Zur Beurteilung der Situation in der DDR
12. November 1954
Informationsdienst Nr. 2365 zur Beurteilung der Situation in der DDR
Die Lage in Industrie, Verkehr, Handel und Landwirtschaft
Industrie und Verkehr
Die Diskussionen über politische Tagesfragen sind gering. In den Gesprächen über den Gehlen-Prozess nimmt man zum Urteil Stellung.1 Ein großer Teil der Werktätigen ist mit dem Urteil einverstanden. Verschiedentlich bringt man jedoch zum Ausdruck, dass man alle Agenten hätte zum Tode verurteilen sollen. Ein ganz geringer Teil der Werktätigen vertritt die Meinung, dass die Todesstrafe viel zu wenig sei. Ein Arbeiter aus dem VEB Jutewerk Triebes (ehemaliges Mitglied der NSDAP), [Bezirk] Gera: »Das Oberste Gericht der DDR hat über die Gehlen-Agenten richtig entschieden, weil diese Personen mithalfen, einen neuen Krieg vorzubereiten. Ich als ehemaliges Mitglied der NSDAP habe die Lehren aus dem Faschismus und dem Krieg gezogen und bin froh, dass diese Menschen ausfindig gemacht wurden.«
Ein Arbeiter aus Annaberg, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Das Urteil war für diese Verbrecher gerecht. Leute, die für ausländische Dienststellen Spionage betreiben, müssen auf das Schärfste bestraft werden. Solche Menschen, die zehn Jahre nach dem verheerenden Hitlerkrieg schon wieder an einem neuen Krieg arbeiten und die Bevölkerung für Bombenangriffe preisgeben, müssen ausgerottet werden.«
Ein Arbeiter vom VEB Motorenwerk Grünhain, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Ich bedauere, dass nicht für alle die Todesstrafe beantragt wurde. Hoffe aber, dass der Gerichtshof die Urteile noch abändert.«
Eine Arbeiterin vom VEB Greizer Kammgarnweberei, [Bezirk] Gera: »Es ist gut, dass diese Agenten so schnell abgeurteilt worden sind. Es wäre aber besser gewesen, wenn alle die Todesstrafe erhalten hätten, denn diese Verräter sind nicht mehr wert.«
Ein Arbeiter aus dem Rüdersdorfer Kalk- und Zementwerk, [Bezirk] Frankfurt: »Diese Agenten sollte man alle zum Erhängen verurteilt haben. Sie haben viel Geld verdient und wurden trotzdem für ein paar Groschen Westmark zum Verbrecher.«
Ein parteiloser Arbeiter vom Kaliwerk »Ernst Thälmann« in Merkers, [Bezirk] Suhl: »Die Urteile für diese Verbrecher sind viel zu mild. Die Todesstrafe ist für diese noch zu wenig. Da haben doch diese Gauner nichts davon. Wenn sie tot sind, dann merken sie ja nichts mehr. Die müssten alle lebenslänglich kriegen und jeden Tag eine Tracht Prügel, damit sie auch merken, dass sie am deutschen Volk das größte Verbrechen begangen haben.«
Ein Arbeiter vom VEB Ammonwerk Eberswalde,2 [Bezirk] Frankfurt: »Die Todesstrafe ist für die Agenten der Organisation Gehlen viel zu gering. Sie müssten solange arbeiten mit der Knute im Rücken, bis sie nicht mehr können.«
Vereinzelt wurden negative Diskussionen bekannt. Ein Arbeiter vom Horch-Werk Zwickau, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Das Urteil und die Strafen für die Beschuldigten im Gehlen-Prozess lagen schon vorher fest, sodass das ganze Theater der Gerichtsverhandlung nur Schein ist.«
Ein technischer Leiter in einem VEB in Karl-Marx-Stadt: »Ich nehme an, dass in diesem Prozess die Tatsachen weit aufgebauscht sind, wenn nicht zum Teil erfunden. Ich bin der Meinung, dass die Arbeiter irgendwie beruhigt werden müssen, weil sie oft verärgert sind über fehlendes und schlechtes Material. Wenn die Arbeiter wissen, dass Saboteure am Werk sind, wie im Falle Gehlen, so wird die Stimmung gegenüber unserer volkseigenen Wirtschaft besser sein, als wenn sie annehmen, dass unsere Wirtschaftsführung versagt.«
Ein Arbeiter vom VEB Zeiss Jena, [Bezirk] Gera: »Ich glaube dem Rundfunk nicht recht, obwohl ich die Originalübertragung gehört habe. Man hat doch heute Mittel, um alles zu machen.«
Zum Monat der DSF3 werden von den Werktätigen noch immer zahlreiche Verpflichtungen übernommen. Ganz vereinzelt werden negative Diskussionen bekannt. Ein Arbeiter aus Apolda, [Bezirk] Erfurt, äußerte: »Was brauchen wir denn die Freundschaft mit den Russen? Erst vernichten sie unzählige deutsche Menschen, halten sie jahrelang in Gefangenschaft, schleppen Maschinen und viele Sachwerte aus Deutschland raus und jetzt sollen wir auch noch in Freundschaft mit solchen Leuten leben.«
Ein parteiloser Arbeiter vom VEB Rheinmetall Sömmerda, [Bezirk] Erfurt: »Das sind nicht meine Freunde, mit denen habe ich nichts zu tun. Die Russen behindern uns ja nur. Wenn der Ami den armen Hunden im letzten Krieg nicht geholfen hätte, wären sie nicht bei uns. Es ist gut, dass Adenauer4 in Paris unterschrieben hat,5 da wird es nun bald anders.«
Im »Ernst-Thälmann«-Werk Magdeburg diskutierten einige Kollegen im kaufmännischen Büro über den 9. November in der Hinsicht, dass man eine Schweigeminute zu Ehren des Tages durchführen müsste. (Hitlerputsch)6
Ein Nationalpreisträger vom »Karl-Liebknecht«-Werk Magdeburg beeinflusst seine Kollegen negativ, indem er erklärte, dass in der DDR alles Schwindel ist. Er brachte weiter zum Ausdruck, dass der Lebensstandard in Westdeutschland höher ist als in der DDR.
Im VEB Groß-Zossen,7 [Bezirk] Leipzig, sind die Arbeiter mit ihrem Verdienst nicht zufrieden; sie erklärten: »Wenn wir nicht mehr verdienen, gehen wir nicht mehr arbeiten.« (Es handelt sich um Untertagearbeiter.)
Im VEB Werkzeugmaschinenbau Dresden8 sind die Arbeiter unzufrieden über die Stromabschaltungen bzw. [das] Stromentnahmeverbot.
Im VEB Falgard Falkenstein,9 [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, ist bei einem großen Teil der Belegschaft eine schlechte Stimmung zu verzeichnen. Aufgrund mangelnder Qualitätsarbeit mussten bestimmte Strafen eingeführt werden, die sich in finanzieller Hinsicht nachteilig auf die Arbeiter auswirken. Die Arbeiter sind der Meinung, dass man nicht den einzelnen Webern die Schuld an der schlechten Arbeit geben kann, sondern dass dies vielmehr auf die schlechte Qualität des zu verarbeitenden Materials zurückzuführen ist.
In der Wismut-Transportabteilung Gittersee,10 [Kreis] Freital, [Bezirk] Dresden, kam es in der letzten Zeit zu Differenzen in der Bezahlung der Be- und Entladezeiten für Waggons. Hervorgerufen wurde dies durch die Schlechtwetterperioden, durch Einwirkung von Untertemperaturen, sodass die »Masse« auf den Waggons, die von außerhalb kommen, festrüttelt und zum Teil gefroren ist. Deshalb machen sich Lockerungsarbeiten auf den Waggons notwendig. Die Kumpels erreichen dadurch eine niedrigere Leistung und verdienen wenig, worüber sie verärgert sind.
Unter den Wismut-Feuerwehrangehörigen herrscht Missstimmung darüber, dass sie der Volkspolizei angegliedert werden. Ein großer Teil ist damit nicht einverstanden und will lieber in die Produktion. Dies tritt besonders in Zwickau, Aue und Johanngeorgenstadt in Erscheinung.
Im VEB »Novotex« in Greiz, [Bezirk] Gera, wurde festgestellt, dass die zu verzeichnenden Republikfluchten alle nach Krefeld erfolgen. Diese Weberinnen und Weber (es handelt sich meist um junge Menschen) werden vermutlich von dem früheren Besitzer des Betriebes, welcher einen neuen Betrieb in Westdeutschland eröffnet hat, nach dort gelockt.
Materialschwierigkeiten
Auf der Volkswerft Stralsund fehlen noch immer Decksplanken. Dadurch wird die Produktion gehemmt. Im Kraftfuhrpark Auerbach, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, werden zur Aufrechterhaltung des Betriebes 150 Reifen in der Größe 900 × 20 benötigt. Weiterhin fehlt es an Fußabblendschaltern, Winkelschaltern, Ventilatorenflügeln, Achsen, Bolzschenkeln, Bremstrommeln.11
In den IFAReparaturwerkstätten Johanngeorgenstadt ist ein großer Ersatzteilmangel zu verzeichnen. Viele Fahrzeuge stehen seit Monaten dort und können nicht fertiggestellt werden. Ein Meister sagte in der Unterhaltung zu einem Wismut-Kumpel, er solle sich die Ersatzteile von Westberlin beschaffen. Auf diese Art werden wöchentlich viele Menschen durch den VEB veranlasst, nach Westberlin zu fahren.12
In einigen anderen Betrieben bestehen ebenfalls Materialschwierigkeiten. So fehlen z. B. im
- –
VEB Damast- und Inlettweberei [Kreis] Löbau, [Bezirk] Dresden – Garne,
- –
VEB Textilveredlung [Zittau], [Bezirk] Dresden – Druckfarben,
- –
VEB Glashütte Friedrichshain, [Bezirk] Cottbus – Wellpappe zur Verpackung,
- –
VEB Kleiderwerken Halle – Kleiderstoff,
- –
VEB Greizer Kammgarnweberei – Kartonmangel.13
Handel und Versorgung
Anlass zur Missstimmung ist die teilweise mangelhafte Warenstreuung, die sich wie folgt bemerkbar macht. Die Bergarbeiter in Eisleben, [Bezirk] Halle, sind unzufrieden, weil es dort keine Fischkonserven, Speiseöl, Eier, Käse, Zitronen und Apfelsinen gibt. In Sangerhausen dagegen sind diese Waren vorhanden. Ähnliche Zustände sind in anderen Kreisen und Bezirken. In Naumburg, [Bezirk] Halle, fehlt es an Hülsenfrüchten, Käse und Südfrüchten. In Bitterfeld, [Bezirk] Halle (Kinderstrümpfe, Bettwäsche, Möbelbezugsstoffe.) In Schwerin seit einigen Wochen (Nährmittel, besonders Kindernährmittel). In Karl-Marx-Stadt (Bettwäsche und Wintermantelstoff). Im Bezirk Rostock fehlen Arbeitsschutzkleidung und Gummistiefel, die besonders auf dem Lande benötigt werden.
Landwirtschaft
Die Landbevölkerung diskutiert über politische Tagesfragen nur wenig, aber überwiegend positiv. Die meisten Stellungnahmen und positiven Meinungen stammen aus dem sozialistischen Sektor der Landwirtschaft. Im Mittelpunkt des Interesses steht gegenwärtig das Urteil gegen die Gehlenagenten, das teils begrüßt und teils als zu mild bezeichnet wird. Ein großer Teil erwartete die Todesstrafe für alle sieben Gehlen-Agenten und bringt dies wie folgt zum Ausdruck:
Die Traktoristen des VEB Diepensee, [Kreis] Königs Wusterhausen, [Bezirk] Potsdam, äußerten, dass man alle Angeklagten hätte zum Tode verurteilen müssen. Man ginge noch viel zu human mit diesen Verbrechern um.
In der MTS Oberlind, [Stadt] Sonneberg, [Bezirk] Suhl, brachten einige Kollegen zum Ausdruck, dass die Strafe für Komorek mit zwölf Jahren Zuchthaus viel zu gering sei.14 Ein Mensch, welcher so viele Spionageberichte, welche zur Vorbereitung eines neuen Krieges dienen, an die imperialistischen Geheimdienste geliefert hat, müsste von der Oberfläche verschwinden oder solange arbeiten, bis er zusammenbricht.
Zwei Traktoristen von der MTS Zossen, [Bezirk] Potsdam, äußerten: »Die Komplizen Bandelows15 müssten die ganze Härte des Gesetzes zu spüren bekommen, weil sie den Kriegsbrandstiftern bei der Vorbereitung der Aggression und Vernichtung unserer Heimat wertvolles Material zugeleitet haben.« Ein anderer Traktorist, ebenfalls von der MTS Zossen: »Ich habe die strengste Bestrafung aller Saboteure und Agenten gefordert. Solange die Spionagezentralen und deren Mithelfer nicht restlos ausgerottet sind, ist die Schaffung der Einheit Deutschlands und die Erhaltung des Friedens gefährdet.«
Die teilweise bestehenden Mängel in der Beschaffung von Ersatzteilen und andere Mängel in der MTS sind immer wieder der Anlass zu Verärgerung.
In der MTS Tessenow, [Kreis] Parchim, [Bezirk] Schwerin, fehlen Batterien und Lichtmaschinen für Traktoren. Dadurch fehlt die Möglichkeit, in zwei Schichten zu arbeiten.
In der MTS Drölitz, [Kreis] Güstrow, [Bezirk] Schwerin, stehen seit sechs Wochen zwei Raupenschlepper vom Typ KS 62 still, weil trotz aller Bemühungen des MTS-Leiters bei der DHZ Güstrow, beim Schlepperwerk Brandenburg, beim Zubringerbetrieb Gotha,16 beim Ministerium für Land- und Forstwirtschaft und beim Rat des Bezirkes keine Ersatzteile von den o. a. Dienststellen und Betrieben zu erhalten sind. Die dafür erforderlichen Ausgleichgehäusekörper Nr. 7/104.102 werden außerdem auch in allen anderen MT-Stationen benötigt (im Bezirk).
In der MTS Gerbstedt, [Bezirk] Halle, bestehen ebenfalls Schwierigkeiten in der Ersatzteilbeschaffung, dort versagen insbesondere sehr oft die Pumpen und Düsen.
Die MTS Klebitz und Pretzsch, [Bezirk] Halle, klagen über den Kraftstoffbetrieb Wittenberg, der ihnen die notwendigen Öle nicht zur Verfügung stellt.
Verschiedentlich sind LPG verschuldet, was zu einer schlechten Entlohnung der LPG-Mitglieder führt und sich auf die Stimmung und Arbeitsmoral auswirkt. Die LPG Lancken und Darz, [Bezirk] Rostock, z. B. haben ihren Mitgliedern in diesem Jahr noch kein Geld auszahlen können, da sie verschuldet sind. Die LPG Darz hat zwar Geld von der Bank für abgeliefertes Vieh und Kartoffeln erhalten, dies wird jedoch nicht ausgezahlt, da die LPG anderweitig verschuldet ist. Die Bank hat dem LPG-Vorsitzenden erklärt, dass Geld nur dann ausgezahlt wird, wenn ein Mitglied in eine besondere Notlage geraten ist. Vorschuss wird nicht gezahlt.
Die LPG Glas[…],17 [Kreis] Ludwigslust, [Bezirk] Schwerin, hat eine Nutzfläche von 60 ha und zzt. 50 000 DM Schulden. Die Arbeitseinheiten wurden vom Vorstand in Zusammenarbeit mit dem Kreisrat auf 4,00 DM festgelegt, die LPG-Mitglieder waren mit diesem Satz nicht einverstanden und es wurden daraufhin die Arbeitseinheiten auf 7,00 bis 8,00 DM festgelegt. Jetzt sind sämtliche finanziellen Mittel erschöpft, sodass keine Gelder mehr ausgezahlt werden können. Die Mitglieder sind darüber ungehalten und wollen nicht mehr arbeiten.
In verschiedenen LPG des Kreises Riesa, [Bezirk] Dresden, werden zur Sicherung der Gehöfte Bretter und Pfosten gebraucht. Trotz der Dringlichkeit der Anträge, erhalten sie vom Kreisrat Riesa keine Freigabe. Die Bauern können nicht begreifen, dass für Tore bei Gehöften mit größerem Viehbestand kein Material zur Verfügung gestellt wird.
Im VPKA Ludwigslust, [Bezirk] Schwerin, dagegen wurde bekannt, dass im Bauernwald bei Gorritz18 ca. 400 Festmeter Gruben- und Faserholz liegen. Das Holz wurde im Winterhalbjahr 1953/54 geschlagen, aber bis jetzt noch nicht abgeholt. Es wurde nicht geschält und es traten erhebliche Qualitätsminderungen ein. Vom staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb Ludwigslust wurde trotz des geschilderten Zustandes für das kommende Winterhalbjahr eine neue Planauflage zum Holzeinschlag herausgegeben.
Schweinepest
Am 6.11.1954 wurde im VEG Cannewitz, [Kreis] Grimma, [Bezirk] Leipzig, unter dem Schweinebestand die Schweinepest festgestellt. Befallen sind etwa 700 Schweine.
Übrige Bevölkerung
Weiterhin ist zu verzeichnen, dass verhältnismäßig wenig zu politischen aktuellen Tagesfragen Stellung genommen wird. Bei den Stellungnahmen zur Aburteilung der Gehlen-Agenten zeigt sich, dass sich viele Personen dazu äußern, die sonst kaum zu politischen Problemen sprechen. Zum Beispiel sagte eine Hausfrau (streng katholisch) aus Geisa, [Bezirk] Suhl: »Ich kenne die Geisaer Bevölkerung nicht wieder. Man nennt die verurteilten Agenten nur eine ›Schweinebande‹ und anderes mehr. Man sagt, sie sollen sie nur alle aufhängen. Wir quälen uns, dass alles aufwärtsgeht und diese Verbrecher haben sich in die höchsten Stellen eingeschlichen. Dann ist es kein Wunder, wenn Pannen in der Versorgung und andere Schwierigkeiten entstehen.«
Neben den Stimmen, die das Urteil als gerecht bezeichnen, gibt es nicht wenige, die aufgrund ihrer Empörung über das schändliche Treiben dieser Agenten zum Ausdruck bringen, dass sie alle die Todesstrafe verdient hätten. Zum Beispiel sagte ein Einwohner aus dem Kreis Klingenthal, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Ich finde die Todesstrafe für die zwei Hauptbeschuldigten für richtig, kann aber nicht verstehen, dass man den anderen Verbrechern nicht auch gleich den Kopf abhackt.«
Ein Dozent (parteilos) von der Ingenieurschule in Mittweida, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Für solche Verbrecher ist kein Strafmaß zu hoch. Bei diesen Elementen müssten die Köpfe alle herunter. Ich kann nur eines nicht verstehen, wie sich solche Elemente so lange in solchen Stellungen halten konnten.«
Eine Hausfrau aus Görlitz: »Alle hätten zum Tode verurteilt werden müssen, denn diese Verbrecher wollten ja einen neuen Krieg und da gäbe es Millionen Tote.«
In negativen Äußerungen wird verschiedentlich an dem ganzen Prozess gezweifelt, da die Agenten so ohne Weiteres ihre Aussagen gemacht hätten oder andere behaupten, wir würden auch Agenten in Westdeutschland haben. Zum Beispiel sagte ein Gewerbetreibender aus Crostewitz, [Kreis] Leipzig: »Bei uns in der DDR werden die Agenten von der Gehlen-Organisation mit dem Tode betraft und von der DDR aus werden auch Agenten nach Westdeutschland geschickt.«
Ein Handwerker aus Kohren-Sahlis, [Bezirk] Leipzig: »Ich kann nicht verstehen, dass die Angeklagten so frei über ihre Feindtätigkeit erzählten und dabei so manches vor dem Obersten Gericht aussagten, wonach sie gar nicht gefragt wurden.«
In der Universität Jena wurden Resolutionen an das Oberste Gericht gesandt, in denen gefordert wurde, das höchste Strafmaß über die Agenten zu verhängen. Gegen diese Resolutionen stimmten Einzelne und brachten zum Ausdruck, dass die Todesstrafe zu hoch sei und man sollte »christliche Milde« walten lassen.
Am 2. Verhandlungstag des Prozesses gegen die vier Gehlen-Agenten vor dem 1. Strafsenat des Bezirksgerichtes in Magdeburg19 wurden während der Vernehmung des Agenten Knoll20 unter den Zuhörern viele missbilligende Ausrufe laut. In den Diskussionen während der Vernehmungspausen erklärte z. B. eine Kollegin aus dem »Georgi-Dimitroff-Werk«, in dem dieser Knoll beschäftigt war: »Im Betrieb tat der Knoll immer wie ein sanftes Schaf. Er gab an, dass seine Frau und er leidend seien und Hilfe bedürften. Ich habe ihn deshalb besonders unterstützt und bin daher jetzt doppelt enttäuscht. Er hat auch oft wegen Krankheit gefehlt, und da er außerhalb wohnte, konnte man ihn nie so kontrollieren.« Darauf erwiderte ein anderer Kollege: »Er musste ja wegen Krankheit fehlen, wie sollte er sonst seine Fahrten nach Berlin durchführen.«
Wie schon berichtet, weisen die Veranstaltungen zum Monat für Deutsch-Sowjetische Freundschaft allgemein einen guten Besuch auf. Zum Beispiel fand in der Gemeinde Sperenberg, [Bezirk] Potsdam, eine Veranstaltung unter Mitwirkung eines Ensembles der Sowjetarmee statt. Der Saal war so überfüllt, dass einige Einwohner wieder nach Hause gehen mussten. Es herrschte eine sehr gute Stimmung unter den Anwesenden. Dazu äußerte die Gastwirtin: »Diese Veranstaltung war ein großer Erfolg. Ich war überrascht, dass sich viele Sperenberger aufgemacht hatten, um daran teilzunehmen. Dieser Abend war ein weiterer Beitrag zur Festigung der Freundschaft mit dem sowjetischen Volk.«
Ablehnende Äußerungen im Zusammenhang mit dem Freundschaftsmonat entstehen entweder aufgrund einer feindlichen Einstellung oder durch irgendwelche Vorkommnisse, die zur Agitation gegen die SU ausgenutzt werden und negativ auf die Stimmung der Bevölkerung wirken. Zum Beispiel wurde in der Ortschaft Zopten, [Kreis] Lobenstein,21 [Bezirk] Gera, eine Veranstaltung nur von einzelnen Personen besucht. Die Ursache dafür war, dass am 7.11.1954 durch einen Pkw der Freunde22 ein fünfjähriges Kind überfahren und lebensgefährlich verletzt wurde. Der Fahrer des Wagens kümmerte sich nicht um das Kind und fuhr weiter. Daraufhin werden viele Diskussionen geführt und dabei zum Ausdruck gebracht, »da sieht man wieder einmal die Deutsch-Sowjetische Freundschaft«. In einer Diskussion mehrerer Personen wurde Folgendes erklärt: »Da bringt man jeden Tag in den Nachrichten Fälle von Vergewaltigungen und Überfällen der Amerikaner auf die Bevölkerung in Westdeutschland. Man soll nur nicht soviel Wind machen. Hier bei uns ist das auch schon alles passiert.«
Ein Gastwirt (parteilos) aus Bützow, [Bezirk] Schwerin: »Was ist schon die Deutsch-Sowjetische Freundschaft. Die Russen kommen mit mehreren Koffern und haben eine Flasche Schnaps darin und holen hier alles raus.«
Aus den Kreisen der Kirche
Das Pfarramt in Schlegel-Burkersdorf, [Bezirk] Dresden, verteilte Handzettel an Kinder, in denen sie aufgefordert wurden, am 14.11.[1954], 9.00 Uhr zu einem Gottesdienst zu kommen, in welchem für die vermissten und noch gefangenen deutschen Soldaten gebetet werden sollte. Auf dem Handzettel war außerdem vermerkt, dass dieser Gottesdienst in allen Kirchen Deutschlands stattfindet.
In der Gemeinde Strenznaundorf,23 [Bezirk] Halle, finden täglich abends Bibelstunden statt. Aus dem Grunde musste bereits eine DFD-Versammlung ausfallen, da nur fünf Mitglieder erschienen waren. Außerdem konnte ein Ärztevortrag wegen zu mangelhaften Besuches nicht stattfinden.
In der Gemeinde Löwenburg,24 [Bezirk] Halle, führt der Pfarrer ein ziemlich selbstherrliches Regiment in der Schule. Er verbietet den Kindern, die Klasse zu verlassen, und wenn die Kinder das Verbot nicht einhalten, zieht er sie an den Ohren. Bei Beschwerden der Eltern erklärt der Pfarrer, dass er das mit allen Kindern macht, die ungehorsam sind. Viele Eltern wandten sich bereits mit der Bitte um Abschaffung derartiger Erziehungsmethoden an das VPKA.
Nachstehende Beispiele über die verschiedensten Probleme wirkten sich negativ auf die Stimmung der Bevölkerung aus.
In letzter Zeit kommt es des Öfteren im Kreis Spremberg sowie in der Kreisstadt zu Schlägereien unter Beteiligung von Angehörigen der KVP.25 Besonders bemerkenswert war ein Vorkommnis in der Nacht vom 10. bis 11.11.[1954] in der Stadt Spremberg. Gruppen von KVP-Angehörigen in Stärke von 20 bis 30 Mann verwickelten sich in Schlägereien und schlugen außerdem auf vorübergehende Zivilisten ein. Darüber wird von der Bevölkerung sehr negativ im Bezug auf die Volkspolizei im Allgemeinen vor allem deshalb diskutiert, weil sich solche Vorkommnisse in letzter Zeit in Spremberg häuften.
Die Abteilung Wohnraumlenkung beim Rat der Stadt Brandenburg, [Bezirk] Potsdam, erhielt innerhalb weniger Tage 16 Schreiben vom Präsidenten der DDR und acht Schreiben vom Rat des Bezirkes mit Hinweisen auf Beschwerden von Wohnungssuchenden. Insgesamt liegen zzt. 3 200 Anträge auf Wohnungen vor. Allein 20 Anträge davon sind von Tbc-Heilstätten für Patienten, die zwar ausgeheilt sind, jedoch zu Hause eigene Zimmer bewohnen müssen. Die Heilstätten möchten diese Patienten so schnell wie möglich entlassen, da die Plätze für andere Kranke benötigt werden. Da bisher Rückkehrerfamilien aus Westdeutschland bevorzugt behandelt wurden, werden unter der Bevölkerung Diskussionen geführt wie z. B., man müsse erst nach dem Westen türmen, um dann bei der Wiederkehr eine bessere Wohnung zu bekommen. Eine Missstimmung wurde auch dadurch ausgelöst, dass im Jahre 1954 von 137 Neubauwohnungen allein 39 an KVP-, VP- und MdI-Angehörige vergeben wurden. In 15 Fällen ist man schon dazu übergegangen, baupolizeilich geräumte und gesperrte Wohnungen wieder zu belegen.
In der Gemeinde Dommitzsch, [Bezirk] Leipzig, kehrte eine Einwohnerin zurück, die vor ca. acht Wochen rebublikflüchtig geworden war. Sie erzählt jetzt im Ort, dass sie von der Regierung 2 000 DM als Unterstützung bekommen habe und dass dies jeder Rückkehrer erhalten würde. Die Bevölkerung in der Gemeinde und in der Umgebung ist darüber sehr empört bzw. kann sich damit nicht einverstanden erklären.
Die Tatsache, dass der Mannschaft der SG Wismut Gera wegen unberechtigter Teilnahme eines Spielers die Punkte aus allen bisher gewonnenen Spielen abgesprochen wurden und die Mannschaft in der Staffel III vom 2. Platz auf den letzten Platz gekommen ist, hat unter den Kumpels und ganz besonders unter der Bevölkerung große Empörung ausgelöst. Es wird die Meinung vertreten, dass vonseiten der Sektion Fußball bewusst gegen die Wismut-Vertreter gearbeitet würde. Ein Beweis dafür seien die Machenschaften gegen die Wismut Aue in der Vergangenheit, die man jetzt auch bei Wismut Gera versuche. Es wurden bereits vonseiten der Betriebe in Gera zahlreiche Protestresolutionen gefasst. Des Weiteren tauchten Diskussionen auf, dass man im Stadion von Gera eine Protestversammlung durchführen will. Beim Vorstand der BSG Wismut Gera haben bisher folgende SG Protest eingelegt: »Kautschuk Blankenburg«, »Fortschritt Meerane«, »Stahlwerk Silbitz«, »RFT Gera« mit 1 400 Personen, »Finanzamt Gera«, »Fortschritt Weida«, »Elektrowerker Gera«, »Autoreparatur Gera«, »Städtische Bühnen Gera«, »Bezirksgericht Gera«, 1. Vorsitzender, im Konsumwarenhaus Gera wurden Listen ausgelegt.
Organisierte Feindtätigkeit
Hetzschriftenverbreitung
SPD-Ostbüro:26 Potsdam 5 000, Frankfurt/Oder 9 000, Schwerin 5 000, Magdeburg, Kreis Stendal, 4 000, Cottbus 700, Berlin-Köpenick 80, Dresden und Karl-Marx-Stadt einige.
KgU:27 Dresden 15 000.
NTS:28 Frankfurt/Oder 2 000, Rostock 1 000, Dresden 220, Karl-Marx-Stadt einige.
In tschechischer Sprache: Dresden 13 000, Cottbus, Kreis Spremberg, 2 000, Kreis Cottbus 2 000, Karl-Marx-Stadt 1 040.
Die Mehrzahl der Hetzschriften wurde sichergestellt und gelangte nicht in die Hände der Bevölkerung.
Diversion
Am 10.11.[1954] wurde im VEB Sachsenwerk in Niedersedlitz, [Bezirk] Dresden, bekannt, dass unbekannte Täter fünf Schaltschränke durch Zerschneiden einer Anzahl Schaltdrähte beschädigt haben. Die Schaltanlagen waren zum Export nach China bestimmt. Der Schaden ist gering.
Westberlin
CDU-Versammlung am 4.11.[1954] in der Sporthalle am Sachsendamm in Schöneberg. Anwesend ca. 1 700 Personen, Referenten Dr. Schreiber,29 Dr. Friedensburg,30 Lemmer31 und Frau Maxsein.32 Als Schreiber die Erfolge seiner Partei im Senat aufzählte, wurde durch Zwischenruf die Frage gestellt, »was ist mit den Preisen usw.?« Ferner führte er noch aus, dass die Arbeitslosenzahl sich gegenüber dem Vorjahr um 50 000 Arbeitslose verringert habe. Hier setzte Beifall der Versammelten ein. Zur Zulassung der SED zu den Wahlen führte Schreiber aus: »Wir haben sie nicht zugelassen, wir behindern sie nur nicht im Wahlkampf. Die SED wird in Westberlin keinen Boden gewinnen. Sorgen wir dafür. Zum Teufel mit der SED.« Hier setzte starker Beifall und Fussgetrampel ein.
CDU-Versammlung am 4.11.[1954] in Tegel, Humboldt-Schule, Referent Senator Dr. Valentin Kielinger,33 Anwesend ca. 200 Personen, stark vertreten waren Jugendliche. Bei Beginn der Diskussion lagen fünf Meldungen vor. Der Versammlungsleiter gab bekannt, dass sich darunter zwei SED-Mitglieder befinden und stellte die Frage, ob diese sprechen sollen. Bei der Abstimmung lehnte man dies mit 90 Prozent ab. Ein Teilnehmer wies darauf hin, dass die SED zur Wahl zugelassen ist und machte dem Versammlungsleiter den Vorwurf, dass er gegen die Regeln der Demokratie verstößt. Daraufhin erwiderte der Leiter, dass durch die Landesleitung der CDU festgelegt wurde, die SED nicht zur Diskussion zuzulassen. 20 Personen verließen deshalb unter Protest den Saal. Die nächste parteilose Diskussionsrednerin erklärte, dass sie auf das Wort verzichte, wenn aufgrund der undemokratischen Gepflogenheiten dieser Versammlung die SED nicht sprechen darf. Sie und drei weitere Frauen verließen unter Protest den Saal. Der letzte Diskussionsredner bejahte die Politik der CDU.
Anlage vom 12. November 1954 zum Informationsdienst Nr. 2365
Auswertung der Westsendungen
Der RIAS versucht in mehreren Sendungen eine Beeinflussung leitender Funktionäre aus der Staats-, Wirtschafts- und Parteiarbeit, indem er von ihrer Ablösung und Ersetzung durch jüngere, der »Partei blind ergebene« Funktionäre spricht.
Zur Lage in den Werften der DDR hetzt der RIAS in einer Sendung, die sich mit der Ablösung der Direktion der Warnow-Werft beschäftigt. Es heißt darin, dass die leitenden Direktoren abgelöst wurden, da sie die »überhöhten Planauflagen als völligen Blödsinn« bezeichnet hätten. (RIAS 4.11.1954)
In einer anderen Sendung, in der auch auf die Ablösung leitender Funktionäre (genannt werden der Leiter der Kaderabteilung im Ministerium für Aufbau, Wirtschaftsfunktionäre vom VEB Industriewerk Ludwigsfelde und VEB Gaselan Berlin) Bezug genommen wird, heißt es u. a.: »… Die zentrale Parteileitung (gemeint ist das ZK) will alle diejenigen Funktionäre ausschalten, die nicht bedingungslos dafür eintreten, was die Partei für richtig und notwendig hält.« Auch hier richtet sich die Hetze wieder gegen unsere Planwirtschaft und der Sender hetzt, dass die Wirtschaftsfunktionäre zur Verantwortung gezogen werden, weil die Pläne nicht erfüllt würden. Das läge aber nicht an den Funktionären, sondern an den falschen Plänen. (RIAS 9.11.1954)
Die gleiche Linie verfolgt eine Sendung, die sich mit der Ablösung von Parteifunktionären beschäftigt. Es heißt dort: »… Hier zeigt sich, dass zzt. alte Funktionäre systematisch aus ihren Posten entfernt und durch neue, junge Leute ersetzt werden. Gründe lassen sich immer finden. Entweder ist der Plan nicht erfüllt, die örtlichen Reserven sind nicht genutzt oder es sind Unklarheiten in der Ideologie geduldet worden. Ein SED-Funktionär darf nur solange versagen, wie er gebraucht wird. Hält ihn die Zentrale eines Tages für überflüssig, dann wird ihm sein Sündenregister präsentiert, mit allen Einzelheiten, die er längst vergessen und vergeben glaubte. Und jetzt geht es den älteren Genossen an den Kragen. Die KPD in der Bundesrepublik leidet seit Langem an einer Überalterung ihres Funktionärskörpers und ihres Mitgliederbestandes. Dort gibt es keinen linienfesten Nachwuchs. In der Zone aber will man es erzwingen. Dort soll die Partei um jeden Preis durch die Jungmühle gedreht werden. Die Erfahrungen mit den Alten sind schlecht. Sie haben zu viel mitgemacht. Sie kennen die Versprechungen und sie kennen die Ausreden. Sie haben sich immer wieder umstellen müssen, haben ihre Parolen jedes Mal neu gelernt. Sie überblicken einen großen Abschnitt kommunistischer und bolschewistischer Taktik und was sie dabei sehen, ist nicht geeignet, sie zu glühenden Kämpfern für die nächste Parole, für den nächsten Abschnitt zu machen. Sie dienen zwar dem Apparat aus Gewohnheit, aber sie sind wie alte Grubenpferde, die das Tageslicht nicht mehr vertragen und mit denen kein Derby zu gewinnen ist. Bei der Parteijugend soll das anders sein. Sie soll zwar auch blind gehorsam, aber im Gehorsam voll Tatendrang werden. Sie soll dem Arbeiter- und Bauernstaat Walter Ulbrichts34 den heroischen Zug geben, auf den bisher vergebens gewartet wurde. Aber die Partei hat sich verrechnet … Diese jungen Leute werden dann eines Tages in ihrer Enttäuschung für die Partei viel gefährlicher sein, als die in der Routinearbeit des bürokratischen Apparates abgestumpften Alten, die schon so oft der Zickzacklinie der Partei gefolgt sind, die schon so häufig Ideale zusammenstürzen sahen, dass sie sich auf die Position des gelassenen und unbeteiligt arbeitenden Verwaltungsbeamten zurückgezogen haben. Die Partei wird einmal keine Freude mehr haben an ihrer jungen Garde, aber sie wird das erst merken, wenn es zu spät ist.« (RIAS 10.11.1954)
Um unter den Arbeitern der DDR erneut Diskussionen über die Prämien-Zahlung in den VEB zu entfachen, spricht der RIAS über eine »neue Prämienverordnung«, die zzt. ausgearbeitet würde. Der Hetzsender fordert auf, in Versammlungen des FDGB über die Prämienzahlung zu diskutieren. Gleichzeitig sollen die Arbeiter die »Verkürzung der Arbeitszeit bei gleichbleibendem Lohn, die Einführung der 40-Stunden-Woche« fordern. (RIAS 6.11.1954)
Die Stellungnahmen der Westzeitungen und Sender zum Gehlen-Prozess vor dem Obersten Gericht laufen auf eine üble Verleumdung unserer demokratischen Gesetzlichkeit hinaus. Unter anderem wird dabei von einem »gestellten Prozess« und »gefälschtem Prozessmaterial« gesprochen. Zum anderen wird auch von einer »ungeheuren Beeinflussung« der Bevölkerung der DDR gesprochen, die zum Teil jegliche moralischen Bedenken verloren habe, was durch die Forderung von Todesurteilen zum Ausdruck käme. (RIAS 9.11.1954)
RIAS spricht in mehreren Sendungen von einer »neuen Werbekampagne zur KVP«.35 Diese Sendungen werden gleichzeitig zur Hetze gegen die KVP und Herausstellung des »Friedenswillens« der Bundesrepublik benutzt und es heißt u. a.: »… Angesichts der verstärkten Werbung der KVP, angesichts der Modernisierung ihres Waffenparkes und ihrer Ausbildungsmethoden wird die Frage eines westdeutschen Beitrages zur europäischen Sicherheit immer dringender …« (RIAS 5. und 10.11.[1954])
Der »Untersuchungssausschuss Freiheitlicher Juristen«36 veröffentlicht über den RIAS Hinweise betreffs »Eigentumsübertragung an dritte Personen als Schutz gegen Beschlagnahmungen«. Dabei wird vorgeschlagen, über die Übereignung eines Teiles des Eigentumes formlose Abmachungen zu treffen oder notariell beglaubigte Verträge abzuschließen, wobei über die spätere Rückgabe ein genauer Vertrag in Westdeutschland bzw. Westberlin hinterlegt werden soll. (RIAS 3.11.1954)
Im Zusammenhang mit der Aufklärungsarbeit zu den Wahlen zum Westberliner Senat fordert der RIAS die Jugendlichen auf, »sich nicht zu Wahleinsätzen nach Westberlin abkommandieren« zu lassen, dagegen aber sollen sie sich »den Ablauf der Wahl selbst« ansehen. (RIAS 8.11.1954)