Direkt zum Seiteninhalt springen

Analyse vom 1. bis 15. April 1954

28. April 1954
Analyse vom 1. bis 15. April 1954 [Nr. 7/54]

Industrie und Verkehr

Über den IV. Parteitag der SED wurde in der Berichtsperiode nur in verhältnismäßig geringem Maße diskutiert.1 Unter einem Teil der Arbeiter, stärker unter den Angestellten und der Intelligenz, war eine gewisse Interesselosigkeit festzustellen. Dies ist teilweise mit darauf zurückzuführen, dass die Agitations- und Aufklärungsarbeit, besonders die individuelle Aufklärungsarbeit in den Betrieben, unzureichend war. In den nur gering bekannt gewordenen Diskussionen wurde meist Zustimmung zur Beibehaltung der Lebensmittelkarten2 oder zur Durchführung der Volkskammerwahlen im Oktober 1954 geäußert.3 So erklärte ein Arbeiter aus dem Buna-Werk: »Es ist ganz gut, wenn die Karten bleiben. Dann bekommen wir wenigstens Fleisch, Wurst und Butter und die Rentner können sich auch etwas kaufen. Hoffentlich kommt bald nach dem IV. Parteitag eine Preissenkung, denn die Preise für Lebensmittel und Arbeitskleidung sind gegenüber unserem Verdienst zu hoch.« Ein Kumpel aus dem »Martin Hoop«-Schacht 3 in Zwickau,4 [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Die kommende Wahl im Herbst dieses Jahres wird nicht nur unsere Republik weiterhin stärken und festigen, sondern uns auch einen großen Schritt der Einheit unseres Vaterlandes näherbringen.«

Teilweise wurde eine gewisse Enttäuschung zum Ausdruck gebracht, da man eine Preissenkung, Erhöhung der Rationen oder Abschaffung der Lebensmittelkarten erwartet hatte. Zum Beispiel sagte ein Angestellter vom Rohrwerk Riesa,5 Dresden: »Ich habe noch bis zum letzten Augenblick gerechnet, dass eine Preissenkung beschlossen wird. Meine Hoffnungen wurden aber nicht erfüllt.« Ein Hauer vom Wismut-Schacht 18/53:6 »Die Partei hat uns versprochen, dass noch in diesem Jahr die Lebensmittelkarten wegfallen. Wir haben aber vergeblich darauf gewartet.«

Über die politische Bedeutung des IV. Parteitages und die gefassten Beschlüsse waren die Diskussionen nur gering. Meist waren es Mitglieder unserer Partei und fortschrittliche Kräfte, die dazu Stellung nahmen. Verschiedentlich wurden anlässlich des IV. Parteitages Selbstverpflichtungen von den Werktätigen übernommen. Im VEB Schuhfabrik Zwönitz, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, wurden zum Beispiel 53 Einzelverpflichtungen zur Verbesserung der Produktion und Steigerung der Arbeitsproduktivität übernommen. Im RFT-Röhrenwerk »Anna Seghers« in Neuhaus, [Bezirk] Suhl, wurde die Verpflichtung übernommen, eine Sonderschicht anlässlich des IV. Parteitages zu leisten.

Negative und feindliche Stimmen zum IV. Parteitag wurden nur vereinzelt bekannt. Meist zeigen sich darin eine feindliche Einstellung zur Partei und Regierung sowie der Einfluss der westlichen Hetzsender. Ein Arbeiter vom VEB Jenapharm in Jena, [Bezirk] Gera: »Es ist nicht der Wunsch der Bevölkerung, dass die Lebensmittelkarten noch nicht abgeschafft werden. Das ist der Wunsch der Regierung.«

Ein Arbeiter vom Bahnbetriebswerk Stralsund, [Bezirk] Rostock: »Die vorgesehenen Wahlen im Herbst können nicht andere sein, als die, die wir zuletzt hatten. Das waren keine Wahlen, sondern eine Volksverdummung. So einen Blödsinn soll man nicht als Wahlen bezeichnen. Die kann sich Walter Ulbricht7 an den Hut stecken. Zu solchen Wahlen müsste kein Mensch gehen.«8 Ein Arbeiter von der Vulkanisieranstalt Meinz in Neustrelitz,9 [Bezirk] Neubrandenburg: »Die machen einen Parteitag nach dem anderen. Damit machen sie sich ja nur lächerlich. Bis jetzt ist noch nichts Gescheites herausgekommen. Die sollen uns nur nicht zum Narren halten. Wenn wir das machen würden, wäre es schon besser.«

Über die Note der Sowjetunion vom 31.3.1954 an die Westmächte wurde in nur geringem Umfange meist von Arbeitern diskutiert.10 Gegen Ende der Berichtszeit wurde nur noch vereinzelt, meist von fortschrittlich eingestellten Personen, darüber gesprochen. Die Mehrzahl der Stimmen war positiv. Charakteristisch ist folgende Meinung: Ein Arbeiter aus dem VEB TEWA Breitungen,11 [Bezirk] Suhl: »Jetzt müssen die Westmächte beweisen, ob der Nord-Atlantik-Pakt ein Verteidigungspakt oder gegen die Sowjetunion gerichtet ist.12 Durch diese Note werden die westlichen Mächte in eine miserable Lage gedrängt.«

Negative Äußerungen wurden nur vereinzelt bekannt. Zum Beispiel erklärte ein Arbeiter aus dem VEB »Aufbau« in Apolda, [Bezirk] Erfurt: »Für uns Arbeiter bringt die Note doch nichts. Der Ami hat den Russen ganz schön in die Enge getrieben. Deshalb denkt der Russe, dass der Nord-Atlantik-Pakt durch seinen Eintritt unschädlich gemacht wird.«

Ein Schmied vom Wismut-Schacht, Revier 3 in Oberschlema, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Was ist denn das nun wieder, es gibt sowieso bald einen Krieg. Die Sowjetunion will dem Pakt beitreten, aber sie kann ja doch nicht den Krieg aufhalten.«

Ein Arbeiter vom Bahnbetriebswerk Güstrow, [Bezirk] Schwerin: »Wenn es der SU gelingt, in diesen Nord-Atlantik-Pakt einzutreten, dann haben sie bald über ganz Europa zu bestimmen und das wäre nicht gut.«

Produktionsschwierigkeiten traten in der Berichtsperiode in fast allen Bezirken auf, sind jedoch gegenüber dem Monat März etwas zurückgegangen. Im Bezirk Rostock traten besonders in den Werften größere Produktionsschwierigkeiten auf. Die Ursachen waren meist Mangel an Rohstoffen, Materialien und unregelmäßige Materiallieferungen, ferner Fehlen von Arbeitskräften und schlechte Qualität des Materials. Zum Beispiel die Mathias-Thesen-Werft Wismar benötigte im ersten Quartal 1954 1 668,5 Tonnen Walzmaterial, erhielt jedoch nur 908,5 Tonnen. Die Zulieferung für das zweite Quartal ist noch völlig ungeklärt.

Im VEB Vereinigte Hutwerke Guben, [Bezirk] Cottbus (ca. 1 000 Beschäftigte), ist die Rohstofflieferung unregelmäßig, wodurch mit Einführung von Kurzarbeit zu rechnen ist.

Im Konstruktionsbüro der volkseigenen Polysiuswerke Dessau13 bestehen Schwierigkeiten, da die jetzt tätigen Konstrukteure überaltert und oftmals krank sind. Dadurch ist das Konstruktionsbüro nicht in der Lage, die Chinaaufträge zu bewältigen.

In dem VEB Pumpen- und Gebläsewerke Leipzig wurde der Quartalsplan nur zu 36,2 Prozent erfüllt, da angeblich durch Mangel an Facharbeitern die Qualität der Gussstücke sehr schlecht ist.

Unzufriedenheit bestand bei Arbeitern einiger Betriebe besonders wegen Lohn-, Prämien- und Normenfragen, Versetzungen von Kollegen sowie wegen schlechter Arbeitsorganisation. In der Güterabfertigung Schwerin fordern z. B. die Lademeister, dass sie höher eingestuft werden und zwar in die Lohnstufe 5. In der Volkswerft Stralsund sind die Arbeiter über die Normen unzufrieden. Ein Schweißer äußerte: »Wenn die Normen heraufgesetzt werden, dann kippen die Arbeiter im Sommer wie die Fliegen um.« Einige wollen deshalb ihr Arbeitsverhältnis kündigen.

Im Rohrwerk des Stahl- und Walzwerkes Riesa sind die Arbeiter über die Verzögerung der Auszahlung der Prämien für den gewonnenen Wettbewerb im ersten Quartal missgestimmt. Ein Arbeiter äußerte dazu: »Ich glaube, da müssen wir wieder einmal ordentlich aufräumen.«

Im Schacht 269 der Wismut in Freital bestand aufgrund der durchgeführten Versetzungen eine sehr schlechte Stimmung, da den Versetzungen keine Aufklärung vorausging. Vereinzelt hat man sogar Kollegen, die im Krankenhaus lagen, die Versetzungen dorthin geschickt. Durch Gerüchteverbreitung wurde die Missstimmung verstärkt.

Beim VEB Hochbau-Objekt Stalinallee-Süd in Berlin beeinträchtigt die schlechte Arbeitsorganisation den Produktionsablauf. Des Öfteren fallen Maschinen aus, was Arbeits- und damit auch Lohnausfall nach sich zieht.

Handel und Versorgung

Während der Berichtsperiode bestand eine große Nachfrage nach Bohnenkaffee, der in fast allen Bezirken nicht erhältlich ist.

Durch Kürzung des Kontingentes an HO-Fleischwaren kann verschiedentlich die Bevölkerung nicht voll versorgt werden. So z. B. sind in einzelnen Kreisen der Bezirke Frankfurt und Cottbus die Bestände für Monat April aufgebraucht.

In einigen Bezirken, wie z. B. in Magdeburg, Halle, Frankfurt/Oder, Leipzig und Rostock, wurde über eine schlechte Warenstreuung vor allem in den ländlichen Gebieten geklagt. Besonders fehlt es an Bettwäsche, Textilien sowie Haushaltsgegenständen. Besonders klagten die Bewohner der Insel Rügen über eine mangelhafte Belieferung von Artikeln des täglichen Bedarfs.

Landwirtschaft

Unter der Landbevölkerung wurde wenig zu politischen Tagesfragen Stellung genommen, meist nur in den Kreisen des sozialistischen Sektors, nur vereinzelt von Klein- und Mittelbauern, und die großbäuerlichen Elemente hielten sich in ihren Äußerungen fast ganz zurück. Während der Berichtspierode haben die Stimmen zum IV. Parteitag, die meist positiv waren, an Umfang kaum zugenommen. Über die politische Bedeutung des IV. Parteitages wurde sehr wenig gesprochen. Meist nur über wirtschaftliche Fragen, die mit dem IV. Parteitag in Zusammenhang standen, wie z. B. die Ankündigung einer umfassenden Preissenkung oder die Beibehaltung des Markensystems. So z. B. erklärte ein Arbeiter der MTS Görlsdorf, [Bezirk] Cottbus: »Ich begrüße die Ankündigung des IV. Parteitages, dass noch in diesem Jahr eine umfassende Preissenkung durchgeführt wird.«

Allgemein wurde die Beibehaltung der Lebensmittelkarten auch von der Landbevölkerung begrüßt und es kam zu Äußerungen, wie z. B. eine LPG-Bäuerin aus Schönberg,14 [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Der IV. Parteitag hat richtig gehandelt, indem die Lebensmittelkarten noch nicht abgeschafft werden. Unser Preisgefüge ist noch nicht auf dem Stand, dass die Karten wegfallen können, sondern erst müssen noch ein paar Preissenkungen erfolgen.«

Negative Äußerungen zum IV. Parteitag wurden nur ganz vereinzelt bekannt. Sie beinhalten meist wirtschaftliche Probleme. So z. B. äußerte ein Großbauer aus Priemern, [Bezirk] Magdeburg: »Ich hatte mir vom Parteitag der Kommunisten mehr versprochen. Ich hatte erwartet, dass man das Soll herabsetzt und nicht, dass man die Hektarerträge erhöht.«

Während der Berichtszeit wurden nur ganz vereinzelt Stimmen zur Note der SU an die Westmächte vom 31.3.1954 bekannt. Sie drückten meist Zustimmung aus, so wie z. B. die Äußerung eines Traktoristen (parteilos) aus Strasburg, [Bezirk] Neubrandenburg, der Folgendes zur Note der SU sagte: »Da kann man wieder einmal die Diplomatie der SU sehen. Jetzt kommen die Westmächte nicht umhin, Farbe zu bekennen. Lehnen sie ab, mit der Sowjetunion zu verhandeln, so stellen sie unter Beweis, dass der Nord-Atlantik-Pakt ein Pakt gegen die friedliebenden Staaten ist.«

Die Frühjahrsbestellung ist im vollen Gange. Im Großen und Ganzen kann gesagt werden, dass sie planmäßig verläuft und die Schwierigkeiten überwunden werden. Die Getreideaussaat ist ziemlich beendet. Dabei war zu verzeichnen, dass es verschiedentlich an Saatgetreide mangelte, so wie z. B. in einzelnen Kreisen des Bezirkes Magdeburg, wo Bauern dazu übergegangen sind, Futtergetreide zur Aussaat zu nehmen, da ihnen nicht genügend Saatgut zur Verfügung stand. Dadurch entstanden ernste Schwierigkeiten in der Futterbereitstellung.

Zum Teil zeigt sich bei der Kartoffelaussaat, dass mitunter größere Mengen an Saatkartoffeln fehlten. So wie z. B. im Kreis Wolgast, [Bezirk] Rostock, 2 400 dz Pflanzkartoffeln oder wie bei der LPG Frauenmark,15 [Bezirk] Schwerin, 200 dz Saatkartoffeln.

Verschiedentlich äußern Bauern Unzufriedenheit über die Regelung der Düngemittelzuteilung und überhaupt wird über die unzureichenden Mengen geklagt. So z. B. äußerte ein Bauer aus Züweden,16 [Bezirk] Neubrandenburg: »An alles wird gedacht, nur nicht an uns. Zum Beispiel bekommen wir erst den Kalidünger, wenn wir bereits kurz vor der Ernte stehen.«

Über die unzureichende Futtermittelzuteilung wird immer wieder aus den Bezirken berichtet. So z. B. wurde dem Kreis Bautzen, [Bezirk] Dresden, von den benötigten 2 500 Tonnen Futtergerste bisher erst 30 Tonnen geliefert. (80 Rinder mussten z. T. wegen Unterernährung geschlachtet werden.)

Übrige Bevölkerung

Aufgrund des IV. Parteitages standen besonders die wirtschaftlichen Fragen, wie Beibehaltung der Lebensmittelkarten und HO-Preissenkung im Mittelpunkt der Diskussionen. Größtenteils wurde die Beibehaltung der Lebensmittelkarten von der übrigen Bevölkerung begrüßt. Ganz besonders von Rentnern und Hausfrauen. Hierzu einige Beispiele:

Eine Hausfrau aus Lobenstein, [Bezirk] Gera: »Ich freue mich, dass die Karten beibehalten werden und wir die Lebensmittel für den normalen Preis kaufen können. Dadurch verschlechtert sich der Lebensstandard der Familie nicht. Andernfalls hätte man doch mit einer Erhöhung der Preie rechnen müssen.«

Eine Rentnerin aus Flöha, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, äußerte: »Das ist ja fein von der Regierung, dass die Karten noch bleiben, denn wir als ältere Leute hätten ja sonst darunter zu leiden gehabt. Wir müssen erst so viel billige und gute Waren herstellen, dass es für jeden reicht.«

Teilweise wurde von Hausfrauen zum Ausdruck gebracht, dass die Fleischmarken voll beliefert werden müssten oder eine Erhöhung der Rationen erfolgen sollte. So äußerte z. B. eine Hausfrau aus Magdeburg: »Mein Mann bekommt die A-Karte,17 das ist ganz schön und gut, aber ich bekomme ja nur für 1 kg Fleischmarken 800 g Ware. Die Regierung müsste endlich einmal die Vollbelieferung der Lebensmittelkarten beschließen.«

Eine Hausfrau aus Werneuchen, [Bezirk] Frankfurt: »Da die Lebensmittelkarten weiter beibehalten werden, haben wir wenigstens die Zusicherung, dass wir unsere Lebensmittel weiterhin erhalten. Es wäre aber gut, vor allem für die Rentner, wenn die Rationen etwas erhöht würden.«

Vereinzelt zeigt sich Enttäuschung über die Beibehaltung der Lebensmittelkarten. Ein Einwohner aus Aue, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Erst hat es im vergangenen Jahr geheißen, die Marken fallen 1954 weg und jetzt bleiben sie weiter bestehen. Nun sie haben es eben noch nicht.«

Die Stimmen, die zur Preissenkung bekannt wurden, brachten oft Enttäuschung zum Ausdruck, da man gehofft hatte, dass nach dem IV. Parteitag eine Preissenkung erfolgt. Eine Hausfrau aus Zossen, [Bezirk] Potsdam: »Ich habe vom Parteitag mindestens eine Preissenkung erwartet. Leider bin ich in diesem Fall enttäuscht worden. Vom Jahr der großen Initiative ist nach meiner Meinung nach nicht viel zu merken.«18

Zu den politischen Problemen des IV. Parteitages (Rechenschaftsbericht des Genossen Walter Ulbricht)19 wurden nur ganz selten Stimmen bekannt. Diese waren meist positiv. Ein Friseurmeister aus Gera äußerte: »Die Partei der SED wird uns allen helfen, denn so offen wie uns Walter Ulbricht den Weg aufzeigt, den wir gehen müssen, hat es bisher noch niemand getan. Die Maßnahmen und Verordnungen, die getroffen werden, sind gut und tragbar für das ganze Volk und wir müssen alle zusammen stehen, um die Machenschaften der Westmächte zunichtezumachen.«

Zur Note der Sowjetunion an die Westmächte vom 31.3.1954 wurde ebenfalls nur wenig diskutiert, jedoch waren die uns bekannt gewordenen Stimmen fast alle positiv. Hier ein Beispiel: Ein Angestellter, Mitglied der LDPD aus Dresden: »Ich freue mich ehrlich, dass die Sowjetunion einen so guten diplomatischen Schachzug gemacht hat, um den Nord-Atlantik-Pakt beizutreten. Die Westmächte werden jetzt in Angstschweiß kommen.«

Feindtätigkeit

Die Verbreitung von Flugblättern und Hetzschriften hat sich in der 1. Aprilhälfte etwas verringert. Gegenüber 626 000 Flugblättern in der 2. Märzhälfte verringerte sich die Zahl auf 577 200. Schwerpunkte waren: Berlin (112 000), die Bezirke Karl-Marx-Stadt (130 100), Potsdam (84 000), Frankfurt mit 55 000.

Diese Hetzschriften wurden meist mit Ballons eingeschleust und gebündelt oder durch Suchkommandos sofort sichergestellt. In den meisten Fällen handelt es sich um Hetzschriften des Ostbüros der SPD,20 NTS,21 KgU,22 UFJ23 und Ostbüro der CDU.

Zum großen Teil richtet sich der Inhalt dieser Hetzschriften gegen die Viermächtekonferenz24 und gegen die Ausführungen des Genossen Molotow.25 Demgegenüber werden freie Wahlen nach dem Eden-Plan propagiert.26

Vom Ostbüro der SPD und KgU wurden in der Berichtsperiode Hetzschriften herausgegeben, die sich besonders gegen den IV. Parteitag der SED richten und Funktionäre verleumden.

Von der SPD, KgU und UFJ wird zur »Langsamarbeit« in unseren Betrieben aufgefordert sowie Anleitung gegeben, wie unsere Wirtschaft geschädigt werden kann (Krankmeldungen und dergleichen).

Vom UFJ wird in den Hetzschriften besonders gegen die Entwicklung auf dem Lande (gegen die LPG) gehetzt. Ähnlich auf dem Gebiete der Eisenbahn.

Von der KgU (Widerstandsgruppe Mecklenburg) wurde offen zu Sabotage- und Diversionshandlungen aufgerufen.

Neben diesen aufgeführten Hetzschriften werden noch immer Auflagen aus dem Jahre 1953 von diesen Agentenzentralen27 eingeschleust.

Antidemokratische Schmierereien und Handlungen wie Zerstörung von Transparenten und Fahnen sowie Anschmieren von Hakenkreuzen und Hetzparolen wurden vereinzelt aus fast allen Bezirken berichtet.

Terrorfälle wurden insgesamt vier bekannt. Diese richteten sich gegen einen FDJ-Funktionär, gegen ein Mitglied der SED, gegen ein Mitglied der LPG und gegen einen VP-Angehörigen.

Diversionshandlungen wurden in 17 Fällen bekannt. Davon sechs in der Industrie, zehn in der Landwirtschaft und eine im Transportwesen. In sechs Fällen konnte ein Sachschaden durch rechtzeitiges Feststellen verhindert werden.

Brandstiftungen: In einem Falle wurde in der Landwirtschaft eine Brandstiftung durchgeführt, in zwei weiteren Fällen in der Landwirtschaft sowie in einem Falle in der Industrie wird Brandstiftung vermutet.

  1. Zum nächsten Dokument Zur Beurteilung der Situation

    28. April 1954
    Informationsdienst Nr. 2191 zur Beurteilung der Situation

  2. Zum vorherigen Dokument Zur Beurteilung der Situation

    27. April 1954
    Informationsdienst Nr. 2190 zur Beurteilung der Situation