Zur Beurteilung der Situation in der DDR
7. Oktober 1954
Informationsdienst Nr. 2333 zur Beurteilung der Situation in der DDR
Die Lage in Industrie, Verkehr, Handel und Landwirtschaft
Industrie und Verkehr
Im Mittelpunkt der politischen Diskussionen steht die Volkskammerwahl.1 Der überwiegende Teil der Stimmen ist positiv. Darin begrüßt man die Aufstellung einer gemeinsamen Kandidatenliste und verpflichtet sich, am 17.10.1954 die Stimme den Kandidaten der Nationalen Front zu geben.2 Weiterhin werden von den Werktätigen zahlreiche Einzel- und Kollektivverpflichtungen anlässlich der Volkskammerwahl übernommen.
In den negativen Diskussionen fordert man immer wieder Listenwahlen der einzelnen Parteien. Vereinzelt lehnt man die Teilnahme an der Wahl ab. Teilweise bringt man zum Ausdruck, dass man weiter nichts hört als Volkswahl, ob Radio, Presse oder sonstige Veranstaltungen. Im Zusammenhang damit äußert man, dass dies doch des Guten zu viel sei. Zum Beispiel äußerte sich ein Arbeiter aus Eberswalde, [Bezirk] Frankfurt: »Es müsste für jede Partei einzeln gewählt werden. Dann würde die SED sehen, wie weit sie mit ihrer Politik gekommen ist. Wenn allerdings die Russen abziehen würden, hätten sie bestimmt das ganze deutsche Volk hinter sich.«
Ein Maschinist des Schleppers »Karl«3 [in] Rostock sagte in einer Diskussion, dass er am 17. Oktober [1954] nicht zur Wahl gehen würde. Als Grund gab er an, dass alle Betriebe Bohnenkaffee bekommen hätten, nur sie nicht. Weiterhin sei der Stundenlohn gegenüber den Schleppern der DSU nicht real.4
Die Frau eines BGL-Vorsitzenden der Privatfirma Böhm, Klingenthal,5 [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Ich gehe nicht zur Wahl. Man soll mich damit in Ruhe lassen.«
Ein Arbeiter vom VEB »Clement Gottwald« Ruhla,6 [Bezirk] Erfurt: »Die Vorbereitungen zur Wahl sind sehr überspitzt. Auf jeden Schritt und Tritt werden ja die Menschen damit verfolgt. Ich weiß schon, was ich am 17.10.[1954] zu machen habe.«
Ein Bauarbeiter des VEB Bau-Union Aue, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Man hört gar nichts mehr anderes als nur Volkswahl, ob im Rundfunk oder Presse. Eine Versammlung jagt die andere. Ist denn das nun wirklich erforderlich?«
Politische Diskussionen werden im Bezirk Rostock nur wenig unter den Arbeitern geführt. Im Vordergrund der Diskussionen stehen die schon bekannten Schwierigkeiten in der Materialversorgung, besonders in den Werften. Die Frau eines Brigadiers der Peene-Werft sagte Folgendes: »Auf der Werft gibt es keine Arbeit. Die Männer müssen Korn schippen gehen und verdienen kein Geld. Keiner hat mehr richtig Lust zum Arbeiten.« Weiter sagte sie: »Bei den Wahlen werden wir ja sehen, wie die Arbeiter denken.«
Unter den Bauarbeitern des Wohnbarackenlagers in Karpin, [Bezirk] Neubrandenburg, herrscht Unzufriedenheit über ihre Unterkünfte. Die Belegschaft der Bau-Union »Küste«, [Bezirk] Neubrandenburg, führt Beschwerde darüber, dass sie gezwungen sind, Kaffee aus Mittagsschüsseln zu trinken. Der Belegschaft ist bekannt, dass im Hauptlager Stralsund genügend Tassen vorhanden sind, jedoch die Betriebsleitung bisher nichts unternommen hat, die Tassen herbeizuschaffen.7
Missstimmung herrscht unter den Kumpels des VEB »Thomas-Müntzer«-Schachtes Sangerhausen, [Bezirk] Halle, da am Tage der Lohnzahlung die HO im Objekt keine billigen Zigaretten hatte.
In den »Naco-Werken« Cottbus8 ist ein Warenstau von Nudeln zu verzeichnen. Aufgrund dessen sind die Arbeitskräfte zum Teil nicht voll ausgelastet und werden von Abteilung zu Abteilung ausgetauscht. Die Kollegen sind darüber erregt, weil im Vorjahr durch eine ähnliche Erscheinung eine Anzahl Kollegen entlassen werden musste.
In der Karbidfabrik,9 [Bezirk] Halle, konnte wegen laufendem Strommangel der Plan für September nicht erfüllt werden. Der Strommangel wirkt sich auch negativ auf die Stimmung der Kollegen im Betrieb aus.
Arbeitsniederlegung
Im Ziegelkombinat Zehdenick, [Kreis] Gransee, [Bezirk] Potsdam, legten am 27.9.1954 22 Kollegen für ca. sechs Stunden die Arbeit nieder. Die Arbeitsniederlegung wurde damit begründet, dass die Brenner und Schieber zu wenig Lohn erhalten würden und sie wollten mit ihrer Arbeitsniederlegung erreichen, dass die Kollegen eine Lohnerhöhung erhalten. Die Organisatoren der Arbeitsniederlegung sind als negative Elemente bekannt.10 Die Brenner und Schieber aus dem Werk hatten von dieser Arbeitsniederlegung keine Kenntnis und hatten sich auch gegenüber den 22 Kollegen nicht unzufrieden wegen der Entlohnung geäußert.11
In den Rathenower Optischen Werken, [Bezirk] Potsdam, ist eine starke Fluktuation von Fachkräften (Schleifern und Mechanikern) zu verzeichnen. 18 Kollegen haben ihre Kündigung damit begründet, dass sie in die Private Optische Industrie gehen wollen, weil dort nur in Tagesschicht gearbeitet wird.
Am Jugendband im VEB »Fortschritt«-Werk Friedrichshain12 war der Verdienst in den letzten Wochen sehr schlecht, sodass die Kolleginnen nicht einmal auf ihren Stundenlohn von DM 1,02 kamen. Aufgrund ihrer Beschwerde bei der Schichtleitung wurde eine Absprache mit der Abteilung Arbeit in der Werkstattschreiberei geführt und den Kollegen zugesichert, dass sie ihren Stundenlohn erhalten. Am 26.9.[1954] erhielten die Kolleginnen nur für 16 Tage Lohnausgleich, obwohl sie einen Anspruch auf 20 Tage hatten. Bei einer nochmaligen Beschwerde wurde ihnen zugesagt, dass sie den Lohnausgleich bei der nächsten Lohnzahlung erhalten. Aufgrund dieses Zustandes haben vier Kolleginnen gekündigt.
Produktionsstörungen: Im Destillierwerk Klaffenbach,13 [Bezirk] Leipzig, brach am 5.10.[1954], gegen 9.00 Uhr durch ein undichtes Kolonnenrohr außerhalb des Werkes ein Brand aus. Schaden: ca. 15 000 DM.
Am 4.10.[1954] um 18.00 Uhr stieß im Tagebau des Braunkohlenwerkes Sedlitz, [Bezirk] Cottbus, ein Vollzug mit einem Leerzug zusammen. Die beiden Lokführer erlitten starke Prellungen und innere Verletzungen, sodass sie sofort ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten. Ursache: Falsche Weichenstellung.
Handel und Versorgung
Schwierigkeiten in der Versorgung mit Kohle haben die Kreise Jessen, [Bezirk] Cottbus, Meiningen, [Bezirk] Suhl, und Weimar, [Bezirk] Erfurt.14 Speck fehlt teilweise in den Bezirken Dresden, Neubrandenburg und im Kreis Meiningen, [Bezirk] Suhl.
Ein großer Fleischmangel ist in den Kreisen Worbis, Heiligenstadt, Nordhausen und in der Randsiedlung Erfurt West-Peterborn zu verzeichnen. In der Randsiedlung gibt es nach der Preissenkung15 weder HO- noch Markenfleisch und die Bevölkerung muss deswegen den weiten Weg in die Stadt zurücklegen. In Bleicherode, [Kreis] Nordhausen, müssen die Werktätigen ihr Fleisch bereits am Montag, Dienstag bestellen, um für das Wochenende überhaupt etwas zu bekommen. Die Stimmung ist wegen der Mängel dort sehr gespannt.
In Niederorschel, [Bezirk] Erfurt, gibt es keinen Zucker auf Marken und in Leinefelde, [Bezirk] Erfurt, mangelt es an Brot. In einigen Gemeinden des Kreises Hildburghausen, [Bezirk] Suhl, beklagt sich die Bevölkerung über den Mangel an Brot und über die Qualität des Brotes. Es ist dermaßen schlecht, dass man es kaum essen kann.
Im Bezirk Potsdam wird das unzureichende Angebot an Textilien, besonders Möbelstoffen, von breiten Kreisen der Bevölkerung kritisiert. Man sagt dort, dass diese Erzeugnisse auf der Leipziger Messe wohl ausgestellt waren,16 aber in der DDR nicht in den Handel kommen, weil sie exportiert werden.
Die schlechte Belieferung mit Packpapier in Pergament oder weißes Papier für Butter, Fleisch, Fett und Wurst hat im Bezirk Dresden solche Auswirkungen, dass sich die Verkaufsstellen teilweise weigern, die oben genannten Waren abzunehmen, da es ihnen an Verpackungsmaterial fehlt. Die Verkäuferinnen der HO und des Konsums im Bezirk Dresden führen Klage darüber, dass sie den Industriearbeitern gegenüber zu wenig verdienen. Außerdem hätten sie keinen geregelten Feierabend. Morgens müssen sie wegen der Vorbereitungen zeitiger anfangen und am Abend müssen sie durch die Kassenabrechnung länger arbeiten. Im Konsum wird die Forderung auf Aufhebung des Ortsklassensystems17 erhoben oder die Verkäuferinnen wollen sich andere Arbeit in der Industrie suchen, besonders auf dem Lande.18
Landwirtschaft
Der Umfang der Meinungen ist zwar verhältnismäßig gering aber überwiegend positiv. Bezeichnend dafür sind die zahlreichen Selbstverpflichtungen aus dem sozialistischen Sektor, denen auch eine Reihe werktätiger Einzelbauern und jetzt sogar einzelne Großbauern nachzueifern versuchen.19 Ein Teil Groß- und Mittelbauern, Mitglieder bürgerlicher Parteien und die unter ihrem Einfluss stehenden Elemente fordern immer wieder Listenwahlen. Drei Großbauern aus dem Kreis Kyritz, [Bezirk] Potsdam, äußerten sich wie folgt: »Zur Wahl müssen wir ja gehen, sonst fällt es auf. Wählen können wir aber die nicht, sonst kriegen wir die Einheit zu früh und müssen immer nach der Pfeife der SED tanzen.«
Ein Mittelbauer aus Collmen, [Bezirk] Leipzig: »Das System der einheitlichen Wahlliste ist undemokratisch. Zu Versammlungen kann ich nicht gehen, da wir Bauern zu viel Arbeit haben und außerdem interessiert mich dies nicht.«
Ein Bauer (CDU) aus dem Bezirk Rostock sagte in einer Diskussion: »Die gemeinsamen Kandidaten der Nationalen Front sind nur deshalb aufgestellt, weil sonst die SED zu wenig Stimmen erhalten würde und damit die SED die meisten Kandidaten in die Volkskammer bekommt.«
Eine negative Einstellung zur Oder-Neiße-Grenze wurde im Bezirk Cottbus, hauptsächlich in persönlichen Aussprachen, festgestellt. Ein Neubürger aus Schönborn, [Bezirk] Cottbus, sagte: »Damit werde ich niemals einverstanden sein. Wir wollen keinen Krieg, aber die Polen sollen uns unser Land zurückgeben, denn es heißt doch immer Deutsch-Polnische Freundschaft.« Ähnliche Fälle sind auch vereinzelt aus den Bezirken Schwerin und Neubrandenburg bekannt. Ein Landarbeiter aus Lübz, [Bezirk] Schwerin (Umsiedler): »Die Wohnraumfrage kann gelöst werden, wenn alle Umsiedler wieder in ihre Heimat zurückgeführt werden.«
Ein Mittelbauer aus Zerrenthin, [Bezirk] Neubrandenburg: »Meine alte Heimat, jenseits der Oder-Neiße-Grenze, liegt mir sehr am Herzen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Pole das ganze Land bewirtschaftet. Ich möchte jederzeit zurück.«
Im Kreis Stadtroda, [Bezirk] Gera, wie z. B. im Ort Weißbach lehnen die Bauern die weitere Aufklärung mit folgender Begründung ab: »Es sieht bald so aus, als wüsste die Bevölkerung von Weißbach nicht, was sie wählen soll. Dort wurde bereits der 3. Aufklärungssonntag durchgeführt.«
Der Bürgermeister der Gemeinde Liebenthal, [Bezirk] Potsdam, erklärte, dass es zwecklos sei, Aufklärungslokale zu eröffnen, da diese doch nicht aufgesucht werden. In der Gemeinde Ronnebeck, [Bezirk] Potsdam, äußerten sich einige Bauern, dass man die Aufklärer lieber zum Kartoffelroden einsetzen sollte.
Der LDP-Vorsitzende aus Labömitz, [Bezirk] Rostock, brachte zum Ausdruck: »Ich sehe schwarz für die Wahlen, wenn man so ungerecht mit der Streichung des Solls wie im Fall [Name 1] vorgeht und den Kreistagsabgeordneten vorzieht und dessen Soll vier Jahre im Voraus streicht. Man kann sich denken, dass dadurch das Vertrauen der Bevölkerung schlecht ist.«
Im Bezirk Cottbus stehen die Bauern im Allgemeinen auf dem Standpunkt, dass jetzt die Rodung der Kartoffeln vordringlich durchgeführt werden muss und mit den wenigen Arbeitskräften der Rest des Getreides nicht gedroschen werden kann.
In den MTS der Grenzgebiete Schwerin wurden eine Zeit lang für die Arbeiter und Angestellten der MTS sog[enannte] Grenzzuschläge gezahlt.20 Die Station Roggendorf gewährt seit August diese Grenzzuschläge nicht mehr. Die MTS Stove zahlt sie weiter. Dadurch ist eine Missstimmung unter den Angestellten der MTS Roggendorf zu verzeichnen. Die Ursache der Einstellung der Zahlung war eine Anweisung der Staatsanwaltschaft in Gadebusch. Dieser Zuschlag wurde in Höhe von 15 Prozent und abzugsfrei gezahlt. Durch die Streichung dieses Zuschlags entsteht bei den Arbeitern der Station eine Lohndifferenz von 50,00 bis 90,00 DM.
Übrige Bevölkerung
In der Stimmung der übrigen Bevölkerung haben sich keine bemerkenswerten Veränderungen ergeben. Nach wie vor wird wenig zu aktuellen politischen Problemen Stellung genommen. Im Mittelpunkt der politischen Gespräche stehen weiterhin die Vorbereitungen zur Volkswahl, jedoch ist der Umfang der Äußerungen noch immer verhältnismäßig gering. Die Stellungnahmen sind überwiegend positiv und kommen nach wie vor vorwiegend aus den Kreisen der Hausfrauen, Rentner, Verwaltungsangestellten und in geringem Maße von Handwerkern. Immer wieder wird betont, dass sie Vertrauen zu unserer Regierung haben, die ihnen die Garantie einer friedlichen Entwicklung bietet. Deshalb ist es für sie eine Selbstverständlichkeit, für die Kandidaten der Nationalen Front zu stimmen.
Nach wie vor sind es vorwiegend bürgerliche Elemente sowie Mitglieder und Funktionäre der bürgerlichen Parteien, die sich in abfälliger Form über die Wahl äußern oder sich gegen die gemeinsame Liste aussprechen. Dabei tritt immer wieder das Argument auf, dass durch Parteiwahlen die Einstellung der Bevölkerung sowie die Stärke der einzelnen Parteien besser zu erkennen seien. Ein Mitglied des Ortsvorstandes der CDU aus Boizenburg, [Bezirk] Schwerin, sagte z. B.: »Wir werden gezwungen, als Gemeindevertreter Rechenschaft in den Aufklärungslokalen abzulegen. Ich bin der Meinung, dass die Durchführung der Hausversammlungen und die Diskussionen eine große Pleite aufweisen. Von unseren 120 Mitgliedern arbeiten nur acht mit.«
Der Vorsitzende der CDU aus Seetz, [Kreis] Perleberg, [Bezirk] Schwerin, vertritt die Listenwahl und sagte: »Jede Partei muss ihre Kandidaten aufstellen. Dabei würde sich zeigen, welche Partei die stärkere ist.«
Ein Mitglied der CDU (stellvertretender Bürgermeister) aus Bernsbach, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Wir haben ja nichts zu wählen. Da kann einer doch sagen was er will, das ist doch gar keine Wahl. Früher, ja da wurde wirklich gewählt, das waren richtige Parteiwahlen. Auch die nach 1945 und die Bundestagswahl.21 Da musste doch wirklich gewählt werden. Bei solchen Wahlen erhalten die die meisten Stimmen, deren Meinung am stärksten vertreten wird. Das sind demokratische Wahlen.«
Aus den Kreisen der Kirche
Weiterhin ist zu verzeichnen, dass sich eine ganze Reihe Pfarrer negativ zur Wahl äußern oder zum anderen eine Stellungnahme mit der Begründung ablehnen, dass ihnen dies durch ihre übergeordnete Kircheninstanz verboten wurde. So hat z. B. der Superintendent Wilde von Wildemann22 den Pfarrern des Kreises Belzig, [Bezirk] Potsdam, mitgeteilt, dass sie am 17.10.1954 nicht wählen sollen.
Während eines Gottesdienstes in der Gemeinde Waltersdorf, [Bezirk] Potsdam, erklärte der Pfarrer Parthay,23 dass sich die Gemeindemitglieder am 17.10.1954 der Stimme enthalten sollen. Er habe von einer höheren Stelle ein Schreiben erhalten, was dies besagt.
In Ludwigslust, [Bezirk] Schwerin, äußerte ein Pfarrer, als er wegen der Mitarbeit in der Nationalen Front angesprochen wurde: »Ich lehne das ab, weil ich sonst zur Anordnung des Oberkirchenrates in Widerspruch gerate, die eine Mitarbeit in der Nationalen Front verbietet.«
Im katholischen Pfarramt – Wilhelm-Pieck-Straße (dem[okratischer] Sektor) agitieren die Pfarrer gegen unsere Regierung, verteilen Lebensmittelpakete und geben Jugendlichen Eintrittskarten für Westberliner Kinos.24
Im Ratskeller Stralsund, [Bezirk] Rostock, äußerte der Oberkellner zu einem Gast: »Nach der Wahl werden sämtliche ehemaligen Angehörigen der VP sowie Angehörige der ehemaligen Wehrmacht eingezogen. Ein Teil der Bevölkerung ist der Meinung, dass dies der Grund sei, dass sich in letzter Zeit mehrere nach dem Westen abgesetzt haben.«
In Groß-Wandrahmen,25 [Bezirk] Schwerin, wurde von einer Hausfrau das Gerücht verbreitet, dass die Amerikaner für den 17.10.1954 einen Putsch planen und dass es diesmal anders kommen würde als am 17.6.1953.
Im Verlaufe einer Diskussion in der Universität Halle über die Ergebnisse der Londoner Konferenz26 äußerten Studenten, dass nach den Wahlen in der DDR als Antwort die Wehrpflicht eingeführt würde. Man hörte dazu Überlegungen wie z. B., ob man nicht nach Schweden oder der Schweiz emigrieren solle in diesem Falle.
Nachstehend einige Beispiele über bestehende Mängel im Zuge der Vorbereitung der Volkswahlen: Zum Beispiel weisen die Wahllisten im Verwaltungsbezirk 7 in Leipzig verschiedene Unzulänglichkeiten auf. Unter anderem werden Personen geführt, die schon längere Zeit nach dem Westen verzogen sind, oder Personen, die innerhalb von Leipzig verzogen, stehen im alten Wohnbereich noch auf den Wahllisten. Im Wahlbezirk 273 und 274 in Leipzig war zur Volksbefragung ein schlechtes Abstimmungsergebnis zu verzeichnen.27 Als Mangel erweist sich, dass in diesen Bezirken noch keine intensive Aufklärung unter der Bevölkerung durchgeführt wird.
Im Bezirk Mitte, Groß-Berlin, wird von der Bevölkerung bemängelt, dass die Auslegestelle der Wahllisten der Schule in der Bergstraße im II. Stock untergebracht ist. Ferner sind keine Hinweisschilder angebracht, sodass die Bürger, welche in die Wahllisten einsehen wollen, sich erst durchfragen müssen.
Von den Bewohnern der Zehdenicker Straße wird beanstandet, dass in dem Auslegelokal keine Öffnungszeiten angebracht sind. Es ist wiederholt vorgekommen, dass Bürger schon in den Vormittagsstunden Einsicht nehmen wollten und das Lokal geschlossen war.
Von der Kreisleitung der SED Mitte, Groß-Berlin, wird mitgeteilt, dass in den Wahllokalen die Broschüren »USA«28 von einzelnen Personen in großen Mengen aufgekauft werden. Dadurch soll eine gute Wahlagitation unterbunden und die Verbreitung dieser Broschüren unter der Bevölkerung verhindert werden.
In der Gemeinde Kaltohmfeld, [Kreis] Worbis, [Bezirk] Erfurt, wurden Ungenauigkeiten in den Wahllisten festgestellt. Es handelt sich um die gleichen Mängel, die schon bei der Volksbefragung festgestellt wurden. In diesen Listen waren Namen gestrichen, und zum Teil wurden Neueintragungen vorgenommen. Der auf diese Missstände hingewiesene Bürgermeister erklärte dazu, dass er keine Zeit hätte, um eine neue Liste anzufertigen.
In der Gemeinde Großthiemig, [Kreis] Liebenwerda, [Bezirk] Cottbus, stellte sich auf einer Versammlung der Kandidat Wunderlich29 vor (SED). Er traf eine halbe Stunde später als vorgesehen ein. Außerdem konnte er nicht alle Fragen der Anwesenden beantworten, sodass die Teilnehmer unzufrieden waren und die Versammlung vorzeitig verließen.
Viele Einwohner der Gemeinde Domersleben, [Kreis] Wanzleben, [Bezirk] Magdeburg, sind mit dem Kandidaten [Name 2] des Bezirksrates nicht einverstanden. Dieser stammt aus Domersleben und hat dort keinen guten Leumund. Unter der Bevölkerung wird die Meinung vertreten, dass [Name 2] mit zwei Zungen redet und dass es bessere Kandidaten gibt, denen man Vertrauen schenken kann.
In der Krätzstraße 64 in Berlin-Schöneweide30 kam es vor, dass Aufklärer von den Hausbewohnern niedergeschrien wurden. Es soll sich in diesem Haus um eine Konzentration von SPD-Genossen handeln.31 Unter anderem tauchte in dieser Straße das Argument auf: »Lasst die Faschisten doch auch eine Wahlliste aufstellen, mal sehen wer wen wählt.« Das gleiche Argument trat im EAW »J. W. Stalin«32 auf.
Auf vom Aktionsausschuss Köpenick einberufenen Versammlungen am 29.9. und 1.10.1954 erschienen vom HF-Werk33 sieben SPD-Genossen. Diese versuchten in der Diskussion nur persönliche Angelegenheiten wie Wohnungsfragen usw. zu klären. Es war deutlich zu erkennen, dass sie Anweisung aus der Zietenstraße hatten,34 nicht auf politische Fragen einzugehen. Sie erklärten, dass sie sich an das Parteistatut halten müssten. In diesem sei festgelegt, dass die Beteiligung an Aktionsausschüssen den Parteiausschluss nach sich ziehe.35
Die Einsichtnahme in die Wählerlisten erfolgt nach wie vor ziemlich unterschiedlich. Gut ist z. B. der Stand im Bezirk Cottbus mit 91,4 Prozent, wobei der Kreis Calau mit 99,8 Prozent führend ist. Insgesamt sind es im Bezirk acht Kreise mit dem Ergebnis über 90 Prozent.
In den letzten Tagen hat sich die Einsichtnahme in die Wählerlisten im Bezirk Neubrandenburg wesentlich erhöht. Sie betrug am 4.10.1954 85 Prozent. Dabei ist die Einsichtnahme in den Landgemeinden im Bezirk Neubrandenburg besser als in den Städten.
Im Demokratischen Sektor von Berlin wird häufig neben den Wohnverhältnissen Kritik an den schlechten Verkehrsverhältnissen geübt. Zum Beispiel diskutierten im Bezirk Köpenick einige berufstätige Frauen: »Zurzeit sind die Verkehrsverhältnisse katastrophal. Man muss abends mehrmals in der Woche eine Stunde warten, ehe einmal ein Bus kommt. Meist ohne Anhänger, sodass sowieso nicht alle mitgenommen werden können. Durch diese Verhältnisse wird einem das Berufsleben erschwert, und man würde am liebsten Hausfrau bleiben, obwohl man weiß, wie notwendig jede Arbeitskraft gebraucht wird. Um nicht zu spät zum Dienst zu kommen, muss man oft schon eine Stunde früher von zu Hause weggehen. Die vielen Stunden, die die Bevölkerung dazu opfert bzw. die von der Arbeitszeit dadurch verloren gehen, sind nicht zu zählen. Wir wünschten, dass inmitten dieser wartenden Berufstätigen einmal diejenigen stehen würden, die für diese Lage verantwortlich sind. Sie würden dann einmal Zeuge sein von unangenehmen Zwischenfällen und von Diskussionen, wie z. B. ›Sorge um den Menschen‹ oder ›Neuer Kurs‹.«36
In letzter Zeit wird im Demokr[atischen] Sektor von der Bevölkerung immer wieder bemängelt, dass die Geschäfte über zu wenig Verpackungsmaterial verfügen. Es kommt u. a. vor, dass sie eingekauftes Fleisch auf einem kleinen Stückchen Papier ausgehändigt bekommen und sie nicht wissen, wie sie damit nach Hause kommen sollen.
Im Kreis Gera wird von verschiedenen Hausfrauen Beschwerde geführt, dass sie für die durch die Hochwasserkatastrophe37 verlustig gegangenen Briketts noch immer keinen Ersatz erhalten haben, obwohl ihnen das zugesichert wurde.
Bis zum 4.10.1954 wurden im Bezirk Halle 42 Fälle von Kinderlähmung festgestellt. Dabei sind vier Todesfälle zu verzeichnen.
Organisierte Feindtätigkeit
Hetzschriftenverbreitung
SPD-Ostbüro:38 Im Bereich der Grenzbereitschaft Schenkendorf bei Berlin 26 000. Bei Görlitz ca. 60, Frankfurt/Oder 11 000, Potsdam im Kreis Pritzwalk 1 000, Leipzig 500, Dresden und Neubrandenburg einige.
NTS:39 Potsdam im Kreis Brandenburg 10 000, im Kreis Belzig 2 000, Leipzig 8 140, Schwerin in Rosenow 1 000, Frankfurt/Oder 500, Dresden 43, Halle 25, Gera im Kreis Zeulenroda einige.
ZOPE:40 Potsdam im Kreis Luckenwalde 1 500, Magdeburg 3 000, Karl-Marx-Stadt 52, Dresden einige.
In tschechischer Sprache: Dresden einige.
KgU:41 Potsdam im Kreis Zossen 2 000, Dresden 1 176.
»Tribüne«:42 Neubrandenburg im Kreis Strelitz 2 000.
FDP[-Ostbüro]: Potsdam im Kreis Königs Wusterhausen mehrere (neue Ausgabe gegen Volkswahlen), Leipzig einige.
Unbek[annter] Herk[unkft]: Frankfurt 500, Überschrift: »Wir wollen Einheit und Freiheit«.
Die Mehrzahl der Hetzschriften wurde mit Ballons eingeschleust und gelangte nicht in die Hände der Bevölkerung. Der Inhalt richtet sich meistens gegen die Volkswahlen.
Eine verstärkte Flugblatttätigkeit durch Personeneinschleusung macht sich im Kreisgebiet Nauen, [Bezirk] Potsdam, bemerkbar, besonders in den Gemeinden Börnicke, Ketzin, Vietznitz, Zootzen und Falkenrehde.
In der Stadt Rostock wurden mehrere Flugblätter gefunden, die mit Kinderdruckkasten hergestellt waren. Auf der Warnow-Werft Warnemünde wurde am 1.10.[1954] ein handgeschriebenes Flugblatt gegen die Wahl gefunden.
Antidemokratische Tätigkeit
In Bad Düben, Kreis Eilenburg, [Bezirk] Leipzig, wurden drei Hinweisschilder zur Volkswahl abgerissen. In der Gemeinde Glaucha, Kreis Eilenburg, wurden bereits zum 3. Male Plakate zur Volkswahl beschädigt.
In Treben, [Kreis] Altenburg, [Bezirk] Leipzig, wurden Plakate über die Bekanntmachung der Wahllokale abgerissen. In Ebersbach, [Kreis] Döbeln, [Bezirk] Leipzig, wurden die Schaufenster der Nationalen Front eingeschlagen.
In Werben und Neulingen, [Kreis] Seehausen, [Bezirk] Magdeburg, wurden von unbekannten Tätern einige Plakate zur Volkswahl abgerissen. In Wernitz, [Kreis] Gardelegen, [Bezirk] Magdeburg, wurde ein Transparent von unbekannten Tätern abgerissen und ein weiteres beschmiert.
In Winkelroda,43 [Kreis] Worbis, [Bezirk] Erfurt, wurden Plakate zur Volkswahl abgerissen (Täter festgenommen), in der Nacht vom 3. zum 4.10.1954. In der Nacht zum 5.10.[1954] wurden ebenfalls in Winkelroda sechs Plakate von unbekannten Tätern abgerissen.
In Kammerforst, Kreis Mühlhausen, [Bezirk] Erfurt, wurden in der Nacht vom 3. zum 4. Oktober [1954] zwei rote Fahnen abgerissen. Täter unbekannt. In Kefferhausen, [Kreis] Worbis, wurden am 5.10.[1954] Plakate zur Volkswahl von unbekannten Tätern abgerissen.
Im VEB Stern-Radio in Sonneberg, [Bezirk] Suhl, wurden am 5.10.[1954] mehrere faschistische Zeichen angeschmiert.
In Carlow, Kreis Gadebusch, [Bezirk] Schwerin, wurden von unbekannten Tätern hier aus dem Aushängekasten die Hinweislisten zur Volkswahl und einige Plakate herausgerissen. In Schwaan, Kreis Bützow, [Bezirk] Schwerin, wurden Losungen zur Volkswahl beschädigt.
In Wolkenburg, Kreis Glauchau, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, wurden Wahllosungen, die auf dem Sportplatz stehen, beschmiert. Am 6.10.[1954] wurde im Wartehäuschen in Seiffen, Kreis Marienberg, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, ein Hetzplakat mit der Aufschrift angebracht: »Wählt am 17.10. die Faulenzerkandidaten, dann geht es Euch gut.«
Am 6.10.1954 wurden in Kühlungsborn, Kreis Doberan, [Bezirk] Rostock, Losungen der Nationalen Front abgerissen. Täter unbekannt.
Am 5.10.1954 wurden in Kröpelin und Neubuckow, Kreis Doberan, [Bezirk] Rostock, Wahlplakate von unbekannten Tätern abgerissen. In Kröpelin wurde eine Hetzlosung »Fort mit der SED« von unbekannten Tätern angeschmiert.
Im VEB Schamottewerk Wetro, Kreis Bautzen, wurden mehrere faschistische Zeichen angeschmiert.
In der Nacht vom 3. zum 4.10.[1954] wurden in Tentzerow, Kreis Demmin, [Bezirk] Neubrandenburg, einige Wahlplakate mit Hakenkreuzen beschmiert. In Schönwerder, Kreis Prenzlau, wurden am 5.10.[1954] zwei Wahlplakate beschädigt.
Am 5.10.[1954] wurde in Berlin-Treptow ein Wahlplakat von unbekannten Tätern abgerissen. Am 4.10.1954 wurden in Berlin-Treptow Wahlverzeichnisse und Bekanntmachungen von Auslegestellen abgerissen. Täter unbekannt.
In Berlin-Pankow wurden in den letzten Tagen mehrere Wahlplakate sowie Anschläge über Wahllokale und Einladungen zu Häuserversammlungen von unbekannten Tätern abgerissen.
Am 4.10.1954 wurde im VEB »Aktivist« Berlin44 in einer Toilette angeschmiert: »17. Oktober, wählt Nein!« Täter unbekannt.
Gefälschte Schreiben: Die bekannten gefälschten Schreiben mit den Absendern Nationalrat, Gewerkschaft Unterricht und Erziehung und Deutsch-Sowjetische Freundschaft tauchten heute in mehreren Fällen in den Bezirken Leipzig, Karl-Marx-Stadt, Erfurt, Neubrandenburg und Rostock auf.
Gefälschte telefonische Anrufe: In den Kreisen Geithain und Eilenburg, [Bezirk] Leipzig, erhielten mehrere Bürgermeister Anrufe von unbekannten Personen, wonach alle VP-Angehörigen aus den Wahllisten zu streichen sind.
Terror: In Niederorschel, [Bezirk] Erfurt, wurden Anfang der Woche die Fensterscheiben des Bürgermeisters eingeworfen. Vom ABV der Volkspolizei wurden die Fensterläden ausgehängt und außerdem in der Nacht sieben Mal angerufen.
Anlage vom 7. Oktober 1954 zum Informationsdienst Nr. 2333
Auswertung der Westsendungen
Volkswahl
Im Zusammenhang mit dem 5. Gründungstag der DDR hetzt der RIAS, dass die von unserer Regierung »angeordneten« Veranstaltungen zum »Tag der Republik«45 dazu da wären, »um die sogenannten Volkswahlen populär zu machen«. RIAS hetzt weiter, dass die Bevölkerung der DDR nicht gewillt sei, sich ihre Feste vorzuschreiben zu lassen und wahrscheinlich die Beteiligung an den Veranstaltungen sehr schlecht sein wird.
Über die FDJ hetzt der RIAS, dass unter den Jugendlichen eine »allgemeine Wahlmüdigkeit« herrsche und ihre Beteiligung an den Wahlvorbereitungen sehr schwach sei. Eine andere Sendung beschäftigt sich mit der Herabsetzung des Wahlalters46 und es heißt, dass sich diese Jugendlichen oft schon im Westen umgesehen hätten und nicht mehr so leicht zu beeinflussen wären.
Landwirtschaft
RIAS nimmt zu den Ausführungen des Genossen Walter Ulbricht47 über die Lage in der Landwirtschaft48 Stellung und versucht anhand mehrerer, verdreht wiedergegebener Beispiele die Ausführungen als Lügen hinzustellen. Ziel der Sendung ist, die vom Genossen Walter Ulbricht gemachten Ausführungen über die Lage der Landwirtschaft in Westdeutschland zu negieren und die dortige Lage zu verherrlichen.
Hetze gegen die Oder-Neiße-Friedensgrenze
Der Sender »Freies Berlin« benutzt die Beschreibung einer Reise nach dem Kurort Oybin im Zittauer Gebirge zur Hetze gegen die Oder-Neiße-Friedensgrenze. Immer wieder wird dabei das gegnerische Argument der Nichtbebauung des Landes jenseits der Friedensgrenze in den Vordergrund gestellt. Die Lage in Oybin selbst wird als sehr schlecht geschildert und es heißt z. B., dass die Bevölkerung nur Brot, Kartoffeln, Margarine und Marmelade erhalte und Fettlieferungen nur aller 14 Tagen erfolgten.
Hetze gegen die FDJ
In seiner Sendung »Jugend spricht zur Jugend« hetzt der RIAS gegen die Produktionsaufgebote in den Jugendbrigaden. Er will damit die Arbeit der FDJ diffamieren und die Produktionserfolge der Jugend herabwürdigen. Anhand von Beispielen versucht man darzulegen, dass die Aufgebote und Brigaden sich hemmend auf die Produktion auswirken würden und fordert ihre Auflösung. Dabei wendet man sich besonders an FDJ-Betriebsfunktionäre und droht, dass »… neue Jugendbrigaden nicht gebildet werden dürfen, wenn man nicht eines Tages Euch für den Produktionsausfall oder andere Schäden verantwortlich machen soll«. Man fordert zur Zurückhaltung auf.
In einer anderen Sendung wird gegen die VP-Werbung49 gehetzt und davon gesprochen, dass eine neue Werbekampagne nach dem 17.10.1954 beginnen soll. Dazu fordert man die Jugendlichen zu Folgendem auf: »Wer von euch noch Urlaub zu bekommen hat oder eine andere Möglichkeit kennt, um sich Ende Oktober im Betrieb unsichtbar zu machen, der sollte diese Möglichkeit nutzen.«
Weiterhin hetzt man gegen die Zeitung »Junge Welt«,50 indem ihr angeblich falsche Meldungen über die Lage der Jugend in Westdeutschland untergeschoben werden.
Um die Lehrer an den allgemeinbildenden Schulen gegen die DDR und die FDJ-Arbeit in den Schulen zu beeinflussen, wird in einer Sendung gegen die Anweisung 163/54 des Volksbildungsministeriums zu Beginn des Schuljahres 1954/55 gehetzt.51 Unter anderem stellt man die Verantwortlichkeit des Klassenleiters für die Ausgestaltung des FDJ- und Pionierlebens seiner Gruppe und ihre außerschulische Arbeit als »empfindliche Einschränkung des pädagogischen Wirkungsbereiches der Lehrer« als erhebliche Mehrbelastung und andererseits als »Stabilisierung der FDJ als ideologische Kontrollinstanz« hin. Damit wurden die Lehrer »degradiert und mit Verantwortlichkeiten und Kontrollen belastet, die sie als Mensch und Pädagoge nicht anerkennen können«. In diesem Zusammenhang wendet man sich gegen sogen[annte] Schulclubs, in denen in nächster Zeit die außerschulische Arbeit durchgeführt werden soll.