Zur Beurteilung der Situation
14. September 1954
Informationsdienst Nr. 2313 zur Beurteilung der Situation
Die Lage in Industrie, Verkehr, Handel und Landwirtschaft
Industrie und Verkehr
Im Vordergrund der Diskussionen steht die Preissenkung vom 6.9.1954.1 In den Bezirken Leipzig und Halle steht im Vordergrund die Leipziger Messe.2 Der Umfang der Diskussionen zur Preissenkung ist geringer geworden. Meist äußert man sich positiv und begrüßt, dass die Regierung sich um die Verbesserung der Lebenslage bemüht. Teilweise wird erkannt, dass diese Verbesserung nur durch die bessere Arbeit der Werktätigen erreicht wurde. Aus Dank für die Preissenkung wurden verschiedentlich Produktionsverpflichtungen abgegeben und Verpflichtungen, die Kandidaten der Nationalen Front3 bei den Volkswahlen zu wählen.4
Eine Lagerarbeiterin aus dem VEB Steinkohlenwerk »Martin Hoop« in Zwickau: »Wieder einmal hat der RIAS verloren mit seiner Flüsterpropaganda, dass das Hochwasser eine Preissenkung weggeschwemmt habe.5 Die Regierung hat bewiesen, dass sie sich ständig um unsere Lebenshaltung kümmert.«
Ein Rangiermeister vom Bahnhof Frankfurt/Oder: »Ich setze in unsere Regierung mein volles Vertrauen, denn durch die Preissenkung hat sie wieder bewiesen, dass sie für das Wohl des deutschen Volkes eingestellt ist. Die Arbeiter in Westdeutschland müssen dagegen wochenlang kämpfen.«6
Ein Kollege aus dem VEB Röhrenwerk in Neuhaus, [Bezirk] Suhl: »Ich freue mich über die Preissenkung für Fett und andere Waren. Unsere Regierung ist auf dem richtigen Weg und ich werde meine Stimme am 17. Oktober [1954] den Kandidaten der Nationalen Front geben.«
In dem Südthüringer Lederwarenwerk in Eisfeld, [Bezirk] Suhl, haben sich mehrere Kolleginnen als Dank für die Preissenkung verpflichtet, die Qualität zu verbessern, den Ausschuss auf 5 Prozent zu senken und die Selbstkosten zu verringern.
Ein Arbeiter aus dem »Karl-Liebknecht«-Werk Magdeburg: »Man sieht, dass unsere Regierung auf dem richtigen Weg ist. Ich werde mich dafür einsetzen, dass unsere Regierung am Ruder bleibt.«
In negativen Diskussionen, deren Umfang gering ist, wird die Preissenkung meist als unbedeutend hingestellt und eine Butter- und Fleischpreissenkung gefordert. Andere stellen die Preissenkung als Propaganda zur Volkswahl hin. In diesem Zusammenhang wird teilweise behauptet, dass die Lebenslage in Westdeutschland trotz der Preissenkung besser sei.
Ein Schlosser vom Bahnhof Jüterbog, [Bezirk] Potsdam: »Diese Preissenkung ist bloß wieder für die Herren. Wir als Arbeiter können ja Margarine fressen, denn die teure Butter können wir doch nicht kaufen. Das Fleisch müsste auch schon billiger sein, aber wer weiß, wer unser Fleisch isst.«
Ein Wagenmeister vom Verschiebebahnhof Wustermark, [Bezirk] Potsdam: »Die Preissenkung war so, als wenn man einem Hund einen Knochen hinschmeißt. Damit will man den Arbeiter nur fangen, damit er für die Volkswahlen seine Stimme abgibt und die Herren noch im Sattel bleiben können.«
Eine Arbeiterin (parteilos) aus Annaberg: »Die Waren sind ja alle noch viel zu teuer. Im Westen ist alles billiger. Da will man uns weismachen, dass unser Lebensstandard schon besser ist als drüben? Es ist zum Lachen.«
Im VEB Glaswerk Schönborn, [Bezirk] Cottbus, brachten verschiedene Glasmacher zum Ausdruck: »Man sollte uns lieber mehr zu essen geben. In Westdeutschland bekommen die Menschen alles und hier nur einen Dreck.«
Eine Kollegin aus dem VEB Textilveredlungswerk Greiz, [Bezirk] Gera: »Ich war jetzt 14 Tage auf Urlaub in Westdeutschland. Was ich dort sah, war prima. Unterwegs kaufte ich mir einen Liter Milch für vier Pfennige. Auch dachte ich immer, die Amis wollen Krieg. Das stimmt aber gar nicht.« Ähnlich äußerte sich ein Jugendlicher aus dem gleichen Betrieb und fügte hinzu: »Es gibt in Westdeutschland zwar Arbeitslose, aber viele wollen auch nicht arbeiten, da sie genügend Unterstützung erhalten.«
Die Diskussionen zu den Volkswahlen, worüber noch wenig gesprochen wird, stehen oft in Verbindung mit der Preissenkung und sind meist positiv. Neben der Zustimmung zur einheitlichen Kandidatenliste werden vereinzelt Produktionsverpflichtungen abgegeben. Teilweise ist man sich über die Bedeutung der einheitlichen Kandidatenliste noch nicht klar und spricht sich deshalb für getrennte Listen aus. Ein Arbeiter (parteilos) aus Rothenthal, Kreis Marienberg: »Bei einer richtigen Wahl müssten meiner Meinung nach mindestens vier Parteien aufgestellt werden und die stärkste davon bildet dann die Regierung.«
Ein Arbeiter aus der Druckerei »Aktivist« in Fürstenwalde,7 [Bezirk] Frankfurt/Oder: »Unter einer Wahl verstehe ich, dass man zwischen der einen oder der anderen Liste wählen kann. Bei der jetzigen Wahl steht ja das Resultat schon von vornherein fest.«
Von feindlichen Kräften wird ebenfalls gegen die einheitliche Liste gehetzt, was folgende Beispiele zeigen: Ein Wismut-Arbeiter8 aus Friedmannsdorf, [Bezirk] Gera: »Da hat man wieder nur eine Liste aufgestellt. Hoffentlich steht bei jedem Namen die Parteizugehörigkeit dahinter, dann bekommen sie schon die richtige Antwort.«
Ein Lokführer vom Bahnhof Frankfurt/Oder: »Es ist Quatsch, dass überhaupt gewählt wird. Die Gewählten liegen schon fest. Daran kann keiner etwas ändern.«
Bei der Rechenschaftslegung in Vorbereitung der Volkswahlen wird,9 wie der Bezirk Potsdam meldet, fast ausschließlich nur über verschiedene wirtschaftliche und betriebliche Mängel diskutiert. Verschiedentlich kam es hierbei zu feindlichen Äußerungen, wie folgende Beispiele beweisen.
In der Handschuhfabrik Arnstadt,10 [Bezirk] Erfurt, sagte der Prokurist in der Diskussion zur Rechenschaftslegung unter großem Beifall der Versammlungsteilnehmer, dass der Unterschied zwischen VEB und privaten Betrieben aufgehoben werden müsste. Eine Scheuerfrau im VEB bekäme DM 1,05 pro Stunde, während eine perfekte Handschuhnäherin im Privatbetrieb nur 93 Pfennige erhält. Außerdem sei eine schon lange erwartete Lohnerhöhung für Arbeiter und Angestellte bisher ausgeblieben.
In einer Versammlung über die Volkswahlen im Privatbetrieb Maschinenfabrik Ihle in Burg,11 [Bezirk] Magdeburg, diskutierten fast alle anwesenden 20 Kollegen negativ. Außerdem wurde die Referentin laufend mit Zwischenrufen unterbrochen, wie zum Beispiel: »Wann kriegen wir unsere Prämien«. »Der Arbeiter im Westen kann sich mehr Butter leisten als wir.« »Es soll keine unterschiedlichen Lebensmittelkarten geben.«12 »Man spricht bloß von Gleichberechtigung der Frau, damit man den Frauen nicht zeigen will, dass sie nur mitarbeiten müssen, weil der Lohn des Mannes nicht ausreicht zum Leben.«
Über geringe Entlohnung bei der Reichsbahn wird immer wieder unter Kollegen der Reichsbahn besonders im Bezirk Gera diskutiert. So äußerte z. B. ein Kollege vom Bahnhof Gera: »Mit wenigen Mann müssen wir den Dienst versehen, weil die Kollegen in die Industrie abwandern. Wenn das so weitergeht, legen wir auch die Handschuhe hin und gehen in die Industrie. Das Geld ist entsprechend unserer Leistungen viel zu wenig.«
Ein Mangel an Rangierern besteht auf dem Verkehrsbahnhof Frankfurt/Oder, da Rangierer wegen zu geringem Lohn kündigen. Dies wird sich bei den im Herbst zunehmenden Rangierarbeiten sehr hemmend bemerkbar machen. Der gleiche Zustand besteht auf dem Bahnhof Fürstenwalde.
Unzufriedenheit wegen Stromabschaltungen in den Abendstunden besteht unter den Kollegen des VEB Gießerei- und Maschinenbau Schmiedeberg, Kreis Dippoldiswalde, [Bezirk] Dresden. Ein Meister aus der Dreherei sagte dazu: »Da erzeugt nun das E-Werk Calbe 25 000 kW mehr Strom. Ich möchte bloß wissen, wo der Strom bleibt. Auf so eine Weise können wir unseren Plan nicht erfüllen.« Ähnliche Diskussionen werden in anderen Betrieben des Kreises Dippoldiswalde ebenfalls diskutiert.
Um die Materiallieferungen für 1955 zu sichern, wollte der VEB Kälte Berlin Vorverträge bzw. bei nicht kontingentgebundenen Materialien feste Verträge mit Lieferbetrieben abschließen, was jedoch von diesen abgelehnt wurde. Diese Bestellungen wurden auch nicht als Grundlage für die Bedarfsermittlung verwendet. Solche Lieferbetriebe sind z. B.: DHZ Metallurgie, Berliner Eisenhandel, DHZ Maschinen und Fahrzeugbau Eisenwaren, VEB Berliner Metall- und Schraubenfabrik Oberschöneweide. Bei der Ablehnung wurde gesagt, dass der Plan für 1955 noch nicht bekannt sei und noch keine Kontingente vorhanden sind.
Im Fischkombinat Saßnitz mussten 2 000 neue Fischkisten verbrannt werden, da sie als Verpackungsmaterial nicht verwendet werden konnten. Das Holz der Kisten war bei der Lieferung noch grün und wurde im Fischkombinat mangelhaft gelagert, sodass es faulte.
Handel und Versorgung
Die Konsumschlächterei Teuchern, Kreis Hohenmölsen, [Bezirk] Halle, erhielt vom Schlachthof Weißenfels fünf geschlachtete, ungenießbare Hammel.
Schwierigkeiten in der Fleischversorgung auf Markenbasis hat Weißenfels, [Bezirk] Halle, worüber die Bevölkerung wie folgt urteilt: »Sie sollen mit der Messe aufhören und uns erst das Fleisch auf Marken liefern, denn in Leipzig hängen zur Messe alle Läden voller Schweine und bei uns in Weißenfels fehlt es an Fleisch.«
Eine unzureichende Belieferung mit Fleisch ist auch im Kreis Löbau, [Bezirk] Dresden, die teils an dem Zurückhalten der Viehbestände und teils an der Nichterfüllung der Viehhaltepläne liegt. Die dadurch entstandene Fehlmenge beträgt im Kreis Löbau 2 500 Stück Rindvieh und 1 000 Schweine.
Ein Mangel an Nährmitteln und Fischkonserven ist in den ländlichen Gemeinden des Bezirkes Schwerin zu verzeichnen.
Größere Schwierigkeiten in der Versorgung mit Kartoffeln bestehen in einigen Kreisen des Bezirkes Karl-Marx-Stadt, die vielfach dadurch hervorgerufen werden, dass die angelieferten Kartoffeln, infolge ihres schlechten Zustandes, teilweise nur noch als Viehfutter verwendet werden können.
Aus verschiedenen Kreisen des Bezirkes Cottbus kommen Klagen über die unzureichende Benzin-Versorgung.
Unter den Mitgliedern des Kreis-Konsums Zeitz, [Bezirk] Halle, gibt es Unstimmigkeiten, weil die Rückvergütung von 2,5 auf 1,8 Prozent gesenkt wurde und in manchen Gebieten des Kreises überhaupt nicht erfolgt.13
Landwirtschaft
Der Umfang der Diskussionen über die Preissenkung ist geringer geworden. Vereinzelt wurden anlässlich der Preissenkung Selbstverpflichtungen übernommen, um zu weiteren Preissenkungen beizutragen. Ein werktätiger Bauer aus Galenbeck, [Bezirk] Neubrandenburg, begründet es wie folgt: »So, wie wir die Produktion steigern und mehr und bessere Produkte erzeugen, kann man auch seitens der Regierung die Preise senken. Die jetzige Preissenkung ist für uns alle eine große Freude. Sorgen wir jetzt durch unsere Arbeit dafür, dass wir uns selber bald wieder eine Freude machen können.«
Die Genossenschaftsbauern der LPG Gransee, Bredereiche, Stülpe, [Bezirk] Potsdam, verpflichteten sich, mehr Produkte für den freien Aufkauf zu liefern. Die Traktoristen der MTS Putlitz, Pritzwalk und MTS Wiesenburg, [Bezirk] Potsdam, übernahmen die Verpflichtung, ihr Jahressoll vorfristig zu erfüllen und ihre Arbeit zu verbessern.
Bei den Rechenschaftslegungen im Bezirk Neubrandenburg ist in einer großen Anzahl von Gemeinden ein Erfolg zu verzeichnen. In der Gemeinde Schwiessel, Kreis Teterow, [Bezirk] Neubrandenburg, z. B. ist dieser Erfolg umso mehr zu werten, da diese Gemeinde bei der Volksbefragung ein Schwerpunkt war. Zurückzuführen ist dieser Erfolg auf die gute Vorbereitung des Kandidaten Genossen Roloff, der sich vorher über die Verhältnisse im Dorf erkundigt und die Teilnehmer persönlich eingeladen hatte. Bei der Versammlung entwickelte sich eine lebhafte Diskussion, die überwiegend positiv war.
Im gleichen Bezirk gibt es jedoch bei der Rechenschaftslegung erhebliche Mängel in der Vorbereitung. Zum Teil liegt es daran, dass die Funktionäre die Rechenschaftslegung nicht ernst nehmen und zum anderen, dass die Versammlungen schlecht vorbereitet werden. In der Gemeinde Schwaneberg, Kreis Prenzlau, z. B. wurde eine Versammlung gut vorbereitet. Es erschienen 40 Personen und eine Kulturgruppe. Die Versammlung sollte um 20.00 Uhr beginnen. Die Anwesenden warteten jedoch bis 21.00 Uhr vergebens auf den Referenten, Genossen Löhpirt von der Bezirksleitung der SED, der ohne Entschuldigung ferngeblieben ist. Das Gleiche ist in der Gemeinde Thürkow, Kreis Teterow, [Bezirk] Neubrandenburg, zu verzeichnen. Hier erschienen 51 Personen und eine Kulturgruppe, während der Abgeordnete Gläsel vom Apparatebau Teterow ebenfalls nicht erschien.
In der Gemeinde Semlin, [Bezirk] Potsdam, brachten die Bauern bei der Rechenschaftslegung zum Ausdruck: »Wir sind der Meinung, dass das Soll aus dem Jahre 1952/53 gestrichen werden muss.« Außerdem äußerten sie, dass die Volkswahlen keine demokratischen Wahlen sind, wenn eine Einheitsliste aufgestellt wird.
In der Gemeinde Techentin, [Bezirk] Schwerin, brachte ein Mittelbauer zum Ausdruck: »Wir erfüllen jahrelang unsere Verpflichtungen und erarbeiten gemeinsam die Grundanbaupläne. Diese Pläne werden jedoch nicht beachtet, wodurch Differenzen bei der Festlegung der Normen von 9 bis 14 dz in der gleichen Bodenklasse eintreten.«
Verschiedentlich wird von Bauern der Standpunkt vertreten, dass das Getreide erst ausschwitzen muss,14 um es vor dem Verderb zu schützen. Solche Meinungen werden in den Bezirken Schwerin, Suhl, Potsdam, Dresden und Rostock zum Ausdruck gebracht. Im Bezirk Suhl sagten die Bauern: »Das Getreide ist viel zu nass und dadurch erleidet die Regierung nur Schaden. Man sollte es deshalb mit der vorfristigen Ablieferung nicht so eilig haben.«
Im Bezirk Schwerin vertritt man die Meinung, dass man auf die Ablieferung des Getreides nicht so dringen soll, denn es sei besser, wenn dieses noch einige Zeit in den Mieten lagern würde. Man könnte das Getreide auch in den Mieten erfassen und es wäre besser so, weil es einen zu hohen Feuchtigkeitsgehalt hat. Die gleichen Meinungen vertreten auch Bauern im Bezirk Schwerin und sagen, dass das Getreide unter allen Umständen ausschwitzen muss.
In der LPG Sünna, [Bezirk] Suhl, mussten vom Kreisrat Sofortmaßnahmen eingeleitet werden, um das nasse, angehäufte Getreide vor dem Verderb zu schützen. Diese Tatsache löste unter den Bauern eine schlechte Stimmung aus und sie sind der Meinung, dass der Staat sich durch solche Terminstellungen selbst schädigt und dadurch die Volksernährung gefährdet wird.
Durch eine Kontrolle bei der VEAB in Kyritz, [Bezirk] Potsdam, wurde festgestellt, dass das Getreide (eingelagerte) solch eine Hitze entwickelt hat, dass die Körner schon teilweise ganz schwarz wurden und für den menschlichen Genuss nicht mehr verwendet werden können.
Am 7.9.1954 erhielt die VEAB Riesa, [Bezirk] Dresden, eine Getreidelieferung aus dem Kreis Teterow, [Bezirk] Neubrandenburg, die infolge der fünftägigen Bahnfahrt verbrüht und verschimmelt war. Die Feuchtigkeit wies einen Grad von 34,515 auf. Die Temperatur im Waggon betrug 40 Grad. Auf die Beanstandung hin, erschien der Betriebsleiter der VEAB Teterow, überzeugte sich von dem Zustand und versicherte, dass die Verladung solchen Getreides bereits abgestoppt wurde. Trotzdem gingen am 13.9.[1954] wieder einige Waggons mit verschimmelten Getreide ein. Dieses Getreide entwickelte solche Gase, dass sich bei den Transportarbeitern im Speicher Krankheitserscheinungen mit Erbrechen und Übelkeit zeigten. Die Menge des verdorbenen Getreides beträgt dort 412 dz verschimmeltes und 200 Tonnen saures Getreide.
In Bernburg, [Bezirk] Halle, kamen Lieferungen von Saatkartoffeln aus den Kreisen Osterburg und Gardelegen, [Bezirk] Magdeburg, die in sehr schlechtem Zustand waren. Von 195 dz aus zwei Waggons wurden 42 Prozent verfaulte Kartoffeln festgestellt.
Übrige Bevölkerung
Weiterhin wird über die Preissenkung überwiegend positiv diskutiert, meist von Hausfrauen und Rentnern. In den Stellungnahmen wird immer wieder zum Ausdruck gebracht, dass sich diese vor allem darüber freuen, dass die Fettigkeiten im Preis gesenkt wurden. In den negativen Äußerungen tritt am häufigsten das Argument auf, dass die Preissenkung nur wegen der Wahl erfolgt sei und zum anderen wird bemängelt, dass die Fleischwaren und die Butter nicht billiger geworden sind.
Ein Baumeister aus Großschirma, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Was ist denn schon so eine Preissenkung. Es sind ja doch bloß die Ladenhüter gesenkt worden und das andere ist geblieben. Gerade wo ich gern einmal ein Stück Wurst und Fleisch esse und viele andere auch, ist das nicht gesenkt worden. Wir können uns das nicht kaufen, weil es in der HO zu teuer ist. Diese Waren hätten müssen [sic!] in erster Linie gesenkt werden.«
Ein Arbeiter vom Hauptbahnhof Leipzig: »Die sollen lieber das Fleisch und vor allem die Butter billiger machen. Aber man sieht ja, für die Arbeiter wird nichts gemacht, die können ja Margarine kaufen. Die Butter kaufen sich die, die das Geld haben.«
Ein Angestellter des Konsums Zittau, [Bezirk] Dresden: »Die Preissenkung musste ja kommen, es ist bald wieder eine Wahl und dadurch will man die Bevölkerung für die Wahl gewinnen.«
Die Feierlichkeiten anlässlich des Gedenktages der Opfer des faschistischen Terrors nahmen im Allgemeinen einen guten Verlauf.16 Der Höhepunkt der Gedenkfeiern im Bezirk Cottbus war die Kundgebung in der Bezirkshauptstadt. Es sprachen der Generalsekretär der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft sowie ein französischer und eine polnische Widerstandskämpferin. Es beteiligten sich ca. 6 000 Personen, die Stimmung war als gut zu bezeichnen.
Die Diskussionen über die Volkswahlen haben noch immer einen geringen Umfang. Im Mittelpunkt steht die Aufstellung der gemeinsamen Kandidatenliste, dies wird von der Mehrzahl begrüßt. Negative Äußerungen sowie die Forderung nach Parteiwahlen kommen nach wie vor aus den Reihen der bürgerlichen Parteien und nur vereinzelt aus den anderen Kreisen der übrigen Bevölkerung. Es wird immer wieder argumentiert, dass man nur durch getrennte Listen die Stärke der einzelnen Parteien erkennen kann, oder dass die Wahl durch die gemeinsame Liste nicht demokratisch sei. Zum Beispiel sagte ein Angestellter vom Rat des Kreises Quedlinburg, [Bezirk] Halle: »Was doch für ein Theater um die Volkswahl gemacht wird. Das ist doch nicht mehr feierlich. Wir wollen froh sein, wenn sie vorbei ist, dann werden wir aufatmen.«
Ein Berufsschullehrer aus Marienberg, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Vor 1933 da war es bei den Wahlen romantisch, da ging es rund. Das ist richtig. Zu der Wahl, da müssen die einzelnen Parteien kandidieren. Das ist auch die Forderung, die der Westen erhebt nach allgemeinen freien Wahlen und nicht wie bei uns, wo die Kandidaten der Nationalen Front bloß aufgestellt werden.«
Unter den Mitgliedern der NDPD in Meiningen, [Bezirk] Suhl, wird diskutiert, dass der »Wahlrummel« nur gemacht wird, weil wahrscheinlich die SED Angst hat, sie könnte Stimmen einbüßen. Die Listenwahl wurde im Allgemeinen von der Bevölkerung abgelehnt mit der Begründung, das sei keine wahre Demokratie.
Ein Pfarrer aus Rietdorf, Kreis Luckau, [Bezirk] Cottbus: »Ich kann nicht für Kandidaten stimmen, die mit dem Druck, der auf die Bauern ausgeübt wird wegen der Sollerfüllung, dem Nachtdrusch17 usw. einverstanden sind.«
In der Gemeinde Pießig,18 [Bezirk] Cottbus, wird vor allem von den CDU-Mitgliedern die Meinung vertreten, dass Einzellisten besser das Kräfteverhältnis der Parteien widerspiegeln würden.
Aufgrund des Ministerratsbeschlusses, dass Bauvorhaben, für die noch kein Investkonto eröffnet ist, nicht durchgeführt werden dürfen,19 wurde auch der Erweiterungsbau der städtischen Krankenanstalten Brandenburg eingestellt, trotzdem schon für ca. 30 000 DM Arbeiten durchgeführt wurden. Die Schuld liegt hier nach den bisherigen Feststellungen beim Rat des Bezirkes Potsdam und bei der Investitionsbank. Durch die langsame Bearbeitung der Einrichtung des Kontos, trotzdem hierfür alle erforderlichen Bescheinigungen und Genehmigungen vorlagen, war das Konto noch nicht eröffnet worden.
In den Kreisen Stendal und Tangerhütte, [Bezirk] Magdeburg, herrscht Verärgerung unter den Ärzten, weil ihre Kinder nicht zum Studium an den Universitäten wie Rostock, Greifswald und Berlin zugelassen werden. Bisher wurden die Söhne von drei Ärzten abgelehnt. Einige Ärzte äußerten, dass sie ihre Stellung kündigen und sich eventuell nach dem Westen absetzen wollen. Im Kreis Stendal hat ein Lungenfürsorgearzt bereits gekündigt und sein Sohn studiert jetzt auf der sogenannten Freien Universität in Westberlin.
Organisierte Feindtätigkeit
Hetzschriftenverteilung
SPD-Ostbüro:20 Potsdam 804, Karl-Marx-Stadt 640, Halle 450, Rostock 426, Gera 140, Suhl 90, Leipzig 35, Wismut 22, Dresden 10 und Erfurt 4.
NTS:21 Cottbus 7 200, Halle 6 000, Frankfurt 15, Dresden 5.
In tschechischer Spr[ache]: Dresden 140.
»Freiheitskomitee Bismarck«: Frankfurt 10 000.
»Freie Junge Welt«:22 Potsdam 6.
Bei sämtlichen Flugblättern handelt es sich um bereits bekannte Ausgaben. Die Mehrzahl der Hetzschriften wurde sichergestellt und gelangte nicht in die Hände der Bevölkerung.
Antidemokratische Tätigkeit: In der Nacht zum 13.9.1954 haben zwei vollkommen betrunkene Personen in Brandenburg ein Transparent an der Ehrentribüne mit einer Fahnenstange durchstochen. Die Täter wurden festgenommen.
Gefälschter telefonischer Anruf: Am heutigen Tage erhielt der VEB Plasta Groitzsch, [Bezirk] Leipzig, gegen 16.00 Uhr von einem Unbekannten einen Anruf, dass in der Zeit von 17.00 bis 19.00 Uhr der Strom abgeschaltet werden müsste und der Betrieb während dieser Zeit seine Produktion einstellen soll. Nach Rücksprache mit dem Lastenverteiler werden keine Stromabschaltungen vorgenommen.
Am 5.9.1954 wurde von einem unbekannten Täter auf dem Hofe des MTS-Stützpunktes in Friedersdorf, [Bezirk] Frankfurt/Oder, von einem abgestellten Traktor der MTS Seelow der Deckel des Vergasers und einige Schrauben von der Anbringervorrichtung des Vergasers abgeschraubt und entwendet.
In der Konsumgaststätte in Rathenow weilte eine westdeutsche Delegation. Die Angehörigen der Delegation unterhielten sich mit zwei Rathenower Einwohnern, Werkzeugmacher aus den ROW,23 wobei sie sich anerkennend über die Entwicklung in der DDR aussprachen. Die beiden Werkzeugmacher dagegen diskutierten negativ über die Verhältnisse in der DDR. Diese Diskussion wurde so heftig, dass sie zu einer Schlägerei ausartete.
Anlage 1 vom 14. September 1954 zum Informationsdienst Nr. 2313
Produktionsschwierigkeiten in der Industrie
Produktionsschwierigkeiten, die wegen Material-, Kohle-, Ersatzteil- und Strommangel auftraten
In der Roßlauer Schiffswerft, [Bezirk] Halle, fehlen Motoren für die Motorgüterschiffe. Die Lieferfirma Galvanotechnik Leipzig hat angeblich kein Material. Außerdem fehlen Schalttafeln von der Lieferfirma Schiffselektrik Rostock. Dadurch sind die Exportaufträge für die UdSSR und Volkspolen gefährdet.
Der VEB Holzindustrie Bad Kösen, [Bezirk] Halle, hat die geplante Holzmenge für das Jahr 1954 bis Ende Oktober verbraucht. Deshalb sollen 15 Kollegen aus der Produktion entlassen werden.
Auf den Baustellen des VEB Hochbau Berlin-Friedrichshain besteht ein großer Mangel an Rödeldraht, der für Einschalarbeiten gebraucht wird.
Am 13.9.1954 musste im Zementwerk Schwanebeck, [Bezirk] Magdeburg, die Produktion stillgelegt werden, da keine Steinkohle mehr vorhanden ist.
Im Fischkombinat Rostock fehlen Ersatzteile für die Hanomag-Zugmaschinen,24 wodurch diese ausgefallen sind.
Die Produktion der Karbidfabrik der Buna-Werke, [Bezirk] Halle, sinkt aufgrund der ungenügenden Stromlieferungen. So fehlen bis jetzt im Jahresplan 8 200 Tonnen Karbid.
Produktionsstörung. Am 12.9.1954 fuhr ein Grubenzug in der Grube Großkayna, [Bezirk] Halle, auf einen stehenden Zug auf, wobei ein Todesfall zu verzeichnen ist. Als Ursache wird Fahrlässigkeit des Zugführers des stehenden Zuges angegeben.
Anlage 2 vom 14. September 1954 zum Informationsdienst Nr. 2313
Stimmung zur Leipziger Messe
Es hat sich in der Stimmung zur Messe keine wesentliche Veränderung ergeben. Immer wieder wird hervorgehoben, dass die diesjährige Messe internationalen Charakter trägt und dass die Ausstellungsstücke der volksdemokratischen Länder große Fortschritte aufzeigen. Bewunderung findet immer wieder der sowjetische Pavillon.
Unter den ausländischen und westdeutschen Besuchern sind am häufigsten Gespräche über günstige Bedingungen von Handelsabschlüssen mit den Ländern des Ostens und der DDR. Des Weiteren wird zu den Verhältnissen in der DDR Stellung genommen. Zum Beispiel sagte ein englischer Einkäufer: »Die DDR, die so viel für die Bevölkerung, besonders für die Jugend, tut, kann niemals an einem Krieg interessiert sein. Auch in England will man keinen Krieg und der Vorschlag der Sowjetunion, einen Sicherheitspakt in Europa zu schaffen,25 findet bei uns in breiten Kreisen Zustimmung. Besonders in Wirtschaftskreisen spricht man sich dafür aus, weil dadurch die Möglichkeit geordneter Handelsmöglichkeiten geschaffen wird.«
Ein westdeutscher Vertreter: »Ich bin vor allem überrascht über die Leistungen, die in so kurzer Zeit im Maschinenbau vollbracht wurden. Damit hat die DDR Anschluss an die Weltproduktion gefunden. Das Gleiche muss ich auch von China sagen. Das bedeutet aber, dass sich unsere Absatzschwierigkeiten vergrößern werden, denn China wird in den kommenden Jahren den Weltmarkt mit ihren Waren überschwemmen. Ich denke genauso wie viele meiner Kollegen, der schnellen Entwicklung in China muss Einhalt geboten werden, sonst gehen wir zugrunde.«
Ein Arbeiter aus Wölkau, [Bezirk] Leipzig: »Die Messe ist dieses Jahr sehr umfangreich und man staunt über die Entwicklung der einzelnen Länder, vor allem die Volksdemokratien zeigen einen hohen Entwicklungsstand. Ebenso das neue China. Ich bin wirklich erstaunt, was dieses Land in so kurzer Zeit für Erfolge in der Industrie zu verzeichnen hat.«
Anlage 3 vom 14. September 1954 zum Informationsdienst Nr. 2313
Stimmung aus Westberlin
Am Sonntag, den 12.9.1954 – dem Gedenktag der Opfer des Faschismus – fand vor dem Rathaus in Reinickendorf eine Denkmalenthüllung statt.26 Es beteiligten sich daran ca. 1 000 Personen. Die Teilnehmer setzten sich vorwiegend aus Angehörigen der verschiedensten Organisationen zusammen. Darunter ein Zug »Reichsbanner«,27 etwa 150 Mann stark.
Es sprach ein Senator in Vertretung Schreibers28 und Franz Neumann.29 Unter anderem erwähnten die Sprecher auch die »Opfer des 17. Juni [1953]«. Franz Neumann sprach außerdem die Worte aus: »Mit dem Osten muss genauso abgerechnet werden, wie man mit dem Faschismus abgerechnet hat.«30
Aus den Reihen der Stummpolizei31 wurden folgende Äußerungen bekannt: In einer Diskussion über den Fall John32 äußerte ein Oberwachtmeister: »Dr. John hat richtig gehandelt. Es stimmt auch, was über den Westen gesagt wird. Mein Sohn ist bei der Bereitschaftspolizei, was der manchmal erzählt, hat mit Polizei nichts mehr zu tun. Das ist bereits Wehrmacht und das lehne ich ab.«
Auf die Anweisung hin, dass jeder Polizist in seinem neuen Personalausweis den Vermerk »Beamter« mit entsprechendem Dienstgrad eintragen lassen muss,33 äußerte ein Reviervorsteher: »Das ist ein Eingriff in die persönliche Freiheit. So etwas darf es nicht geben und wir müssen durch unsere Berufsverbände erzwingen, dass eine Abänderung getroffen wird. In keiner Berufsgruppe ist so etwas möglich. Wir sind keine Soldaten, sondern Polizei.«
Bei einer Diskussion über die Ablehnung der EVG durch Frankreich und über die Aufstellung einer westdeutschen Nationalarmee sagte ein Hauptwachtmeister: »Nationalarmee ohne mich. Diesen Mist mache ich nicht mehr mit. Ich habe einmal im Dreck gelegen und kein Verlangen mehr danach. Da sollen die hingehen, die jetzt so schreien oder bisher immer geschrien haben.«
Ein Oberwachtmeister sagte dazu: »Ob nötig oder nicht (gemeint ist die Nationalarmee), jedenfalls nicht mit mir. Wir haben einmal erlebt, wie wir förmlich von den russischen Massen erdrückt wurden. Wenn man jetzt noch an die dazukommenden chinesischen Truppen denkt, dann ist ja alles klar.«
Das Flüchtlingslager Marienfelde wird jetzt durch den Bau von elf Wohnblöcken vergrößert.34 Die Westberliner Bevölkerung ist über dieses Vorhaben sehr unzufrieden und nimmt dagegen Stellung. Einbrüche und Diebstähle nehmen ein immer größeres Ausmaß an und bisher wurden als Täter stets »politische Flüchtlinge« festgestellt.
Zur Lage in Westberlin äußerte ein Arbeitsloser: »Hier gibt es zu viel Arbeitslose, daher auch die vielen Schwarzarbeiter. Die sogenannten Flüchtlinge gehen zu den Baustellen, arbeiten dort für 5,00 Mark den ganzen Tag. Abends vertrinken sie den Verdienst, da sie ja Essen und Unterkunft frei erhalten, allerdings auf Kosten der Steuerzahler. Aufgrund dessen, das sich solche Elemente finden und für so eine Entlohnung arbeiten, wird die soziale Lage der Arbeiter immer schlechter. Ich war noch nie ein Kommunist, aber durch die Verhältnisse hier wird man einer. Ich habe mich überzeugt, dass im Ostsektor und in der ganzen Zone andere Verhältnisse herrschen, und zwar gesunde Zustände und nicht so wie hier bei uns in Westberlin.«
Anlage 4 vom 14. September 1954 zum Informationsdienst Nr. 2313
Äußerungen von Personen, die von Westberlin und Westdeutschland in die DDR übersiedelten
Aus den nachstehenden Äußerungen der Personen geht hervor, dass sie [es] nicht bereuen, Westberlin oder der Bundesrepublik den Rücken gekehrt zu haben. Sie sind in der DDR gut aufgenommen worden, haben Arbeit und Wohnung bekommen. Da sie größtenteils vorher arbeitslos waren, betonen sie, dass es ein schönes Gefühl ist, wieder im Arbeitsprozess zu stehen und so viel Geld zu verdienen, um gut den Lebensunterhalt bestreiten zu können.
Ein parteiloser Arbeiter übersiedelte von Westberlin nach Dessau, weil er dort erwerbslos war und nur DM 21,00 Unterstützung bekam. Er hat in einer Brauerei gleich Arbeit bekommen. Darüber äußerte er: »In den Behörden hier sitzen ganz andere Menschen als in Westberlin. Sie sind zuvorkommend, ruhig und sachlich, während in Westberlin noch der alte Kanzlei- und Kommisston herrscht. Ich werde jeden Meckerer hier aufklären über das wahre Leben, das hinter den vollen Schaufenstern in Westberlin unter den Werktätigen herrscht. So, wie es mir ergangen ist, geht es noch sehr vielen anderen drüben.«
Ein Arbeiter äußerte: »Wir haben eine Wohnung bekommen, zwei Zimmer mit Küchenbenutzung. Ich arbeite mit meiner Frau in einer Schuhfabrik. Wir verdienen zusammen DM 100. Hier ist die Lebensweise viel billiger als drüben. Alle sind so nett und freundlich zu uns. Wir haben unseren Schritt noch nicht bereut.«
Ein Angestellter: »Ich habe mit meiner Frau in einer HO-Gaststätte Arbeit gefunden. Uns gefällt es sehr gut und wir verdienen viel mehr als drüben. Das Hungerleben drüben hatten wir satt. Ich hatte immer ein grausiges Gefühl über die sogenannte Ostzone, aber wir waren sehr erstaunt und angenehm überrascht über die wahren Verhältnisse hier.«
Ein Arbeiter: »Wir sind nach Brandenburg gezogen. Ich arbeite bei RFT35 als Fernmeldemonteur und meine Frau ist im Schlepperwerk beschäftigt. Wir verdienen beide gut und kommen auch vorwärts. Das Arbeiten macht hier Freude, weil man keine Vorgesetzten mit Stehkragen sieht. Überall herrscht ein kameradschaftlicher Ton.«
Eine Arbeiterin: »Hier wird für die Werktätigen sehr viel getan. Alle berufstätigen Frauen bekommen einen bezahlten Haushaltstag.36 Auf alle Fälle geht es den Arbeitern hier unter dieser Regierung besser als drüben in der Bundesrepublik. Ich habe es noch nicht bereut, dass ich in die DDR gegangen bin.«
Eine Angestellte: »Mein Mann hat hier in Breege auf Rügen eine Stelle als Lagerarzt übernommen und ich habe die Stelle eines Wirtschaftsführers übernommen. Die Arbeit macht mir sehr viel Freude. Wir leben hier wirklich wie im Paradies und haben keinerlei Sorgen. So gut, wie seit unserem Aufenthalt in der DDR, ist es uns in unserem ganzen Leben noch nicht gegangen.«
Ein Seemann, der nach Rostock gezogen ist, schilderte seine Lage in Westdeutschland: »Ich habe gehört, dass man als kleiner Seemann hier sogar eine Schule besuchen kann, um ein Patent zu machen und man kann dann einen Aufstieg erreichen, was in Westdeutschland niemals möglich ist. Drüben könnte man das Geld für so eine Schule niemals aufbringen. Ich will gern arbeiten, aber für einen Staat, der meine Arbeit anerkennt und mein Wissen fördert.«
Ein Arbeiter: »Hier macht das Leben wieder Spaß, weil ich Arbeit habe. Die Lebensweise ist auch so, dass keiner Not hat. Ich bekomme z. B. auf meine Marken so viel Fleisch und Fett, dass ich nichts zusätzlich kaufen brauche.«