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Zur Beurteilung der Situation

5. Februar 1954
Informationsdienst Nr. 2106 zur Beurteilung der Situation

Stimmung in der DDR

Betriebe

Obwohl Meinungsäußerungen, die sich gegen die Vorschläge des Genossen Molotow1 richten,2 verhältnismäßig gering in Erscheinung treten, müssen vereinzelte Konzentrationen dieser Meinung beachtet werden. Im VEB Waggonbau LOWA Görlitz, [Bezirk] Dresden, diskutieren die Arbeiter in fast allen Abteilungen, dass sie »freie Wahlen« nach dem Vorbild Westdeutschlands haben wollen.3 In der Sattlerei wurde ein Genosse, der vor Arbeitsbeginn über die Außenministerkonferenz diskutieren wollte, zum Abtreten gezwungen und förmlich hinausgeworfen. In einer anderen Abteilung wurde ein Genosse gefragt: »Glaubst Du denn selbst, was du erzählst?«

Im Betrieb, wo sich bereits Genossen vom ZK befinden, wurde bereits heute eine Versammlung durchgeführt, in der Provokateure entlarvt wurden.4 Anzeichen einer ähnlichen Stimmung sind auch in anderen Betrieben in Görlitz festzustellen.

In der Planungsabteilung des »Ernst-Thälmann«-Werkes Magdeburg erwartet der größte Teil der dort beschäftigten 60 Personen »freie Wahlen« nach westdeutschem Muster.

In dem VEB Holzwerkstätten, Kreis Belzig,5 [Bezirk] Potsdam, wird die Meinung vertreten, dass das Memorandum gleich einem Ultimatum sei und dies eine Frechheit unserer Regierung wäre.6 Die Arbeiter und der BGL-Vorsitzende stehen offen zu den Vorschlägen des Außenministers Eden7 über »freie Wahlen«.8 Wiederholt wurde geäußert, dass sie kein Interesse mehr an unserer Presse und unserem Rundfunk haben und dass sie, um die Wahrheit zu erfahren, den RIAS hören müssten.9

Im VEB Bremsbelag Coswig, [Bezirk] Dresden, diskutierten drei Angestellte offen, dass Molotow schuld sei, dass es zu keiner Einigung käme, da er sich gegen »freie Wahlen« stellt.10

In Ballhausen, [Kreis] Langensalza, [Bezirk] Erfurt, macht sich unter der Bevölkerung eine Empörung bemerkbar, weil es ca. drei Tage lang keinen Strom gab. Es wird zum Ausdruck gebracht, dass gerade zur Viermächtekonferenz sie wie von der Welt abgeschnitten waren.

Beachtenswert sind auch nachfolgende Stimmen, da die gleichen Äußerungen von feindlichen Stellen (SPD) in Westberlin bekannt wurden. Ein Jugendlicher, beschäftigt im Trafo-Werk Nauen, [Bezirk] Potsdam: »Wenn die Außenministerkonferenz zum Scheitern verurteilt ist, kommt es zu einem zweiten 17. Juni, aber ohne Ausnahmezustand.«11

Ein Arbeiter aus dem Kraftwerk Radebeul,12 [Bezirk] Dresden, äußerte, dass es ähnlich dem 17.6.1953 wieder zu neuen Unruhen kommen würde, wenn die Vorschläge der Westaußenminister hinsichtlich »freier Wahlen« in Deutschland nicht angenommen würden.

Ein Einwohner aus Zittau, [Bezirk] Dresden: »Der 17.6.[1953] ist nur ein Bluff gewesen, aber was kommen wird, ist bestens organisiert.«

Aus dem Eisenhüttenkombinat »J. W. Stalin« wird berichtet, dass die Arbeiter mit der Bezahlung der Stillstandszeiten im Zeitlohn sehr unzufrieden sind. Es werden Diskussionen bekannt: »Die machen so lange, bis sie einen neuen 17.6.[1953] haben.«

Ein Jugendlicher aus Bickenriede, [Bezirk] Erfurt, äußerte zu einem Pionierleiter, er solle nur noch drei Wochen warten, dann würden die Arbeiter wieder am 17. Juni marschieren.

Ein Schlosser, beschäftigt in einem Privatbetrieb in Storkow, [Bezirk] Frankfurt/Oder: »Vor der Viererkonferenz war es spannend, nach dem Abschluss der Konferenz wird es noch spannender, da werden noch manchem die Augen übergehen.«

Ein Förster aus Kolchin,13 [Bezirk] Frankfurt/Oder: »Der 17. Juni [1953] war der Polterabend, und der Abschluss der Viererkonferenz wird die Hochzeit sein.«

Ein Angestellter vom Rat des Kreises Doberan, [Bezirk] Rostock: »Die Ostzonenregierung weiß ganz genau, dass bei den Verhandlungen nichts herauskommt und dass ihre letzte Stunde bald geschlagen hat. Sie versucht sich krampfhaft zu halten, falls nicht anders möglich mit Gewalt, genau wie zuletzt die Nazis. Aber dies ist verkehrt, denn dabei wird die Bombe platzen.«

Feindtätigkeit

Aus einer Meldung geht hervor, dass die Ostbüros der FDP, SPD und CDU14 Anweisungen zur Organisierung von Störungsaktionen erhalten haben. Weiterhin, dass seit dem 4.2.1954 verstärkt Hetzschriften in die DDR eingeschleust werden. Eine größere Postwurfsendung (wurde angehalten) wird aus Fürstenwalde, [Bezirk] Frankfurt/Oder, berichtet. Inhalt der Hetzsendungen:15

  • 1.

    »KgU warnt den Bezirk Potsdam«:16 Namen und Adressen von Dienststellen des SfS im Bezirk Potsdam.

  • 2.

    »Sinnvoller Widerstand« KgU: Es wird zum Widerstand gegen die Regierung aufgerufen und aufgezeigt, wie Widerstand geleistet werden kann.

  • 3.

    »Wirtschaftskrise in der DDR« Es wird vor einer Währungsreform gewarnt und die Bevölkerung aufgerufen, sich feste Werte und wertbeständige Waren zu kaufen.

  • 4.

    »Liebe Kollegen von der Post« UfJ.17 Angestellte der Post werden aufgefordert, Widerstand gegen die Maßnahmen der SED und des SfS zu leisten. Weiterhin wird aufgezeigt, wie sie dazu beitragen können, dass Postsendungen usw. nicht die Kontrollstellen der Postämter durchlaufen müssen.18

  • 5.

    Brief an den Genossen Präsidenten. Genosse Wilhelm Pieck19 wird verunglimpft, Hetze gegen SU, VP, den Genossen Walter Ulbricht20 und gegen den neuen Kurs.21

Brandstiftung: Am 4.2.1954 wurde auf dem VEG Heinersdorf, [Bezirk] Frankfurt/Oder, eine Brandstiftung durchgeführt (Brand konnte verhindert werden). Die Täter hatten einen entsprechend[en] Auftrag von einer Westberliner Agentenzentrale.22

Terror: Im Teerverarbeitungswerk Rositz, [Bezirk] Leipzig, wurde ein Genosse niedergeschlagen, als er einer Verächtlichmachung des Genossen Molotow entgegentrat.

Am 4.2.1954 wurde der Vorsitzende der Nationalen Front23 des Kreises Köpenick in einem Lokal in Berlin-Oberschöneweide beim Verteilen von Flugblättern gegen den EVG-Vertrag24 tätlich angegriffen.

Am 4.2.1954 wurden zwei Genossen und Vorstandsmitglieder der LPG »Neue Ordnung« in der Konsumgaststätte Berlin-Marzahn überfallen und gefährlich verletzt.

Der Hamburger Sender25 brachte am 4.2.1954 unter »Wer spricht für die Sowjetzone« Lügenmeldungen, welche geeignet sind, die feindlichen Gruppen in der DDR zu veranlassen, mit Provokationen zu beginnen. Folgendes auszugsweise: Zur gleichen Zeit treffen aber aus vielen Gebieten der sowjetischen Zone, besonders aus Industriezentren aus Sachsen-Anhalt, Berichte ein, die besagen, dass die Unruhe unter der Bevölkerung seit Beginn der Konferenz und besonders seit Bekanntwerden der Vorschläge Molotows ständig gewachsen ist, dass es vereinzelt bereits zu Zusammenstößen mit SED-Funktionären gekommen ist und dass sich die Sicherheitsorgane und auch die Rote Armee zu vorbeugenden Maßnahmen gezwungen sahen.

Auf einem Teil des Grenzgebietes zur ČSR wird nach amtlichen östlichen Berichten eine beunruhigende Haltung der Bevölkerung gemeldet. Wir wollen hier auf Einzelheiten nicht eingehen, sondern nur feststellen, dass in diesen Vorgängen die wirkliche Meinung der Bevölkerung in der Sowjetzone zum Ausdruck kommt. … Aber eines wissen sie, die Stimme der Bevölkerung wird in den Konferenzsaal der vier Außenminister hineindringen, man wird das nicht verhindern können. Und die Frage, wer für die Bevölkerung der Zone spricht, die dürfte damit auch für Herrn Molotow beantwortet sein.

Auf der gleichen Linie bringt »Der Tag« einen Artikel vom 5.2.1954: »Wahlen statt Parteitag«,26 wonach es angeblich zu Zusammenstößen zwischen SED- und FDGB-Funktionären und mehreren Arbeitern im Buna-Werk27 gekommen sei, dass die Forderung »freie Wahlen« und »keine Parteitage« erhoben wurde.

Die »Neue Zeitung« vom 5.2.1954 schreibt in gleicher Absicht:28 »An Mauern und Fabrikhallen: ›Freie Wahlen‹, Forderung der Ostbevölkerung steht in den Betrieben im Vordergrund, die SED sieht sich in diesen Tagen einer Bewegung gegenüber … die SED sieht sich machtlos gegenüber. Sie SED … wird sich überlegen müssen, ob sie in den Betrieben neuerlich angesammelten Zündstoff durch weitere Falschberichte zur Weißglut bringen darf.«

Stimmung der Bevölkerung im demokratischen Sektor von Groß-Berlin

Die konkreten Vorschläge des Genossen Molotow über die Bildung einer provisorischen gesamtdeutschen Regierung und die Durchführung gesamtdeutscher freier Wahlen haben unter der Bevölkerung, insbesondere in den Betrieben, Interesse hervorgerufen. Ein Arbeiter aus dem Kabelwerk Oberspree: »Diese Vorschläge, die Molotow gemacht hat, sind annehmbar, sie entsprechen unseren Interessen. Eine provisorische Regierung wird schon keine faschistischen Parteien zulassen und das ist sehr wichtig für freie Wahlen, sonst kriegen die Kapitalisten wieder die Macht.«

Die Aktivität der fortschrittlichen Kräfte hat sich gesteigert, in Betrieben werden Kurzversammlungen, Agitationseinsätze werden unter der Bevölkerung von der Nationalen Front und der Partei durchgeführt. Es gibt jedoch noch eine Reihe Unklarheiten unter der Bevölkerung, deren wichtigste sich im folgenden Beispiel ausdrückt: Ein Angestellter aus dem Gästehaus der Regierung: »Der eine will erst ›freie Wahlen‹, der andere erst eine Regierung und dann freie Wahlen, man weiß nicht, was man davon halten soll. Die Weststaaten erkennen unsere Regierung nicht an und die SU nicht die Bundesregierung.«

Die zweifelnden Stimmen sind in allen Schichten, insbesondere jedoch unter den Hausfrauen, kleinbürgerlichen Kreisen und unteren Angestellten, stark vertreten.29 Eine Hausfrau aus Weißensee: »Eine Einigung ist praktisch unmöglich. Wir werden hier unsere Errungenschaften nicht aufgeben und die werden unsere Regierung nicht anerkennen. Eine wirtschaftliche Einigung kann ich mir nicht vorstellen, wegen der verschiedenen Wirtschaftssysteme.« Eine Angestellte des Haupttelegrafenamtes: »Die werden sich bestimmt nicht einigen. Der Russe geht doch aus Berlin nicht raus und wenn der Ami geht, dann sind wir hier verraten und verkauft, dann geht es uns so schlecht wie den Leuten in der Zone.«

Die negativen Stimmen sind stärker geworden, teilweise auch die feindlichen.30 Ein Angestellter aus Berlin O 34:31 »Die Westmächte haben den richtigen Weg gewiesen und das gesamte deutsche Volk begrüßt ihren Vorschlag. Ja, 9 Millionen Stimmen wurden in der Ostzone gesammelt,32 da brauchen sie doch nicht zu zögern mit den ›freien Wahlen‹. Da sie aber wissen, dass ihre Rechnung anders ausläuft, machen sie wieder neue Vorschläge.«

Ein Angestellter aus Berlin: »›Freie Wahlen‹ bedeuten das Ende für Pankow.«33 Ein Kollege vom VEB Agil Berlin-Oberschöneweide: »Dieses Mal nützen auch die Panzer nichts, es werden ganz andere Mittel angewandt.«

Gegenüber den Wissenschaftlern sind unter den Künstlern (Staatsoper und andere Theater) häufiger negative Stimmen zu finden. Unter den Studenten an der Humboldt-Universität treten eine Reihe negativer und feindlicher Argumente auf.

Durchfahrt der westlichen Außenminister: Die amerikanische, englische und französische Delegation traf am 5.2.1954 um 14.45 Uhr vor der sowjetischen Botschaft ein.34 Eine größere Menge Passanten war anwesend. Besondere Vorkommnisse sind nicht gemeldet.

Stimmen aus Westberlin

Die politisch aufgeklärten Teile der Arbeiter Westberlins erkennen die Bemühungen des Genossen Molotow, ein einheitliches, friedliebendes Deutschland zu schaffen und wissen, dass der EVG-Vertrag eine Gefahr für das deutsche Volk bedeutet. Ein Arbeiter: »Meine wichtigste Arbeit ist jetzt das Studium der Zeitungen und die Beobachtung der Menschen in Ost und West. Das Ergebnis der Beobachtung der Menschen ist keinesfalls erquicklich. Ziemlich dumm kommen sie sich vor, wenn man mit ihnen ins Gespräch kommt, denn sie sind vorwiegend Hörer des RIAS und plappern alles nach. Sie erkennen ihre Dummheit erst richtig, wenn man ihnen anhand von objektiven Tatsachen beweist, wie recht Molotow hat. Ihre ganze Weisheit haben sie vom RIAS.« Ein Rentner aus dem Bezirk Wedding: »Die Wiedervereinigung Deutschlands ist gut und schön, sie wird aber am EVG-Vertrag scheitern.«

Unter breiten Schichten der Bevölkerung ist die Ansicht vertreten, dass nicht viel bei der Konferenz herauskommt, da sich zwei völlig entgegengesetzte Seiten gegenüberstehen. Es wird zum Teil die Meinung vertreten, wenn es zu »freien Wahlen« kommt, wird der Westen die Mehrzahl der Stimmen erhalten und Ostdeutschland beherrschen. In dem Lokal »Kreisköter« Berlin-Charlottenburg äußerten Arbeiter bei einer Unterhaltung: »Es müssten ›freien Wahlen‹ auf der Grundlage von 1946 durchgeführt werden,35 aber die Russen haben Angst vor solchen Wahlen, da sie bestimmt aufgrund der Wahlergebnisse ihre Position in Deutschland verlieren.«

Auf dem Arbeitsamt in der Sonnenallee, Bezirk Neukölln vertraten Erwerbslose die Meinung, zwischen Ost und West wird es nie eine Einigung geben, da der EVG-Vertrag hindert. Molotow wird darauf nicht eingehen, einem Friedensvertrag mit Deutschland zuzustimmen, da er weiß, dass der EVG-Vertrag gegen die SU gerichtet ist.

Ein Westberliner Schriftsteller: »Die Westberliner begrüßen die Konferenz, haben aber kein Vertrauen zu einer alle befriedigenden Lösung.«

Ein Arbeiter aus Berlin-Steglitz: »Die vier Außenminister und deren Regierungen bestimmen ja doch über das Schicksal Deutschlands und wir kleinen Leute können dazu nichts tun. Die DDR wünscht keine Einigung auf der Grundlage der Vorschläge Molotows.«

Ein Offizier der Stummpolizei:36 »Wahrscheinlich wird sich die Konferenz jetzt festlaufen. Molotow will, wie man sieht, nicht auf den Eden-Plan eingehen. Es wird in den nächsten Tagen zu Zerwürfnissen kommen.«

Ein Stummpolizist: »Man sollte ruhig einmal auf Molotows Vorschlag eingehen, um zu sehen, wenn Ost und West ihre Stellungnahmen bei ihnen vorbringen, was dann an Möglichkeiten herauskäme und was davon annehmbar ist.«

Ein Vertreter der Reuter-Agentur: »Die heutige Rede Dulles37 war ein propagandistischer Klamauk. Ich halte die Zeit für Zugeständnisse noch nicht für gekommen und erwarte nur so viel Zugeständnisse wie von beiden Seiten zur Weitererhaltung des Friedens gerade notwendig sind. Als die wahrscheinlichste Form der Einheit Deutschlands ist eine gewisse Art der Vereinigung unter weitgehendem Eigenleben und Selbstständigkeit beider Teile Deutschlands.«

Es treten einzelne Diskussionen auf, die darauf hinweisen, dass beim Scheitern der Konferenz eine sogenannte Volkserhebung stattfinden soll.38 Ein Maschinenfabrikinhaber aus Westberlin: »Beim Scheitern der Viererkonferenz wird ein Bürgerkrieg stattfinden, der sich Deutsche gegen Deutsche abwickelt.«

Aus Kreisen von Journalisten wurde bekannt, dass beim Zusammenbruch der Viererkonferenz eine »Volkserhebung« größten Maßes stattfindet und mit Demonstrationen beginnt.

Ein Angestellter aus Berlin-Schöneberg: »Die Westberliner sind der Ansicht, wenn es auf dieser Konferenz zu keiner Einigung kommt, dann werden die Russen schießen.«

Eine Angestellte aus Westberlin: »Die Konferenz tagt nun schon seit [dem] 25.1.[1954] in unserer Stadt, ob etwas Gutes dabei herauskommt ist unbestimmt. Die Berliner sagen, dass der Russe uns wieder ein Bein stellen wird, er will ganz Deutschland unter ostzonaler Regierung haben. Unser Vaterland wird wohl weder die Russen noch die Alliierten räumen wollen. Wir wollen uns von dem Ausgang der Konferenz überraschen lassen.«

Anlage 1 (o. D.) zum Informationsdienst Nr. 2106

Anhang: Stimmung der Bevölkerung zu dem Vorschlag des Genossen Molotow vom 4.2.1954

Wie die Mehrzahl der Bezirke berichtet, wird nur sehr wenig über den Vorschlag des Genossen Molotow »Abzug der Besatzungstruppen vor stattfindender Wahl« diskutiert. Dies ist, wie aus den Bezirken berichtet, mit darauf zurückzuführen, dass dieser Vorschlag erst in den Abendstunden durch den Rundfunk bekannt wurde und in der Presse der Bezirke noch nicht veröffentlicht ist. Nachfolgend die bekannt gewordenen Meinungsäußerungen:

Ein Arbeiter vom Privatbetrieb Riede in Waltersdorf, [Bezirk] Dresden: »Wenn wir uns nach den Reden der westlichen Außenminister richten wollen, dann gehen unsere Errungenschaften bald pleite. Dieses darf aber keinesfalls geschehen. Ich begrüße die bis jetzt geführten Reden und Vorschläge des sowjetischen Außenministers. Ich bin in der Politik zwar nicht bewandert, aber halte es für nötig, dass noch vor Abhaltung der Wahlen die Besatzungsmächte aus Deutschland abziehen.«

Ein Zimmerling vom [Wismut-]Schacht 235/1 Schwarzenberg,39 [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Wer jetzt noch nicht einsehen will, dass Molotow nur das Gute für uns will, der ist nicht mehr wert, ein Deutscher zu sein.«

Ein Lehrausbilder (parteilos) vom VEB Feinprüf Schmalkalden, [Bezirk] Suhl: »Nun mussten die Westmächte Farbe bekennen, ob sie für freie Wahlen in Deutschland sind, denn die Wahlen sind allein unsere Angelegenheit. Die Westmächte haben kein Recht, uns bei den Wahlen zu bevormunden.«

Eine Arbeiterin aus dem gleichen Betrieb: »Jetzt muss es sich zeigen, ob die Westmächte mit dem Willen nach Berlin gekommen sind, eine Einigung Deutschlands herbeizuführen. Der Außenminister Molotow hat durch diesen Vorschlag die Zustimmung des gesamten deutschen Volkes verdient.«

Ein Einwohner (DBD) aus Roth, [Bezirk] Suhl: »Wenn dieser Vorschlag verwirklicht wird, sind wir nicht mehr ein Grenzkreis, sondern ein Kreis im Herzen Deutschlands.«

Ein Arbeiter (LDP)40 vom VEB Farbenfabrik Wolfen, [Kreis] Bitterfeld, [Bezirk] Halle: »Der Vorschlag des sowjetischen Außenministers ist gut, das kann kein Deutscher ableugnen. Der Amerikaner wird dazu keine Ausweichmöglichkeiten mehr haben.«

Ein Arbeiter der Bau-Union von der Farbenfabrik Wolfen, [Kreis] Bitterfeld, [Bezirk] Halle: »Was können wir Deutschen tun, wenn die westlichen Außenminister nicht auf den Vorschlag des sowjetischen Außenministers eingehen? Die Welt muss nun erkennen, wer für den Frieden ist und wer nicht. Es liegt an uns, das deutsche Gespräch in Gesamtdeutschland nicht abbrechen zu lassen.«

Ein Arbeiter aus den Leuna-Werken »Walter Ulbricht«: »Ich und meine Arbeitskollegen der Betriebskontrolle ME 24441 würden uns freuen, wenn die Bildung einer provisorischen Regierung zustande käme. Erst dann könnte man wohl hoffen, dass das Deutschlandproblem zur Zufriedenheit aller ausländischen Staaten gelöst würde. Die Grundlagen dafür sind meines Erachtens nach der Abzug aller Besatzungstruppen.«

Ein Schlosser vom VEB Spremberger Presswerk, [Bezirk] Cottbus: »Das ehrliche und aufrichtige Verlangen aller friedliebenden Deutschen in Ost und West nach Wiedervereinigung darf nach dem Vorschlag Molotows nun von den Westmächten nicht länger missachtet werden.«

Die Kollegen der Schlosserbrigade III vom Bahnbetriebswerk Cottbus äußern sich sinngemäß wie folgt: »Der Vorschlag des sowjetischen Außenministers war deutlich und konkret, wir begrüßen diesen Vorschlag, denn er wird Deutschland endlich mal den Friedensvertrag bringen.«

Ein Arbeiter vom VEB Aufstieg Senftenberg,42 [Bezirk] Cottbus: »Man soll eine Volksabstimmung durchführen, damit sich das deutsche Volk selbst dazu entscheiden soll.«

Vom VEB Großkokerei Lauchhammer, [Bezirk] Cottbus, wird mitgeteilt, dass bisher 170 schriftliche Erklärungen abgegeben wurden, die den Dank an den sowjetischen Außenminister für seinen erneuten Vorschlag beinhalten und die Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass dieser Vorschlag verwirklicht werden soll.

Ein Angestellter vom Stadttheater Meißen, [Bezirk] Dresden: »Natürlich begrüße ich den Abzug der Besatzungsmächte, denn dann können doch die Deutschen in Deutschland wieder selbst regieren. Ob die Westminister allerdings damit einverstanden sind, bezweifle ich.«

Ein Bauer aus der LPG Niederodewitz, [Bezirk] Dresden: »Es ist nun an der Zeit, dass die Westmächte auf die Vorschläge des sowjetischen Außenministers eingehen. Ich halte es für richtig, dass die Besatzungsmächte auch vor den Wahlen abgezogen werden können. Wenn wir uns unsere demokratischen Vertreter bzw. die Regierung wählen, dann brauchen wir keine Besatzungsmächte dazu.«

Ein werktätiger Bauer aus Roitz, [Bezirk] Cottbus: »Der Vorschlag Molotows ist gut, denn die Wahlen lassen wir uns von den Westmächten nicht diktieren, sondern wir Deutschen müssen selbst die Wahlen in unsere Hände nehmen. Dazu ist natürlich vorher die Bildung einer provisorischen Regierung notwendig.«

Ein Genossenschaftsbauer aus Mark-Zwuschen, [Bezirk] Cottbus: »Ich sehe in dem Vorschlag den Willen der SU, endlich den Friedensvertrag für Deutschland durchzusetzen. Ich würde die Gründung der gesamtdeutschen Regierung und die Durchführung von ›freien Wahlen‹ nur begrüßen.«

Die Bauern (vier Personen) aus der Gemeinde Wachtendorf,43 [Bezirk] Neubrandenburg, sind der Meinung, dass der Vorschlag des Genossen Molotow betreffs Abzug aller Besatzungstruppen gut ist. Man erkennt darin die wahre Freundschaft des Sowjetvolkes zum deutschen Volk.

Ein Genossenschaftsbauer aus Witzelroda, [Bezirk] Suhl: »Wenn die Westmächte den Frieden wollen, brauchen sie diesen Vorschlag Molotows nur anzunehmen. Für den Friedensvertrag, freie Wahlen und vorher Abzug der Besatzungstruppen, dafür müssten alle Deutschen kämpfen. Für das deutsche Volk haben die Westmächte noch nicht einen realen Vorschlag gemacht.«

Ein Lagerverwalter der MTS Grammertin, [Bezirk] Neubrandenburg: »Gestern hat Molotow einen Vorschlag an die westlichen Außenminister gemacht, vor Regierungsgründung alle Besatzungstruppen aus Deutschland abzuziehen. Auf diesen Vorschlag werden die Westmächte nicht eingehen und sie werden sagen, dadurch ist die Sicherheit nicht gegeben. Wenn sie darauf eingehen und abziehen, haben die Westmächte verloren, denn Westdeutschland ist für sie eine Stütze.«

Ein Geophysiker vom Schacht 87 Objekt 1 Schwarzenberg, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, Wismut AG: »Molotow hat eine ganz große Rede gehalten über Deutschland, jedoch die anderen Außenminister werden mit den Vorschlägen in Bezug der Einheit und Abhaltung der Wahlen nicht einverstanden sein. Es ist richtig, wenn die anderen sagen, erst ›freie Wahlen‹. Wenn Molotow keine Angst hat, kann er doch zustimmen. Nach meiner Ansicht wird die Einheit nicht zustande kommen, denn keiner will nachgeben.«

Ein Arbeiter vom Wismut-Schacht 6b Schachtfeld 5 Oberschlema, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Die SU soll doch beweisen, dass die für den Abzug der Besatzungstruppen ist, indem sie ihre Besatzungstruppen beispielgebend aus der DDR abziehen. Dadurch werden die Westmächte ebenfalls gezwungen, ihre Truppen aus Deutschland zurückzuziehen.«

Ein Arbeiter aus der Elektrolyse der Farbenfabrik Wolfen, [Bezirk] Halle: »Was nützen uns die Vorschläge von Molotow, ich verstehe das einfach nicht. Auf der Konferenz beleidigt man sich und hinterher wird miteinander gefressen und gesoffen und das alles auf unsere Kosten.«

Ein Arbeiter aus dem Chemischen Werk Buna, [Bezirk] Halle: »Dieser Vorschlag von Molotow wird bestimmt nicht angenommen. Die Amerikaner verlassen ihr Gebiet nicht wieder, wo sie sitzen, da sitzen sie fest. Dadurch wird die ganze internationale Stimmung nur noch verstärkt werden.«

Ein Bäckermeister aus Suhl: »Die SU verlangt den Abzug der Besatzungstruppen und dann Wahlen und Friedensvertrag. Es ist alles recht und gut, aber was der Friedensvertrag bringt, wissen wir noch nicht. Der Russe wird uns dann wieder über die Ohren hauen. Meiner Meinung nach ist das richtig, wenn es heißt, wer ist für die Politik in Westdeutschland und wer für die hier bei uns, denn dann würden die Wahlen anders ausfallen.«

Ein Altbauer aus Teterow, [Bezirk] Neubrandenburg: »Der Vorschlag Molotows ist einerseits ganz gut, es wäre aber richtiger, erst gesamtdeutsche Wahlen durchzuführen und dann Abzug der Besatzungstruppen, sonst könnte es uns so ergehen wie den Koreanern. Wenn die Truppen rausgehen, werden wir dann überfallen.«

Ein großer Teil der Kollegen der Reichsbahn stimmt den neuen Vorschlägen über Abzug der Besatzungstruppen und Abhaltung von Wahlen zu, jedoch zeigt sich bei einem Teil der Kollegen eine abwartende Haltung. In den Kreisen der Angestellten und der technischen Intelligenz werden weiterhin zurückhaltende Diskussionen geführt. Im Großen und Ganzen stimmt der größte Teil offen den neuen Vorschlägen zu.

Anlage 2 vom 5. Februar 1954 zum Informationsdienst Nr. 2106

Stimmung zur Viermächtekonferenz

Betriebe

Zu den Vorschlägen des Genossen Molotow wird von den Werktätigen in den Betrieben oft positiv Stellung genommen. Das heißt, es wird zum Ausdruck gebracht, dass diese Vorschläge den Interessen der Diskutierenden entsprechen. Der Bauarbeiter [Name 1] von der Bau-Union Potsdam: »Die SU versucht die bestehenden internationalen Spannungen zu beseitigen. Der Entwurf eines Friedensvertrages, den Molotow vorlegte, ist für uns Deutsche annehmbar, denn er bedeutet, nicht Krieg, sondern Frieden.«

Der Arbeiter [Name 2] vom VEB Textima Wittenberge, [Bezirk] Schwerin: »Durch die Viererkonferenz werden die Westmächte gezwungen, eindeutig zur deutschen Frage Stellung zu nehmen. Die Vorschläge des Außenministers Molotow sind so deutlich, dass man bereits jetzt die Ablehnung der Westmächte und das wahre Ziel ihrer Politik erkennen kann. Ihr Ziel ist nicht die Einheit Deutschlands, sondern die Vorbereitung eines Dritten Weltkrieges.«

Der Arbeiter [Name 3] vom VEB Plasta Sonneberg, [Bezirk] Suhl: »Nur Molotow beweist durch seine Ausführungen, dass er auf dieser Konferenz das deutsche Volk vertritt.«

Der Ökonomist [Name 4] vom [Wismut-]Schacht 139 Annaberg, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Ich staune, mit welcher Genauigkeit Molotow über die deutsche Frage spricht und ich bin der Meinung, dass ein Erfolg von der Konferenz zu erwarten ist, obwohl sich doch zwei Lager gegenüberstehen.«

Der Meister [Name 5] von der Warnow-Werft Warnemünde, [Stadt] Rostock: »Die Westmächte nehmen nur an der Konferenz teil, um bei einer Nichteinigung sagen zu können, die SU wolle keine Einigung in der Deutschlandfrage. Dadurch würde die Hetze so weit getrieben, bis es zu einem Krieg kommt.«

Nicht gering treten auch solche Meinungsäußerungen in Erscheinung, die an einem positiven Ausgang der Konferenz bzw. an einer Einigung der vier Außenminister zweifeln. Der Arbeiter [Name 6] vom VEB Jenapharm: »Auf der Konferenz kann es ja zu keiner Einigung kommen, da die Gegensätze zu groß sind.« Der Arbeitsvorbereiter [Name 7] vom VEB Stahl- und Apparatebau Magdeburg: »Den Außenministern der Westmächte traue ich nicht. Ich lasse mich vom Ausgang der Konferenz überraschen.«

In einer Reihe von Stimmen wird gegen die Vorschläge des Außenministers Molotow Stellung genommen. Der Transportarbeiter [Name 8] vom VEB Großkokerei Lauchhammer: »Es sieht so aus, dass die Westmächte gar nicht mit Molotow diskutieren. Was der Russe will, wissen wir, und die Leute, die im Westen leben, sehnen sich nicht nach uns.«

Der Arbeiter [Name 9] vom VEB Zellwolle Wittenberge, [Bezirk] Schwerin: »Es müssen freie Wahlen in ganz Deutschlands zustande kommen. Aber ich glaube, davor hat die SU und SED Angst, denn dann müsste mancher Funktionär seine Koffer packen. Ich höre den Hamburger Sender44 und bilde mir daraus meine Meinung.«

In den VEB Holzwerkstätten im Kreis Belzig,45 [Bezirk] Potsdam, wird von einem großen Teil der Arbeiter, sogar vom BGL-Vorsitzenden, zum Ausdruck gebracht, dass man offen zu den Vorschlägen des Außenministers Eden, über »freie Wahlen«, steht. Wiederholt wird zum Ausdruck gebracht, dass sie kein Interesse mehr an unserer Presse und Rundfunk haben und dass sie um die Wahrheit zu erfahren, den RIAS hören müssten.

Der Rohrbläser [Name 10] vom Lokschuppen des Bahnhofes Saalfeld, [Bezirk] Gera: »Die Vorschläge von Molotow sind abgelehnt worden. Sie sollen doch auch freie Wahlen zulassen, wie es der Außenminister Eden vorschlägt. Molotow ist eben stur und geht von seinen Vorschlägen nicht ab.«

Landwirtschaft

Ein Teil der Landbevölkerung, insbesondere Angehörige der MTS und VEG, sowie Genossenschaftsbauern und werktätige Einzelbauern, stimmen den Vorschlägen des Genossen Molotow zu, weil sie den Interessen des deutschen Volkes und der Erhaltung des Friedens dienen. Der werktätige Bauer [Name 11] aus Mieste, [Bezirk] Magdeburg: »Man muss staunen, was Molotow für Deutschland tut. Dass er sich so einsetzt, für uns Deutsche den Frieden zu erreichen. Bis jetzt hatten wir noch nicht die Erkenntnis von dem wirklichen Friedenswillen der Sowjetmacht, aber heute sind wir froh und haben Vertrauen.«

Ein größerer Teil aus allen Schichten der Landbevölkerung äußert Zweifel an einem erfolgreichen Ausgang der Konferenz oder ist politisch uninteressiert. Der Jugendliche [Name 12] aus Göhlen, [Kreis] Fürstenberg, [Bezirk] Frankfurt/Oder: »Denkt Ihr etwa, ich lese das alles, das ist mir viel zu viel.«

Die Buchhalterin [Name 13] von der LPG Hanstorf,46 [Bezirk] Rostock: »Die westlichen Außenminister lehnen einen Friedensvertrag mit Deutschland ab, sie haben kein Interesse für die Erhaltung des Friedens, denn sie bereiten einen Dritten Weltkrieg vor.«

Ein Mittelbauer [Name 14] aus Müggendorf,47 [Kreis] Perleberg, [Bezirk] Schwerin: »An den Schwindel einer Einigung wegen eines Friedensvertrages glaubt doch kein Mensch, denn die SU hat ja gezeigt, wie sie es mit den Menschen macht. Es wird nur eines geben und zwar Krieg.«

Ein kleiner Teil aus allen Schichten der Landbevölkerung, insbesondere jedoch Großbauern, äußert sich negativ oder feindlich. Der Einwohner [Name 15] aus Fünfeichen, [Kreis] Fürstenberg, [Bezirk] Frankfurt/Oder: »Der Hauptpunkt der Außenministerkonferenz müsste die Abhaltung ›freier Wahlen‹ in ganz Deutschland sein, und die Besatzungsmächte müssten dieselben beaufsichtigen.«

Der VdgB-Vorsitzende [Vorname Name 16] aus Gartz, [Kreis] Angermünde, [Bezirk] Frankfurt/Oder: »Wir brauchen keine LPG, wir bleiben ›freie Bauern‹, die LPG ist nur eine ›Wilhelm Pieck‹-Garde.«

Ein Einwohner aus Kleinromstedt,48 [Bezirk] Erfurt: »Freie Wahlen gibt es bei uns nicht, die gibt es nur im Westen. Na wartet nur, es kommt bald der Tag, wo auch wir wieder etwas zu sagen haben.«

Die feindlichen und negativen Stimmen traten besonders im Bezirk Frankfurt auf.

Bevölkerung

Die Bemühungen des Genossen Molotow, ein einheitliches, friedliebendes Deutschland zu schaffen, werden von dem fortschrittlichen Teil der Bevölkerung begrüßt und unterstützt. Ein Parteiloser aus Meiningen, [Bezirk] Suhl: »Das Zustandekommen der Konferenz ist nur auf die Bemühungen der SU zurückzuführen. Nun ist es auch Aufgabe des deutschen Volkes diese Bemühungen zu unterstützen, denn die Westmächte haben ein bestimmtes Interesse, die Einheit Deutschlands zu hintertreiben.«

Der Postangestellte [Name 17] aus Pasewalk, [Bezirk] Neubrandenburg: »Dem Vorschlag Molotows und dem Memorandum der Regierung der DDR kann man nur zustimmen. Es zeigt den Vertretern der drei Westmächte ihren Vertragsbruch auf, denn sie haben vom Potsdamer Abkommen keinen Punkt eingehalten. Ich werde durch Aufklärung meinen Arbeitskollegen von dem Friedenskampf der SU berichten.«

Der Kraftfahrer [Name 18] (parteilos) aus Karl-Marx-Stadt: »Molotow ist den westlichen Staatsmännern überlegen. Er versteht es, dieselben vor der Weltöffentlichkeit zu entlarven. Er vertritt die Interessen des deutschen Volkes.«

In den übrigen Bevölkerungskreisen wird zur Viererkonferenz unterschiedlich diskutiert, wobei teils ein Nichtverstehen der aufgeworfenen Probleme zum Ausdruck kommt (z. B. China und eine Fünfmächtekonferenz).49 Vorwiegend von einem Teil Geschäftsleuten wird negativ diskutiert. Der Viehaufkäufer [Name 19] aus Stendal, [Bezirk] Magdeburg: »Die Konferenz wird niemals zum Erfolg führen, der Amerikaner lässt sich von Molotow nicht ins Schlepptau nehmen. Sie würden auch unklug handeln, wenn sie die Vorschläge der SU akzeptieren, denn diese Vorschläge sind nicht für die Menschheit, sondern für die Errichtung des Staatskapitalismus bestimmt.«

Der Gastwirt [Name 20] aus Steffenhagen,50 [Bezirk] Rostock: »Von der Konferenz erwarte ich gar nichts, das ist alles Theater. Hierdurch wird die Kriegsgefahr sehr groß und es sieht schlecht für uns aus. Unsere Regierung kann sich nicht mehr lange halten, wir können nur das Beste hoffen, damit der Friede erhalten bleibt.«

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