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Zur Beurteilung der Situation

11. Februar 1954
Informationsdienst Nr. 2116 zur Beurteilung der Situation

Die Lage in Industrie, Verkehr, Handel und Landwirtschaft

Industrie und Verkehr

Gegenüber den Vortagen ist eine Veränderung in der Stimmung dahingehend festzustellen, dass die Arbeiter in den Betrieben nicht mehr das bisher gezeigte Interesse für die Viermächtekonferenz aufbringen und die Diskussionen teilweise wesentlich nachgelassen haben.1 Es macht sich eine gewisse abwartende Haltung bemerkbar. (Diese Stimmung war bisher charakteristisch für Angestellte und Intelligenzler.) So haben z. B. in den letzten Tagen die Diskussionen über die Konferenz2 in dem VEB Maxhütte Unterwellenborn stark nachgelassen. Es zeigt sich eine gewisse Interesselosigkeit, da man kein positives Ergebnis mehr erwartet. Ein Arbeiter des Walzwerkes der Maxhütte: »In Berlin schien anfangs die Sonne. Ich freute mich mit meiner Frau und wir saßen jeden Abend am Radio. Jedoch seit gestern ist es zappenduster, sodass ich keine Lust mehr habe, wegen der schlechten Meldungen das Radio zu hören.«

Die Kumpel der Braunkohlenwerke Hirschfelde, [Bezirk] Dresden, zeigen eine abwartende Haltung und sie versprechen sich nicht viel mehr von der Konferenz, da ab Freitag die Österreichfrage3 behandelt wird.

Eine abwartende Haltung und Interesselosigkeit ist weiterhin in folgenden Betrieben besonders festzustellen: Im [Wismut-]Schacht 352 in Lichtenberg,4 [Bezirk] Gera, im RAW Jena, [Bezirk] Gera, in den Burger Kleiderwerken,5 [Bezirk] Magdeburg, im Kleiderwerk Schwerin und in der Möbelfabrik Rother & Kunze Zeulenroda, [Bezirk] Gera.

Die Meinung, dass die Konferenz erfolglos abgeschlossen wird, tritt stärker in Erscheinung.6 In diesem Zusammenhang ist jedoch zu bemerken, dass ein nicht geringer Teil der Arbeiter keinen Zweifel darüber lässt, dass die Vorschläge des Genossen Molotow7 richtig sind und den Interessen des deutschen Volkes entsprechen.8 So zweifelt man in der Elbewerft Boizenburg, [Bezirk] Schwerin, an einer erfolgreichen Lösung der deutschen Frage auf der Berliner Konferenz.9 Jedoch erkennt der größte Teil der Belegschaft die Vorschläge des Genossen Molotow als richtig für uns an. Ähnlich ist die Lage auch im Schwermaschinenbau »7. Oktober« in Magdeburg, in der Staatswerft Magdeburg10 und zum Teil in der DSU Torgau, [Bezirk] Leipzig.

Im Stahl- und Walzwerk Brandenburg stimmt ein großer Teil der Belegschaft den Vorschlägen des Genossen Molotow zu und spricht sich gegen die Haltung der westlichen Außenminister aus.

Zustimmung zu den sowjetischen Vorschlägen auf der Konferenz wird auch von einem großen Teil der Belegschaft der Zimmerei des »Karl-Liebknecht«-Werkes Magdeburg, der »Karl-Liebknecht«-Hütte Eisleben, [Bezirk] Halle, des Bau 44 der Chemischen Werke Buna, [Bezirk] Halle, des VEB Metallweberei Neustadt, [Bezirk] Gera, des VEB Landmaschinenbau Torgau, [Bezirk] Leipzig, der VEB Ziegeleien Klausdorf, [Bezirk] Potsdam, und des Objektes Teterow, [Bezirk] Neubrandenburg, der Bau-Union Brandenburg gegeben.

Beachtenswert ist nachfolgendes Beispiel, worin eine gewisse Auswirkung der in den letzten Tagen verstärkt im westlichen Rundfunk betriebenen Hetze11 über angebliche Unruhen und Verhaftungswellen in der DDR festzustellen ist.12 Ein Arbeiter vom Elektromotorenwerk Wernigerode, [Bezirk] Magdeburg: »Seid vorsichtig und haltet den Mund. Eine neue Verhaftungswelle ist im Gange, in Leuna und Zeitz sind die, welche über die Viererkonferenz negativ diskutiert haben, verhaftet worden.« Eine Feststellung ergab, dass in der Abteilung, wo dieser Arbeiter beschäftigt ist, nicht mehr über die Viererkonferenz diskutiert wird. Auch unter einem Teil der Belegschaft des Elektromotorenwerkes wird dahingehend diskutiert, ruhig zu sein, da eine neue Verhaftungswelle im Gange ist.

Immer wieder wird von einem Teil der Werktätigen die Forderung auf Veröffentlichung der Reden und Vorschläge der westlichen Außenminister erhoben. Besonders zeigt sich das im Trafo- und Röntgenwerk Dresden und im Stahl- und Walzwerk Riesa, [Bezirk] Dresden.

Ein kleinerer Teil der Werktätigen bringt negative bzw. feindliche Meinungen zum Ausdruck, dabei stehen besonders die Forderungen auf »freie Wahlen« nach westlichem Muster13 und die Revidierung der Oder-Neiße-Grenze im Vordergrund. Die Frage der Oder-Neiße-Grenze wird besonders von ehemaligen Umsiedlern gestellt.14 Bei diesen negativen und feindlichen Stimmen macht sich besonders der westliche Einfluss bemerkbar.

Unter einem Teil der Angestellten des »Karl-Liebknecht«-Werkes Buckau, [Stadt] Magdeburg, werden »freie Wahlen« gefordert, jedoch müssten dann alle Parteien zugelassen [werden], wie es früher war.15

Ein Revolverdreher vom EMW Eisenach,16 [Bezirk] Erfurt: »Nur freie Wahlen können entscheiden. Die SED müsste aber vorher wieder aufgelöst werden in KPD und SPD. Wir wollen dann sehen, wo die Regierung der DDR hinkommt. Die kriegen keinen einzigen Sitz im Parlament. Hoffentlich bald, aber nicht so wie bisher, sondern wirklich geheime Wahlen.«17

Im »Karl-Liebknecht«-Werk Magdeburg diskutiert ein größerer Teil der Arbeiter (Umsiedler), dass ihnen gleich ist, wer regiert, die Hauptsache sei nur, dass sie wieder in die Heimat zurückkönnen. »Die Oder-Neiße-Grenze wurde ja im Potsdamer Abkommen nur als vorläufige Grenze festgelegt.«18

Ein Angestellter der Reichsbahn aus Langensalza, [Bezirk] Erfurt: »Wenn es jetzt zur Viererkonferenz nicht anders wird, müssen wir selbst zu anderen Maßnahmen greifen, denn so kann es nicht weitergehen. Ich gehe dann auf die Zechen und werde den Streik ausrufen, aber anders als am 17.6.1953, mit einer anderen Organisation.«

Negative bzw. feindliche Äußerungen treten noch in den verschiedenen Formen in Erscheinung (gegen die Vorschläge Molotows, Hetze gegen die SU und DDR, gegen Teilnahme deutscher Vertreter an der Konferenz,19 Verherrlichung der westlichen Verhältnisse u.  Ä.).

In den Betrieben von Görlitz ist weiterhin eine Konzentration negativer bzw. feindlicher Stimmen festzustellen.20 Ein Holzspritzer (parteilos) des VEB LOWA Görlitz: »Wenn man das Theater in Berlin sieht, weiß man, dass nichts dabei herauskommt. Es wäre jetzt an der Zeit, den westlichen Außenministern zu beweisen, wie das deutsche Volk wirklich denkt, doch nicht so, wie es der Herr Molotow zum Ausdruck bringt.«

Handel und Versorgung

Kohlenmangel: Ein ernster Mangel an Braunkohlenbriketts ist im Bezirk Frankfurt/Oder zu verzeichnen. Von dem Bevölkerungskontingent des 1. Quartals 1954, was auf 62 000 t lautet, wurden bisher nur 14 000 t geliefert. Aus diesem Kontingent wurden außerdem einige Hundert Tonnen der örtlichen Industrie zur Verfügung gestellt, damit die Betriebe nicht stillstehen. Vom Vorsitzenden des Rates des Bezirkes Frankfurt/Oder wird darauf aufmerksam gemacht, dass der Bezirk über keinerlei Vorräte mehr verfügt und nicht in der Lage ist, weitere Lücken zu schließen.

Landwirtschaft

Neben einer gewissen politischen Uninteressiertheit ist zu verzeichnen, dass das Interesse der Landbevölkerung an der Außenministerkonferenz nachzulassen beginnt.21 Diskussionen hierüber werden weniger geführt. Wie aus den einzelnen Meinungsäußerungen hervorgeht, sind die Gründe die Länge der Konferenz und [dass] man sich bisher noch nicht über das Deutschlandproblem geeinigt hat. In der Gemeinde Hohndorf, [Kreis] Greiz, [Bezirk] Gera, wird unter den Bauern fast gar nicht mehr über die Konferenz diskutiert.

Ein Mittelbauer aus Mockrehna, [Bezirk] Leipzig: »Jetzt sind schon bald drei Wochen vergangen und raus kommt doch nichts. Mir ist auch egal, was dabei herauskommt. Die Hauptsache ist, ich habe meine Ruhe und meine Wirtschaft in Ordnung.«

Die Vorschläge des Genossen Molotow werden meist von Angehörigen der MTS, VEG, LPG, Landarbeitern und werktätigen Einzelbauern unterstützt. Hierbei kommt es jedoch mehr zu allgemeinen Äußerungen, dass konkret Stellung genommen wird. Ein großer Teil bringt zum Ausdruck, dass man keinen Krieg will. Konkret wird sich geäußert von den fortschrittlichen Kräften auf dem Lande. Diese Kräfte geben den imperialistischen Westmächten die Schuld, dass bisher noch keine Einigung in der Deutschlandfrage erzielt wurde, wenden sich gegen den Eden-Plan22 (»freie Wahlen«) und den EVG-Vertrag.23

In der Gemeinde Steinfeld, [Bezirk] Suhl, vertraten die meisten Anwesenden in einer Versammlung den Standpunkt, dass man das deutsche Volk hören muss, sonst könne man keine Beschlüsse über Deutschland fassen.

Ein Elektriker der MTS Langenwetzendorf, [Bezirk] Gera: »Die Vorschläge zu den freien, demokratischen Wahlen durch Molotow lassen erkennen, dass die SU diese Angelegenheit dem deutschen Volk selbst in die Hände gibt. Dagegen wollen die kapitalistischen Staaten über Deutschland bestimmen und wollen die deutsche Nation für immer in ihrer Gewalt haben.«

Bei Teilen der Landbevölkerung, die sich solchen Hoffnungen, wie sofortige Lösung des Deutschlandproblems hingegeben haben, macht sich jetzt eine gewisse Enttäuschung bemerkbar. Bei diesen Meinungsäußerungen werden die Vorschläge des Genossen Molotow begrüßt, aber man meint, dass diese Sache keinen Erfolg bringt.

Es mehren sich die Stimmen, die zum Ausdruck bringen, dass die Konferenz kein Ergebnis bringt.24 Aus diesen Meinungsäußerungen ist festzustellen, dass man oft die Stärke der SU und des demokratischen Lagers unterschätzt, sich der eigenen Kraft nicht genügend bewusst wird und viele solche Tatsachen wie die Verhandlungsbereitschaft der SU und ihre Initiative auf der Konferenz, die Entlarvung der westlichen imperialistischen Staaten als Feinde der Einheit Deutschlands usw. übersieht.

In der Gemeinde Dolgelin, [Kreis] Seelow, [Bezirk] Frankfurt/Oder, ist der größte Teil der Einwohner mit den Vorschlägen Molotows einverstanden, aber der Meinung, dass Molotow alleine gegen die drei westlichen Außenminister nichts durchsetzen kann und so kein Ergebnis zustande kommen wird.

Ein Bauer aus Weißenborn, [Kreis] Freiberg, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Was nutzen alle diese Vorschläge, die gemacht werden, es wird sowieso nichts draus und wir können auch nichts daran ändern, uns fragen sie ja nicht.«

Teilweise herrscht noch Unklarheit über die Bedeutung des Vorschlages des Genossen Molotow betreffs einer provisorischen Regierung, demokratischen Wahlen und Abzug der Besatzungstruppen und der Gefährlichkeit des Vorschlages von Eden betreffs »freier Wahlen«. Im Bezirk Cottbus wurde in vielen Gemeinden festgestellt, dass noch zahlreiche Unklarheiten über »freie Wahlen« und über den EVG-Vertrag bestehen.

Ein Dispatcher der MTS Wiesenena, [Kreis] Delitzsch, [Bezirk] Leipzig: »Wie ich aus den Gesprächen mit den Arbeitskollegen feststellen konnte, herrscht bei ihnen noch Unklarheit über das Thema ›freie Wahlen‹. Sie erkennen nicht den Unterschied zwischen dem Vorschlag von Molotow und dem von Dulles.25 Nach ihrer Ansicht ist es gleich, Hauptsache sei überhaupt die Durchführung von freien Wahlen.«

Ein geringer Teil der Landbevölkerung, meist aus Großbauernkreisen, spricht von einem Scheitern der Konferenz und gibt dabei der SU die Schuld. Hierbei ist stark der Einfluss westlicher Sender zu spüren. Ein Großbauer aus Neundorf,26 [Kreis] Altenburg, [Bezirk] Leipzig: »Der Russe macht ja sowieso, was er will. Meiner Ansicht nach sind Kriege nicht zu vermeiden.«

Ein Großbauer aus dem Bezirk Cottbus: »Wir brauchen uns gar keine Hoffnungen zu machen, dass die vier zu einer Einigung kommen. Molotow hat nicht die Absicht, sich hier zu einigen. Die SU will nicht an der Elbe stehen bleiben, sondern den Kommunismus über ganz Deutschland und weit über Frankreich und die anderen westeuropäischen Länder ausdehnen. Es würde ihnen auch gelingen, wenn die Westmächte nicht bald aufhören zu schlafen.«

Unter ehemaligen Umsiedlern gibt es immer noch negative Diskussionen über die Oder-Neiße-Grenze. Das tritt besonders im Bezirk Frankfurt/Oder in Erscheinung. Ein Bauer aus Neulewin, [Bezirk] Frankfurt/Oder: »Das deutsche Volk wird erst dann wieder ordentlich leben, wenn wir das Gebiet östlich der Oder zurückhaben. Die Oder-Neiße-Grenze muss wegfallen.«

Andere negative Stimmen, auch feindliche, sprechen von »freien Wahlen«, »freier Wirtschaft« usw. Ein Großbauer aus Inkranigendorf,27 [Kreis] Teterow, [Bezirk] Neubrandenburg: »Die Grundlage für die Schaffung einer deutschen Regierung kann nur die Durchführung ›freier Wahlen‹ sein, wie sie Eden vorschlägt.«

Auf einer Belegschaftsversammlung der MTS in Altlandsberg, [Bezirk] Frankfurt/Oder, äußerten sich mehrere Angehörige, dass sie für »freie Wahlen« nach Adenauers28 Muster seien.

Ein Traktorist äußerte sich: »Warum soll man den Stahlhelm29 nicht zulassen, der wird ja doch nicht von den Arbeitern gewählt.«

In der MTS Wriezen, [Bezirk] Frankfurt/Oder, wollten die Brigadiere streiken, weil sie noch Geldprämien zu beanspruchen hatten. In einer Belegschaftsversammlung sahen sie ihren Fehler ein und verpflichteten sich, diesen bei der Frühjahrsbestellung wiedergutzumachen.

In einigen Gemeinden des Bezirkes Halle bestehen Ablieferungsrückstände, zurückzuführen auf großbäuerlichen Einfluss.

Stimmung der übrigen Bevölkerung

Von einem großen Teil der Bevölkerung wird der Konferenzverlauf weiterhin verfolgt und eine Entspannung im internationalen Rahmen erwartet. Es ist jedoch zu bemerken, dass teilweise das Interesse nachlässt und allgemeine Diskussionen geführt werden,30 die oft zum Ausdruck bringen, dass ein Krieg verhindert werden muss. Besonders von Frauen wird gegen einen neuen Krieg Stellung genommen.

Von dem fortschrittlichen Teil der Bevölkerung werden die Vorschläge des Genossen Molotow unterstützt und für die Teilnahme deutscher Vertreter, demokratische Wahlen und eine Volksbefragung eingetreten, jedoch die Einbeziehung Deutschlands in den EVG-Vertrag abgelehnt. Eine Hausfrau aus Fürstenwalde, [Bezirk] Frankfurt/Oder: »Nun wird in Berlin schon seit zwei Wochen über das Schicksal Deutschlands verhandelt, was wird das Ergebnis dieser Außenministerkonferenz sein? Das bisherige Ergebnis sieht nicht gerade ermutigend aus, man kann nur immer hoffen, dass die Menschen Vernunft annehmen und es nicht zum Äußersten kommen lassen.«

Ein Rentner aus Wesenberg, [Bezirk] Neubrandenburg: »Nur keinen Krieg, die Vorschläge von Molotow sind gut. Was die anderen Vertreter vorschlagen, das haben wir alles schon mitgemacht, aber das wollen wir nicht wieder haben, darum stimme ich für einen Friedensvertrag und gegen den Generalkriegsvertrag.«31

Mit dem vorläufigen Abschluss der Behandlung der Deutschlandfrage ist zu bemerken, dass ein nicht geringer Teil kein positives Ergebnis von der Konferenz erwartet oder sehr wenig Hoffnung auf einen Erfolg zum Ausdruck bringt. Ein Rentner aus Rübenau, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Ich habe keine Hoffnung auf eine Einigung in der Deutschlandfrage.«

Eine Hausfrau aus Greifswald, [Bezirk] Rostock: »Ich glaube, dass auf der Konferenz nicht viel herauskommt.«

Die negativen Meinungsäußerungen treten weiter in gleichem Umfang wie an den Vortagen auf und lassen den westlichen Einfluss erkennen. Hauptargumente sind: »freie Wahlen« nach westlichem Muster, vereinzelte Anspielungen auf den 17.6.[1953] sowie andere vom westlichen Rundfunk verbreitete Lügenmeldungen. Von einem Teil der ehemaligen Umsiedler wird die Rückgabe der Ostgebiete gefordert.32

Eine Pfarrersfrau aus Netzschkau, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Wir möchten solche Wahlen haben wie in Westdeutschland, nicht so, wie sie bei uns einmal waren.«

Ein Student aus Greifswald, [Bezirk] Rostock: »Wir Deutschen verlangen ›freie Wahlen‹, damit wir auch einmal richtig wählen können.«

Ein Gastwirt, ein Malermeister und ein Fischhändler aus Neustrelitz vertraten in einer Diskussion die Meinung, ein neuer »Tag X«33 ist im Anmarsch. Der 17.6.[1953] war noch nichts, diesmal können die »Russen« ruhig auffahren, damit können sie nichts mehr erreichen. In Sachsen gärt es schon, dort marschieren die Arbeiter.

Ein Arbeiter aus Plate, [Bezirk] Schwerin, äußerte in der Konsumgaststätte Strahlendorf: »Kommt doch her ihr Kommunisten, wir werden euch zusammenschlagen. Die Oder-Neiße-Grenze ist doch keine Friedensgrenze. Die Regierung der DDR ist auch keine Arbeiterregierung.«

Organisierte Feindtätigkeit

Ein bis zwei Briefe mit Hetzschriften wurden jeweils in den Bezirken Dresden, Cottbus und Rostock von Einwohnern, die diese durch die Post zugestellt erhielten, abgegeben. Inhalt: UfJ34 »Augen auf, Betriebsspitzel gehen um« und »Deutsche in der Ostzone« West-CDU »Der Tag«.35

In Erfurt wurden erneut 20 der bereits bekannten, mit Stempel angefertigten Hetzzettel gefunden. 32 Briefe mit Hetzsendungen »Der Widerstandsgruppe Mecklenburg«36 wurden in Rostock sichergestellt. 50 Hetzschriften wurden im Bezirk Potsdam in einem Paket gefunden. Vereinzelt wurden Hetzschriften verschiedener Art in den S-Bahnzügen im Bezirk Potsdam sichergestellt.

Die Kreisleitung der SED Borna, [Bezirk] Leipzig, erhielt einen Brief, dessen Inhalt sich gegen die Partei, die Wahlen 1950 sowie gegen die KVP,37 die sowjetische Besatzungsmacht richtet. Es werden »freie Wahlen« gefordert.

Der Kreisvorstand des FDGB Sömmerda, [Bezirk] Erfurt, erhielt einen Brief mit Hetzschriften, in welchen »freie Wahlen« gefordert werden. Unter anderem heißt es: »Quatsch nicht, Molotow, sonst rücken wir Dir auf die Bude.«

In Wittstock, [Bezirk] Potsdam, wurde an eine Plakatsäule ein Hitler-Bild geklebt und eine Fahne heruntergerissen.

Paketaktion: Wie aus Potsdam berichtet wird, werden aus Westberlin Gutscheine, die zum Abholen von 1 kg Butter und einem halben kg Milchpulver berechtigen, geschickt. Das Anschreiben vom »Senator für Arbeit und Sozialwesen« in Westberlin lautet: »Wir sind heute in der Lage, Ihnen beiliegenden Gutschein zu übermitteln. Die Einlösung muss bis zum 15.2.1954 erfolgen.«38

Ein Rentner aus Stahnsdorf, [Bezirk] Potsdam, erhielt durch die Post ein Schreiben des Deutschen Roten Kreuzes, Bezirksstelle Berlin-Wilmersdorf, worin er aufgefordert wird, sich bei angeführter Dienststelle zwecks Entgegennahme einer Spende einzufinden und den DPA mitzubringen.

Weiterhin wird von Privatpersonen aus Westdeutschland aufgefordert, Adressen von ehemaligen Umsiedlern aus Schlesien zu schicken, da angeblich Pakete von 7 bis 10 Pfund in die DDR verschickt werden.

Einschätzung der Situation

Infolge des verminderten Interesses an der Konferenz lassen die Diskussionen erheblich nach. Dabei halten die feindlichen Diskussionen im gleichen Verhältnis zu den positiven Meinungen an, wie in den Vortagen.

Anlage 1 (o. D.) zum Informationsdienst Nr. 2116

Auszüge aus der Westpresse

Unter der Überschrift: »Forderung der Arbeiter in der Sowjetzone – Proteste in Ostberlin« veröffentlicht »Die Neue Zeitung« vom 11.1954 nachstehenden Artikel:39 »In mehreren Betrieben des Berliner Sowjetsektors ist es in den letzten 48 Stunden abermals zu Protestaktionen gegen die Versuche der SED gekommen, freie gesamtdeutsche Wahlen zugunsten einer Volksabstimmung40 zurückzustellen. Im RFT-Werk Köpenick und im Bremsenwerk Lichtenberg wurden Flugblätter mit dem Text ›Der letzte Volksentscheid brachte uns die SED-Regierung, der neue will uns um das verfassungsmäßig garantierte Wahlrecht betrügen‹, geworfen.«

»Der Tag« vom 11.2.1954 veröffentlicht folgenden Artikel unter der Überschrift: »Sie mussten unterschreiben – Briefe aus der Zone an Dulles.«41

»Über 500 Postsendungen, in der Hauptsache aus Ostdeutschland, wurden über das letzte Wochenende dem amerikanischen Außenminister John Foster Dulles zugestellt. Sie alle drücken Beifall aus für den Standpunkt des Außenministers bezüglich freier gesamtdeutscher Wahlen als Voraussetzung für die deutsche Einheit und entziehen der Behauptung des sowjetischen Außenministers Molotow, dass 9 Millionen Ostdeutsche seinen Vorschlag auf Teilnahme ostdeutscher Vertreter an der Konferenz unterstützen, die Grundlage.«42

Verhaftungen in Oberschöneweide: »Zu erneuten Verhaftungen von Arbeitern durch den SSD kam es im Transformatorenwerk ›Karl Liebknecht‹ in Oberschöneweide. Wie der Untersuchungsausschuss Freiheitlicher Juristen dazu erfährt, wurden am 5. Februar 1954 im Werk der Meister [Name 1] und der Vizemeister [Name 2] verhaftet, weil sie sich am Vorabend im HO-Lokal in Oberschöneweide während eines Gesprächs mit einem Aufklärer der ›Nationalen Front‹43 für freie Wahlen ausgesprochen hatten.«44

Anlage 2 (o. D.) zum Informationsdienst Nr. 2116

Unzufriedenheit von Arbeitern in einigen Betrieben durch auftretende Produktionsschwierigkeiten45

Im Eisenhüttenkombinat »J. W. Stalin« konnte am 9.2.1954 der Tagesplan der Roheisenerzeugung wiederum nicht erfüllt werden. Ursache: anhaltender Frost und das zu wenig eisenhaltige Erz. Durch die zu geringe Eisenerzeugung ist der Verdienst der Kumpel zurückgegangen. Dies führte zu einer weiteren Verschlechterung der Stimmung unter den Kollegen.46 Dazu kommt noch eine Beunruhigung durch Neuaufteilung der einzelnen Kollektive an den Hochöfen sowie Lohngruppenkündigungen bei Schmelzern. Aufgrund dieser Situation spricht man unter den Kumpels von einem neuen 17.6.[1953]. Ein Arbeiter vom Hochofen 2: »Es wird die Zeit bald kommen, wo sich der 17.6.[1953] wiederholt und es wird da oben endlich aufgeräumt.«

Ähnlich wird auch von anderen Kumpels in Diskussionen gesprochen. Die Arbeiter der Putzbrigade Neitsch der Bau-Union Stalinstadt wollen eine »bessere Regierung«, da noch vieles schlecht sei. Sie äußern weiterhin: »Warum müssen wir während der Frostperiode in den Baubuden sitzen und können nicht nach Hause fahren, wo wir doch nur 60 Prozent des Lohnes bekommen?«

Auf allen Werften des Bezirkes Rostock herrscht Materialmangel und schlechte Arbeitsorganisation.47 Die Arbeiter sind dadurch verärgert, da sie dadurch ihren Leistungslohn verlieren. Ein Arbeiter der Mathias-Thesen-Werft, Bezirk Rostock: »Wir wissen nicht, wo wir unsere Wartestunden hinschreiben sollen, denn das Material fehlt an allen Ecken und Enden.«

Im Stahl- und Walzwerk Riesa wird Unzufriedenheit über das Zweischichtensystem zum Ausdruck gebracht. Ein Brigadier: »Es ist untragbar, dass Arbeiter aus dem Rohrwerk monatelang nur Früh- und Nachtschicht machen.«

Unzufriedenheit besteht noch unter den Arbeitern der Brikettfabrik und der Schweißerei des Braunkohlenwerkes Hirschfelde, [Bezirk] Dresden, über mangelhafte Kohlenzufuhr sowie im VEB Feinspinnerei Venusberg, Bezirk Karl-Marx-Stadt, der Schönfelder Papierfabrik und der Vereinigten Wäschefabrik Aue, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt.48

Unzufriedenheit durch Materialmangel besteht im Stahl- und Walzwerk Hennigsdorf, [Bezirk] Potsdam, und in verschiedenen Schächten der Wismut.49

Anlage 3 vom 11. Februar 1954 zum Informationsdienst Nr. 2116

Stimmung zur Viermächtekonferenz

Betriebe

Gegenüber den Vortagen hat unter den Arbeitern in den Betrieben das Interesse für die Diskussion nachgelassen und es macht sich eine abwartende Haltung bemerkbar, was vorher besonders für Angestellte und Intelligenzler charakteristisch war. Der Arbeiter [Name 1] vom Walzwerk der Maxhütte Unterwellenborn, [Bezirk] Gera: »In Berlin schien anfangs die Sonne. Ich saß jeden Abend vor dem Radio. Doch seit gestern ist alles duster, sodass ich keine Lust mehr habe, wegen schlechter Meldungen das Radio zu hören.«

Die Meinung, dass die Konferenz erfolglos abgeschlossen wird, tritt stärker in Erscheinung, jedoch erkennt ein nicht geringer Teil der Arbeiter die Vorschläge des Genossen Molotow für richtig an. Der Kranschlosser [Name 2] vom VEB Maxhütte Unterwellenborn, [Bezirk] Gera: »Man sieht genau, dass der Westen uns den EVG-Vertrag aufzwingen will. Ich freue mich deshalb, dass Außenminister Molotow Vorschläge bringt, die zu einer wahren Einigung führen können.«

Der parteilose Kollege [Name 3] vom VEB ABUS Kranbau Schmalkalden, [Bezirk] Suhl: »Die westlichen Außenminister sprechen immer davon, dass sie uns helfen wollen. Trotzdem nehmen sie keinen Vorschlag Molotows an, der für uns Deutsche brauchbar ist.«

Ein parteiloser Ziegelarbeiter im VEB Ziegeleien Klausdorf, [Bezirk] Potsdam: »Ich war darüber erfreut, dass Molotow den Vorschlag machte, vor den Wahlen in Deutschland alle Besatzungstruppen abzuziehen.«

Ein kleinerer Teil der Werktätigen bringt negative bzw. feindliche Meinungen zum Ausdruck. Dabei stehen im Vordergrund die Forderung nach »freien Wahlen« und Revision der Oder-Neiße-Grenze. Der Schlosser [Name 4] (parteilos) vom »Ernst-Thälmann«-Werk Magdeburg: »Wenn man freie Wahlen durchführt, dann müssen alle Parteien zugelassen werden, so wie es früher war, auch die faschistischen.«

Der Angestellte [Name 5] von der Neptun-Werft Rostock: »Ich bin der Meinung, dass die freien Wahlen unter Aufsicht der Besatzungsmächte durchgeführt werden müssten, da die Regierung der DDR dies schon vor Jahren gefordert hat. Eine Volksbefragung, ob EVG-Vertrag oder Friedensvertrag ist Quatsch.«50

Zwei Neubürgerinnen aus der Baumwollspinnerei Leipzig: »Wir sind für Adenauer, denn der will ja, dass die Neubürger wieder in ihre Heimat können. Wir geben sogar den Wochenlohn, wenn wir in die Heimat zurückkönnen.«

Der Schlosser [Name 6] vom Wismut-Objekt 96 in Freital, [Bezirk] Dresden: »Ich bin mit den Vorschlägen des Außenministers Molotow nicht einverstanden und zwar soll die Volksabstimmung nicht innerhalb der Deutschen allein durchgeführt werden, sondern sie soll unter internationaler Kontrolle stattfinden. Nur dann kann die Wahl gerecht sein und kein Betrug gemacht werden.«

Die Schichtführerin [Name 7] von der Gütekontrolle des Kunstfaserwerkes »Wilhelm Pieck« in Schwarza, [Bezirk] Gera: »Jetzt, wo Dulles auch ›freie Wahlen‹ will, redet Molotow von Volksentscheid. Er weiß nämlich genau, dass bei ›freien Wahlen‹ die SED nicht viele Stimmen bekommen würde.«

Landwirtschaft

Es ist festzustellen, dass das Interesse unter der Landbevölkerung am Verlauf der Außenministerkonferenz nachzulassen beginnt. Die Gründe dafür sind einmal die lange Dauer der Konferenz und die bisher noch schwebende Frage des Deutschlandproblems, über das man sich noch nicht einigen konnte. In den Diskussionen werden die Bemühungen der Sowjetunion, des Genossen Molotow, hervorgehoben, jedoch daran gezweifelt, dass sie irgendeinen Einfluss auf die ablehnende Haltung der West-Außenminister hätten. Die Stärke des demokratischen Lagers wird teilweise unterschätzt. So äußert ein Mittelbauer aus Mockrehna, [Bezirk] Leipzig: »Jetzt sind schon bald drei Wochen vergangen und raus kommt doch nichts. Mir ist auch egal, was dabei herauskommt. Die Hauptsache ist, ich habe meine Ruhe und meine Wirtschaft in Ordnung.«

Aus der Gemeinde Dolgelin, [Bezirk] Frankfurt/Oder, wird berichtet, dass die dortigen Einwohner und werktätigen Bauern wohl mit den Vorschlägen des Genossen Molotow auf der Viererkonferenz einverstanden sind, dass jedoch der größte Teil der etwa 1 000 Einwohner der Meinung ist, dass Molotow seine Vorschläge gegenüber den drei westlichen Außenministern nicht durchsetzen kann.

Die Argumente der Großbauern und feindlichen Elemente sind weiterhin »freie Wahlen, freie Wirtschaft, die Forderung nach Beseitigung der Oder-Neiße-Grenze, die Annahme des Scheiterns der Konferenz und die Ansicht, dass Kriege unvermeidlich sind«. So äußert der Großbauer [Name 8] aus Neudorf, Bezirk Leipzig: »Mich interessiert die Berliner Konferenz überhaupt nicht. Der Russe macht ja sowieso, was er will. Meiner Ansicht nach sind Kriege nicht zu vermeiden, ich bin sowieso gegen die Regierung der DDR, denn bei uns kann man kein freier Bauer sein.«

Der Mittelbauer [Name 9] aus Neuendorf,51 Bezirk Gera sagte: »Ich glaube nicht, dass die Viererkonferenz lange dauert, glaubst du wirklich, die Westmächte kommen nach Berlin und lassen sich von den Russen verkohlen? Der Russe ist doch an keiner Einheit interessiert und will uns doch weiterhin ausbeuten.«

Der Großbauer [Vorname Name 10], wohnhaft Lindtorf, Bezirk Magdeburg, äußerte sich: »Sie hätten lieber das Stahlhelmtreffen durchführen sollen, als so eine Konferenz, die doch wieder auseinander geht.«

Ein Großbauer aus dem Bezirk Cottbus: »Wir brauchen uns gar keine Hoffnungen zu machen, dass die Vier zu einer Einigung kommen. Molotow hat nicht die Absicht, sich hier zu einigen. Die Sowjetunion will nicht an der Elbe stehen bleiben, sondern den Kommunismus über Deutschland und weit über Frankreich und die anderen westeuropäischen Länder ausdehnen. Es würde ihnen auch gelingen, wenn die Westmächte nicht bald aufhören zu schlafen.«

Bevölkerung

Bei den Diskussionen in der übrigen Bevölkerung ist festzustellen, dass teilweise das Interesse an der Viererkonferenz nachlässt. Vom fortschrittlichen Teil der Bevölkerung werden nach wie vor die Vorschläge des Genossen Molotow unterstützt. Jedoch werden von einem anderen Teil aufgrund des bisherigen Verlaufs der Konferenz keinerlei positive Ergebnisse mehr erwartet. Einerseits glaubt man, dass die vier Großmächte kein Interesse an der Herstellung der Einheit Deutschlands hätten und nur ihr Bestes aus Deutschland herausholen wollten. Andererseits sieht man die Ursache für die fehlenden Erfolge in der ablehnenden Haltung der Westmächte oder dem konsequenten Auftreten der SU, wobei sich auch die westliche Beeinflussung zeigt. Ein Fotograf aus Ohrdruf, [Bezirk] Erfurt: »Denkt nicht daran, dass wir einen Friedensvertrag bekommen. Wir sind und bleiben die melkende Kuh und bleiben ewig die Besiegten.«

Der Tierarzt [Name 11], SED, aus Saalfeld, [Bezirk] Gera: »Sie werden auch in der Deutschlandfrage zu keiner Einigung kommen. Amerika wie auch die SU haben ja gar kein Interesse, Deutschland zu verlassen, denn für jeden ist Deutschland ein wichtiges Gebiet.«

Der Angestellte [Name 12] aus Eilenburg, [Bezirk] Leipzig: »Jeder, der es auch sei, ob Engländer, Amerikaner, Franzose oder Russe, will nur seine Vorteile aus Deutschland herausholen und keiner hat viel für uns übrig.«

Der Mühlen- und Sägewerksbesitzer [Name 13] aus Dahlenberg, [Bezirk] Leipzig: »Es kommt sowieso zu keiner Einigung zwischen Ost und West, weil die Westmächte niemals auf die unsinnigen Vorschläge von Außenminister Molotow eingehen werden.«

Der Wächter [Name 14] aus Klebe, [Bezirk] Schwerin: »Es kommt doch nichts daraus herbei. Die Russen wollen gar keine Einheit Deutschlands.«

Die im gleichen Maße wie bisher bekannt werdenden offen negativen Stimmen beinhalten vor allem die Forderung nach »freien Wahlen«. Vereinzelt macht man Anspielungen auf einen neuen 17. Juni. Der Angestellte [Name 15] von der HO Industriewaren Ilmenau, [Bezirk] Suhl, äußerte unter Zustimmung weiterer Angestellter: »Wir brauchen doch nicht erst eine gesamtdeutsche provisorische Regierung, sondern können doch gleich gesamtdeutsche Wahlen durchführen.«

Die Pfarrersfrau [Name 16] aus Netzschkau, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Wir möchten solche Wahlen haben wie in Westdeutschland, nicht so wie sie bei uns einmal waren.«

Der Bäckermeister [Name 17] aus Eiche, [Kreis] Bernau, [Bezirk] Frankfurt/Oder: »Wenn die Außenministerkonferenz keine Klärung bringt, wird es früher oder später einen neuen 17. Juni geben, aber stärker und durch Eingreifen von Militär aus Westdeutschland unterstützt.«

Stimmen aus Westberlin

Neben positiven Stimmen, in denen die sowjetischen Vorschläge auf der Außenministerkonferenz unterstützt und Hoffnungen auf eine günstige Lösung der Konferenz gehegt werden, sind zweifelnde Stimmen an einem günstigen Verlauf stärker geworden. Ein Arbeiter aus Westberlin: »Der Vorschlag Molotows, Durchführung gesamtdeutscher Wahlen, hat Adenauer und die Westmächte in die Klemme gebracht, denn Adenauers letzte Stunde hätte geschlagen und dem Amerikaner wäre Westdeutschland für seine Geschäfte flöten gegangen.«

Ein Arbeiter aus Berlin-Neukölln: »Ich war eigentlich gleich zu Beginn der Verhandlungen ein bisschen pessimistisch. Schon darum, weil Bidault,52 Eden und Dulles als Außenminister fungieren, deren Einstellung zum Krieg schon lange bekannt ist.«

Eine Hausfrau aus Berlin-Dahlem: »Die vier Großen geben keine Veranlassung auf große Hoffnungen, denn das bisherige Resultat ist recht niederschmetternd, aber wir wollen den Mut nicht sinken lassen.«

Negative Stimmen enthalten oft RIAS-Argumente und sprechen sich gegen die Vorschläge der SU aus. Eine Hausfrau aus Berlin-Charlottenburg: »Molotow zieht die Konferenz in die Länge. Auf ›freie Wahlen‹ geht er nicht ein, denn er weiß warum. Eine DDR-Regierung für ganz Deutschland möchte er haben und den Westen auch noch versklaven.«

Ein Intelligenzler aus Berlin-Wilmersdorf: »Der Westen hat den Willen, endlich zum Ziele zu kommen und es ist verwunderlich, warum jetzt auf einmal ›freie Wahlen‹ für Herrn Molotow nicht mehr demokratisch sein sollen.«

Ein Angestellter aus Westberlin: »Die haben sich total festgefahren und es kommt nichts dabei heraus. Nur die Spannung lastet eklig auf allen Menschen, was sich im Dienst bemerkbar macht. Da ist eine Stimmung wie am 17. Juni [1953].«

Ein Funktionär des DGB-Ostbüros:53 »Die Konferenz bringt keinen Friedensvertrag. Molotow ist viel zu stur und der Westen lässt sich nicht unter Druck setzen.«

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