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Verhaftung eines Dresdner Ökonomen wegen Wirtschaftsverbrechen

1. April 1977
Information Nr. 196/77 über die Aufklärung von Staats- und schweren Wirtschaftsverbrechen im Bereich der Versorgung der DDR-Industrie mit Werkzeugen

Durch das MfS wurde gegen den [Name 1, Vorname], geb.: [Tag] 1923, beschäftigt im VEB Schleifkörperunion Dresden – Kombinatsbetrieb des Werkzeugmaschinenbaukombinates »7. Oktober« Berlin – als Bilanzökonom und Leiter der Außenstelle für Diamantwerkzeuge Gera, wohnhaft: Gera, [Adresse], parteilos, wegen dringenden Verdachts begangener Staats- und schwerer Wirtschaftsverbrechen ein Ermittlungsverfahren mit Haft eingeleitet, das zwischenzeitlich abgeschlossen wurde.

[Name 1] hat seit mehreren Jahren aus feindlicher Einstellung zur Arbeiter-und-Bauern-Macht und unter Missbrauch der ihm übertragenen verantwortlichen Funktion auf dem Sektor Diamantwerkzeuge die Staats- und Gesellschaftsordnung der DDR geschädigt, indem er im Auftrag und gegen Bezahlung durch DDR-feindliche Personen im BRD-Unternehmen Indimant GmbH Bargteheide versuchte, die planmäßige Tätigkeit des staatlichen Außenhandels sowie von Kombinaten und Betrieben der Halbleiter-, Wälzlager-, Automobil-, Pumpen- und Glasindustrie der DDR zu desorganisieren und zu durchkreuzen. Gleichzeitig wirkte er Maßnahmen zur Entwicklung der zweiseitigen Zusammenarbeit mit der Sowjetunion auf dem Gebiet von Diamantwerkzeugen und der volkswirtschaftlichen Aufgabenstellung zur Ablösung von Importen aus nichtsozialistischen Staaten entgegen.

Auftragsgemäß verriet [Name 1] in zahlreichen, unter konspirativen Bedingungen in der DDR durchgeführten Zusammentreffen mit Vertretern der Indimant GmbH unter Verletzung der ihm obliegenden Geheimhaltungspflicht an diese die ihm in seiner Funktion zugänglichen jährlichen Planbedarfszahlen der DDR-Industrie auf dem Gebiet der Diamantwerkzeuge, einschließlich der mit anderen NSW-Firmen geplanten Importvorhaben und vorgesehenen Lieferbedingungen.

Er schuf damit entscheidende Bedingungen, dass die Firma Indimant ab 1970 leistungsfähige und am Handel mit der DDR auf der Basis der Gleichberechtigung und des gegenseitigen Vorteils interessierte Firmen ihrem Diktat unterwarf und diese Monopolstellung gegenüber dem zuständigen volkseigenen Außenhandelsbetrieb Werkzeugmaschinen und Werkzeuge (VE AHB WMW) Export-Import Berlin zur Erzielung von Maximalpreisen durchsetzen konnte.

Unter Umgehung der ihm aus den zentralen und betrieblichen Bilanzierungsverordnungen obliegenden Rechtspflichten zur Entwicklung der Diamant-Werkzeugproduktion in der DDR und zur volkswirtschaftlich effektivsten Verwendung der Valutamittel hat er mittels Täuschung und Irreführung gegenüber dem AHB WMW Export-Import und den Industriebetrieben sowie unter Missbrauch der Bestimmungen über das Neuererwesen

  • die Bereitstellung hochwertiger und valutapreisgünstiger Diamantwerkzeuge verhindert,

  • den Einsatz qualitätsgeminderter und für den jeweiligen Produktionsbereich nicht geeigneter Werkzeuge der Firma Indimant erzwungen und

  • die gesetzlich vorgeschriebenen inlandseitigen Vertragsbeziehungen zum VE Maschinenbauhandel durch Nichtübergabe der staatlich bestätigten Bilanzteile an die DDR-Bedarfsträger unterbunden.

Darüber hinaus

  • ließ er ohne Einschaltung der Außenhandelsorgane der DDR und ohne vertragliche Vereinbarungen in Industriebetrieben der DDR Diamantwerkzeuge der BRD-Firma testen und erproben,

  • beeinflusste er unter Ausnutzung seiner persönlichen Kontakte DDR-Bedarfsträger zur Auslösung von Importen von dieser BRD-Firma,

  • unterließ er es, Meldungen von aufgetretenen Reklamationen an Diamantwerkzeugen an das entsprechende Außenhandelsorgan zu geben und koordinierte mit leitenden Vertretern der BRD-Firma das Vorgehen bei der Niederschlagung berechtigter Reklamationsforderungen der DDR-Bedarfsträger.

Im gleichen Zusammenhang diskriminierte er die Qualität sowjetischer Diamantwerkzeuge und erreichte dadurch, dass sich die DDR-Bedarfsträger in zunehmendem Maße auf Importe aus nichtsozialistischen Staaten konzentrierten.

Durch die Aktivitäten des [Name 1] entstand der Valuta-Wirtschaft der DDR ein finanzieller Schaden von ca. 600 TVM.

[Name 1] erhielt dafür von der Firma Indimant Zuwendungen in Höhe von einem Prozent der Geschäftsumsätze des Unternehmens mit dem Außenhandel der DDR, die er in Form von Bargeldbeträgen, Schmuckgegenständen, Münzen, Briefmarken und hochwertigen Konsumgütern während der persönlichen Absprachen sowie auf postalischem Wege unter Verwendung von fingierten Absendern aus der BRD in wertmäßiger Höhe von 30 000 DM/DBB und 37 000 Mark entgegennahm.

Die zur Aufklärung der Straftaten des [Name 1] durchgeführten Untersuchungen ergaben im Einzelnen Folgendes:

Im Jahre 1968 wurden die Bilanzfunktionen und der Import von Diamantwerkzeugen aus nichtsozialistischen Staaten vom VEB Carl Zeiss Jena der VVB Werkzeuge, Vorrichtungen und Holzbearbeitungsmaschinen in Gera übertragen und der [Name 1] als Bilanzierer für diese Werkzeuge zur Bearbeitung der Importe eingesetzt. Er wurde befugt, die jährlich auftretenden Importbedarfsfälle der DDR-Industrie zu erfassen, ihre Berechtigung zu überprüfen, in die vorgegebenen Planmittel und Bilanzen einzuordnen, mit dem AHB WMW-Export Berlin abzustimmen und gemeinsam mit dem AHB Angebote aus nichtsozialistischen Staaten einzuholen, an Vertragsverhandlungen mit Lieferfirmen teilzunehmen und die Abwicklung der Importverträge über das Versorgungskontor für Diamantwerkzeuge Jena, den inlandseitigen Vertragspartner des AHB, bis zum Bedarfsträger zu überwachen und zu kontrollieren.

Dieser Aufgaben- und Verantwortungsbereich oblag dem [Name 1] auch nach der Auflösung der VVB im Jahre 1970 und seiner Eingliederung in den VEB Werkzeugmaschinenbaukombinat »7. Oktober« Berlin, Kombinatsbetrieb Schleifkörperunion Dresden, Außenstelle Gera, bis zu seiner Inhaftierung.

Mit Vertretern der Firma Indimant kam [Name 1] erstmals im Jahre 1969 im Rahmen von Verhandlungen der damaligen VVB und des AHB WMW-Export-Import über deren Liefermöglichkeiten von Diamantwerkzeugen in Gera in Verbindung. Dem Mitarbeiter der Firma, [Name 2], wurde [Name 1] als zuständiger Bearbeiter von Diamantwerkzeug-Importen der DDR-Industrie in diesen Verhandlungen benannt. Bereits während der Herbstmesse in Leipzig 1969 nahm der Geschäftsführer der Firma, [Name 3], in den dortigen Arbeitsräumen der VVB die Verbindung zu [Name 1] auf. Er erklärte, dass seine Firma am Aufbau und Ausbau von kommerziellen Beziehungen nach der DDR und somit an dem Erhalt von Lieferaufträgen äußerst interessiert sei, jedoch einer starken Konkurrenz aus der BRD gegenüberstehe. [Name 3] unterbreitete das Angebot, [Name 1] künftig materielle Vorteile zu gewähren, wenn dieser die Firma Indimant als Werkzeuglieferanten für den Bedarf der DDR-Industrie einsetzt und entsprechende Vertragsabschlüsse beim Außenhandel der DDR durchsetzt. [Name 1], der nach eigenen Angaben bereits seit Langem auf eine solche Chance der Bereicherung hoffte, erklärte in diesem Gespräch gegenüber [Name 3] seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Auf sein Verlangen erläuterte [Name 3] die Firmenstruktur dahingehend, dass die Firma Indimant dem Syndikat Van Moppes, mit dem Hauptsitz Basingstoke/Hampshire/Großbritannien, angehört und im Besonderen zur Bearbeitung des DDR-Marktes eingesetzt sei. [Name 1] wurde weiterhin dahingehend informiert, dass die Van-Moppes-Gruppe weitere Filialen in Frankreich, Italien, Spanien, Österreich, Indien, Australien, Schweden und Schweiz unterhält und das Monopol auf dem imperialistischen Markt vom Rohdiamanten bis zum Diamantwerkzeug besitzt. Nach Kenntnis dieser Zusammenhänge versicherte [Name 1] dem [Name 3], die ihm funktionell gegebenen Möglichkeiten der Steuerung von Diamant-Werkzeugimporten in die DDR-Industrie im Interesse der Firma Indimant und der Van-Moppes-Gruppe auszunutzen. Hinsichtlich der materiellen Abfindung für die Zusammenarbeit wurde die Beteiligung des [Name 1] in Höhe von 1 % an den Geschäftsumsätzen der Van-Moppes-Gruppe mit der DDR vereinbart.

Die strafbaren Handlungen des [Name 1] wurden unmittelbar nach der Leipziger Herbstmesse 1969 aktiviert, indem er dem Vertreter der Firma Indimant über den Bedarf der DDR-Industrie für das Jahr 1970 sowie über vorliegende Lieferangebote anderer Firmen informierte. [Name 1] erhielt die Struktur der Van-Moppes-Gruppe als wesentliches Mittel zur Kenntnis, um sich bei Importauslösungen nicht nur auf die Firma Indimant beschränken zu müssen und auch Lieferanten der Van-Moppes-Gruppe in Großbritannien, Frankreich, Italien, Österreich, Schweiz, Schweden, Spanien, Australien und Indien einschalten zu können.

Im Verlaufe eines ständig intensivierten Zusammenwirkens mit Firmenvertretern von Indimant hat [Name 1] systematisch die Importabhängigkeit bedeutender Industriezweige und Kombinate, wie der Wälzlagerindustrie, des Motorenbaues, der Glas- und keramischen Industrie, der Halbleiterfertigung, der Uhrenindustrie, des Automobilbaues und der Möbelindustrie, auf dem Gebiet der Diamantwerkzeuge von der Van-Moppes-Gruppe hergestellt und ausgebaut, bei der Auslösung der Importe und auftretenden Reklamationen an den gelieferten Erzeugnissen ständig das staatliche Außenhandelsmonopol durchbrochen und in großem Umfang bedeutende Betriebe zum Erprobungs- und Experimentierfeld der Firma Indimant missbraucht. Dadurch wurde der Lieferumfang der Firma Indimant und weiterer Filialen der Van-Moppes-Gruppe von 137 TDM im Jahre 1969 auf 1,6 Mio. DM im Jahre 1975 gegenüber der DDR erhöht.

Im Wesentlichen gelangten dazu folgende Methoden zur Anwendung:

Jährlich erfolgte die Auslieferung des Importbedarfs der DDR-Industrie aus nichtsozialistischen Staaten auf dem Gebiet der Diamantwerkzeuge entsprechend den dem [Name 1] im Planungs- und Bilanzierungsprozess zugänglichen Material- und Importplänen sowie Valutaplänen für die Jahre 1970 bis 1976 sowie den Perspektivplanzeitraum bis 1980. Diese Planpositionen übergab er der Firma Indimant in Form von Lieferspezifikationen, aufgeschlüsselt nach Werkzeugtyp, Menge und von den Bedarfsträgern vorgesehenen Herstellern sowie Einsatzterminen.

Dazu gab er in mündlicher Form detaillierte Informationen über die jeweiligen betrieblichen Bereiche und Anlagen der DDR-Industrie, deren Produktionsprofil und Bedeutung, vorgesehene Maßnahmen der Ablösung von NSW-Importen durch den Einsatz von Diamantwerkzeugen aus der UdSSR, anderen sozialistischen Staaten und der Eigenproduktion der DDR sowie die Höhe und Währungsaufgliederung der für NSW-Importe zur Verfügung stehenden Valutamittel.

Die Firma Indimant sowie die zur Van-Moppes-Gruppe gehörenden Firmen Precidia in Frankreich, Schleiftechnik Josef Hasler in Österreich1 und Van Moppes Diamond Tools India in Indien wurden als Diamantwerkzeug-Lieferanten eingeschaltet, obwohl durch die DDR-Bedarfsträger entsprechend vorliegender Importanträge der Bezug von Werkzeugen anderer Hersteller im NSW gefordert wurde. Nach jeweiliger Absprache mit [Name 3] und später mit [Name 4], der ebenfalls Vertreter der Firma Indimant ist, ging [Name 1] in der Weise vor, dass er

  • die Angebotseinholung von den geforderten Herstellerfirmen so lange hinauszögerte, bis durch [Name 4] ein Lieferangebot zu dem geforderten Werkzeugtyp vorlag;

  • vorliegende Lieferangebote anderer Hersteller an [Name 4] zu dessen Einschaltung als Zwischenhändler gegenüber der DDR oder zur Angebotsabgleichung auslieferte;

  • von [Name 4] erhaltene Musterwerkzeuge guter Qualität den DDR-Bedarfsträgern zur Erprobung übergab und, gepaart mit persönlicher Einflussnahme auf Materialwirtschaftler und Techniker in den DDR-Betrieben, die Veränderung der Importanträge auf die durch Indimant angebotenen Werkzeuge erreichte;

  • in Verhandlungen mit DDR-Bedarfsträgern die angebliche Seriosität und Lieferzuverlässigkeit der Firma Indimant hervorhob und Werbegeschenke zum Bekanntmachen der Firma verteilte.

Unter Anwendung dieser Methoden erreichte [Name 1] die Einschaltung der Firma Indimant als Werkzeuglieferant entgegen den Forderungen der Betriebe von 1970 bis 1976 z. B. in den Volkseigenen Betrieben Geräte- und Pumpenbau Merbelsrod, Spurenmetalle Freiberg, Wälzlagerwerk Fraureuth, Elektro-Keramik Sonneberg, Halbleiterwerk Frankfurt/O., Rotasym Pößneck, Werkzeugprüfmaschinen Leipzig, Lausitzer Glas Weißwasser, Strömungsmaschinenbau Pirna, Wälzlagerwerk Luckenwalde, Optima Erfurt, Nähmaschinenteilwerke Dresden, Modul Karl-Marx-Stadt, Industriewerke Karl-Marx-Stadt, Motorenwerke Nordhausen, Harmonika-Werke Klingenthal und Medizin- und Labortechnik Leipzig.

Abweichend von den zum Zustandekommen der Lieferverträge übergebenen Musterwerkzeugen und Lieferzusagen wurden diesen Betrieben durch die Firma Indimant in der Folgezeit Diamantwerkzeuge verminderter Qualität geliefert, wodurch die planmäßige Produktion gestört und insbesondere die Produktivität der mit den Werkzeugen bestückten Maschinen und Anlagen gemindert wurde.

Zur Niederschlagung der Reklamationen hat [Name 1]

  • keine offiziellen Reklamationsmeldungen an den AHB weitergegeben,

  • [Name 4] detailliert über die auftretenden Störungen und die konkreten Betriebsbedingungen informiert und

  • mit diesem die Argumentation zur Niederschlagung der Reklamationen bzw. deren Abschwächung gegenüber den DDR-Betrieben erarbeitet und auf diese Weise in jedem Fall die Auslösung von Sanktionen gegen die Firma Indimant verhindert.

Im Auftrag der Firma Indimant ließ [Name 1] in verschiedenen Industriebetrieben der DDR auf Kosten der Volkswirtschaft umfangreiche Tests und Erprobungen von Diamantwerkzeugen durchführen. Dazu forderte er von diesen Betrieben detaillierte Berichte über die Ergebnisse des Einsatzes der von der Firma Indimant übergebenen Musterwerkzeuge unter den spezifischen Produktionsbedingungen und übergab diese an [Name 4]. Darüber hinaus brachte er zielgerichtet ohne vertragliche Absicherung zum Zwecke der Erprobung Testwerkzeuge der Firma Indimant in den VEB Automobilwerke Eisenach, Autobahnbaukombinat Magdeburg, Görlitzer Schmuck- und Silberwaren, Werkzeugkombinat Schmalkalden, Pentacon Dresden, Spiegelwerke Wilsdruff und Glaswerk Döbern zum Einsatz, [Name 1] ging in diesem Zusammenhang so vor, dass er die Testwerkzeuge den Betrieben unter dem Deckmantel von Neuerervorschlägen zur Erhöhung der Produktivität der Maschinen und Anlagen anbot und übergab. Neben dem Abverlangen der Erprobungsberichte zur Weiterleitung an die Firma Indimant erreichte er bei den Bedarfsträgern, dass diese einen Techniker der Firma Indimant anforderten, sodass dieser unmittelbar an Erprobungsmaßnahmen teilnehmen konnte.

Im Jahre 1972 wurde [Name 1] durch [Name 3] und [Name 4] beauftragt, innerhalb der DDR Maßnahmen einzuleiten, um perspektivisch den Einfluss und die Steuerung sämtlicher Lieferungen von Diamantwerkzeugen in die DDR aus dem NSW der Firma Indimant als dazu beauftragte Filiale der Van-Moppes-Gruppe zu sichern. In einer gemeinsamen Beratung erfolgte die Festlegung, dieses Ziel mittels der Einrichtung eines Vertriebsbüros der Firma Indimant im Gebiet der DDR unter Leitung des [Name 1] durchzusetzen und die Einstellung der Fertigung von Diamantwerkzeugen im VEB Carl Zeiss Jena zu erreichen. Absprachegemäß erarbeitete [Name 1] ein als Neuerervorschlag getarntes Dokument an den Generaldirektor des VEB Carl Zeiss Jena, in dem er den ökonomischen Nachweis anzutreten versuchte, dass die Einstellung der Eigenfertigung von Diamantwerkzeugen aus importierten Rohdiamanten und deren Ersatz durch den Import kompletter Werkzeuge zu erheblichen volkswirtschaftlichen Einsparungen führen würde. Gleichzeitig fertigte er Abschriften der in der DDR geltenden gesetzlichen Bestimmungen über die Einrichtung von Büros ausländischer Firmen und übergab diese an [Name 4]. (Dieses Vorhaben scheiterte infolge Ablehnung durch das Ministerium für Elektrotechnik – Elektronik.)

Zur Absicherung und Tarnung seines Vorgehens führte [Name 1] jeweils vor und nach offiziellen Verhandlungen mit entsprechenden Einrichtungen und Bedarfsträgern der DDR Absprachen mit Vertretern der Firma Indimant, in deren Verlauf jeweils die taktische Verhaltensweise von [Name 1] festgelegt wurde. (Dazu gehörte z. B. die neutrale Aufmachung von Lieferspezifikationen sowie von Test- und Erprobungsberichten.)

Die Übergabe materieller Abfindungen an [Name 1] erfolgte in Beträgen bis maximal 500 DM, in Form von Sachwerten sowie mittels Paketsendungen unter Verwendung von Deckabsendern. (Der Einrichtung eines Kontos in der BRD stimmte [Name 1] nicht zu, da er die materielle Abfindung zur Gestaltung seiner Lebensweise in der DDR verwenden wollte.)

[Name 1] handelte aufgrund seiner ablehnenden Einstellung gegenüber unserem Staat als bezahlter Interessenvertreter einer kapitalistischen Firmengruppe. Er war als solcher bestrebt, den volkswirtschaftlichen und handelspolitischen Maßnahmen der DDR zum Abbau bestehender Abhängigkeitsverhältnisse zum kapitalistischen Wirtschaftssystem entgegenzuwirken. Die an ihn gezahlten Abfindungen kamen seinen Bestrebungen entgegen, unter den Bedingungen in der DDR die westliche Lebensweise zu pflegen. (Nach eigenen Angaben habe [Name 1] bereits 1954 sein ungesetzliches Verlassen der DDR durch Arbeits- und Wohnungssuche in Hof/BRD vorbereitet. Infolge familiärer Schwierigkeiten habe er jedoch von diesem Vorhaben Abstand nehmen müssen und sei – gezwungenermaßen – in der DDR geblieben.)

Das Vorgehen des [Name 1] wurde insofern begünstigt, als ihm die Durchführung der Importe von Diamantwerkzeugen durch die Leitung des Werkzeugmaschinenbaukombinates »7. Oktober«, Kombinatsbetrieb Schleifkörperunion Dresden, völlig selbstständig übertragen wurde und infolge der Nichtüberschreitung der jährlich vorgegeben Valuta-Mittel für NSW-Importe die Aufsichts- und Kontrollpflicht durch die Kombinatsleitung nicht wahrgenommen wurde. Sowohl bei den Bedarfsträgern als auch im Versorgungskontor für Diamantwerkzeuge in Jena und im AHB WMW-Export wurde [Name 1], ausgehend von den Festlegungen in der VVB Werkzeuge, Vorrichtungen und Holzbearbeitungsmaschinen in Gera im Jahre 1969 über die Bearbeitung der Werkzeugimporte, als kompetent betrachtet, selbstständig mit der Firma Indimant zu verhandeln und Detailfragen der Abwicklung der Lieferungen im Direktkontakt mit [Name 4] zu klären. Wesentlich begünstigend wirkte weiterhin, dass der Bereich des Importes von Diamantwerkzeugen im AHB ständig kadermäßig verändert wurde und somit keine exakte Übersicht über die Abwicklung der in Form von Globalverträgen mit über ein Planjahr sich erstreckenden Ausspezifizierungen der einzelnen Werkzeugtypen bestehender Liefervereinbarungen bestand.

Begünstigt wurden die Straftaten des [Name 1] insbesondere auch dadurch, dass er aufgrund seiner zentralen verantwortlichen Stellung auf dem Gebiet der Versorgung der Volkswirtschaft der DDR mit Diamantwerkzeugen, seiner langjährigen Tätigkeit auf dem Gebiet der Bilanzierung von Diamantwerkzeugen sowie durch hohes fachliches Wissen das Vertrauen leitender Mitarbeiter des Industriezweiges, des zuständigen Außenhandelsbetriebes und vieler Industriebetriebe gewonnen hatte.

Seine Vorschläge galten deshalb als fachlich fundiert und wurden nicht in Zweifel gezogen.

Noch im Verlaufe der geführten Untersuchungen gelang es,

  • die verbrechensbegünstigenden Bedingungen zu beseitigen,

  • die NSW-Importabhängigkeit bei Diamantwerkzeugen weitgehend einzuschränken,

  • die Entwicklung der zweiseitigen Zusammenarbeit mit der UdSSR zu fördern und

  • die eingetretenen Schäden durch Wiedergutmachungsleistungen zu reduzieren.

Dadurch war es innerhalb weniger Monate möglich, die zweiseitige Zusammenarbeit mit der UdSSR so zu entwickeln und die NSW-Importe an Diamantwerkzeugen in einem solchen Umfang zu reduzieren, dass die Lieferungen aus der UdSSR nunmehr einen beträchtlichen Teil des Importbedarfes der DDR sortiments- und qualitätsgerecht abdecken.

Die durch das verbrecherische Vorgehen des [Name 1] verursachten Produktionsausfälle, Kostenerhöhungen und Produktivitätsverluste wurden durch die Initiative und erhöhte Arbeitsintensität der Werktätigen in den betroffenen Betrieben sowie die sozialistische Hilfe der Industriebetriebe untereinander bis auf die effektiv eingetretenen betrieblichen Verluste in Höhe von ca. 250 000 Mark weitgehend gemindert.

Im Ergebnis der geführten Untersuchungen wurde weiter eine straffe Ordnung über die Bilanzierung des Importes von Diamantwerkzeugen erarbeitet, die ein wichtiges Arbeitsinstrument für eine den staatlichen Erfordernissen entsprechende Importtätigkeit ist.

Die kadermäßigen Bedingungen für eine entsprechende Neubesetzung der Schlüsselfunktionen des Bilanzierers wurden erfüllt.

Ein Teil des durch überhöhte Preisforderungen der BRD-Firma entstandenen finanziellen Schadens für die Volkswirtschaft der DDR wurde durch Wiedergutmachungsleistungen verringert.

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