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Synodaltagungen ev. Landeskirchen

28. März 1983
Information Nr. 111/83 über die in der Zeit vom 16. bis 23. März 1983 durchgeführten Synodaltagungen evangelischer Landeskirchen in der DDR

In der Zeit vom 16. bis 23. März 1983 fanden drei Frühjahrstagungen der Synoden folgender im Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR (BEK) vereinigter Landeskirchen statt:

  • Evangelisch-Lutherische Landeskirche Mecklenburgs vom 17. bis 20. März 1983 in Schwerin;

  • Evangelische Kirche des Görlitzer Kirchengebietes vom 18. bis 20. März 1983 in Görlitz;

  • Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens vom 18. bis 23. März 1983 in Dresden.

Außerdem tagte die Synode der Evangelischen Brüder-Unität Herrnhut1 (eine der Evangelischen Freikirchen, die der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen der Landeskirche der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens angeschlossen sind) vom 16. bis 20. März 1983 in Herrnhut.

Bis auf die Synode der Evangelischen Kirche des Görlitzer Kirchengebietes, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagte, nahmen an allen Synodaltagungen die Referenten für Kirchenfragen bei den Räten der Bezirke und Städte teil.

Insgesamt waren 13 ausländische ökumenische Gäste aus der BRD, den USA, England, der ČSSR und der VR Polen auf den Synodaltagungen anwesend.

Die Grußworte der ausländischen ökumenischen Gäste trugen keinen politisch bedeutsamen Charakter.

Als Vertreter westlicher Massenmedien nahm der BRD-Korrespondent Röder, Hans-Jürgen2 (epd) zeitweilig an den Synodaltagungen der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs in Schwerin und der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens in Dresden teil. Die Zulassung zur Berichterstattung von den Synodaltagungen war durch das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten erteilt worden.

Mitarbeiter diplomatischer Vertretungen wurden während der Synodaltagungen nicht festgestellt.

Im Mittelpunkt der Frühjahrssynoden standen folgende Schwerpunkte:

  • Bericht der Kirchenleitungen sowie Diskussion zum Bericht,

  • innerkirchliche und theologische Fragen (Bericht der Inneren Mission und Hilfswerk, landeskirchliche Haushaltsfragen, innerkirchliche Wahlgesetzgebung, Abendmahl und Taufe etc.),

  • Neubesetzung kirchenleitender Ämter:

  • Neuwahl der synodalen Mitglieder der Kirchenleitung der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs

  • Neuwahl des Präsidenten der Synode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens.

Nach vorliegenden internen Hinweisen enthält insbesondere der Bericht der Kirchenleitung der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs politisch beachtenswerte, teilweise negative Aussagen zum Verhältnis zwischen Staat und Kirche in der DDR, während in den Berichten des Görlitzer Kirchengebietes und der Landeskirche Sachsens politisch negative Aussagen weitgehend vermieden wurden.

Zum Verlauf der Synodaltagungen im Einzelnen:

Im Bericht der Kirchenleitung der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs wurde u. a. angeführt, dass »in unserem Land durch Atomschutzübungen die irrige Meinung gefördert wird, als ob bei einer atomaren Auseinandersetzung noch irgendein Schutz möglich sei«.3 Bischof Rathke4 hob hervor, dass man »sich schuldig mache«, wenn man weiterhin zulasse, dass »Kindern und Jugendlichen Waffen in die Hand gegeben werden, dass ihnen Lust gemacht werden soll zu schießen, dass sie sogar unter Druck eine Ausbildung an den Waffen mitmachen müssen«.

»Unerträglich« sei, »dass nach vorliegenden Informationen Lehrverträge, die mit Jugendlichen abgeschlossen waren, deshalb rückgängig gemacht wurden, weil sie nicht zur Ausbildung an der Waffe bereit waren.«

Bischof Rathke verwies weiter auf den Zusammenhang zwischen dem Karl-Marx-Jahr5 und dem Luther-Jahr6 und führte dabei aus:

»Karl Marx,7 aus jüdischem Hause kommend, wurde christlich getauft. Von Friedrich Engels,8 seinem Gefährten, wissen wir, dass er in einem pietistischen Elternhaus groß geworden, als junger Mann intensiv gebetet und selbst Gebete und Choräle verfasst hat. Wie muss diesen Männern die damalige Kirche begegnet sein, dass sie zu einer Ideologie kamen, die sich so scharf gegen die Kirche richtete … Werden wir heute bei uns mit Marxisten zusammengehen können? Dort, wo Menschen im Abseits Hilfe, Anerkennung und Verständnis brauchen?«

In einer Ergänzung zum Kirchenleitungsbericht betonte Bischof Rathke:

»… Das Menschenbild wird Gesprächsgegenstand gerade mit Marxisten sein müssen, um Menschen in der heutigen Zeit gemeinsam zu helfen.«

Zu dieser Äußerung vertraten Synodale in der anschließenden Diskussion u. a. solche Standpunkte, dass Friedensverantwortung auch aus kirchlicher Sicht politische Verantwortung sei und die Kirche ihre Standpunkte deutlich formulieren müsse; die offizielle Friedenspolitik der DDR in ihrer Glaubwürdigkeit durch den Wehrdienst, den Wehrunterricht9 beeinträchtigt werde und man sich nicht so sehr mit Frieden, sondern mehr mit der Freiheit für die Menschen beschäftigen solle, die hier in der DDR leben (Pastor Kuske,10 Neubrandenburg); keine Fortschritte im Dialog mit der Volksbildung erreicht wurden und man aus der Sicht kirchlicher Friedensverantwortung größere Aktivitäten entwickeln müsse (Pastor Hachtmann,11 Rostock).

Der weitere Verlauf der Diskussion zu dem von Bischof Rathke erstatteten Bericht wurde maßgeblich bestimmt durch Aussagen zur Friedenspolitik der DDR und zum »kirchlichen Friedensengagement«.

Von realen Positionen ausgehend wurde dem Entspannungsvorschlag der schwedischen Regierung12 zugestimmt (Dr. Seite13/Neubrandenburg) sowie eine ablehnende Haltung zu den zu erwartenden entspannungsgefährdenden Aktivitäten der CDU/CSU/FDP-Regierung in der BRD (Prof. Kiesow14/Rostock) zum Ausdruck gebracht.

Dagegen verwies der Synodale Beck15/Neubrandenburg im Einvernehmen mit Pastor Kuske/Neubrandenburg, auf angebliche Widersprüche zwischen »außen- und innenpolitischer Friedenspolitik« der DDR.

Auf Vorschlag des Synodalen Dr. Seite/Neubrandenburg wurde durch die Synode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs ein siebenköpfiger Synodalausschuss »Friedens- und Umweltfragen« gebildet, der während Synodaltagungen wirksam werden soll, um diesbezügliche Eingaben, Anfragen und sonstige themenbezogene Probleme zu erörtern.

Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die geplante koordinierende Funktion dieses Synodalausschusses zwischen den im Rahmen der Landeskirche existierenden Arbeitsgruppen »Friedens- und Umweltfragen«. Damit wurde ein Gremium in der Synode installiert, über das ständig die Fragen der Friedensarbeit und des Umweltschutzes auf die Tagungsordnung des Plenums gesetzt werden können.

Durch progressive Kräfte in der Synode wurde die ursprünglich durch feindlich-negative Kräfte geplante Konzentration politisch-negativer Personen in diesem Ausschuss verhindert.

Durch die hinlänglich als politisch-negativ bekannten Synodalen Vikar Hübener16/Schwerin und Bausoldat Heinrich17/Rostock wurden massive Bemühungen unternommen, die Synode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs zu Aussagen zu bewegen, die zu einer Verhärtung des Verhältnisses Staat – Kirche beitragen könnten. So richtete Vikar Hübener/Schwerin eine Eingabe an das Präsidium der Synode, die unter Bezugnahme auf den geplanten Bau eines Autobahnabschnittes vom Seehafen Wismar mit Anschluss an die Autobahn Wittstock – Zarrentin Angriffe insbesondere gegen angeblich zu geringe Umweltschutzmaßnahmen in der DDR und gegen die diesbezügliche Informationspolitik beinhaltet. Die Eingabe enthält u. a. folgende Aussagen:

»Die mutwillige Zerstörung letzter Reservate in einer vom Umwelt-Tod bedrohten Zeit ist unvereinbar mit einer christlichen Auffassung von Gottesschöpfung. Die Folgen dieser Gewaltplanung gegen die Natur sind offensichtlich und unwiderrufbar und zeigen sich in der Zerstörung letzter Lebensräume bedrohter Pflanzen und Tierarten, Zertrennung der Landschaft und gewachsener Lebensräume, Störung der Erholung und somit Gesundheitsgefährdung, Gefährdung der Bevölkerung durch vergiftetes Trinkwasser (durch Blei und Öl im Bereich Pinnower See), hemmungsloses Verkehrswachstum auf Kosten der Lebensqualität. Wenn die Gemeindesituation von Beunruhigung geprägt ist, sollten die hauptamtlichen Kirchenvertreter sich zum Sprecher dieser Unruhe machen …«

Hübener forderte weiter eine öffentliche Diskussion über ökologische Probleme durch »die betroffene Bevölkerung«.

Diese Aussagen von Hübener wurden in der Diskussion im Gemeindeausschuss der Synode inhaltlich von dem als feindlich-negativ bekannten Synodalen Wergin18 unterstützt.

Der in der Diskussion der Synode mehrfach mit politisch-negativen Aussagen und Zwischenrufen in Erscheinung getretene Bausoldat Heinrich/Rostock versuchte durch zwei Anträge die Problematik des Wehrdienstes ohne Waffen in der Synode zur Diskussion zu stellen. So forderte er die Synode u. a. auf, mit zuständigen staatlichen Stellen Gespräche zu führen, um zur Veränderung des »unhaltbaren Zustandes« der Isolierung der Bausoldaten19 von den Waffen tragenden Soldaten beizutragen, wobei er darauf verwies, in Auslegung der Verfassung der DDR müssten in jedem Falle auch Kontakte bis in die Unterkunftsgebäude gewährleistet sein. In seinem zweiten Antrag an die Synode forderte Heinrich von der Synode eine klare Distanzierung von der sozialistischen Verteidigungs- und Friedenspolitik im Sinne eines »bewaffneten Friedens«.

Die Diskussion zu beiden Anträgen im Plenum der Synode konnte durch politisch-realistische kirchenleitende Amtsträger unterbunden werden.

Im Zusammenhang mit der Mitgliedschaft des Heinrich/Rostock im neugegründeten Synodalausschuss »Friedens- und Umweltfragen« ist jedoch mit weiteren diesbezüglichen Aktivitäten innerhalb dieses Ausschusses zu rechnen.

Im Ergebnis der Synode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs wurden zwei »eigene Beschlüsse« gefasst. Im ersten Beschluss setzt sich die Synode für eine beharrliche Fortführung der Bemühungen um Gesprächsführung mit Einrichtungen der Volksbildung ein. Es wurde beschlossen, für die Herbsttagung 1983 zum Thema Friedensfragen als kompetenten Referenten Dr. Romberg, Walter20/Berlin und als mitarbeitenden Gast Pastor Dr. Bindemann21/Rostock zu gewinnen.

Weiterhin verabschiedete die Synode eine »Stellungnahme« zu Fragen des Friedens. Der Beschluss, der als Anlage 1 im Wortlaut beigefügt wird, wurde mit Mehrheit bei sechs Stimmenthaltungen angenommen.

Durch das Auftreten progressiver und loyaler Synodalen gelang es, die von reaktionären/kirchlichen Kräften unterbreiteten Beschlussvorschläge, die auf eine Konfrontation zwischen Staat und Kirche abzielten, zu verhindern.

Im Verlauf der Synodaltagung brachte Landesbischof Dr. Rathke zum Ausdruck, dass er sich für die »Wiederwahl als Landesbischof aus theologischen und anderen Einsichten« heraus nicht zur Verfügung stelle. »Mein Platz ist nun da, woher ich gekommen bin, in der Gemeinde.« (Die Neuwahl des Landesbischofs der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs ist auf der Herbsttagung der Landeskirche vom 10. bis 13.11.1983 geplant).

Im Rahmen der Synodaltagung der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs erfolgte die Neuwahl folgender Synodaler in die Kirchenleitung dieser Landeskirche:

  • Diplom-Physiker Bartsch, Hans-Joachim22/Rostock

  • Diplom-Forstwirt Gürtler, Christoph23/Kratzeburg

  • Schmidt, Johanna24/Rostock (Hausfrau)

  • Pastor Dürr, Martin25/Beritz

  • Pastor Romberg, Wilfried26/Ludwigslust

Bei diesen fünf neugewählten synodalen Mitgliedern der Kirchenleitung der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs handelt es sich um politisch-loyale bzw. politisch-schwankende kirchliche Personen.

Während der Tagung der Synode im Schwerin wurde am 17.3.1983 im Schaukasten des Doms in Schwerin ein handgefertigtes Plakat – für das Propst Voß27 und Pastor Roettig28 verantwortlich zeichnen – mit folgendem Text ausgehängt:

»Lieber Karl Marx | Ja, Du hast Recht. Viele von uns missbrauchen Religion als Opium. Danke für Deine harte Kritik. Aber lass Dir bitte auch etwas sagen: Viele von uns erleben Religion als Vitamin. Schade, dass Du solchen Christen offenbar zu wenig begegnet bist!«

Die Entfernung des Plakates wurde veranlasst.

Im Mittelpunkt der Kirchenleitungsberichte und Plenardiskussionen der Synodaltagungen in Dresden, Görlitz und Herrnhut standen vorrangig innerkirchliche und theologische Fragen.

Beachtenswert sind jedoch bestimmte negative Diskussionen und Haltungen von einigen dem MfS namentlich bekannten Synodalen und anderen kirchlichen Kräften.

Am Abschlusstag der Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche Sachsens wurde auf Initiative des Sozial-Ethischen Synodal-Ausschusses ein Beschluss verabschiedet, der u. a. stark ausgeprägte pazifistische Tendenzen enthält. So wird die Kirchenleitung aufgefordert, sich bei der Regierung der DDR einzusetzen für die »Unterlassung von Demonstrationen militärischer Macht«; den Abbau des Militärischen in Bildung und Erziehung«; die »Achtung der Menschen, die sich eigenständig um Frieden bemühen, und für den Verzicht auf die Ausübung von Druck bei der Werbung für militärische Berufe« sowie für »weitere konkrete Angebote bei den Abrüstungsverhandlungen in Wien und Genf«.29 (Der Wortlaut des Beschlusses wird als Anlage 2 beigefügt.)

Es ist vorgesehen, den Beschluss allen Kirchengemeinden der Landeskirche zur weiteren Verwendung zu übersenden.

Im Rahmen der Synodaltagung der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens stand die Neuwahl des Präsidenten der Synode auf der Tagesordnung. Als Nachfolger für den aus Altersgründen ausscheidenden bisherigen Präsidenten der Synode, Cieslak30/Dresden, wurde durch die Synode im 3. Wahlgang gewählt: Dr. Ing. Gaebler, Rainer31/Leipzig (45), Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Brennstoffinstitut Freiberg/Bereich Leipzig.

Bei Dr. Ing. Gaebler, Rainer handelt es sich um einen politisch-loyalen kirchenleitenden Amtsträger, der bisher politisch nur selten öffentlich in Erscheinung trat.

In der Plenardebatte und in den Synodalausschüssen der Evangelischen Kirche des Görlitzer Kirchengebietes waren Bemühungen einiger hinlänglich bekannter politisch-negativer Synodaler festzustellen, Beschlussvorlagen zur »Vertiefung der Partnerschaftsbeziehungen zu den Gemeinden in der BRD« und »Richtlinien der Friedensarbeit« zu initiieren. So wurden z. B. von Pfarrer Havenstein32/Daubitz die Vorkommnisse in Jena aufgegriffen. Dabei versuchte er u. a. in provokatorischer Weise Bischof Leich33 zu unterstellen, dass seine Ausführungen in der Friedenskirche Jena zu den Vorgängen in Jena34 nicht den Tatsachen entsprochen hätten. Durch politisch-realistische Mitglieder der Kirchenleitung wurden sowohl die Aussagen Pfarrer Havensteins als auch analoge Aussagen anderer Synodaler zurückgewiesen.

In der Berichterstattung der Ausschüsse vor der Synode wurde eine Vorlage mit insgesamt 27 Punkten zur Beschlussfassung vorgelegt, die u. a. auch politisch-negative Feststellungen und Forderungen beinhalten. So wurde u. a. von der Kirchenleitung gefordert,

  • »Richtlinien zur ›Friedensarbeit‹ herauszugeben, mit dem Ziel, die Kirche für alle Friedensaktivitäten, unabhängig von welchen Personen sie ausgelöst würden, offenzuhalten«;

  • der ständige Ausschuss »Friedensverantwortung« solle auf der Grundlage von Ausarbeitungen der Konferenz der Kirchenleitungen und der katholischen Kirche »Verfahrensrichtlinien zur seelsorgerischen Beratung« in Fragen des Wehrdienstes und der Wehrerziehung erarbeiten;

  • das Gespräch mit staatlichen Stellen über Fragen der Volksbildung weiter zu suchen und zu fördern;

  • sich im Bereich der Partnerschaft zur Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Oldenburg für eine Erweiterung der gegenseitigen Besuchsmöglichkeiten einzusetzen. Die Besuchsmöglichkeiten sollen auf Kirchenkreis- und Gemeindeebene der geübten Praxis bei Provinzialsynoden entsprechen.

Durch progressive Kräfte konnte erreicht werden, dass die obengenannten Forderungen keinen Eingang in die Abschlussmaterialien der Synode fanden, sondern an die Ausschüsse zurückgewiesen und zum Teil von dort zurückgezogen wurden.

Die Synode der Evangelischen Brüderunität Herrnhut schloss sich in einem Brief an den Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR (BEK) der Erklärung der Bundessynode von Halle 1982 zu Friedensfragen35 an.

In diesem Brief wird ausdrücklich der Entspannungsvorschlag der schwedischen Regierung und die diesbezügliche positive Reaktion seitens der Regierung der DDR gewürdigt.

Weiterhin beschloss die Synode der Evangelischen Brüderunität Herrnhut die Entsendung eines Briefes an die Brüdergemeinde in den USA, in dem diese aufgefordert wird, in einer Erklärung an den amerikanischen Kongress die Einstellung der Einmischung der USA in die inneren Angelegenheiten Nicaraguas36 zu fordern. Die Synode würdigte, dass der Innenminister von Nicaragua37 Mitglied der Brüdergemeinde ist und im Sommer dieses Jahres die Brüdergemeinde in Herrnhut besuchen wird.38

Des Weiteren wurde ein Brief an die Brüdergemeinde in Nicaragua entsandt, in dem die Hoffnung zum Ausdruck gebracht wird, dass die Probleme in Nicaragua ohne Einmischung der USA gelöst und die Differenzen zwischen den »Brüdern in Ost- und Westnicaragua« überwunden werden können.

Im Auftrage des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR erschien am 19.3.1983 Bischof Forck aus Berlin/Brandenburg. Er richtete ein Grußwort des Bundes an die Synode und äußerte sich u. a. positiv dazu, dass es ihm ermöglicht wurde, in den Haftanstalten der DDR Wehrdienstverweigerer sprechen zu dürfen.

Internen Hinweisen zufolge brachte eine Reihe Teilnehmer der Synode in Pausengesprächen Besorgnis dahingehend zum Ausdruck, dass es in der DDR Erscheinungen gäbe, wonach Berufsbewerber keine Lehrstellen vermittelt bekämen, wenn sie die geforderte vormilitärische Ausbildung an den Berufsschulen ablehnen. Es wurde provokatorisch die Frage aufgeworfen, inwieweit in der DDR auch Berufsverbote praktiziert würden.

Die Information ist wegen Quellengefährdung nur zur persönlichen Kenntnisnahme bestimmt.

Anlage 1 zur Information Nr. 111/83

Stellungnahme der Synode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs zu Fragen des Friedens

»Im Interesse des Lebens wird es in Ost und West notwendig sein, eine Politik der Abschreckung durch ein Konzept der gemeinsamen Sicherheit als wirkliche Friedenspolitik zu ersetzen.

Christen und Nichtchristen, Frauen und Männer, alte und junge, wir alle sind aufgerufen, glaubwürdige, konstruktive Beiträge für den Frieden zu leisten. Die Bergpredigt ist zu einer großen Herausforderung und Verheißung geworden … das Jahr 1983 kann entscheidend für die Zukunft des Friedens in Europa und der Welt werden. Kriegsverhütung ist das Gebot unserer Zeit. Das heißt für Christen, dass auch in jedem Gottesdienst konkret für das Gelingen der Friedensbemühungen gebetet werden muss.

Als Christen und Kirche müssen wir bekennen, dass die Beachtung politischer Fragen nicht immer und nicht ausreichend als Teil unseres Auftrages erkannt wurde. Herausgefordert durch die derzeitige militär-politische Situation entnehmen wir der biblischen Botschaft entsprechende Impulse zu Mitarbeit an einer politischen Friedensordnung. Dazu gehören der Gewaltverzicht und die Ächtung von Massenvernichtungswaffen aller Art.

Kriegsverhütung ist eine Aufgabe, die konfessionelle und weltanschauliche Grenzen überschreitet. Die Synode nimmt darum bewusst Fragen auf, die von Christen und Nichtchristen in unserem Land gestellt werden. Die Synode unterstützt alle aufrichtigen Friedensinitiativen und sie hofft, dass die Vorschläge, die in den letzten Monaten von der Schwedischen Regierung und den sozialistischen Staaten vorgelegt worden sind, aufgenommen werden und möglichst bald zu konkreten Ergebnissen führen.

Sie sieht in der Prager Deklaration39 ein wichtiges Verhandlungsangebot. Der Schwedische Vorschlag zur Schaffung einer nukleargefechts-feldwaffenfreien Zone zwischen den Militärbündnissen in Mitteleuropa ist Konkretion eines sicherheitspolitischen Ansatzes, der nicht auf Geist und Logik der Abschreckung basiert, sondern auf der gemeinsamen Sicherheit.

Wer erfolgreiche Verhandlungen wünscht, muss auf seine Glaubwürdigkeit achten. Zahlreiche Menschen in unserem Land fragen, ob in dieser Hinsicht wirklich konsequent verfahren wird. Belastende Methoden der Werbung Jugendlicher als Soldat auf Zeit und für die Offizierslaufbahn, die systematische Verbreitung militärischer Gedanken unter Kindern und Jugendlichen sowie verschiedene ZV-Maßnahmen40 sind Faktoren, die solche Glaubwürdigkeit im Verhandlungsprozess infrage stellen können.

Die Synode bittet die verantwortlichen Politiker unseres Landes, ernsthaft zu prüfen, ob die genannten Maßnahmen die Friedenspolitik unseres Staates wirklich unterstützen.

Die Synode nimmt besorgt zur Kenntnis, dass junge Männer unseres Landes durch Militärgerichte zu Freiheitsstrafen verurteilt wurden, weil sie den Dienst in den bewaffneten Organen der NVA ablehnten. Sie wurden dazu gegen ihren erklärten Willen, in Baueinheiten dienen zu wollen, eingezogen.

Die Synode geht davon aus, dass die zuständigen staatlichen Organe den Wunsch junger Männer, ihren Wehrdienst in Baueinheiten der NVA abzuleisten, nach wie vor als Ausdruck konkreten persönlichen Friedenswillen akzeptieren und respektieren.

Die bisher erreichten Klärungen sehen wir als positives Zeichen. In diesem Jahr wird über die Aufstellung neuer nuklearer Raketen in Westeuropa entschieden. Die Gemeinden unserer Landeskirche sollten ihre Partnerbeziehungen zu Gemeinden in Gliedkirchen der EKD nutzen, um Gespräche mit ihnen im gemeinsamen Interesse nach Wegen aus der Kriegsgefahr zu suchen. Auch der schwedische Vorschlag sollte dabei als ein möglicher Schritt zum Frieden in Mitteleuropa zur Sprache kommen.«

Anlage 2 zur Information Nr. 111/83

Antrag des Sozial-Ethischen Ausschusses

Die Synode wolle beschließen:

Der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen, Philip Potter,41 mahnte auf der Abrüstungskonferenz der UNO 1982:

»Wir leben in einer apokalyptischen Stunde zwischen Leben und Tod. Wir müssen uns an 5. Mose 30,19 erinnern:

›Ich habe euch Leben und Tod, Segen und Fluch vorgelegt, damit ihr das Leben erwählt und am Leben bleibt, ihr und eure Nachkommen.‹«

Die konventionelle und nukleare Rüstung hat ein Ausmaß erreicht, das alles Leben auf unserer Erde gefährdet und Gottes Schöpfung zerstören kann.

Es ist ein tödlicher Irrtum zu meinen, dass nur auf eigene Sicherheit bedachte Militärpolitik heute noch Schutz bieten kann. Deshalb sagen wir gemeinsam mit der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen in der DDR:

»Der Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR ist verschiedentlich für das friedenspolitische Konzept der ›Gemeinsamen Sicherheit‹ eingetreten. Als einen Beitrag zur schrittweisen Verwirklichung dieses Konzepts, wie es die unabhängige Kommission für Abrüstung und Sicherheit (›Palme-Bericht‹) entfaltet hat, begrüßt die Konferenz den Vorschlag der Regierung Schwedens, eine von nuklearen Gefechtsfeldwaffen freie Zone in Mitteleuropa [zu] schaffe[n].

Die Bereitschaft der Sowjetunion und der DDR zu Verhandlungen über diesen Vorschlag sollte für konkrete Vereinbarungen benutzt werden, die zugleich wichtige Impulse gäben, ein Gleichgewicht konventioneller Rüstung in Europa zu erreichen.

Der schwedische Vorschlag ist, ebenso wie der in der Prager Deklaration der Warschauer Vertragsstaaten42 vom Januar 1983 enthaltene Vorschlag eines Vertrages über Gewaltverzicht, nur ein erster Schritt auf dem Wege zu einer militärischen Entspannung in Mitteleuropa. Umso wichtiger ist es, dass solche Schritte wirklich gegangen werden und dass sich auch unsere Kirchen dafür einsetzen.«

(Aus dem Beschluss der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen in der DDR vom 13. März 1983)

Zur Friedensdekade 1980 haben wir gesagt: »Frieden schaffen – ohne Waffen«. Heute sagen auch Politiker in Ost und West: »Frieden schaffen – mit immer weniger Waffen«. Damit deuten sie ihre Bereitschaft an, Schritte zur Minimierung der nuklearen und konventionellen Waffen zu wagen.

D. 308.03.83.160

Wir bitten unsere Kirchenleitung und die Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen in der DDR, sich in Gesprächen mit der Regierung der DDR dafür einzusetzen, dass diesen Worten solche Zeichen folgen, die die Aufstellung neuer Raketen in Europa verhindern und den Abbau vorhandener ermöglichen, denn wir haben Angst vor den Folgen jeder weiteren Aufrüstung.

Solche Zeichen wären für uns:

  • Unterlassung von Demonstrationen militärischer Macht

  • Abbau des Militärischen in Bildung und Erziehung

  • Achtung auch der Menschen, die sich eigenständig um Frieden bemühen und Verzicht auf die Ausübung von Druck bei der Werbung für militärische Berufe

  • weitere konkrete Angebote bei den politischen Verhandlungen in Wien und Genf, um gemeinsame Sicherheit auf möglichst niedrigem militärischem Niveau zu erreichen.

Außerdem bitten wir, die begonnenen Gespräche mit der Russisch-Orthodoxen Kirche, dem Nationalrat der Kirchen Christi in den USA (NCCC) und der Evangelischen Kirche in Deutschland fortzusetzen. Entsprechend der Empfehlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Dresden 198143 sollten die Ergebnisse der Gespräche unserer Regierung übergeben werden.

Das Landeskirchenamt wird gebeten, diesen Beschluss den Gemeinden zur Kenntnis zu geben.

gez. Wegert44 | Vorsitzender und Berichterstatter

  1. Zum nächsten Dokument Einnahmen, Mindestumtausch, 21.–27.3.1983

    30. März 1983
    Information Nr. 112/83 über die Entwicklung der Einnahmen aus der Durchführung des verbindlichen Mindestumtausches für die Zeit vom 21. März 1983 bis 27. März 1983

  2. Zum vorherigen Dokument Einnahmen, Mindestumtausch, 14.–20.3.1983

    24. März 1983
    Information Nr. 102/83 über die Entwicklung der Einnahmen aus der Durchführung des verbindlichen Mindestumtausches für die Zeit vom 14. März 1983 bis 20. März 1983