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Zur Beurteilung der Situation

4. Februar 1954
Informationsdienst Nr. 2104 zur Beurteilung der Situation

Die Stimmung der Bevölkerung in der DDR

Den vorliegenden Berichten zufolge, hat sich in der Stimmung der Bevölkerung keine wesentliche Veränderung ergeben.

Feindtätigkeit

Am 3.2.1954 wurden in Briefkästen der Post Erfurt selbstgefertigte Hetzblätter mit der Aufschrift: »Freie Wahlen – SED weg – es lebe der 17. Juni« vorgefunden.

Am 3.2.1954 wurden in Magdeburg in den Briefkästen einiger Häuser mit einem Druckkasten gefertigte Hetzschriften gefunden. Inhalt: »Wir wollen alle Kriegsgefangenen aus Russland.«

Durch einen Angestellten des Magistrats Berlin-Lichtenberg wurde bekannt, dass in Berlin-Mahlsdorf und Biesdorf sowie in den Randgebieten Berlins gefälschte Lebensmittelkarten im Umlauf sind.1 Weiterhin, dass in Westberlin Bierflaschen aus dem demokratischen Sektor für 50 Pfennig (Westgeld) gekauft werden. Da unsere Kaufleute dadurch ein Flaschenmanko haben, bekommen sie von der Brauerei keine neuen Kästen.

In der Nacht vom 2. zum 3.2.1954 wurde eine Baubude der Straßenbaumeisterei auf der Autobahn Erfurt-Ost in Brand gesteckt und ein öffentlicher Fernsprecher mit einem Stein zertrümmert. Sachschaden: 1 000 DM.

Die Stimmung der Bevölkerung im demokratischen Sektor von Groß-Berlin

Über die Vorschläge des Genossen Molotow,2 insbesondere über den Entwurf eines Friedensvertrages,3 wird unter breiten Kreisen der Bevölkerung Berlins, besonders unter den Arbeitern, positiv diskutiert. Eine Jugendliche aus Berlin-Mitte: »Molotow hat wieder äußerst konstruktive Vorschläge gemacht, an denen die drei Westaußenminister einiges zu knabbern haben. Wenn sie bisher immer den sowjetischen Friedensentwurf totschwiegen, können sie jetzt nicht drum rum, ihre Stellungnahme abzugeben. Jeder Tag entlarvt die westlichen Außenminister aufs Neue.«

Die zweifelnde und abwartende Haltung hat sich etwas verstärkt. Die abwartende Haltung tritt besonders unter der Intelligenz, aber auch stark in anderen Bevölkerungsschichten auf. Unter den zweifelnden Stimmen gibt es eine Reihe, die der SU die Schuld für ein eventuelles Scheitern der Konferenz geben.4 Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften haben größtenteils folgenden Standpunkt: »Mal sehen, was herauskommt.«

Eine Hausfrau, Dettelbacher Weg: »Die Vier machen doch, was sie wollen, da wird nicht viel bei herauskommen. Wir kleinen können dazu auch nichts tun.« Eine Hausfrau aus Berlin C 2:5 »Drei Parteien sind sich schon einig, wenn die vierte auch zustimmen würde, wäre es gut. Aber bei der Konferenz wird nichts herauskommen, weil die Vierte andere Ziele verfolgt.«

Die negativen Stimmen sind im Verhältnis zu den positiven gering. Unter den negativen Stimmen herrscht die Parole »freie Wahlen«6 und Sowjethetze vor. Ein Gastwirt aus Berlin, Rigaer Straße: »Molotow und die Zonenregierung fürchten doch die ›freien Wahlen‹, weil sie sonst hinweggefegt würden.«

Ein FDJ-Gruppenleiter7 des VEB Steinmetz Berlin-Lichtenberg:8 »Die Russen werden Deutschland aufgeben und die Amerikaner ganz Deutschland besetzen. Der 17.6.[1953] hat gezeigt, dass die Russen in Deutschland nichts mehr zu bestellen haben.«

Angstkäufe sind in einer Reihe von Fällen in allen Teilen Berlins festzustellen. Unter anderem werden auch die Lebensmittelkarten völlig abgekauft. So z. B. in den Lebensmittelgeschäften Schönhauser-/Kastanien-Allee.

Die Stimmung in den Ministerien: Zum größten Teil ist die Stimmung zur Außenministerkonferenz in den Ministerien positiv. Durch die ablehnende Haltung des amerikanischen Außenministers Dulles9 mehren sich die Stimmen, die an einem positiven Ausgang der Konferenz zweifeln. Die negativen Stimmen sind geringfügig und feindliche Stimmen selten.10 Gegenüber den Ministerien und anderen staatlichen Institutionen sind die negativen Stimmen in den Zentralen Konstruktions- und Projektierungsbüros stärker. Unter den negativen Stimmen gibt es eine ganze Reihe solcher, die nicht aufgeklärt sind und fälschlicherweise die Feindparole von den »freien Wahlen« benutzen. Eine Sekretärin aus dem Ministerium für Maschinenbau: »Wenn ›freie Wahlen‹ stattfinden sollten, dann braucht man die faschistischen Parteien in Westdeutschland gar nicht verbieten. Die sind ja bekanntlich in der Minderheit und aus der DDR wird sie bestimmt keiner wählen.«

Zum Teil macht sich der Einfluss des RIAS bemerkbar. Ein Angestellter aus dem Ministerium für Schwerindustrie: »Vielleicht werden die Westmächte versuchen, Deutschland zu einem politischen Hohlraum durch Neutralitätsklauseln zu machen. Es ist möglich, dass die SU einginge darauf, aber das wäre ja schlecht.«

Unter den feindlichen Stimmen ist die Feindparole »freie Wahlen« und Hetze gegen die SU vertreten. Ein Ingenieur aus dem Zentralen Konstruktionsbüro: »Die Russen haben sich alles selbst versaut. Aber die haben sich von Anfang an alles nicht richtig überlegt und so genommen, dass sie keinen Anklang mehr finden. Ihre Politik war derart plump, dass es dümmer gar nicht mehr ging.«

Ankunft der westlichen Außenminister: Die amerikanische, englische und französische Delegation trafen hintereinander um 14.50 Uhr vor der sowjetischen Botschaft ein. Unter den Linden war viel Publikum, stark vertreten waren auch die Westberliner jenseits des Brandenburger Tors.11 Zwischenfälle oder besondere Ereignisse sind nicht zu verzeichnen.12

Stimmen aus Westberlin

Ein Teil der Westberliner Arbeiter hat erkannt, dass der sowjetische Außenminister die Interessen der Arbeiterklasse vertritt und fordert, dass deutsche Vertreter aus Ost und West an den Verhandlungen teilnehmen.13 Im Betrieb AEG Brunnenstraße wird von den Arbeitern positiv zur Viererkonferenz diskutiert und gefordert, dass deutsche Vertreter aus Ost und West an den Verhandlungen teilnehmen. Sie stehen auch positiv zum Memorandum der Regierung der DDR.14

Ein SPD-Genosse der Firma Hansen, Stahlmöbelbau, Berlin SO 36,15 Waldemarstraße, erklärte in einer Betriebsversammlung zur deutschen Frage, »man müsse das Ende der Konferenz abwarten, Molotow werde es schon schaffen, dass im Mai/Juni eine Fünferkonferenz zusammentritt.«16

Ein erwerbsloser Arbeiter erklärte: »Dulles ist ein Vertreter der Geldsäcke und Molotow ist der Vertreter und Verfechter des Sozialismus. Am Verhandlungstisch sitzen nur zwei Partner, Molotow und Dulles, England und Frankreich sind abhängig von Amerika, Eden17 und Bidault18 sagen nur das, was ihnen von Dulles gestattet ist.«

Wie aus vorliegenden Berichten ersichtlich ist, setzen auch kleinbürgerliche Kreise ihre Hoffnungen auf den sowjetischen Außenminister und erwarten durch die Herbeiführung der Einheit Deutschlands eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage. Ein Geschäftsmann aus Berlin-Wilmersorf: »Wir hören täglich mit Spannung die Berichte. Nach acht Jahren könnte man uns doch endlich den ersehnten Frieden geben. Für uns persönlich ist es ja die Existenzfrage, so geht es hier nicht mehr weiter.« Ein Gewerbetreibender: »Molotow weiß was er will, wir warten alle auf eine positive Entscheidung und wollen, dass die Grenzen endlich fallen.«

Ein Angestellter: »Die Vorschläge Molotow zur Einheit Deutschlands sind ganz gut, jedoch spricht er immer das Gleiche und geht nicht von seiner Meinung ab, wodurch die Herstellung der Einheit Deutschlands erschwert ist.«

Von einem nicht geringen Teil der Bevölkerung treten die verschiedensten Argumente gegen die Bemühungen des sowjetischen Außenministers in Erscheinung (»freie Wahlen«, die SU wünscht keine Einheit usw.). Im Betrieb Barko & Wittenau in Reinickendorf forderten alle Betriebsangehörigen »freie Wahlen« nach dem Vorschlag der Westmächte.

Der Arbeitslose [Name 1]: »Ich halte nichts von der Konferenz und meine Meinung ist die, der Russe lehnt alles ab und dann wird der EVG-Vertrag angenommen und es gibt wieder Arbeit.«19

Der Inhaber der Gaststätte »Sportklause« Potsdamer Straße am Sportpalast: »Ich bin der Ansicht, dass die Einigung scheitert, weil der ›Russe‹ unerfüllbare Forderungen stellt. Auch meine Gäste wünschen den ›Russen‹ zum Teufel.«

Ein Grafiker aus Berlin SO 36,20 Lausitzer Platz: »Erst wenn die Grenzen Deutschlands von 1938 wieder hergestellt sind, besteht eine reale Grundlage für den Frieden.«

Ein Arbeiter: »Man soll sich auf der Außenministerkonferenz nicht mit internationalen Problemen beschäftigen, sondern nur mit der Deutschlandfrage, dadurch, dass die internationale Frage seitens der SU mit der Deutschlandfrage verquickt wird, ist eine Einigung von vornherein infrage gestellt.«

Ein Angestellter aus Berlin-Neukölln: »In unserem Kreis macht man sich wenig Hoffnungen auf einen guten Ausgang der Viererkonferenz. Weder Ost noch West werden siegen, es wird noch jahrelang so weitergehen.«

Eine Dolmetscherin vom Tempelhofer Flugplatz: »Man weiß, dass die Sowjets nicht von ihren Forderungen abgehen können, um bei vorangehenden Wahlen keinen Prestigeverlust zu erleiden. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass bei freien gesamtdeutschen Wahlen die SPD als Führungspartei hervorgehen wird. Die Amerikaner werden mit allen Mitteln versuchen, für Deutschland einen Friedensvertrag durchzusetzen und vor allem die Sowjets dazu zu bringen, einer Beteiligung zuzustimmen.«

Anlage vom 4. Februar 1954 zum Informationsdienst Nr. 2104

Stimmung zur Viermächtekonferenz

Betriebe

In Diskussionen, die ein großer Teil der Werktätigen meist über die Ausführungen des sowjetischen Außenministers Genossen Molotow führt, wird oft zum Ausdruck gebracht, dass nur von sowjetischer Seite die Interessen des deutschen Volkes vertreten werden. Von der Belegschaft des VEB Innenkunst in Bützow,21 [Bezirk] Schwerin, wurde z. B. eine Protestresolution verfasst, in der erneut die Zulassung von deutschen Vertretern gefordert wird.

Mit ihrer Unterschrift forderten die Kumpel des Edelstahlwerkes Döhlen,22 [Bezirk] Dresden, erneut die Teilnahme einer gesamtdeutschen Delegation. Sieben Brigaden der Abteilung Hammerwerk fuhren unter der Losung »Mehr und besserer Stahl für den Frieden« eine Sonderschicht.

Der Arbeiter [Name 2] vom VEB Zuckerfabrik Lübz, [Bezirk] Schwerin: »Man kann im westlichen Lager die Initiative der SU nicht so einfach abschütteln, denn die sowjetische Diplomatie hat einen anderen Stil und vor allen Dingen meint es die SU ehrlich mit uns. Demgegenüber wollen die Westmächte das deutsche Volk nur durch Phrasen täuschen.«

Der Arbeiter [Name 3] aus dem VEB Blechwarenfabrik Schleiz, [Bezirk] Gera: »Weil ich gegen den Krieg bin, unterstütze ich die Vorschläge des sowjetischen Außenministers Molotow. Es müssen deutsche Vertreter aus Ost und West gehört werden. Da dies von den drei westlichen Außenministern abgelehnt wird, ist zu ersehen, dass sie kein Interesse an einem geeinten Deutschland haben.«

Der Technologe [Name 4] von der Volkswerft Stralsund, [Bezirk] Rostock: »Ich bin der Meinung, dass die Frage der Wahl erst zwei Jahre nach Bestehen der provisorischen Regierung durchgeführt wird, dann haben die Leute aus Ost und West Zeit sich aneinander zu gewöhnen.«

Von einem nicht geringen Teil der Werktätigen werden Zweifel an einem positiven Ausgang der Konferenz geäußert. Im VEB Wittenberger Zellstoffwerke, [Bezirk] Schwerin, wird von einem großen Teil der Arbeiter zum Ausdruck gebracht, dass nun schon zehn Tage verhandelt wird, aber kein wirksames Resultat zu verzeichnen ist. Mehrere Arbeiter äußern, dass schon jetzt festzustellen ist, dass keine Einigung erzielt werde. Zehn Angestellte im Schwermaschinenbau »7. Oktober« in Magdeburg diskutierten folgendermaßen: »Das deutsche Problem wird an den freien Wahlen scheitern, da jeder auf seinem Standpunkt steht und keiner Zugeständnisse macht.«

Geringer treten solche Diskussionen in Erscheinung, die sich gegen die Vorschläge des sowjetischen Außenministers richten. Der Arbeiter [Name 5] aus dem VEB Borna,23 [Bezirk] Leipzig: »Die Reden, die die Außenminister der Westmächte gehalten haben, lassen klar erkennen, dass sie die Politik der SU nicht mitmachen. Wir können es ihnen auch nicht verdenken. Die Forderungen, die Molotow aufgestellt hat, gehen zu weit.«

Der Lehrling [Name 6] von der Neptun-Werft Rostock: »Wenn die SU die alten Grenzen wiederherstellt, ich meine, wenn die Oder-Neiße-Grenze verschwindet, wird das ganze Volk hinter Molotows Ausführungen stehen. So wie ich, denken viele, bloß sie sagen nichts. Ein großer Teil ist mit der Oder-Neiße-Grenze nicht einverstanden.«

Die Jugendliche [Name 7] aus dem VEB Seidenweberei Bernau,24 [Bezirk] Frankfurt, vertritt die Ansicht, »dass man den Vorschlägen des Außenministers Eden in Bezug auf die Durchführung von freien Wahlen stattgeben solle«.25

Ein großer Teil der Lehrlinge des Reichsbahnbetriebswerkes Bernau vertritt folgende Meinung: »Freie Wahlen ja, wer die Mehrheit hat, der wird auch gewinnen. Warum setzt sich Molotow überhaupt mit einem Kriegsverbrecher, wie man immer Dulles nennt, an einen Tisch.«

Landwirtschaft

Von fortschrittlichen Kreisen werden die Vorschläge Molotows mit Genugtuung und Hoffnung aufgenommen. Werktätiger Bauer [Name 8] aus Parchen, [Kreis] Genthin, [Bezirk] Magdeburg: »Besonders hat mich beeindruckt, als Molotow über die beiden Weltkriege sprach und dabei den Unterschied zwischen dem deutschen Volk und dem deutschen Militarismus machte.«

Mittelbauer [Name 9] [aus] Oberböhmsdorf, [Kreis] Schleiz, [Bezirk] Gera: »Die Westmächte denken an keine Wiedervereinigung Deutschlands, sonst hätten sie die Vorschläge Molotows, der sich mit aller Kraft für den Frieden einsetzt, unterstützt. Aber noch ist nicht aller Tage Abend.«

Die zweifelnden Stimmen auf dem Lande haben sich etwas verstärkt. Ein Teil dieser Stimmen gibt der SU die Schuld bei einem eventuellen Scheitern der Konferenz. Waldarbeiterin [Name 10] aus Golßen, [Kreis] Luckau, [Bezirk] Cottbus: »Ich nehme an, dass keine Einigung erzielt wird und dass es nach der Konferenz zu einem Krieg kommt.« Mittelbauer [Name 11] aus Nochten, [Bezirk] Cottbus: »Die großen Herren werden nicht fertig mit ihren Beratungen. Sie werden auch nichts erreichen. Der Russe geht darauf nicht ein, was die Westmächte wollen. Er hat seinen Kopf für sich.« Bauer [Name 12] aus Lökendorf,26 [Bezirk] Schwerin: »Es wird zu keiner Einigung kommen, da Russland die Weltherrschaft anstrebt und alles bolschewisieren will.«

Andere negative Stimmen fordern »freie Wahlen«, »freie Wirtschaft«, Revision der Oder-Neiße-Grenze usw. Großbauer [Name 13] aus Schlabendorf, [Bezirk] Cottbus: »Es müssten freie Wahlen durchgeführt werden, damit wir endlich eine freie Wirtschaft erhalten.« Bauer [Name 14] aus Jahmen, [Bezirk] Schwerin: »Am 6.3.1954 kommt es anders, die westlichen Außenminister haben bewiesen, dass Molotow nicht machen kann was er will.« Kollege [Name 15], MTS Grammertin, [Bezirk] Neubrandenburg: »Der EVG-Vertrag besagt doch nichts anderes als bei uns die Nationalen Streitkräfte.27 Deshalb haben auch wir das Potsdamer Abkommen nicht gehalten.«28

Bevölkerung

Der fortschrittliche Teil der Bevölkerung erkennt im sowjetischen Außenminister Molotow den einzigen Interessenvertreter des deutschen Volkes und unterstützt seine Vorschläge. Der Lehrer [Name 16] von der Zentralschule Geithain, [Bezirk] Leipzig: »Der Außenminister Molotow vertritt auf der Viererkonferenz als Einziger von den vier Außenministern die wirklichen Interessen des deutschen Volkes.«

Die Angestellte [Name 17] vom Rat des Kreises Schmalkalden, [Bezirk] Suhl: »Der Außenminister Molotow hat zu Beginn der Konferenz bewiesen, dass die SU der beste Fürsprecher des deutschen Volkes ist. Es ist der Wille der werktätigen Menschen in ganz Deutschland, dass auf dieser Konferenz die Voraussetzungen zu demokratischen Wahlen geschaffen werden, d. h. dass der Faschismus und Militarismus sowie der EVG-Vertrag zunichtegemacht werden müssen.«

Ein Einwohner aus Karl-Marx-Stadt: »Der Außenminister Molotow hat auf der Viererkonferenz den Deutschen aus dem Herzen gesprochen, als er sagte, dass man Deutsche aus Ost und West zur Beratung der Deutschlandfrage hinzuziehen soll. Die westlichen Außenminister haben nicht die Absicht, ernsthaft über die Deutschlandfrage zu verhandeln, denn sie fürchten ein einiges Deutschland.«

Besonders in kleinbürgerlichen Kreisen wird über die Durchführung »freier Wahlen« diskutiert. Ein selbstständiger Bildhauer aus Dippoldiswalde, [Bezirk] Dresden: »Ich möchte nur die Angst von unseren begründet wissen, warum sie so einen Dampf vor den ›freien Wahlen‹ haben. Wenn sie meinen, dass das, was sie machen, das Richtige ist, dann werden sie auch 100-prozentig gewinnen. Ich nehme natürlich an, dass es umgekehrt ausfallen wird.«

Reisende im Personenzug von Schwerin nach Falkensee: »Bei der Konferenz kommt nichts heraus. Wenn ›freie Wahlen‹ durchgeführt werden, dann muss der Russe gehen und der ganze Rummel in der DDR hat ein Ende. Die sogenannte Friedensgrenze wird verschwinden und wir können in unsere Heimat zurück.«

Ein Drogist aus Dresden: »Mögen sie reden was sie wollen, die Hauptsache ist, es kommen ›freie Wahlen‹, dann sind die, die hier reden, erledigt.«

Stimmen aus Westberlin

Ein Arbeiter aus Berlin-Neukölln: »Von uns sowie von der Politik der UdSSR hängt das Wohl der Arbeiterschaft ab. Sollte der sowjetische Außenminister Molotow auf den Vorschlag des englischen Außenministers eingehen, dann gute Nacht Arbeiterdeutschland. Lieber verzichte ich auf eine Wiedervereinigung. Wenn man Augen und Ohren offenhält, dann sieht und hört man Sachen, dass einem die Galle überlaufen kann.«

Der Besitzer eines Lichtspieltheaters: »Der Außenminister Molotow hat bei der Konferenz einen schweren Stand. Trotzdem hat er fast alles erreicht, was er erreichen konnte. Ich glaube nicht, dass die Konferenz bis zum Schluss durchgeführt wird, viel eher nehme ich an, dass man sich vertagt.«

Ein Stadtinspektor der Baupolizei Berlin-Charlottenburg: »Die vier Außenminister werden sich doch nicht einig, denn der Amerikaner kam mit ganz anderen Voraussetzungen zur Konferenz. Er möchte die Ostzone kassieren.«

Ein Zeitungsverkäufer aus Westberlin: »Die auf der Konferenz sind sich nur zu einig, damit sie sich nicht einig werden. Warum eine Konferenz vortäuschen, die gar keine ist. Keiner will aus Deutschlands heraus, weil sie alle Angst haben, Deutschland könnte sich wieder erholen und sich rächen. Nie soll Deutschland hochkommen, es wird ewig unterdrückt bleiben, deshalb bleiben auch die ekelhaften Ausländer hier.«

Ein SPD-Mitglied aus Berlin-Wittenau: »Die Viererkonferenz wird auf alle Fälle in kürzester Zeit auffliegen, da der Russe gar nicht die Vereinigung Deutschlands will. In nächster Zeit wird eine Protestbewegung erfolgen, wodurch die Entscheidung der Deutschlandfrage erzielt wird. Mit dem Russen können und werden wir uns nie vereinigen, weil er nicht unsere deutschen Interessen vertritt, sondern uns Deutsche zu Russen machen will. Deutschland würde sich, wenn der Russe es besetzt, in ein einziges Zuchthaus verwandeln.«

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