswert, wenn der Inhalt des § 7 Abs. 2 der Verordnung vom 3.5.1967 über die durchgängige Fünf-Tage-Arbeitswoche und die Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit bei gleichzeitiger Neuregelung der Arbeitszeit in einigen Wochen mit Feiertagen – GBl. II S. 237 (unbezahlte Freizeit zur Teilnahme an religiösen Veranstaltungen während der Arbeitszeit)17 gesetzlich geregelt bliebe.
Wir wären Ihnen, sehr geehrter Herr Vorsitzender, dankbar, wenn Sie veranlassen würden, dass bei dem anstehenden Gesetzgebungsvorhaben unsere Anliegen Berücksichtigung finden.
Mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung
2. Abschrift von 1 an SfK m.d.B. um Unterstützung des Anliegens
3. Abschrift von 1 an alle Mitglieder der KKL, leitende Verwaltungsbehörden, IMHW
Anlage 2a zur Information Nr. 170/77
[Entwurf einer Pressemitteilung des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR sowie Schreiben des Vorsitzenden des Vorbereitungskomitees der Weltkonferenz der Religiösen Friedenskräfte an Bischof Schönherr]
Abschrift | Entwurf
Bund der Evangelischen Kirchen in der Deutschen Demokratischen Republik | Sekretariat | Pressestelle | 104 Berlin, den 13.3.77 | Auguststraße 80 | Tel. 282 51 86
An die Mitglieder der Konferenz der Kirchenleitungen | An die Redaktionen der kirchlichen Sonntagsblätter, ENA u. a.
Information der Pressestelle (10)
Nachstehende Meldung unterrichtet über einen wichtigen Verhandlungsgegenstand und Beschluss der Konferenz der Kirchenleitungen auf ihrer Klausurtagung 11. bis 13. März 1977 in Bad Saarow. Bei Veröffentlichung bitten wir Sie, die offizielle Textfassung unverändert zu übernehmen.
gez. Borgmann, Presse und Information
Kirchenbund nimmt Einladung zur religiösen Weltkonferenz nach Moskau an
Zu der vom 6. bis 10. Juni 1977 in Moskau stattfindenden Weltkonferenz »Religiöse Vertreter für dauerhaften Frieden, Abrüstung und gerechte Beziehungen unter den Völkern« hat der Vorsitzende des Internationalen Vorbereitungskomitees, der Metropolit von Tula und Beljow,18 Juvenali,19 in einem Schreiben vom 10. März 1977 fünf Vertreter des Bundes der Evangelischen Kirchen in der Deutschen Demokratischen Republik eingeladen.
Die seit anderthalb Jahren laufende Vorbereitung der Weltkonferenz, an der auch Oberkirchenrätin Christa Lewek und Propst Dr. Falcke beteiligt sind, wird von einer Reihe von Erwartungen und Fragen begleitet, mit denen sich auch die Konferenz der Kirchenleitungen auf ihrer diesjährigen Klausurtagung vom 11. bis 13. März 1977 in Bad Saarow beschäftigte. So wurde z. B. gefragt: Wie wird es möglich sein, dass Vertreter verschiedener Religionen – wie sie nach Moskau eingeladen sind – sich gemeinsam zu den Problemen des Friedens, der Abrüstung und der Zusammenarbeit unter den Völkern äußern können? Ist eine solche besondere religiöse Konferenz angesichts der Tatsache berechtigt, dass der Ökumenische Rat der Kirchen20 die vorgesehenen Themenkreise auch in seiner Arbeit berücksichtigt und dass Vertreter der Kirchen sich in vielen Ländern und auf nationaler und internationaler Ebene in unterschiedlichsten Gremien für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit einsetzen?
In einer intensiven Aussprache unterstrich die Konferenz der Kirchenleitungen die Notwendigkeit, in den auch von der 5. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen21 angeregten Dialog mit Vertretern anderer Kirchen und nichtchristlicher religiöser Vereinigungen einzutreten. Das in den evangelischen Kirchen in der DDR u. a. durch die Beteiligung an internationalen Konferenzen und durch sorgfältige Studienarbeit deutlich gewordene Engagement für den Frieden in der Welt rechtfertigt die Erwartung, dass die Kirchen in der DDR einen eigenständigen Beitrag zum Gelingen der Weltkonferenz in Moskau werden leisten können.
Die Konferenz beschloss am 12. März 1977, die Einladung anzunehmen und Landesbischof Dr. Heinrich Rathke (Schwerin), Oberkirchenrätin Christa Lewek (Berlin), Propst Dr. Heino Falcke (Erfurt), Konsistorialrat Hans-Eberhard Fichtner (Görlitz) und Dr. Günther Schulz (Schafstädt) als Beobachter nach Moskau zu entsenden.
Sperrfrist Mittwoch 12.00 Uhr
Anlage 2b zur Information Nr. 170/77
[Brief des Vorsitzenden des Vorbereitungskomitees der Weltkonferenz der Religiösen Friedenskräfte, Juvenali, an den Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirchen in der DDR, Bischof Schönherr]
Übersetzung aus dem Russischen
Das Vorbereitungs-Komitee der Weltkonferenz der Religiösen Friedenskräfte | Moskau G-34, 10.3.77
Bischof Doktor Adalbert Schönherr | Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirchen der DDR
Lieber Bruder in Christo!
Zurzeit bereiten wir die Weltkonferenz: »Religiöse Vertreter für dauerhaften Frieden, Abrüstung und gerechte Beziehungen unter den Völkern« vor, die vom 6. bis 10. Juni 1977 in Moskau stattfindet.
Im März 1976 wurde in Moskau in der Sitzung, der 117 religiöse Vertreter verschiedener Religionen aus 30 Ländern beiwohnten, das Internationale Vorbereitungskomitee der Weltkonferenz geschaffen und [ein] Appell an religiöse Vertreter der Welt angenommen. Der Appell und die Zusammensetzung des Internationalen Vorbereitungskomitees sind beigelegt.
Die Arbeit der Weltkonferenz wird sich in Plenarsitzungen und in drei Arbeitsgruppen verlaufen,22 deren Namen dem Motto der Konferenz entsprechen:
1. Für dauerhaften Frieden. Diese Gruppe wird sich mit solchen Fragen beschäftigen wie Grundlagen der interreligiösen Zusammenarbeit im friedfertigen Dienst, internationale Entspannung, politische Konflikte, Rolle der UNO und ihrer Institutionen sowie auch der NGO’s in der Festigung des internationalen Friedens.
2. Für Abrüstung. Diese Gruppe überlegt einen Komplex von Fragen, die mit [dem] Problem der Abrüstung verbunden sind: Beziehung der Religionen auf Probleme der Rüstung und Abrüstung, Wettrüsten und Militarismus, Beitrag der UNO und Rolle der NGO’s in der Abrüstung, Aufgaben der Vertreter verschiedener Religionen für das Fördern der Abrüstung.
3. Für gerechte Beziehungen unter den Völkern. Diese Gruppe wird die religiöse Behandlung der menschlichen Persönlichkeit, der Beziehungen unter den Völkern und Staaten, Probleme der Menschenrechte, der Flüchtlinge und des Rassismus, der multinationalen Körperschaften, der Bevölkerung, Ökologie, Migration sowie auch Aufgaben der Vertreter aller Religionen im Erreichen gerechter Beziehungen unter den Nationen betrachten.
Es wurde beschlossen, im Prozess der Konferenz die Begegnungen der Glaubensgenossen zu veranstalten, wo ihre Teilnehmer einander kennenlernen können, ihre spezifischen Probleme beurteilen und damit den Erfolg der Konferenz beitragen werden.
Arbeitsfragen der Konferenz werden: Englisch, Arabisch, Spanisch, Deutsch, Russisch und Französisch (es werden synchrone Übersetzungen auf diese Sprachen vorgesehen).
Zurzeit richten wir Einladungen an Leiter der christlichen Kirchen, unchristlichen religiösen Vereinigungen und verschiedenen internationalen religiösen Organisationen zur Teilnahme an der bevorstehenden Konferenz persönlich oder durch ihre Vertreter. Wir laden auch einzelne religiöse Vertreter ein, die sich der aktiven friedfertigen Arbeit gewidmet hatten.
Ich hoffe aufrichtig, dass die Idee der Durchführung dieses interreligiösen friedfertigen Treffens und die vor ihm stehenden Aufgaben bei Ihnen Verständnis und Unterstützung finden.
In diesem Zusammenhang wende ich [mich] an Sie mit dem brüderlichen Vorschlag, in unser Land zur Teilnahme an der Konferenz zu kommen.
Nach der Quote der Teilnehmer an der Konferenz erwarten wir vom Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR fünf Vertreter. Frau Christa Lewek und Dr. Heino Falcke werden an der Konferenz als Mitglieder des Internationalen Vorbereitungskomitees teilnehmen.
Wir bitten Sie, den Fragebogen auszufüllen und die Gruppe zu bezeichnen, in der Sie arbeiten wollen, sowie Namen und Adressen zwei anderer Ihrer Vertreter zu telegrafieren, damit wir Ihnen die Einladung richten können.
Mit brüderlicher in Christo Liebe und besten Wünschen
Vorsitzender des Internationalen Vorbereitungskomitees | Metropolit von Tula und Beljow23 | gez. Juvenali
Anlage 3 zur Information Nr. 170/77
[Brief des Vorsitzenden des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR, Schönherr, an den stellvertretenden Minister für Finanzen, Sandig (Abschrift)]
Abschrift
Bund der Evangelischen Kirchen in der Deutschen Demokratischen Republik | Sekretariat 5127–171/77 | 104 Berlin, den 28.2.1977 | Auguststr. 80 | Tel. 282 51 86
Abschrift
Der Vorsitzende der Konferenz | 5127–171/77 | 104 Berlin, den 28.2.1977 | Auguststr. 80
An den | Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik | Ministerium der Finanzen | Stellvertreter des Ministers | Herrn Sandig | 1086 Berlin | Leipziger Straße 5/7
Betr.: Verordnung über die Erhöhung des monatlichen Mindestbruttolohnes von 350 M auf 400 M und die differenzierte Erhöhung der monatlichen Bruttolöhne bis zu 500 M vom 29. Juli 1976 (GBl. I S. 377)24
Sehr geehrter Herr Minister!
Nach Beratung mit dem Vorstand der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen darf ich Ihnen zu Ihrem Schreiben vom 31.12.1976 erwidern:
Gemäß § 8 Absatz 3 der Verordnung vom 29.7.1976 sind den konfessionellen Einrichtungen die sich aus der Lohnerhöhung ergebenden Aufwendungen zu erstatten.25 Das ist zwingendes Recht.
Die von Ihnen zur Begründung der Ablehnung herangezogene Bestimmung des § 7 Absatz 1 befasst sich lediglich mit der Tatsache, wie und wann die betroffenen Werktätigen die Erhöhungen erhalten,26 eine Regelung, die die Verpflichtung der Staatsorgane zur Erstattungszahlung nicht tangiert. Aus ihr kann nicht abgeleitet werden, dass das Vorhandensein von Tarifverträgen Voraussetzung der Erstattung ist. Eine solche Auslegung würde den von uns begrüßten Sinn der Verordnung vom 29.7.1976, sozialpolitische Verbesserungen zu schaffen, in unzulässiger Weise mit damit nicht zusammenhängenden Fragen koppeln. Wir haben die angeordnete Erhöhung der Löhne und Gehälter in unsere Vergütungsregelungen eingearbeitet. Sie stellen aber für uns als Kirche eine zusätzliche Belastung dar, die wir nicht wie ein Betrieb erwirtschaften können.
Wir möchten auch darauf hinweisen, dass insbesondere die kirchlichen Land- und Forstwirtschaftsbetriebe sowie die kirchlichen Friedhöfe gesamtgesellschaftliche Aufgaben wahrnehmen.
Da die aufgrund der Verordnung entstehenden Mehraufwendungen in unzumutbarer Weise die Kirchen belasten, müssen wir noch einmal dringend um Überprüfung bitten. Wir können uns mit der bisherigen Auskunft nicht zufrieden geben.
Deshalb bitten wir dringend, das Verfahren für entsprechende Erstattungszahlungen zu regeln.
Mit vorzüglicher Hochachtung | gez. Dr. Schönherr | (Bischof)
An die Leitenden Verwaltungsbehörden der Gliedkirchen | Vorstehende Abschrift erhalten Sie zur gef[ä]l[ligen] Information. | gez. Stolpe