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Lage in Berlin und in den Bezirken

[Ohne Datum]
Zusammengefasster Bericht über die Ereignisse um 22.00 Uhr am 17.6.1953 [Meldung Nr. 2/53]

Bezirk Berlin

Nach einer Meldung um 18.35 Uhr wurden auf die Warschauer Straße Flugblätter durch Flugzeuge abgeworfen. In der Gegend der Museumsinsel wurden Ballons mit Flugblättern abgeworfen. Die Trapo Friedrichstraße wurde verständigt. Die 5. Kompanie der Wachbereitschaft Berlin besetzte um 19.30 Uhr die Ruinen entlang der Leipziger Straße in Richtung Potsdamer Platz sowie in der Tiefe bis zur Richtung der alten Reichskanzlei bis kurz vor das Brandenburger Tor. Durch die Abteilung VII wurde um 19.45 Uhr gemeldet, dass durch die HV DVP, HA Kripo, festgestellt wurde, dass am heutigen Tage aus den Untersuchungsgefängnissen Magdeburg/Neustadt und Gommern 500 Häftlinge befreit wurden. In Görlitz 160 Häftlinge, in Brandenburg 80 Häftlinge, in Halle ist die Zahl noch unbekannt.1 Von der Kripo wird nach diesen Personen gefahndet.

Bezirk Frankfurt/Oder

Nach einer Meldung um 18.45 Uhr zeigte sich, dass im Bezirk Frankfurt/Oder zahlreiche Streiks ausgebrochen sind. Ca. 150 Bauarbeiter in Fürstenwalde erbrachen das Tor des Reifenwerkes DEKA2 und forderten die Arbeiter zum Streik auf. Es streikten: Reifenwerk, Gaselan und Stahlguss in Fürstenwalde. Durch FDJ-ler wurde verhindert, dass der Demonstrationszug die Stadtverwaltung in Fürstenwalde besetzen konnte. Fünf Wagen der Bau-Union Spree, die mit Demonstranten beladen waren, riefen andere Arbeiter zum Streik auf. Die Kalk- und Zementwerke Rüdersdorf streikten. Sie entsandten eine Delegation von fünf Personen nach Berlin. Unter ihnen befand sich auch der BGL-Vorsitzende. Im Eisenhüttenkombinat »Stalin« streikten ca. 500 Personen der Bau-Union. Die Bauarbeiter der Stalinstadt sind jedoch nicht in Streik getreten.

Im Eisenhüttenkombinat »Stalin« versuchten Insassen des Pkw [Nr.] RIAS-Nachrichten zu verbreiten. Personen sollen ermittelt und evtl. festgenommen werden. Sonst ist im Eisenhüttenkombinat »Stalin« und in Stalinstadt Ruhe.

In Eberswalde streikte EKM. Im ABUS Kranbau wurde eine positive Resolution gegen die Streikenden angenommen. Die Freunde3 besetzen EKM. Dort wurde die Arbeit zum Teil wieder aufgenommen.

Im Kreis Strausberg streikten die Arbeiter der Bau-Union Spree und kleinere Gruppen der Herzfelder Ziegelei und der Baumechanik.

Bezirk Dresden

Nach einem Bericht um 19.30 Uhr war die Dienststelle Niesky noch immer besetzt. Feindliche Elemente versuchen, die Dienststelle in Brand zu legen. Unsere Mitarbeiter befinden sich im Keller. Die telefonische Verbindung ist abgebrochen.

Bezirk Leipzig

Hier fanden einige kleinere Arbeitsniederlegungen am 16.6.1953 statt.

Die Arbeiter nahmen die Arbeit wieder auf, nachdem die Betriebsleitung bis zum 30.6.1953 die alte Norm wieder anerkannte. Ebenso wurde im VEB Nestmann für zwei Stunden gestreikt.

Der Rädelsführer des Überfalles auf das VP-Revier (Trapo) Leipzig Hauptbahnhof, bei welchem 40 Schusswaffen entwendet wurden, ist der ehemalige Trapoangehörige Kaiser.4 Er wurde festgenommen und sitzt bei der Trapo Leipzig Hauptbahnhof ein. Es wird empfohlen, denselben so schnell als möglich nach Berlin zu überführen.

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    [Ohne Datum]
    Über die Lage am 17. Juni 1953 in Groß-Berlin und der DDR [Meldung Nr. 3/53]

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    [Ohne Datum]
    Bericht über die Ereignisse in Berlin und in der Republik am 17. Juni 1953 bis 19.30 Uhr [Meldung Nr. 1/53]