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Zur Beurteilung der Situation in der DDR

9. Oktober 1954
Informationsdienst Nr. 2335 zur Beurteilung der Situation in der DDR

Die Lage in Industrie, Verkehr, Handel und Landwirtschaft

Industrie und Verkehr

Im Mittelpunkt der politischen Tagesfragen steht die Volkskammerwahl.1 Der Umfang der Diskussionen hat gegenüber den letzten Tagen zugenommen. Dies trifft vor allem auf die überwiegend positiven Stimmen zu. Hier wird meist die gemeinsame Kandidatenliste begrüßt, da man die Notwendigkeit des gemeinsamen Kampfes aller Patrioten erkennt. In diesem Zusammenhang werden weiterhin in größerem Umfang Einzel- und Kollektivverpflichtungen zu Ehren der Volkswahl übernommen. Solche Meinungen stammen zum größten Teil von Arbeitern, während sich Angestellte nur gering und Intelligenzler ganz vereinzelt äußern.

Ein parteiloser Arbeiter aus dem VEB Amylon Velten, [Kreis] Oranienburg, [Bezirk] Potsdam, äußerte: »Mit der Einheitsliste bin ich einverstanden, denn ich bin der Meinung, dass, wenn wir im Block zusammenarbeiten, wir auch in einer Liste zusammenkommen können. Die Nazis will ich nicht mehr sehen. Die Bande hat uns den Krieg und unsagbares Leid zugefügt. Man sieht es ja heute in Westdeutschland, wo schon wieder die Kriegstrommel gerührt wird.«

Ein Arbeiter aus dem VEB Holzbau Leipzig: »In Bezug auf die Vorbereitung der Volkskammerwahl wurden bei uns im Betrieb verschiedene Missstände kritisiert, und ich sehe2 bereits, dass man darangeht, diese zu beseitigen. Zur Wahl am 17.10.[1954] werde ich schon frühzeitig gehen und den Kandidaten der Nationalen Front3 meine Stimme geben.«

In den Deutschen Hydrierwerken Rodleben, Kreis Roßlau, [Bezirk] Halle, wurden anlässlich der Volkswahl 1954 neue Wettbewerbe abgeschlossen, die dazu dienen, die Produktion weiterhin zu steigern. Darüber hinaus wurde ein Wettbewerb abgeschlossen im Kampf um die Brigade der besten Qualität.

Unter den Werktätigen des EK Bitterfeld4 macht sich in den letzten Tagen eine Verpflichtungsbewegung bemerkbar. Zum Beispiel übernahmen 2 800 Werktätige Produktionsverpflichtungen.

Zu Ehren der Volkswahl verpflichteten sich die Lenkungskräfte des Grubenbetriebes »Friedenshall«,5 [Kreis] Bernburg, [Bezirk] Halle, durch gute Vorbereitung und Organisation des Betriebsablaufes das letzte Quartal 1954 zur höchsten Produktionsübererfüllung zu bringen.

In negativen Äußerungen, deren Umfang weiterhin gering ist, tritt man immer wieder für Listenwahlen ein, mit dem RIAS-Argument, dass die gemeinsame Liste »undemokratisch« sei. Andererseits werden negative Meinungen aus persönlicher Verärgerung geäußert. Ausgesprochen feindliche Stellungnahmen werden nur ganz vereinzelt abgegeben. Zum Beispiel bringen im Kunstseidenwerk Premnitz, [Kreis] Rathenow, [Bezirk] Potsdam, eine Reihe von Kollegen offen zum Ausdruck, dass sie mit der einheitlichen Wahlliste nicht einverstanden sind und propagieren RIAS-Parolen, indem sie behaupten, dass die Volkswahl nicht demokratisch sei.

Einige Arbeiter aus dem VEB Stahlgießerei Karl-Marx-Stadt erklärten: »Wir sind der Ansicht, dass die gemeinsame Kandidatenliste nichts mit Demokratie zu tun hat. Wir wünschen uns eine Liste, wo die einzelnen Parteien getrennt aufgeführt sind.«

Eine Brigade aus dem VEB Böhlen,6 [Bezirk] Leipzig, äußerte: »Die Wahlen sind nicht demokratisch, weil man nicht das wählen kann, was man will, da alle auf einer Liste stehen.« Ähnlich äußerten sich mehrere parteilose Kollegen der Abteilung Pharmazie des VEB Jenapharm, [Bezirk] Gera. (In diesem Betrieb wird nur ganz vereinzelt über die Volkswahlen diskutiert.)

Unter den Kollegen der Abteilung Teich-Press des VEB Schott Jena7 wurde darüber diskutiert, dass die Abstimmung bei den Wahlen nicht ausschlaggebend sei, da die Kandidaten schon feststehen und somit alles unnötig wäre. Im gleichen Betrieb wurde in einer FDJ-Versammlung die Frage diskutiert, warum die prozentuale Zusammensetzung der Parteien innerhalb der gemeinsamen Kandidatenliste nicht veröffentlicht worden sei.8

Im VEB »Keramische Werke« Hermsdorf, [Bezirk] Gera, besteht unter einigen Kollegen eine falsche Einstellung zur Entlohnung der Intelligenz. Bei Diskussionen hierüber äußerte z. B. ein parteiloser Schleifer: »Ist das vielleicht die Nationale Front, die wir am 17.10.[1954] wählen sollen, damit die ihre Prämien und Gehälter noch weiter behalten?«

Unter den Mitgliedern einer Brigade in der Abteilung Isolatorenfertigung im VEB LEW Hennigsdorf,9 [Bezirk] Potsdam, besteht die Meinung: »Wir waren alle noch nicht zur Einsichtnahme in die Listen und wenn wir nicht drinstehen, dann ist es auch nicht weiter schlimm. Es ist doch alles Mist.« Unter den Kollegen dieser Brigade besteht eine Unzufriedenheit, weil seit 3. August 1954 ihre Normen erhöht sind.

Ein Arbeiter vom Kaliwerk »Ernst Thälmann« in Merkers, [Bezirk] Suhl, sagte: »Ich gehe nicht zur Wahl. Mein Parteibuch habe ich schon verbrannt, es sind ja sowieso alles Lumpen.«

Ein Arbeiter aus dem VEB Kunstseidenwerk Pirna, [Bezirk] Dresden (Sohn eines Pfarrers): »Wie ist es möglich, dass ein Mann wie Wilhelm Pieck,10 der ja zwei Staatsangehörigkeiten besitzt, nämlich die russische und die deutsche, wählen kann?«11

Zu größeren Diskussionen kam es im VEB Kranbau Eberswalde, [Bezirk] Frankfurt[/Oder], und auch bei der Reichsbahn Frankfurt über die Kandidatur von Vincenz12 Müller in der Volkskammer. Man bringt darin zum Ausdruck, dass es bekannte faschistische Offiziere sind, die in die Volkskammer gewählt werden sollten. Ein Arbeiter vom VEB Kranbau Eberswalde sagte zum Beispiel: »Mir kann man nicht die Augen darüber verkleistern, dass eben doch Militaristen in die Regierung kommen, wie der General Müller.«

Einige Arbeiter des IKA Zweigwerkes in Zella-Mehlis,13 [Bezirk] Suhl, stehen den Volkswahlen passiv gegenüber. Die Aufklärungsarbeit in diesem Betrieb ist ebenfalls sehr mangelhaft, weil die Arbeit der BPO und BGL nicht mit Überzeugung durchgeführt wird. An Betriebsversammlungen nehmen zum größten Teil immer nur 30 bis 50 Prozent der Kollegen teil.

In den Leuna-Werken »Walter Ulbricht« fand am 5.10.[1954] in der Hauptbuchhaltung und Finanzabteilung eine Versammlung über die Volkswahlen statt. Unter anderem wurde in der Diskussion von dem Leiter der Lohnbuchhaltung bemängelt, dass die Gehälter für Angestellte zu niedrig seien. Auf seine Anregung hin wurde von der AGL X/2 der Beschluss gefasst, vom Minister Selbmann14 eine Erklärung über seine Ausführungen in Lützkendorf betreffs der Entlohnung der Angestellten zu fordern.15 Der Leiter der Betriebsbuchhaltung (CDU) führte aus, dass der Volkskammer der Auftrag gegeben werden müsste, sich der Angestellten mehr anzunehmen und sie entsprechend ihrer Aufgaben zu bezahlen, was bis jetzt nicht der Fall sei.

Verschiedentlich besteht Missstimmung unter den Kollegen.

In der Abteilung Reglerbau des VEB »Askania« in Teltow, [Bezirk] Potsdam, sind die Arbeiter darüber unzufrieden, dass der Arbeitsanfall ungleichmäßig ist. Bis zum 10. jedes Monats besteht Arbeitsmangel und am Ende des Monats müssen sie Überstunden machen. Deshalb wollen sie sich Arbeit in Berlin suchen.

In der Abteilung Schlosserei im VEB Amylon in Velten, [Bezirk] Potsdam, sind die Kollegen mit der Entlohnung unzufrieden. Sie vertreten den Standpunkt: »Warum bekommen wir nicht den gleichen Lohn wie die Schlosser im Stahl- und Walzwerk Hennigsdorf, wo wir doch die gleiche Arbeit wie diese verrichten.«

Unter den Jugendlichen des Lehrkombinates der »Mathias-Thesen-Werft« Rostock besteht eine schlechte Stimmung, da ihre Lehrlingsbeihilfe meist ein bis zwei Monate zu spät ausgezahlt wird. Zurzeit beträgt der Rückstand zwei Monate. Der Sozialbevollmächtigte erklärte, dass es für dieses Jahr überhaupt keine Beihilfe mehr gäbe.

Unter Kollegen des Fischkombinats Rostock besteht eine Unzufriedenheit, da der Rat der Stadt Rostock 20 Wohnungen, die dem Kombinat zugeteilt waren, ohne Grund gestrichen hat. Einige Kollegen, welche davon eine Wohnung erhalten sollten, wollen nicht eher ausfahren, bis die Wohnungsangelegenheit geklärt ist.

Unter den Arbeitern des Elektrogerätewerkes in Zella-Mehlis, [Bezirk] Suhl, bestehen gleichmacherische Tendenzen bei der Quartalsprämienverteilung. So brachten sie in Diskussionen zum Ausdruck: »Wir haben unter großen Schwierigkeiten die Planrückstände aufgeholt und die Herren erhalten die Prämien.«

Im VEB Gießerei und Maschinenbau Schmiedeberg, [Bezirk] Dresden, besteht eine Missstimmung wegen der schlechten Arbeitsorganisation und Unstimmigkeiten in der Normenfrage.

Die Kollegen vom Bahnhof Teltow, [Bezirk] Potsdam, sind über ihre Entlohnung unzufrieden, da sie nur nach der Ortsklasse E16 bezahlt werden. Sie wollen deshalb in die Industrie gehen.

In der Bahnmeisterei Demmin, [Bezirk] Neubrandenburg, sind fast alle Kollegen mit dem Lohngefüge der Reichsbahn nicht einverstanden. Aus diesem Grunde haben viele Kollegen schon seit Monaten keinen Gewerkschaftsbeitrag mehr bezahlt, da sich der FDGB nicht genügend für sie einsetze.

Über schlechte Betreuung einer westdeutschen Sportdelegation wird von der Wismut17 in Crossen, [Kreis] Zwickau, berichtet. Der Kreissportleiter hat der Delegation, die zu einer Festveranstaltung dort weilte, am Ende der Veranstaltung keinen Bus zur Verfügung gestellt, obwohl er es versprochen hatte. Als man ihn darauf aufmerksam machte, äußerte er sich abfällig. Ferner verabschiedete er die Delegierten nicht. Sie waren darüber sehr missgestimmt.

Handel und Versorgung

In Lobenstein, [Bezirk] Gera, stehen auf der Verladestraße einige Waggons Kohle, die schon stark zerfallen ist. Obwohl der Konsum bereits 1 000 DM Lagergeld zahlen musste, kommen diese Kohlen nicht zur Verteilung. Die Bevölkerung ist darüber verärgert, da sie nur knapp mit Kohlen versorgt wird. In Boizenburg, [Bezirk] Schwerin, herrscht ebenfalls Verärgerung über die mangelhafte Belieferung mit Kohlen und in einigen Kreisen des Bezirkes Suhl wird darüber geklagt, dass die Belieferung auf Marken nur zum Teil erfolgt ist.

Aus der Bevölkerung des Bezirkes Weißensee, Berlin, kommen Klagen, dass die HO im Gegensatz zum Privathandel keine Einkellerungskartoffeln ausliefert. Einige Haushalte haben schon seit 14 Tagen dort keine Kartoffeln erhalten, da ihnen der Privathändler erklärt, dass sie ihre Kartoffeln dort kaufen sollen, wo sie eingetragen sind.

In den Bezirken Suhl, Erfurt, Potsdam und Cottbus ist eine teilweise schlechte Belieferung mit Fleisch zu verzeichnen. Es fehlt dort in einzelnen Gemeinden und Kreisen an HO-Fleisch und vereinzelt auch an Markenfleisch.

Zigaretten (billige Sorten) fehlen in verschiedenen Gemeinden des Kreises Gadebusch, [Bezirk] Schwerin, und im Kreis Sangerhausen, [Bezirk] Halle. Im VEB »Thomas-Müntzer«-Schacht Sangerhausen herrschte besonders am Lohntag über den Zigarettenmangel eine große Missstimmung.

In der Konsumverkaufsstelle Lössau, Kreis Schleiz, [Bezirk] Gera, fehlt es seit Montag an Margarine, Butter und Zucker. An Zucker und Nährmitteln mangelt es auch teilweise im Bezirk Potsdam.

Speck fehlt im gesamten Bezirk Schwerin und im Bezirk Erfurt. Die Kreise Bad Salzungen und Schmalkalden, [Bezirk] Suhl, klagen über den Mangel an Eiern.

Im Kreis Kyritz ist besonders die Landbevölkerung darüber empört, dass nur an die Mitglieder einzelner LPG Bohnenkaffee verkauft wurde. So brachten z. B. zwei Frauen aus der Gemeinde Groß-Welle, [Bezirk] Potsdam, zum Ausdruck: »Wenn wir keinen Bohnenkaffee bekommen, wissen wir, was wir am 17. Oktober [1954] zu wählen haben.« (Diese Meinung ist des Öfteren zu hören.)

Die Warenbereitstellung der DHZ Pritzwalk, [Bezirk] Potsdam, ist völlig ungenügend.

Landwirtschaft

Bei einem verhältnismäßig geringen Umfang überwiegen die positiven Meinungen zu der Volkskammerwahl. Bezeichnend dafür sind die zahlreichen Selbstverpflichtungen, an denen sich hauptsächlich der sozialistische Sektor beteiligt. Die positiven Meinungen beinhalten das Vertrauen zu unserer Arbeiter- und Bauernmacht und den Wunsch nach Erhaltung des Friedens sowie die Erkenntnis, dass unsere Regierung sich für die Bauern einsetzt. Oft kommt auch die Erinnerung an die Verhältnisse unter der Junkerherrschaft, die man unter keinen Umständen zurückwünscht. Teilweise werden auch Vergleiche mit den Zuständen in Westdeutschland gezogen.

Die negativen Meinungen sind nur vereinzelt und werden vorwiegend von Groß- und Mittelbauern vertreten, obwohl sie im Allgemeinen zurückhaltend mit ihren Äußerungen sind. In ihren Forderungen bringen sie hauptsächlich die Parteiwahl und die »freie Wirtschaft« zum Ausdruck. Ein Großbauer, Mitglied des DBD aus Userin, Kreis Neustrelitz, äußerte: »Warum werden nicht Parteiwahlen durchgeführt, wir haben früher immer so gewählt und das ist das Beste.«

Ein Großbauer aus Rossow, [Kreis] Pasewalk, [Bezirk] Neubrandenburg, äußerte, dass die Maßnahmen der Regierung gegenüber den Bauern nicht immer richtig sind. Seiner Meinung nach müsste jedem Bauern die Bestellung des Ackers selbst überlassen bleiben. »Außerdem ist das Ablieferungssoll für die Wirtschaften über 20 ha zu hoch.18 Es wäre bedeutend besser, wenn man bei uns die ›Freie Marktwirtschaft‹ einführen würde.«

Bei einer Kandidaten-Vorstellung in Diehmen, [Kreis] Bautzen, [Bezirk] Dresden, fragte ein werktätiger Bauer, ehemaliger aktiver Nazi, was die Durchführung so einer Wahl kostet. Daraufhin wurde ihm von den anderen werktätigen Bauern die Frage gestellt, was der letzte Krieg gekostet hat.

In der gesamten Küstriner Gegend diskutieren hauptsächlich Groß- [und] Mittelbauern und bürgerliche Kreise negativ über die Einheitsliste. Sie behaupten, dass bei den früheren Wahlen die CDU 499 und die SED 500 Stimmen erhalten habe. Wenn sie jetzt einzeln abstimmen würden, so würde für die SED nicht viel übrig bleiben, daher die Einheitsliste. Diese Meinung ist unter der Landbevölkerung stark verbreitet und wird dort viel diskutiert.

Eine schlechte Vorbereitung zur Wahl und das häufige Nichterscheinen der angesetzten Referenten ist besonders in den ländlichen Gemeinden des Bezirkes Potsdam zu verzeichnen, wie z. B. in den Gemeinden Blumenthal, Lindenberg und Lütkendorf, Kreis Pritzwalk.

Eine schlechte Stimmung herrscht unter den Traktoristen und Schlossern der MTS Sagard,19 [Bezirk] Rostock, wegen dem schlechten Material bei den Kartoffelrodern. Bei vier Kartoffelrodern z. B. sind die Schleuderwellen abgebrochen. Diese Wellen stammen aus der volkseigenen Produktion.

Große Verärgerung unter den Bauern ruft immer wieder die schlechte Arbeit der MTS hervor. Die MTS begründet das mit dem Mangel an Ersatzteilen (im Bezirk Rostock).

Über schlechte Treibstoff-Versorgung beklagen sich die MTS im Bezirk Potsdam, im Bezirk Neubrandenburg und die Besamungsstation Wiesa, Kreis Kamenz, [Bezirk] Dresden. Die Besamungsstation Wiesa z. B. benötigt 1 200 Liter Benzin und erhielt für diesen Monat nur 400 Liter. Dadurch ist die weitere Besamung der Kühe ab 15.10.[1954] infrage gestellt.

In dem Bezirk Neubrandenburg wird vom VEG Kraftstoff-Vertrieb die ungenügende Versorgung mit Dieselkraftstoff mit dem Mangel an Kesselwagen begründet, ebenso im Bezirk Potsdam. Dort wird aber von den MTS immer wieder darauf hingewiesen, dass die Traktoren bald stillstehen müssen, wenn in der nächsten Zeit kein Treibstoff eintrifft.

In der VEAB Wittenberge, [Bezirk] Schwerin, werden die Bauern wegen Überfüllung des Lagers mit ihren Kartoffeln wieder nach Hause geschickt, was zu einer großen Verärgerung führt.

In der Gemeinde Breitenborn, [Bezirk] Leipzig, weigern sich die Bauern, ihr Soll in Heu und Stroh abzuliefern. Sie begründen es damit, dass ihr bisheriges Stroh und Heu, das sie abgeliefert haben, auf einer Miete verfault, ohne dass vom Rat des Kreises irgendwelche Maßnahmen eingeleitet wurden.

Auf dem Kornboden in Lemmersdorf, Kreis Strasburg, [Bezirk] Neubrandenburg, lagern ca. 3 000 Ztr. Getreide, wovon 1 000 Ztr. Getreide bereits vom Kornkäfer befallen sind.

Im Kreisgebiet Zeitz, [Bezirk] Halle, ist im letzten Quartal bei der Viehzählung zu verzeichnen, dass ca. 300 Schafe verendet sind. Die Schafe sind mit Magen- und Lungen- und Zwerchfell-Würmern sowie Kokzidien20 verseucht. Die genannten Parasiten entstehen zum größten Teil durch zu nasse Fütterung. Besonders stark befallen von dieser Seuche ist die Herde der LPG Zeitz und Tröglitz, ([Bezirk] Halle).

Am 5.10.1954, früh 5.00 Uhr nahmen neun Brigademitglieder der MTS Döbeln-Zschackwitz, [Bezirk] Leipzig, die Arbeit nicht auf. Ursache war die schlechte Arbeitsdisziplin von zwei Brigadieren bei dem Großeinsatz am 30.9.1954, aufgrund dessen diese beiden von der LPG entlassen wurden. Gegen diese Entlassung nahm der größte Teil der Brigademitglieder Stellung, was soweit ging, dass die gesamten neun Mitglieder am 5.10.1954 die Arbeit nicht aufnahmen. Gegen 9.00 Uhr am 5.10.[1954] wurde aufgrund guter Aufklärungsarbeit die Arbeit von den neun Personen wieder aufgenommen.

In dem ÖLB (Örtlichen Landwirtschaftlichen Betrieb) Koserow, [Bezirk] Neubrandenburg,21 ist die Schweinepest ausgebrochen, wobei 24 Schweine und 28 Ferkel erkrankten und acht Schweine und acht Ferkel verendeten.

Übrige Bevölkerung

In der Stimmung der übrigen Bevölkerung hat sich keine wesentliche Änderung ergeben. Über politische Probleme wird nach wie vor in geringem Maße Stellung genommen. Im Mittelpunkt der politischen Gespräche stehen weiterhin die Vorbereitungen der Volkswahl. Die Äußerungen sind überwiegend positiv und stammen meist von Hausfrauen, Rentnern, Verwaltungsangestellten und zum Teil auch von Handwerkern. In vielen Hausversammlungen verpflichten sich die Anwesenden, schon in den Vormittagsstunden zur Wahl zu gehen und die Kandidaten der Nationalen Front zu wählen.

Vorwiegend kommen die negativen Stimmen aus den bürgerlichen Schichten. Sie äußern sich in abfälliger Form über die Wahl und zum anderen lehnen sie die Aufstellung einer gemeinsamen Kandidatenliste ab. Zum Beispiel äußerte ein Stellmachermeister aus Schönhagen, [Kreis] Pritzwalk, [Bezirk] Potsdam: »… Mit der Volkswahl, das ist genauso ein Quatsch. Wir sind ja gezwungen, diejenigen zu wählen, die die da oben haben wollen und sie werden uns schon die Richtigen vorsetzen.«

Der Vertreter einer Privatfirma aus Brandenburg, [Bezirk] Potsdam: »So lange es keine Listen mit Kandidaten der einzelnen Parteien gibt, erkenne ich die Wahlen nicht an«.

Eine Hausfrau aus Brandenburg äußerte gegenüber einem Aufklärer, dass sie nicht mehr aufgeklärt werden bräuchte, sie wisse, was sie zu wählen habe. Es werde mal anders kommen, dann aber Aug um Aug und Zahn um Zahn.

Unter den Zahnmedizinerstudenten der Humboldt-Universität Berlin herrscht eine negative Stimmung. Es wird die Meinung vertreten, die SED habe Angst und aus diesem Grunde würde die Einheitsliste der Blockparteien aufgestellt. Des Weiteren wurde diskutiert, man solle ungültige Stimmen abgeben, indem man leere Stimmzettel in die Wahlurne wirft. Von mehreren Studenten wurde gefordert, dass für alle Studenten ein Grundstipendium gezahlt werden müsste und nicht nur für Arbeiterkinder.

In den Kreisen der bürgerlichen Parteien wird immer wieder die Forderung nach Parteiwahlen erhoben, zum anderen gibt es nicht wenige Beispiele von einer schlechten Mitarbeit bei der Vorbereitung der Volkswahl. Zum Beispiel sagte ein LDP-Mitglied aus Badra, [Kreis] Sondershausen, [Bezirk] Erfurt: »Diese sogenannte Volkswahl ist keine richtige Wahl. Die Regierung hat nur die Einführung des Kommunismus im Sinn, aber dieses Ziel erreichen sie nie, und wenn noch Jahre vergehen, wir sorgen schon dafür. Die Regierung wackelt schon jetzt in allen Fugen und versucht ihren Sturz damit zu verhindern, dass sie die Menschen unter Druck stellt.«

Ein Mitglied der CDU – Oberreferent im Ministerium für Finanzen: »Die Kandidatenlisten für die Wahlen entsprechen nicht mehr dem Willen der Bevölkerung. 1950 konnte man noch eine gemeinsame Liste nach dem Ausgang der Wahlen von 1946 aufstellen.22 Jedoch heute widerspricht das allen Regeln der Demokratie.«

In Mahlow, Kreis Zossen, [Bezirk] Potsdam, fand eine Versammlung der LDP-Ortsgruppe statt. Von 42 Mitgliedern waren nur sieben anwesend. Auf die Frage eines Mitgliedes der LDP-Kreisleitung, was die Ortsgruppe zur Wahl zu tun gedenkt, wurde ihm geantwortet, dass man auf Anweisungen der Kreis- bzw. Landesleitung warte, die bis jetzt aber noch nicht vorliegen. Die Versammlung wurde geschlossen, ohne etwas festzulegen. Ähnlich verhält es sich mit der LDP-Ortsgruppe Tiefenort, [Kreis] Bad Salzungen, [Bezirk] Suhl.

Charakteristisch für das Verhalten vieler Mitglieder bürgerlicher Parteien im Bezirk Neubrandenburg ist das Verhalten des Bürgermeisters (CDU) von Burg Stargard, der am 4.10.1954 noch die gesamte Propagandaliteratur, die er zur Verteilung bringen sollte, in seinem Büro liegen hatte.

In kirchlichen Kreisen ist nach wie vor bemerkenswert, dass eine ganze Reihe Pfarrer ihre Mitarbeit im Rahmen der Nationalen Front ablehnen, da es von ihrer vorgesetzten Behörde untersagt wurde. Zum anderen äußerten sich Geistliche in abfälliger Form über die Volkswahlen. Zum Beispiel wurden im Kreis Lobenstein, [Bezirk] Gera, sechs Pfarrer wegen der Mitarbeit in der Nationalen Front angesprochen. Dies lehnten fünf Pfarrer mit der Bemerkung ab, dass sie nur nach Anweisung von Pfarrer Mitzenheim23 handeln. Der Pfarrer, der sich zur Mitarbeit bereiterklärte, äußerte: »Ich bin der einzige Pfarrer, welcher nicht nach Anweisung des Pfarrers Mitzenheim handelt. Ich bin der Meinung, dass wir den Krieg verhindern müssen, denn ich habe am eigenen Leib verspürt, was Krieg bedeutet«.

In Weißack, [Kreis] Luckau, [Bezirk] Cottbus, lehnte ein Pfarrer eine Einladung zu einer Versammlung mit der Bemerkung ab, dass an die Pfarrer eine Anweisung ergangen sei, den Sitzungen und Konferenzen sowie Versammlungen im Rahmen der Nationalen Front fernzubleiben.

In der Gemeinde Zaue, [Kreis] Lübben, [Bezirk] Cottbus, verlas der Pfarrer ein Rundschreiben, in dem die Bevölkerung aufgefordert wurde, so zu wählen, dass die Jugend nicht zu Marxisten erzogen wird.

In der Gemeinde Gebersdorf, [Kreis] Neuhaus, [Bezirk] Suhl, organisierte der Pfarrer Zusammenkünfte von Jugendlichen und setzt den Zeitpunkt so fest, wenn auch eine FDJ-Versammlung stattfindet. Sein Einfluss ist so stark, da[ss] die Mehrheit der Jugendlichen in die Zusammenkünfte geht.

Im Zuge der Vorbereitungen zur Volkswahl treten immer wieder organisatorische Mängel auf. Einmal, dass Referenten nicht erscheinen oder dass die Versammlungen ungenügend vorbereitet werden, oft gibt es Erscheinungen von einer schlechten Arbeit der Aufklärer. Zum Beispiel arbeiten im Kreis Hoyerswerda, [Bezirk] Cottbus, von 2 225 Aufklärern nur 278. Ähnlich ist es auch im Kreis Weißwasser.

Aufgrund öfters ausfallender Versammlungen durch das Nichterscheinen von Referenten kommt es zu Diskussionen wie z. B. im Kreis Neuruppin, [Bezirk] Potsdam: »In Zukunft gehen wir lieber zeitig schlafen, als dass wir einige Stunden vergebens auf den Referenten warten.«

Unter den Reisenden, die das Wahllokal auf dem Ostbahnhof24 aufsuchten, kommt es zu regen Diskussionen, und es taucht wiederholt die Meinung auf, dass die Wahlen weder geheim noch demokratisch sind. Es wird damit begründet, da auf dem Wahlschein weder ein Ja noch Nein angegeben sei. Zum anderen sei ein Ankreuzen oder Durchstreichen der Kandidaten unmöglich, da keine Schreibmöglichkeiten vor Ort vorhanden sind. Es bietet sich nur die Möglichkeit, die Wahlscheine zusammenzufalten und in die Urne zu werfen. Damit hätte man die Gewähr, dass alle mit »Ja« wählen und die, [die] ihren Zettel nicht abgeben, wären namentlich erfasst.

Im Demokratischen Sektor von Berlin tritt bei Aufklärereinsätzen oder in Versammlungen immer wieder in Erscheinung, dass große Teile der Bevölkerung über die Arbeit der volkseigenen Wohnungsverwaltung verärgert sind. Das wirkt sich insofern negativ aus, dass viele Mieter erklären, nicht zur Wahl zu gehen, da die in ihren Häusern schon seit Langem bestehenden Schäden nicht beseitigt werden. Bei einem Aufklärungseinsatz in der Rheinsberger Straße erklärten einige Mieter eines Hauses, dass ihre Fußböden, Fenster, der Keller sowie das Dach repariert werden müssten. Von der volkseigenen Wohnungsverwaltung wurden den Hausbewohnern schon mehrere Versprechungen gemacht, dass diese Schäden beseitigt werden, aber bis jetzt wurde noch nichts unternommen. Im Haus Neue Königsstraße 7 sind sämtliche Hausbewohner darüber empört, dass die versprochenen Hausreparaturen nicht durchgeführt werden. Demzufolge wollen sie nicht zur Wahl gehen.

Erkrankungen: Im Bezirk Halle ist ein weiteres Ansteigen der spinalen Kinderlähmung zu verzeichnen und zwar im Kreis Naumburg von 18 auf 28 Fälle, davon vier Todesfälle, im Kreis Wittenberg von 12 auf 13 und im Kreis Merseburg von sechs auf sieben Krankheitsfälle.

Die Typhuserkrankungen im Bezirk Potsdam sind bis auf 260 angestiegen. Allein im Kreis Zossen bis auf 30 Fälle. Bisher sind drei Sterbefälle zu verzeichnen.

Organisierte Feindtätigkeit

Hetzschriftenverteilung

SPD-Ostbüro:25 Frankfurt/Oder 40 160, Potsdam 11 017, Karl-Marx-Stadt 3 000, Halle, Kreis Gräfenhainichen, 2 500, Kreis Hohenmölsen 150, Neubrandenburg und Gera einige, Dresden einzelne.

KgU:26 Magdeburg, Kreis Zerbst, 25 000, Gemeinde Biederitz 3 000, Kreis Burg 70, Stadt Magdeburg 50, Potsdam 68 000, Dresden 46, Gebiet Nordhausen 30.

FDP[-Ostbüro]: Potsdam 1 000, Dresden einige. Die Mehrzahl der Flugblätter richtet sich gegen die Volkswahl.

NTS:27 Potsdam 13 030, Cottbus, Kreis Herzberg, 500, Dresden 392, Eisenbahnstrecke Löwenberg – Herzberg ca. 300, Karl-Marx-Stadt 129.

ZOPE:28 Frankfurt/Oder 10 000, Magdeburg Stadt 400, Halberstadt 100, Kreis Stendal 140, Kreis Burg 70, Kreis Staßfurt 50, Halle 20, Dresden einzelne.

Unbek[annter] Herkunft: Cottbus 36 082, davon Kreis Weißwasser 10 000, Kreis Luckau 26 041, Karl-Marx-Stadt (im Werksgelände der Papierfabrik Weißenborn zwei selbstgefertigte, Inhalt: Hetze gegen Volkswahl).

Terror: Am 3.10.[1954] fand in Trebnitz, Kreis Seelow, [Bezirk] Frankfurt/Oder, ein Volksfest statt, nachdem ein Arbeiter angepöbelt und am anderen Morgen auf dem Weg zur Arbeit niedergeschlagen wurde. Grund: »Seine Frau hatte mit einem Genossen des SfS getanzt, der sich etwas später an den Tisch des Ehepaars setzte.«

Am 5.10.1954 wurde ein Angehöriger der Grenzpolizei in Miersdorf, Kreis Königs Wusterhausen, von unbekannten Tätern niedergeschlagen.

Am 7.10.[1954] wurde von unbekannten Tätern am Eingang des Grundstücks eines Lehrers in Zernsdorf, [Bezirk] Potsdam, Stacheldraht in Augenhöhe gezogen. Ein Unglücksfall konnte verhütet werden.

Antidemokratische Tätigkeit

Zerstören bzw. Beschädigen von Plakaten, Transparenten oder Fahnen:

  • im Kreis Jena, [Bezirk] Gera, ein Plakat,

  • in Pennewitz,29 [Kreis] Ilmenau, [Bezirk] Suhl, in der Nacht zum 7.10.[1954] zwei Plakate,

  • in Oberlichtenau und Elstra, Kreis Kamenz, [Bezirk] Dresden, je ein Plakat,

  • in Dresden zwei Plakate, eine Bekanntmachungstafel und eine Fahne,

  • in Riesa zwei Plakate,

  • im VEB Textil- und Gummiwerk Neugersdorf zwei Sichtwerbetafeln,

  • in Lübbinchen, Kreis Guben, [Bezirk] Cottbus, einige Losungen,

  • in Uebigau, [Kreis] Herzberg, [Bezirk] Cottbus, vier Plakate,

  • in Zützen, Kreis Angermünde, [Bezirk] Frankfurt/Oder, acht Plakate,

  • in Magdeburg und Schöneberg vier Fahnen bei Parteifunktionären, ein Bild des Genossen Walter Ulbricht,30

  • im Kreis Staßfurt und Kreis Burg in mehreren Gemeinden einige Plakate.

Anschmieren von Hetzparolen

  • im VEB Sächsisches Kunstseidenwerk Pirna, [Bezirk] Dresden (gegen die Einheitsliste),

  • in Zittau vier Hetzparolen mit Stempeldruck,

  • in der Schule in Emleben, [Kreis] Gotha, [Bezirk] Erfurt, eine Losung verdreht,

  • in der Humboldt-Universität, im Hörsaal 2 092 (»Am 17.10. zerreißen wir den Wahlzettel«),

  • in der Volkswerft Stralsund an einem Schiffsteil ein Hakenkreuz.

Gerücht: In der Abteilung Gütekontrolle des Stahlwerkes Hennigsdorf, [Bezirk] Potsdam, taucht das Gerücht auf, dass der freie Tag am 7. Oktober [1954]31 sonntags nachgearbeitet werden muss.

Gefälschte Schreiben: Die bekannten gefälschten Schreiben mit dem Absender Nationalrat wurden in mehreren Fällen in den Bezirken Gera, Suhl, Erfurt, Halle und Karl-Marx-Stadt sichergestellt.

Einschätzung der Situation

In der Stimmung zur Volkswahl haben sich in den letzten Tagen keine wesentlichen Veränderungen gezeigt. Die gegen die Volkswahl gerichtete Feindtätigkeit hat sich verstärkt.

Der Besuch des Genossen Molotow32 in Berlin und Stalinstadt33 wurde von der Bevölkerung freudig und begeistert aufgenommen.34 Seine Vorschläge fanden auch nach bisher vorliegenden Berichten aus den Bezirken Zustimmung.35 Einzelne negative Meinungen sind zzt. nur aus Berlin bekannt.

Anlage vom 9. Oktober 1954 zum Informationsdienst Nr. 2335

Stimmung zum Besuch des sowjetischen Außenministers Genossen W. M. Molotow

Immer noch werden von zahlreichen Personen Stimmen bekannt, die sich anlässlich des Verlaufes des »Tages der Republik« positiv ausgesprochen haben. Besonders erwähnt wird dabei immer wieder der Besuch des sowjetischen Außenministers Genossen Molotow und es wird zum Ausdruck gebracht, dass sein Verhalten eine wirklich enge Verbundenheit mit dem schaffenden Volk beweist.

Besonderen Beifall fand der Besuch des sowjetischen Außenministers in der Stalinallee. Der Spaziergang entlang der Stalinallee vom Strausberger Platz bis Café »Warschau« gestaltete sich zu einem Triumphzug für den Genossen Molotow und Walter Ulbricht und die Zurufe aus den Fenstern der Häuserfronten und der Passanten, die mit Gewalt zurückgedrängt werden mussten, nahmen kein Ende. Genosse Molotow führte an seinen Händen zwei Pioniere und immer wieder versuchten andere Frauen ihre Kinder zum Genossen Molotow zur Begrüßung hinzuschicken.

Man hörte vonseiten der Passanten: »So hat sich noch kein Außenminister oder Staatsfunktionär wie am heutigen Tage unter der Bevölkerung gezeigt, hier sieht man, dass es wirkliche Vertreter der arbeitenden Bevölkerung sind.« Andere riefen: »Seht, dort geht Walter« (Gemeint war Genosse Walter Ulbricht). Worauf Genosse Ulbricht sagte: »Ja, ihr habt richtig gesehen, ich bin es, seid gegrüßt.« Allgemeines Händeklatschen und Hochrufe setzten wieder ein.

Der Spaziergang bis zum HO-Café »Warschau« konnte nur mit größter Mühe vonstattengehen, da die Bevölkerung, die inzwischen auf eine mehrere 100-köpfige Menge angewachsen war, unbedingt die oben genannten Funktionäre sehen wollte.

Nachdem mit großer Mühe das HO-Café »Warschau« erreicht wurde und die Funktionäre darin Platz nahmen, staute sich vor der Tür die mehrere 100 Personen umfassende Menschenmenge, die darauf wartete, den Genossen Molotow nach Verlassen des Restaurants wieder begrüßen zu können.

Die Diskussionen, die vor dem Restaurant geführt wurden, lagen auf der Linie: »Wir gehen nicht eher weg, bis wir den Genossen Molotow und Walter Ulbricht gesehen haben und wenn ihr noch so viel Polizisten herholt und uns wegdrückt.« Nach mehreren ermahnenden Worten zur Vernünftigkeit, machten die Leute bereitwillig eine Gasse, damit die Staatsfunktionäre das Haus verlassen konnten.

Nach gut 30 Minuten verließen die ausländischen Gäste und die Staatsfunktionäre das HO-Café »Warschau« und ein langanhaltender Beifall vonseiten der Bevölkerung setzte ein. Kinder liefen auf den Genossen Molotow zu und begrüßten und beglückwünschten ihn in der Stalinallee. Ein Bürger sagte zu seiner Frau: »Sieh, dort kommt Molotow, der Mann, der die Weltpolitik macht und der standhafteste Kämpfer für den Frieden.« Ein anderer sagte: »Der hat für Deutschland schon mehr Gutes getan wie die meisten Deutschen selbst.«

Eine Hausfrau aus der Waldstraße im Bezirk Pankow (Hausvertrauensmann) brachte zum Ausdruck, dass es schade sei, nicht die russische Sprache zu beherrschen, denn dann hätte die Rede Molotows auf sie einen noch größeren Eindruck gemacht. Eine solche Begeisterung, wie gestern auf dem Marx-Engels-Platz,36 hätte sie noch nie gesehen. Es sei einfach unverständlich, dass es heute noch Menschen gibt, die nicht begreifen, dass wir nur durch die Unterstützung und Freundschaft der SU zu Frieden und Wohlstand gelangen können.

Ein Angestellter in der Materialversorgung des VEB Apparate- und Kesselbau Niederschönhausen begrüßt die Rede Molotows, denn bei der Verwirklichung seiner Forderung auf Herstellung der Einheit Deutschlands gehört auch die Wirtschaft wieder zusammen und die Sorgen mit der Materialbeschaffung hören dann auf.

Ein Westberliner Kollege im Konstruktionsbüro des VEB Apparatebau und Kesselbau – dem es Schwierigkeiten bereitet, seine Eltern in Erkner zu besuchen, äußerte: »Wenn alle vier Großmächte sich an einen Tisch setzen, hören alle diese Schwierigkeiten auf. Deshalb begrüße ich den Vorschlag Molotows.«

Heute Morgen war Hauptgesprächsthema bei den Kollegen in der Abteilung Planung des VEB Werk für Signal- und Sicherungstechnik der Besuch des Genossen Molotow. Dabei wurde die Freude darüber geäußert, dass Molotow gerade zu den Feierlichkeiten des 5. Jahrestages der DDR gekommen ist. Besonders beeindruckt waren die Kollegen von den »Freundschaftsrufen«.

Ein Zapfer in einem Lokal im Bezirk Treptow ist der Meinung, dass die Westmächte über den Vorschlag des Genossen Molotow nicht hinweggehen können. »In dem Moment, wo sie ablehnen, darüber zu verhandeln, beweisen sie erneut, dass sie an einer friedlichen Wiedervereinigung Deutschlands nicht interessiert sind.« Er teilte mit, dass gestern Westberliner Gäste im Lokal dem Vorschlag Molotows beistimmten.

Eisenbahner, die an der Kundgebung teilnahmen, gaben ihre Verwunderung darüber zum Ausdruck, dass der Genosse Molotow so schnell wieder zu einem Besuch in die DDR gekommen ist.37 Sie bewunderten sein ruhiges und bestimmtes Auftreten und diskutierten in der Weise, dass es nach Lenin und Stalin der größte Vertreter der SU ist. Durch seine konsequente Haltung würde er von allen Menschen – ob Freund oder Feind – anerkannt. Als gut wurde von diesen Eisenbahnern bezeichnet, dass er wieder so gründlich auf die deutschen Probleme eingegangen ist und damit allen guten Deutschen aus den Herzen gesprochen hat.

Zwei Kollegen aus dem VEB Bergmann-Borsig, die in Tegel wohnhaft sind, sehen in dem Besuch des Genossen Molotow einen weiteren Schritt der SU, für das deutsche Volk den Frieden zu erhalten. Sie äußerten: »Wenn Dulles38 nach Westberlin kommt, hat er nur kriegerische Pläne im Auge.«

Ein Arbeiter, wohnhaft O 112,39 Lehnbachstraße, erzählte: »Ich war in der Stalinallee und habe Molotow gesehen. So eine Begeisterung und ein Beifall wie dort war, ist kaum zu glauben. Wenn in Westberlin oder Westdeutschland Adenauer40 oder einer dieser Konsorten sich in der Öffentlichkeit zeigen, würden sie bestimmt nicht so ruhig durch die Straßen gehen. Weiter sieht man, dass Molotow als Freund zu uns kommt, er stattet nicht nur der Regierung einen Besuch ab, sondern der ganzen Bevölkerung.«

Von einem Sachbearbeiter im VEB Berliner Werkzeugmaschinenfabrik wurde heute im Gespräch mit seinen Kollegen Folgendes berichtet: »Plötzlich kam eine Wagen-Kolonne und hielt am Strausberger Platz. Es stiegen Molotow und Ulbricht aus und sie gingen am Stalin-Denkmal vorbei. Gleich bildeten sich große Menschenansammlungen, sodass es der Delegation fast nicht mehr möglich war, einen Weg zu finden. Die Polizei hatte zu tun, um die Menschen zurückzuhalten. Die Zuschauer, denen es möglich war, die Kette zu durchbrechen, konnten Molotow die Hand geben. Eine Freude herrschte und alles war so natürlich. Die vielen Menschen waren aber eine Gefahr für Molotow und ich dachte bei mir, hoffentlich passiert hier nichts.«

Als der Genosse Molotow das Café »Warschau« verließ, äußerten zwei Gäste: »Donnerwetter, das hätte man doch nicht gedacht, dass so ein großer Machthaber Russlands einfach das Café betritt und sich hier aufhält, ohne dass große Absperrungen vorgenommen wurden. So etwas war ja früher überhaupt nicht denkbar.«

Viele Kollegen des Café »Warschau« sind enttäuscht, dass sich der Genosse Molotow bei seinem Besuch nicht auch die Räumlichkeiten angesehen hat und mit dem Personal gesprochen hat. Sie freuen sich aber ebenfalls über diesen Besuch und sehen in dem Aufenthalt des Genossen Molotow in der DDR einen Freundschaftsbeweis der SU.

Ein Angehöriger des Betriebsschutzes im VEB Gaselan41 vertritt die Meinung: »So muss es sein. Ohne Bewaffnung ist der Genosse Molotow mitten unter den Leuten in der Stalinallee gewesen. Die führenden Funktionäre unserer Regierung tun so etwas viel zu wenig. Wenn man die besondere Lage Berlins sehen muss, so sind doch oft die Absperrungen überspitzt. Drei Stunden vorher wird da manchmal eine Kette gezogen, bloß weil einer vorbeifährt.«

Bei nur ganz vereinzelt auftretenden negativen Diskussionen wird bezweifelt, ob die neuen Vorschläge der SU überhaupt Zweck haben, da die Westmächte doch machten, was sie wollten. Eine Hausfrau aus dem Bezirk Treptow äußerte: »Man scheint ja unserer kleinen Ostzone sehr viel Bedeutung beizumessen, wenn wir solch einen hohen Besuch bekommen. Man sieht eben, die Kommunisten halten überall zusammen. Aber was nützt es schon, wenn Molotow den Abzug aller Besatzungstruppen vorschlägt. Der Ami haut bestimmt nicht ab, der fühlt sich viel zu wohl in Deutschland.«

Eine Arbeiterin aus dem VEB EAW »Stalin«42 erklärte: »Der Vorschlag von Molotow ist bestimmt ganz schön. Aber die Amis bleiben ja bestimmt hier und die Russen hauen dann auch nicht ab, das kann ihnen ja auch keiner verdenken.«

Lehrer an der 13. Grundschule in Alt-Glienicke (Bezirk Treptow) sehen in dem Besuch des Genossen Molotow nichts Besonderes. Es sei eben erforderlich, dass bei solchen Anlässen aus den befreundeten Ländern Vertreter erscheinen. Ein Lehrer vertritt die Auffassung, dass sich durch den Ausgang der Londoner Konferenz43 bestimmte Maßnahmen erforderlich machen. Zu diesem Zweck seien wahrscheinlich auch die führenden Vertreter der SU und der Volksdemokratien erschienen, um hier eine einheitliche Linie festzulegen. Besonders der Besuch des Genossen Molotow bestätigte die Bedeutung der in London gefassten Beschlüsse.

Besuch des sowjetischen Außenministers in Stalinstadt

Der Besuch des Genossen Molotow in Stalinstadt sowie im EKS44 hat unter der Bevölkerung, besonders aber unter den Arbeitern, eine große Begeisterung hervorgerufen. Es wurde vor allen Dingen von den Kumpels am Ofen über das einfache Auftreten des Genossen Molotow diskutiert. Ein Schlosser sagte: »Nach den Bildern habe ich mir Molotow ganz anders vorgestellt, dort sieht er so streng aus. Jedenfalls steht fest, dass Dulles als Außenminister der USA uns nicht in den Betrieben besuchen würde.«

Man war auch darüber erstaunt, dass Genosse Molotow sich mit den einfachen Arbeitern unterhalten hat und alle Einzelheiten ihres Lebens kennen lernen wollte. Ein Schmelzer vom Hochofen I äußerte dazu: »Molotow wollte von uns alle Einzelheiten wissen, wie wir leben und wie es mit der Arbeit steht.«

Zum Besuch des Genossen Molotow und Genossen Grotewohl45 im EKS gibt es keine besonderen negativen Punkte. Verschiedentlich kam das Gespräch nur auf die Sicherungsmaßnahmen durch unser SfS. Es wurde bemängelt, dass Besuche führender Staatsfunktionäre in aller Heimlichkeit stattfinden. Ein Arbeiter sagte hierzu: »Es wäre besser, wenn wir Kenntnis von den Besuchen haben würden, weil wir dann die Staatsmänner würdig empfangen könnten.«

Ein anderer Arbeiter brachte zu den Sicherungsmaßnahmen Folgendes zum Ausdruck: »Warum sind so viel Beschützer da. Bei uns hat kein Funktionär etwas zu befürchten. Wir sind alles ehrliche Arbeiter und stehen aktiv im Friedenskampf. So wie bei den Nazis ist es allerdings auch nicht, wo nun niemand an die Funktionäre herankam.«

Stimmen aus den Bezirken der DDR

Der Besuch des sowjetischen Außenministers und vor allem seine Ausführungen zur Deutschlandfrage werden auch von der Bevölkerung der DDR nur positiv beurteilt. Vor allem zahlreiche Arbeiter brachten in ihren Diskussionen zum Ausdruck, dass der Besuch eine große Auszeichnung für die DDR ist und die neuen Vorschläge der SU ein wiederholter Beweis für ihre wirklich ehrliche Friedenspolitik ist.

Die positiven Stimmen kamen ebenfalls aus den Kreisen der Landbevölkerung, von den Angestellten, Angehörigen der Intelligenz, Mitgliedern der bürgerlichen Parteien und Angehörigen des Mittelstandes. So sagte z. B. eine Revolverdreherin aus Kummersdorf, Kreis Zossen ([Bezirk] Potsdam), parteilos: »Hoffentlich finden die erneuten Vorschläge vom sowjetischen Außenminister den richtigen Widerhall, damit die Westmächte gezwungen werden, auf diese Fragen zur friedlichen Regelung der Spannungen in der Welt einzugehen und zu verhandeln.«

Ein Kollege aus Jeßnitz, Kreis Bitterfeld, [Bezirk] Halle, sagte: »Der Besuch Molotows ist ein großer Erfolg der DDR. Dies zeigt, dass die SU immer im geeigneten Moment die Hilfe der DDR zuteilwerden lässt.«

Eine Kollegin von der Arbeitsannahme in der Filmfabrik Wolfen sagte zum Besuch des Genossen Molotow Folgendes: »Ich war ganz erstaunt, als ich hörte, dass der Außenminister der SU in der DDR weilt. Es ist doch für uns Deutsche eine Ehre, wenn wir zu unserem Gründungstage der DDR so einen Besuch haben. Jetzt müssen doch auch die noch Schwankenden sich sagen, die meinen es mit uns doch ehrlich. Ich habe die Rede allerdings nicht gehört und auch noch nicht gelesen.«

Ein Kollege aus der Filmprüfung der Filmfabrik Wolfen sagte Folgendes: »Der Besuch des Außenministers der SU zeigt mir, dass die Freundschaft der SU mit dem deutschen Volk nicht nur leeres Gerede ist. Gerade die SU müsste uns doch feindlich gesinnt sein, da wir dieser im letzten Krieg den großen Schaden zugefügt haben. Dies ist aber nicht der Fall, sondern sie schickt uns zum 5. Jahrestag der DDR einen Staatsmann zu Besuch.«

Ein Kollege der Transportkolonne in der Filmfabrik Wolfen sagte in einer Diskussion wie folgt: »Die Kollegen aus meiner Werkstatt, mit denen ich gesprochen habe, brachten alle in ihrer Meinung zum Ausdruck, dass die Molotow-Rede wieder ein Beweis der wahren Freundschaft und der Völkerfreundschaft in Glück und Frieden darstellt. Eine besondere Beachtung schätzen die Kollegen den Worten, die besagen: sofortiger Abzug aller Besatzungstruppen aus Deutschland ohne irgendeinen Aufschub.«

Eine Arbeiterin aus dem VEB Tuchwerk Großenhain sagte: »Ich bin sehr erfreut, dass Außenminister Molotow gerade zum 5. Jahrestag in der DDR weilt. Vor allem begrüße ich seine Ausführungen über die Einheit Deutschlands.«

Ein Betriebsschutzleiter aus dem VEB Gießerei und Maschinenbau Schmiedeberg, Kreis Dippoldiswalde, [Bezirk] Dresden, brachte zum Ausdruck: »Die Rede des Genossen Molotow hat auf mich einen großen Eindruck gemacht. Das wird auch bei anderen der Fall gewesen sein, die diese Rede gehört haben. Die Verwirklichung des Vorschlages über den sofortigen Abzug aller Besatzungstruppen würde uns der Einheit Deutschlands ein großes Stück näherbringen. Die Regierung Adenauers könnte sich nicht halten, wenn die Amis abziehen würden. Die westlichen Besatzungstruppen sind doch eine Gefahr für ganz Deutschland.«

Ein Arbeiter aus Glesien, [Kreis] Delitzsch, [Bezirk] Halle, erklärte: »Molotow ist wieder einmal in Berlin. Das hat für uns eine sehr große Bedeutung, wenn ein solcher großer Staatsmann aus Anlass des Gründungstages der DDR zu uns kommt. Besonders die von ihm gehaltene Rede war ein Ausdruck der Freundschaft der SU zwischen der DDR und ein Beweis dafür, dass die SU stets die Interessen des deutschen Volkes vertritt.«

Ein Angestellter aus Bernau, [Bezirk] Potsdam, äußerte: »Es müsste für jeden Bürger der DDR eine Selbstverständlichkeit sein, seine Verbundenheit zur Regierung und zur DSF durch seine Teilnahme an Veranstaltungen zu bekunden. Die Rede Molotows und sein neuer Vorschlag über den Abzug der Besatzungstruppen und überhaupt seine Teilnahme an den Feierlichkeiten zum 5. Jahrestag ist schon ein großer Ausdruck der Freundschaft und der Unterstützung der friedliebenden Entwicklung.«

Ein Angestellter aus Goseck, Kreis Weißenfels, [Bezirk] Halle, sagte: »Ich begrüße die Rede des Außenministers der UdSSR Molotow. Vor allen Dingen hat mich das eine beeindruckt, als der Minister sagte, die SU fordert noch immer den Abzug der gesamten Besatzungstruppen sowie einen gerechten Friedensvertrag für ganz Deutschland.«

Zwei Angestellte der Gewerkschaft Weißenfels, [Bezirk] Halle, brachten zum Ausdruck, dass sie in dem Besuch der sowjetischen Delegation den erneuten Beweis ihrer Unterstützung in der konsequenten Friedenspolitik ersehen, besonders begrüßen sie den Vorschlag des Genossen Molotow, ein Abkommen über den Abzug der Besatzungstruppen zu vereinbaren. Hieraus erkennen sie das Vertrauen der SU, das sie schon des Öfteren zum Ausdruck gebracht hat.

Eine Dolmetscherin (parteilos) aus Wünsdorf,46 [Kreis] Zossen, [Bezirk] Potsdam: »Die Vorschläge des Außenministers Molotow in Berlin haben mir erneut gezeigt, dass es die SU mit ihrem Kampf um den Frieden ernst meint und dass das sowjetische Volk in enger Freundschaft mit dem deutschen Volk zusammenleben will.«

Ein Arbeitsschutz-Inspektor (parteilos) aus Blankenfelde, Kreis Zossen, [Bezirk] Potsdam: »Die Wiederholung und erneute Unterbreitung des Vorschlages zur Abrüstung, Friedensvertrag für Deutschland und Abzug der Besatzungstruppen durch den Außenminister Molotow in Berlin bringen einmal mehr den Beweis, dass die SU nicht nur vom Frieden redet, sondern auch konkrete Vorschläge dazu macht.«

Ein Ing[enieur] vom Werk Holzweissig,47 Kreis Bitterfeld, [Bezirk] Halle, sagte: »Die Rede des Gen. Molotow hat Hand und Fuß. Wenn die Regierung des Westens danach arbeiten würde, würde in Kürze eine Änderung eintreten. Dann kann Adenauer unterschreiben, was er will, das Volk wird handeln, wie es will.«

Ein parteiloser Meister aus dem VEB Phänomen-Werk Zittau,48 [Bezirk] Dresden: »Ich bin erstaunt über die Anwesenheit des Außenministers Molotow anlässlich des 7. Oktober. Das beweist mir, dass die SU der DDR eine große Bedeutung beimisst.«

Ein Mitarbeiter der LPG Uthleben, [Kreis] Nordhausen, ([Bezirk] Erfurt): »Mit größtem Interesse habe ich die Erklärung des sowjetischen Außenministers Molotow verfolgt und dabei die Erkenntnis gewonnen, dass wir in der SU den größten Freund des deutschen Volkes haben. Deshalb werde ich mich verstärkt, besonders in der LPG, für die Freundschaft mit der SU einsetzen.«

Ein Arbeiter der MTS Frohburg, [Kreis] Geithain, [Bezirk] Leipzig: »Die Rede ist wieder so eine Sache. Wir müssen alles einsetzen, um den baldigen Abzug der Besatzungstruppen zu ermöglichen. Die Adenauer-Clique möge mit den Besatzungstruppen gleich mitgehen.«

Ein Mitglied der DBD aus Mauderode, [Kreis] Nordhausen, [Bezirk] Erfurt, sagte: »Die Erklärung Molotows, uns bei der Erringung unserer Einheit die volle Unterstützung zu geben, stärkt auch mich in meiner weiteren Arbeit. Besonders als Kandidat für den Bezirkstag sehe ich meine höchste Aufgabe darin, alle meine Kräfte für die Einheit unseres Vaterlandes und für die Festigung der Freundschaft mit der SU einzusetzen.«

Eine Hausfrau (parteilos) aus Weimar, die dem Mittelstand angehört, sagte, dass sie aus den Reden russischer Staatsfunktionäre immer wieder sieht, dass das russische Volk den Frieden will. Sie war bisher immer im Zweifel, auf welche Seite sie hören soll. Ihr Sohn und Enkel sind im Westen und dadurch bekommt sie Informationen über die Manöver und die daraus folgenden Schäden. Die Rede des Genossen Molotow war ihr, wie sie sagt, sehr sympathisch. Es sieht man doch daraus, dass es dem russischen Volk um die Erhaltung des Friedens geht, was sie auch vom Herzen wünscht, da sie durch den letzten Krieg auch einen Sohn verloren hat.

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