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Feindliche Tätigkeiten westlicher Spionageorganisationen

5. Mai 1959
Information Nr. 250/59 – Materialien über die feindliche Tätigkeit imperialistischer Spionage- und Agentenorganisationen gegen die Deutsche Demokratische Republik und andere sozialistische Länder und über die Rolle Westberlins als NATO-Stützpunkt

[Faksimile von Blatt 11]

Inhaltsverzeichnis

A) Bericht über die Ausnutzung Westdeutschlands und besonders Westberlins zur Einmischung in die inneren Angelegenheiten der DDR und zur Organisierung einer aktiven feindlichen Tätigkeit gegen die DDR. (Vom 7.8.1958)

I. Westdeutschland und Westberlin als Zentrum der imperialistischen Geheimdienste und Agentenorganisationen und deren Wühl- und Unterminierungstätigkeit gegen die DDR und die volksdemokratischen Staaten

1. Zielsetzung und Aufgaben der Spionage- und Agentenzentralen1

Seite 3

2. Störung der Nachrichtenverbindungen der DDR durch imperialistische Geheimdienste

Seite 11

3. Desorganisation des innerdeutschen Handels und Sabotage der Wirtschaft der DDR im Auftrage westdeutscher Regierungsstellen und imperialistischer Geheimdienste

Seite 14

4. Tätigkeit imperialistischer Geheimdienste nach den volksdemokratischen Staaten

Seite 17

II. Mittel und Methoden der imperialistischen Geheimdienste, Bürger der DDR für ihre verbrecherische Tätigkeit auszunutzen.

1. Werbung durch Lockbriefe und fingierte Schreiben

Seite 21

2. Werbung Jugendlicher und Minderjähriger

Seite 22

3. Werbung von Besuchern Westberlins

Seite 25

4. Werbung von »Grenzgängern«

Seite 26

5. Werbung von Teilnehmern der DDR an internationalen wissenschaftlichen Tagungen

Seite 27

6. Behinderung des innerdeutschen Reiseverkehrs und dessen Ausnutzung zur Anwerbung

Seite 29

III. Charakter und Ziele der Agentenorganisationen, Mittel und Methoden ihrer feindlichen Tätigkeit gegen die DDR

1. Die sogenannte KgU2

Seite 35

2. Der sogenannte UfJ3

Seite 38

3. Die sogenannte VOS4

Seite 40

4. Die sogenannten Ostbüros der Parteien und ihre Nebenorganisationen5

Seite 41

5. Die Wühl- und Zersetzungsarbeit der Sender »RIAS«6 und »Radio Freies Europa«7

Seite 50

IV. Westdeutschland und Westberlin als Ausgangspunkt der Einschleusung von Hetzschriften und Fälschungen in die DDR

Seite 56

V. Die Zusammenarbeit der imperialistischen Geheimdienste und Agentenzentralen mit den Regierungs- und Senatsdienststellen

Seite 61

B) Anhang zum Bericht vom 7.8.1958 (Punkt A) (vom 18.9.1958)

1. Bundesnachrichtendienst

Seite 1

2. Bundesamt für Verfassungsschutz (BVSA)

Seite 3

3. Informationsbüro West (IWE)8

Seite 13

4. Aufbau eines Funknetzes in der DDR zur Spionageübermittlung, zur Vorbereitung eines »Tages X«9 und als Methode der Agentenverbindungen

Seite 17

C) Ergänzung zum Bericht vom 7.8.1958 (Punkt A) (vom 23.4.1959)10

D) Ergänzung zum Bericht vom 7.8.1958 (Punkt A):Betr. Einige Fakten über Westberlin als NATO-Stützpunkt (vom 23.4.1959)11

I. Militärische Pläne und Maßnahmen

Seite 1

II. Verletzung des Viermächtestatus Berlins durch die Einbeziehung Westberliner Betriebe in die Rüstungsproduktion

Seite 6

III. Anlegung von Vorräten in Westberlin

Seite 14

Bericht über die Ausnutzung Westdeutschlands und besonders Westberlins zur Einmischung in die inneren Angelegenheiten der DDR und zur Organisierung einer aktiven feindlichen Tätigkeit gegen die DDR12

Während sich die Regierung der DDR in ihrer Politik um die Erhaltung des Friedens und die Wiedervereinigung Deutschlands ständig von den Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen leiten lässt, den internationalen Frieden und die internationale Sicherheit zu gewährleisten, die Gleichberechtigung und das Selbstbestimmungsrecht der Völker sowie die Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten zu achten, wird sie in ihren Bemühungen ständig von Kreisen behindert, die sich von Westdeutschland und insbesondere von Westberlin aus in die inneren Angelegenheiten der DDR einmischen. Diese Einmischung richtet sich gegen die verfassungsmäßige Staats- und Gesellschaftsordnung der DDR und ist ein Ausdruck der aggressiven Politik der imperialistischen Kreise.

Mit großzügiger Billigung und Unterstützung – teilweise durch direkte Organisierung – der westdeutschen und Westberliner Behörden und »demokratischen« Parteien und Organisationen sind Westdeutschland und der Brückenkopf Westberlin zu den wichtigsten Stützpunkten der imperialistischen Geheimdienste und deren Agenten- und Verbrecherorganisationen in Europa gemacht worden. Wie selbst westdeutsche und Westberliner Persönlichkeiten und auch Publikationsorgane zugeben mussten, ist besonders Westberlin zu einer Menschenfalle großen Maßstabes geworden.

Obwohl von der Regierung der DDR wiederholt auf die verbrecherische Tätigkeit der Spionage- und Agentenzentralen in Westdeutschland und Westberlin hingewiesen und deren Verbot wegen ihrer friedensgefährdenden Tätigkeit gefordert wurde, ist von den westdeutschen und Westberliner Behörden und Organisationen nichts unternommen worden, um den verbrecherischen Umtrieben Einhalt zu gebieten, sie sind im Gegenteil weiter gefördert und unterstützt worden.

I. Westdeutschland und Westberlin als Zentrum der imperialistischen Geheimdienste und Agentenorganisationen und deren Wühl- und Unterminierungstätigkeit gegen die DDR und die volksdemokratischen Staaten.

In den wegen ihrer Lage mitten im Gebiet der DDR für die Agententätigkeit besonders günstigen Westsektoren Berlins bestehen nach vorliegenden Unterlagen allein 62 Dienststellen imperialistischer Geheimdienste, davon

  • 38 Dienststellen des amerikanischen Geheimdienstes,

  • 2 Dienststellen des englischen Geheimdienstes,

  • 9 Dienststellen des französischen Geheimdienstes,

  • 4 Dienststellen der westdeutschen Geheimdienste und

  • 9 Dienststellen der Emigrantenorganisationen, darunter ZOPE13 und NTS.14

Weitere 339 bisher bekannt gewordene Dienststellen imperialistischer Geheimdienste befinden sich in Westdeutschland, davon

  • 150 Dienststellen des amerikanischen Geheimdienstes,

  • 19 Dienststellen des englischen Geheimdienstes,

  • 12 Dienststellen des französischen Geheimdienstes,

  • 39 Dienststellen der westdeutschen Geheimdienste und

  • 119 Dienststellen der Emigrantenorganisationen.

Diese Dienststellen betreiben mit Unterstützung der westdeutschen und Westberliner Behörden und Dienststellen eine umfangreiche Spionagetätigkeit und sind auch maßgeblich an der Organisierung der gesamten Unterminierungs- und Zersetzungstätigkeit gegen die DDR beteiligt.

1. Zielsetzung und Aufgaben der Spionage und Agentenzentralen

Das ständige Erstarken und der immer größer werdende Einfluss der sozialistischen Länder auf wirtschaftlichem und politischem Gebiet im Weltmaßstab zwang die Feinde, neben der psychologischen Kriegsführung bis zur Diversion und Sabotage, nach neuen Methoden zu suchen, von denen sie sich bei der Durchsetzung ihrer aggressiven Ziele mehr Erfolg versprachen. Deshalb konzentrieren sie sich jetzt, natürlich bei Beibehaltung ihrer bisherigen Methoden darauf, die sozialistischen Länder von innen heraus aufzuweichen und zu zersetzen, um so den Sturz der Regierung dieser Länder herbeizuführen und dort wieder kapitalistische Verhältnisse zu schaffen.

Dieses Ziel geht auch sehr deutlich aus dem Artikel »Die geheime Armee«, erschienen in der NATO-Zeitschrift »Allgemeine Militärrundschau« Nr. 8/57 hervor, wo sich der kanadische Captain D. J. Goodspeed15 über die drei Möglichkeiten, wie eine Regierung beseitigt werden könne, auslässt und sicher nicht von ungefähr werden diese Gedanken den führenden Militärs der NATO dort unterbreitet. Es sei nur eine von vielen gleichermaßen deutlichen Stellen zitiert, wo die »Notwendigkeit« eines Staatsstreiches, dessen Voraussetzungen und die einzuschlagende Taktik behandelt wird: »… Die ganze Philosophie des Staatsstreiches besteht darin, dass er ein plötzlicher und entscheidender Schlag gegen das Herz der Regierung ist, ein Rapierstoß bis ans Heft, in die Lunge, der wirksamer ist als ein blutiges Abhacken der bewaffneten Glieder des Gegners … Es ist möglich, dass der Staatsstreich in den militärischen Kalkulationen der Zukunft eine zunehmende Rolle spielen wird, wie der herkömmliche Krieg immer kostspieliger und ungewisser wird… Doch nur der größte Optimist kann hoffen, dass gewaltsame Lösungen politischer Probleme deshalb aufgegeben werden. Es ist sicher wahrscheinlicher, dass man nach anderen Methoden der Gewalttätigkeit suchen wird, und unter diesen verdient der Staatsstreich am ehesten Beachtung. Auch gibt es keinen Grund, warum das Interesse der freien Welt an diesem Problem allein auf seine defensiven Aspekte beschränkt werden sollte…« Diese eindeutigen Absichten werden dann noch in sehr spezieller Form ergänzt, wie: »Es gibt wahrscheinlich keinen besseren Weg zur Erreichung dieses Zieles, als einen oder zwei kluge Morde, vorzugsweise in jenen Gegenden, die der Sache der Anführer am gleichgültigsten gegenüberstehen.« Außerdem sei es noch notwendig, sich in größter Konspiration und äußerst diszipliniert zusammenzuschließen, ein »Zellensystem« und eine Sicherheitsabteilung zu entwickeln und den Nachrichtendienst der Regierung zu durchdringen.16

Diesen vorstehenden, teilweise zitierten Plänen ist noch hinzufügen, dass der Gegner seine Feindtätigkeit schon weitgehend in diesem Sinne umgestellt hat, was durch die veränderten Methoden der Feindtätigkeit bewiesen wird, die sämtlich auf das Ziel hinauslaufen, die Vorbereitungen für einen solchen Staatsstreich in der DDR zu schaffen, besser, als sie es schon in Ungarn und Polen versuchten.17 Dabei bedienen sie sich der bereits vorhandenen und speziell für diesen Zweck geschaffenen Spionage- und Agentenzentralen, wie sie schon genannt wurden.

Mit dem Ziel »die 1. Voraussetzung für einen erfolgreichen Staatsstreich« zu schaffen, wurde beispielsweise das »Ministerium für gesamtdeutsche Fragen«18 unter Lemmer19 immer mehr zu einen Zentrum der ideologischen Zersetzungstätigkeit gegen die DDR ausgebaut, um – wie Lemmer einmal formulierte – einen Druck auf die Regierung der DDR ausüben zu können und sie zu Zugeständnissen zu zwingen. Diese Zielsetzung Lemmers und der hinter ihm stehenden Kreise, die demagogischerweise als »Wiedervereinigungsprogramm« proklamiert wird, soll – natürlich unter Regie des »Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen« – auch zur »Wiedervereinigungspolitik« der bürgerlichen Parteien, der SPD, des DGB und der vielen anderen Organisationen und Institutionen in Westdeutschland gemacht werden, von den Agentenzentralen ganz abgesehen.

So ließ auch die SPD-Führung, besonders Wehner,20 keinen Zweifel darüber aufkommen, dass sie diese Linie der verstärkten Aufweichung der DDR als ihre offizielle »Wiedervereinigungspolitik« akzeptiert. Das wurde besonders auf dem Stuttgarter Parteitag der SPD und auch in der Folgezeit sichtbar, wo Wehner »technische Kontakte« forderte und kritisierte, dass gesamtdeutsche Kontakte nur auf Handelsebene nicht den Bedingungen des »Kampfes gegen den Kommunismus« entsprächen.21 Deshalb gilt es, neue Kontakte zu schaffen und die schon bestehenden Kontakte »umzudrehen«. Im Parteivorstand der SPD soll dafür, neben dem weiter bestehenden »Ostbüro der SPD«22 ein »Referat Ost« aufgebaut werden, das sich besonders mit den Fragen der ideologischen Diversion gegen die DDR zu beschäftigen habe.

In der Zeit vom 14. bis 19.7.1958 fand in der »Heimvolkshochschule« der SPD in Bergneustadt ein »Kursus« des Ostbüros der SPD statt, an dem SPD-Funktionäre und DGB-Betriebsräte teilnahmen. Die Leitung dieser Agentenschulung hatte der Leiter des Ostbüros in Bonn, Stephan Thomas23 übernommen. Dieser »Kursus« stand unter dem Thema: »Die kommende Tätigkeit des Ostbüros der SPD im Kampf gegen die DDR, die SED und den FDGB« und verfolgte die Aufgabe der Zersetzung des Staatsapparates der DDR sowie der SED und des FDGB durch das Ostbüro der SPD.

Im SPD-Unterbezirk Düsseldorf erteilte der Sekretär einigen Funktionären, die in der SPD selbst als Renegaten betrachtet werden, den Auftrag »Kontakte« zu Funktionären der SED und Massenorganisationen in der DDR aufzunehmen, mit dem Ziel, diese Führungskader zu zersetzen. Dies soll unter der Losung geschehen, dass die Beziehungen zwischen der SPD und der SED nach Ausschaltung der heute führenden Genossen der SED (also der konsequenten Vertreter des Marxismus-Leninismus) denkbar seien. Die Vorsitzende des SPD-Frauenausschusses Düsseldorf soll besonders innerhalb des DFD in dieser Richtung wirken.

Die gleiche Bereitschaft, die Aufweichungspolitik gegen die DDR zu forcieren, trifft für den DGB zu. Ein führender Funktionär des DGB erklärte, dass die Ablehnung jeglicher »Kontakte« mit dem FDGB durch den DGB verworfen werden muss, weil der DGB dadurch in der Defensive bleibe und keineswegs eine »erfolgreiche Infiltration und Einflussnahme auf den FDGB ausübe, was aber nötig sei«.

Der Leiter der Spezialschule des DGB für »Ost-West-Kontakte«, [Name 1], offenbarte beispielsweise die feindlichen Pläne wie folgt: Herstellung aller nur möglichen menschlichen, fachlichen, organisatorischen und kulturellen Kontakte zur »Zone«, um das »System der Zone« von innen heraus zu beseitigen. Das müsse durch Überwindung der »Resignation« der Bevölkerung der DDR und Ermutigung der Kräfte der »Opposition« in den Führungskadern der SED geschehen. Zu diesem Zweck müsse die Bundesrepublik auch eine Änderung des politischen Verhältnisses zu den ost- und südosteuropäischen Staaten vornehmen, weil sich dadurch Rückwirkungen auf die DDR ergeben würden.

Eine Einmischung in innere Angelegenheiten der DDR stellen u. a. auch die Bestrebungen dar, durch »persönliche Kontakte« – wie sie beispielsweise das Lemmer-Ministerium empfiehlt – direkte Fühlung mit der Bevölkerung der DDR, besonders mit solchen Personen, die sie für ihre Pläne zugänglich halten, aufzunehmen. Auf dieser Ebene liegen die schon 1956 durchgeführten Gespräche zwischen Vertretern der FDP und LDP, wo die FDP-Funktionäre sondieren wollten, ob unter dem Deckmantel »gemeinsamer Berührungspunkte« Möglichkeiten bestehen, die LDPD aus dem Block der antifaschistisch-demokratischen Parteien herauszubrechen und sie als Opposition gegen die DDR zu benutzen. Seit dieser Zeit wurde auch die Parole hervorgekehrt, dass Verhandlungen mit der »2. Garnitur« denkbar seien.

Die Bemühungen der FDP um inoffizielle Kontakte mit der LDP gehen insbesondere von Dr. Achenbach24 aus, selbstverständlich im Einvernehmen mit Lemmer. FDP-Kreise in Frankfurt/M. bemühen sich in letzter Zeit besonders um einen Delegationsaustausch mit der LDPD in Magdeburg, deren Mitglieder »im kleinen Kreis« durch politische Gespräche »bearbeitet« werden sollen. Damit der Kontakt nicht abreißt, sollen auf beiden Seiten »Verbindungsleute« bestimmt werden.

Diese mit dem Wiedervereinigungsgedanken getarnte und auf die Leichtgläubigkeit und das wirklich ernsthafte Wollen der Bevölkerung der DDR zur Wiedervereinigung spekulierende Version soll für zahlreiche kontrollierbare Kontakte sorgen, mittels derer die staatlichen Organe der DDR, die SED und alle anderen fortschrittlichen Kräfte isoliert und deren Einfluss ausgeschaltet werden soll. Auf der gleichen Linie liegen die Versuche, alle offiziellen Kontakte für eine Infiltration auszunutzen, angefangen bei Sportdelegationen und kulturellen Zusammentreffen bis zur Einladung von Studenten nach Westdeutschland und der Zahlung von Beihilfen an DDR-Bürger, die sich in Westdeutschland besuchsweise aufhalten. Bezeichnend ist, dass ein großer Teil dieser Zusammentreffen vom Lemmer-Ministerium finanziert wird.

In einer konstituierenden Sitzung des »Kreises der Freunde des Sports im Bundestag«, an der Bundestagsabgeordnete aller Fraktionen, Lemmer, Vertreter des Bonner Innenministeriums und des Deutschen Sportbundes (DSB) teilnahmen, erklärte der Präsident des DSB, Daume,25 seine Bereitschaft, den mitteldeutschen Sport in den Dienst der Aufweichpolitik zu stellen und forderte dafür von der Bundesregierung entsprechende finanzielle Mittel. Als eine Methode beabsichtigt man, den westdeutschen Sportverkehr stärker

a) auf solche Nationen (auch oder besonders kapitalistische) auszudehnen, mit denen die DDR in immer stärker werdenden Beziehungen steht, um das Ansehen der DDR bei diesen Nationen zu mindern und gleichzeitig zu verhindern, dass die DDR mittels sportlicher Beziehungen Anerkennung als souveräner deutscher Staat findet

b) mit den »Ostblockstaaten«, einschließlich der DDR aufzunehmen, um durch regen Delegationsaustausch aufweichende und konterrevolutionäre Tendenzen in diesen Staaten zu fördern.

Die zahlreichen von den im »Bundesjugendring«26 und im »Ring politischer Jugend«27 vertretenen Organisationen durchgeführten »Ost-West-Begegnungen« werden wie viele andere ausnahmslos vom Lemmer-Ministerium finanziert, was Lemmer mit der Forderung verknüpft, dass immer mehr derartige Begegnungen organisiert und dabei immer größere Teilnehmerkreise erfasst werden.

In gleich starkem Maße versucht der Gegner für seine Pläne die Studentenkreise einzubeziehen. Der »Sozialistische Deutsche Studentenbund«,28 Landesverband Westberlin z. B. verfolgte schon 1956 das Ziel – wie der Landesvorsitzende Büsch29 erklärte, »an den Universitäten der DDR einen dauernden Unruhezustand zu schaffen«. Dies geschah in Übereinstimmung und mit Unterstützung der SPD in Westberlin, die – wie Brandt30 zusagte – dafür Mittel zur Verfügung stellen wollte. Zu diesem Zweck sollte auch ein Ausschuss gebildet werden, der sich ständig mit der Hochschulsituation in der DDR befasst.

Wie das Vorstandsmitglied des Westberliner DGB Anneliese Holtz31 anlässlich einer Landesvollversammlung der »Gewerkschaftlichen Studentengemeinschaft«32 erklärte, soll die GSG zum »geistigen Zentrum einer Widerstandsbewegung unter den Studenten der DDR« und zum Sammelbecken aller Feinde der DDR gemacht werden.

Neben der Zielsetzung der aktiven Kriegsvorbereitung fand auch die ihr untergeordnete Organisierung von Sabotage- und Diversionsakten ihre erneute Bestätigung in dem im August 1957 vor dem Obersten Gericht der DDR durchgeführten Prozess gegen die Abteilungsleiter der CIC – Hauptleitstelle 8 in Berlin – Lichterfelde-West, Spindelmühlerweg 27, Chrobock33 und Weihe34.35 In den vorgelegten Originaldokumenten, die direkte Anweisungen des CIC – Hauptquartiers in Frankfurt/M. und der CIC – Hauptleitstelle 8 in Westberlin enthielten, wurden diese Ziele der Wühltätigkeit, besonders des amerikanischen Geheimdienstes dokumentiert.

In diesen Dokumenten werden die Abteilungsleiter angewiesen, ihre Agenten – sogenannte V-Leute – auf den Kriegsfall vorzubereiten und mit der Schaffung von Waffen- und Sprengstofflagern, von Funkstützpunkten und Funkschleusen sowie von Unterkünften für konterrevolutionäre Banden im Gebiet der DDR, der Volksrepublik Polen und der ČSR zu beginnen. In Durchführung dieser Anweisungen wird von den Geheimdiensten verstärkt daran gearbeitet, die geworbenen Personen nach Prüfung ihrer »Eignung« zur Spionage- und Untergrundtätigkeit in Agentengruppen zusammenzufassen, die dann mit Funkgeräten, Waffen, Munition und Sprengstoffen ausgerüstet werden. (Vom MfS wurde bereits eine Reihe von Personen festgenommen, die von den verschiedenen imperialistischen Geheimdiensten mit Funkgeräten, Codematerialien usw. ausgerüstet waren und den Auftrag hatten, erst im »Ernstfall«, d. h. bei Ausbruch eines Krieges oder einer bewaffneten Provokation, in Aktion zu treten.)

Neben diesen Aufgaben wird von den imperialistischen Geheimdiensten eine umfangreiche politische, wirtschaftliche und militärische Spionagetätigkeit betrieben. Dafür liegen umfangreiche Beweise vor und das ist auch aus dem weiteren Inhalt des Berichtes ersichtlich bzw. wird als allgemein bekannt vorausgesetzt.

Im Zusammenhang mit der Gesamtkonzeption des Gegners muss auch der stark forcierte Aufbau der zahlreichen Institute und Gesellschaften für »Ostforschung« in Westdeutschland gesehen werden, deren Existenzbegründung vom Bundestagsausschuss für Auswärtige Angelegenheiten wie folgt formuliert wurde: »Ausgehend von den Notwendigkeiten der praktischen Politik, aber auch aus Gründen einer weit zurückreichenden und unlöslichen Verknüpfung Deutschlands mit der geschichtlichen und geistigen Entwicklung des europäischen Ostens, bedarf es in der Bundesrepublik einer allseitigen Forschung und Lehre über die Probleme des Ostens.« Die Ostforschungsinstitute hätten außerdem die Aufgabe, einer »fruchtbaren Auseinandersetzung mit dem System, dass sie (die Ostgebiete) gegenwärtig beherrscht«, wie es die Kulturminister der Bundesländer ausdrückten und was wohl den Charakter der Ostforschungsinstitute eindeutig beleuchtet. Ebenso aufschlussreich für die wirklichen Ziele dieser Institute und für ihre Abhängigkeit ist, wenn man deren Geldgeber kennt. So unterstützt beispielsweise das Bonner Auswärtige Amt die verschiedensten dieser und ähnlicher Institute und Gesellschaften, teils durch direkte Zuwendungen (die in vielen Fällen 90 % des Gesamthaushaltes solcher Gesellschaften ausmachen) und durch Auftragserteilung und »zweckgebundene« Honorare im Rechnungsjahr 1957/58 mit 685 200 DM, wogegen für das Rechnungsjahr 1959 schon bedeutend höhere Beträge vorgesehen sind. Zum gleichen Zweck wurde vom Bundesministerium 435 000 DM und vom Bundeswirtschaftsministerium über eine Million Mark zur Verfügung gestellt. Auch das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen ist an dieser Finanzierung mit hohen Summen beteiligt.

Die »Freie Universität« in Westberlin erhält aus der Rockefeller-Stiftung36 133 000 DM für das »Studium des Marxismus-Leninismus«.

2. Störung der Nachrichtenverbindungen der DDR durch imperialistische Geheimdienste

Ein besonders sichtbarer Ausdruck der Einmischung in die inneren Angelegenheiten der DDR durch die Dienststellen der imperialistischen Geheimdienste ist die Spionage mittels der Nachrichtenverbindungen der Deutschen Demokratischen Republik. Die Agenten werden beauftragt, wichtige Kabel- und Telefonleitungen der Deutschen Post und der Deutschen Reichsbahn auszukundschaften und ausgerüstet mit den dazu notwendigen technischen Mitteln, anzuzapfen bzw. solche Verbindungen nach dem Gebiet der DDR illegal zu schaffen. In einer streng vertraulichen Anweisung über »geheime Drahtverbindungen West-Berlin – Ost-Berlin« des Bundesnachrichtendienstes z. B. heißt es: »Die Bemühungen um geheime Drahtverbindungen zwischen Ost- und Westsektor sind weiter fortzusetzen.«

Auch vom amerikanischen Geheimdienst MID wurden Versuche unternommen, entlang der Sektorengrenzen Telefonschleusen nach der DDR zu legen.37 Die betreffenden Agenten konnten festgenommen werden. Der amerikanische Geheimdienst unterhält zu diesem Zweck eine Sonderorganisation, die als CIS (Communication Intelligence Service) bezeichnet wird und der auch die Telefon- und Postüberwachung der amerikanischen Staatsbürger in Deutschland obliegt.38 Die Westberliner Leitstelle des CIS befindet sich in unterirdischen Räumen in Berlin-Tempelhof, am Columbiadamm, Platz der Luftbrücke, und trägt die Tarnbezeichnung »Station H«. Ihr Leiter ist ein gewisser Dr. Hermann39 Von dieser CIS-Leitstelle wurden bzw. werden u. a. Abhörzentralen in Berlin-Grunewald, in Berlin-Tempelhof, in der ehemaligen Infanterie-Kaserne, am Mehringdamm in Berlin-Schöneberg in der Winterfeldtstraße usw. unterhalten. Der englische Geheimdienst unterhält solche Abhörzentralen u. a. in seinem Hauptquartier im Olympiastadion in Westberlin.

Von diesen Abhörzentralen werden die durch das Westberliner Gebiet führenden Leitungen der Deutschen Post und der Deutschen Reichsbahn wie Reichsbahnsignalleitungen, Telefonleitungen zwischen dem Schnellamt40 Berlin und Falkensee, Berlin und Staaken sowie Berlin und Potsdam-Babelsberg angezapft und die Gespräche abgehört. Durch die amerikanische Abhörzentrale in Berlin-Grunewald z. B. wurden die über die Leitungen der S-Bahnhöfe Grunewald und Wannsee sowie des Reichsbahnausbesserungswerkes Grunewald geführten Gespräche systematisch abgehört. Das durch Westberlin führende Reichsbahnkabel 22 wurde im Gebiet der alten Reichsbahndirektion am Schöneberger Ufer angezapft und direkt an die CIC – Zentrale am Columbiadamm geschaltet. Bei der Kompliziertheit der für die Betriebssicherheit notwendigen Sprech- und Signalanlagen der Reichsbahn wird durch diese Eingriffe der gesamte Verkehr in sehr starkem Maße gefährdet. Im Zusammenhang damit wird auf den bekannten Spionagetunnel in Berlin-Alt-Glienicke verwiesen, mit dessen Hilfe gleichfalls wichtige Fernsprechkabel der Deutschen Post und der sowjetischen Streitkräfte angezapft wurden.

Die Existenz dieser Abhörzentralen dient jedoch nicht nur dazu, Spionagenachrichten aus der DDR zu erhalten, sondern gleichfalls, mit Billigung der Westberliner Postverwaltung, um auch Bürger und gesellschaftliche und behördliche Einrichtungen Westberlins laufend zu überwachen. Dabei werden in flagranter Weise die internationalen Bestimmungen verletzt. Von dieser Bespitzelung ist kein Westberliner Bürger ausgeschlossen. Dabei werden u. a. auch solche international bekannten und geachteten Persönlichkeiten überwacht wie

  • Groscurth, Anneliese,41 Berlin-Charlottenburg, [Straße, Nr.], Tel. [Nr.],

  • Prof. Dr. Pohle, Hermann,42 Berlin W 30, [Straße, Nr.], Tel. [Nr.],

  • [Name 2, Vorname], Berlin-Charlottenburg, [Straße, Nr.], Tel. [Nr.], Dolmetscher beim Senat.

Die auf diese Weise auf Tonband aufgenommenen Gespräche werden auf vorgedruckten Formularen amerikanischen Ursprungs wörtlich niederge

3. Desorganisation des innerdeutschen Handels und Sabotage der Wirtschaft der DDR im Auftrage westdeutscher Regierungsdienststellen und imperialistischer Geheimdienste

Von den westdeutschen Regierungsdienststellen werden unter direkter Leitung des »Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen«, Lemmer und des Beauftragten der Bundesrepublik in Westberlin, Dr. Vockel,43 umfangreiche Maßnahmen zur Störung und Desorganisation des innerdeutschen Handels durchgeführt.

Die Wirtschaftsgruppen wurden auf Veranlassung von Lemmer durch das »Bundeswirtschaftsministerium« angewiesen, jede Verhandlung so zu steuern, dass der Anschein entstehe, es liege ausschließlich an den wirtschaftlichen Verhältnissen der DDR, wenn das Ziel im innerdeutschen Handel nicht erreicht werden könne. Auf Warenangebote der DDR soll bei den Verhandlungen mit der Bitte eingegangen werden, eine gewisse Zeit zur Prüfung zu erhalten. Nach längerer Zeit soll dann die Erklärung abgegeben werden, dass die angebotenen Waren wegen genügender Eigenproduktion nicht oder nur in kleinen Mengen eingeführt werden können. Durch diese Methode soll die Wirtschaft der DDR desorganisiert werden. In diesem Zusammenhang muss auch die Anweisung des »Bundeswirtschaftsministeriums« gesehen werden, nur solche Waren für den Bezug im innerdeutschen Handel anzumelden, »die im gesamten Angebot auf dem westdeutschen Markt untergehen und keineswegs ins Gewicht fallen«.

Desgleichen besteht die Anweisung, Ausschreibungen und Genehmigungen im innerdeutschen Handel – vor allem Bezugsgenehmigungen – sehr langsam und schleppend zu erteilen bzw. zu veröffentlichen, um termingemäße Disponierungen zu verhindern und den westdeutschen Kaufleuten langsam die Lust am innerdeutschen Handel zu nehmen. Beim »Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft« in Frankfurt/M. liegt eine dementsprechende Anweisung vor, besonders die Anträge der Mitglieder des »Ausschusses zur Förderung des deutschen Handels« eingehend zu prüfen und damit möglichst lange zu verzögern.

(Der Leiter der Treuhandstelle für Interzonenhandel in Berlin, Dr. Leopold,44 ist Lemmer gegenüber zur wöchentlichen Berichterstattung verpflichtet, welche Auswirkungen diese Maßnahme auf den innerdeutschen Handel gehabt haben und welche neuen Möglichkeiten sich für eine Fortsetzung der Tätigkeit ergeben. Das »Bundeswirtschaftsministerium« – Gruppe Außenhandel – muss Lemmer monatlich über folgende Punkte berichten:

  • 1.

    Kontenstand

  • 2.

    Auswirkungen auf die angewiesenen Handhabungen

  • 3.

    Neue Vorschläge für weitere Störmaßnahmen)

Die Desorganisierung der Wirtschaft der DDR soll entsprechend den Plänen des »Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen« auch durch den verstärkten Abzug von Facharbeitern und anderen Arbeitskräften aus der DDR erfolgen. In einer Sitzung der CDU-Bundestagsfraktion, in der eine Auswertung des V. Parteitages der SED45 erfolgte, wurden von Vertretern des »Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen« folgende Maßnahmen zur Begünstigung der illegalen Abwanderung von Bürgern der DDR angeregt und beschlossen:

  • 1.

    Republikflüchtige sollen vorrangig Wohnungen und Arbeitsplätze erhalten,

  • 2.

    ab sofort sollen an Republikflüchtige höhere Überbrückungs- und Unterstützungsgelder gezahlt werden,

  • 3.

    ab sofort sollen Republikflüchtige großzügige Kredite erhalten, besonders zum Aufbau der sogenannten »Flüchtlingsindustrie«,

  • 4.

    die Anerkennung von Republikflüchtigen soll erleichtert und schneller durchgeführt werden,

  • 5.

    Republikflüchtige sollen in sozialer Hinsicht (Rente, Krankengeld usw.) sofort der westdeutschen Bevölkerung gleichgestellt werden.

Die imperialistischen Geheimdienste beauftragen aber auch ihre Agenten in der DDR – besonders wenn sie in verantwortlichen Funktionen tätig sind – mit umfangreicher Desorganisation und Sabotage der Wirtschaft der DDR.

So wurde z. B. der ehemalige Einkäufer im VEH DIA46 – Nahrung, [Name 3] vom französischen Geheimdienst beauftragt, neben seiner umfangreichen Spionagetätigkeit und Zuführung weiterer [Spione] seine Funktion als Einkäufer zur Schädlingstätigkeit auszunutzen. Er hat dann auch auftragsgemäß bei Abschluss von Verträgen mit kapitalistischen Firmen die Verhandlungen so geführt, dass der DDR neben dem materiellen ein finanzieller Verlust von 750 000 DM entstanden ist.

Der ehemalige stellv. Hauptbuchhalter im Volkseigenen Versorgungs- und Lagerkontor Fleisch, Fett und Molkereiprodukte, [Name 4] betrieb seit 1953 für den CIC Spionage wirtschaftlicher und politischer Art und führte eine umfangreiche Schädlingstätigkeit durch. Er desorganisierte das Rechnungswesen des Betriebes so, dass die Kontrolle der finanziellen Beziehungen innerhalb des Betriebes sowie im Verkehr mit den Betrieben der volkseigenen und privaten Wirtschaft unmöglich gemacht wurde. Der dadurch entstandene Schaden beläuft sich auf über 100 Millionen DM.

Der ehemalige Leiter der Abteilung kaufm. Angelegenheiten und Finanzen und spätere Hauptbuchhalter des Ministeriums für Schwerindustrie, Zibat, Richard,47 betrieb ebenfalls für den amerikanischen Geheimdienst Wirtschaftsspionage und umfangreiche Schädlingstätigkeit. Letztere bestand vor allem darin, dass Zibat gesetzwidrige Anweisungen mit falschen Kennziffern an die Industriezweige herausgab, die Arbeitsanweisungen nicht entsprechend den Industriezweigen aufeinander abstimmte, keine Arbeitspläne aufstellte und die Arbeit dem Selbstlauf überließ.

Der ehemalige Hauptreferent im Ministerium für Leichtindustrie, Hohmuth, Otto,48 leistete umfangreiche Schädlingstätigkeit auf dem Gebiet der Textilveredlung, indem er die Farbstoffimporte der DDR zugunsten der CIBA AG Basel einführte.49 Im Auftrage der Konzernleitung der CIBA AG bereitete er außerdem gemeinsam mit deren Vertreter [Name 5] die Abwerbung leitender Spezialisten der DDR nach dem Zweigwerk des CIBA-Konzerns in Toms River/USA vor, wozu auch der amerikanische Geheimdienst hinzugezogen werden sollte.

Der amerikanische Geheimdienst erteilt auch anderweitig Aufträge an seine Agenten, die zu einer wirtschaftlichen Schädigung der DDR führen. Die Agenten Klaus Karp,50 Karl-Heinz Hintzmann51 und Siegfried Kurzhals52 z. B. erhielten den Auftrag, Spezialröhren und Konstruktionsunterlagen über Röhren neuester Erfindungen an den Geheimdienst auszuliefern. Der Agent [Name 6, Vorname] erhielt den Auftrag, zahlreiche Röhren und andere elektrotechnische Geräte dem MID in Westberlin zu überbringen.

4. Tätigkeit imperialistischer Geheimdienste nach den volksdemokratischen Staaten

Die Wühltätigkeit der imperialistischen Geheimdienste richtet sich nicht nur gegen die DDR, sondern auch gegen die volksdemokratischen Staaten. Die imperialistischen Spionagezentralen verletzen die Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik und die international anerkannten Regeln des Völkerrechts in besonders grober Weise, indem sie Agenten und Spione mit gefälschten Ausweispapieren der DDR und der volksdemokratischen Staaten ausrüsten und sie damit von Westberlin aus über das Gebiet der DDR in die ČSR und die Volksrepublik Polen einschleusen.

Der Agent Stricker, Rudolf,53 geb. am [Tag, Monat] 1905 in Maiwaldau, wurde durch die Dienststelle des amerikanischen Geheimdienstes in Berlin-Dahlem, Archivstraße 2 angeworben und beauftragt, Agenten in die Volksrepublik Polen und die ČSR einzuschleusen. Stricker schleuste insgesamt sieben geschulte Agenten des amerikanischen Geheimdienstes mit Kraftfahrzeugen von Westberlin aus in das Gebiet der deutsch-polnischen und deutsch-tschechoslowakischen Staatsgrenzen. Vier davon brachte er nach ihrer Wühltätigkeit in den volksdemokratischen Ländern von der Grenze wieder nach Westberlin zurück.

Kubanka, Jan54 wurde, nachdem er wegen schweren Diebstahls aus der ČSR flüchtete, von dem CIC-Spionageoffizier [Name 7] mit gefälschten Ausweisen, einem Kompass und einer Schusswaffe ausgerüstet in die ČSR eingeschleust, um dort Spionage zu betreiben. Nach Durchführung seines Auftrages wurde er im Gebiet der DDR auf der Rückkehr nach Westberlin gestellt. Dabei erschoss er einen Volkspolizisten.

Der ehemalige polnische Staatsbürger Szuminski, Benedykt,55 war 1953 von Volkspolen nach Westberlin geflüchtet, weil er 20 000 Złoty unterschlagen hatte und sich seiner Bestrafung entziehen wollte. In Westberlin und später in Westdeutschland wurde Szuminski vom amerikanischen Geheimdienst geschult und auf eine Spionagetätigkeit vorbereitet. Von Westberlin aus wurde er in die DDR eingeschleust, um von dort aus dann selbstständig über die Grenze nach Volkspolen zu gehen und Spionagearbeit zu leisten. In Warschau warb er Personen an und bildete Untergrundgruppen. Nach Auftragsdurchführung kehrte er nach Westberlin zurück, um seinen Auftraggebern zu berichten.

Szuminski erhielt erneut den Auftrag von Westberlin illegal in die Volksrepublik Polen zu reisen, um weitere Untergrundgruppen zu bilden. Weiterhin sollte er einen Offizier der polnischen Luftwaffe mit einem Düsenjäger zur Desertion nach Westberlin veranlassen. Szuminski wurde mit gefälschten Ausweisen der DDR und Volkspolens, mit Schuss- und Stichwaffen, Karten und Geld in deutscher und polnischer Währung ausgerüstet.

Der ehemalige polnische Staatsbürger Plasa, Max56 hielt sich seit 1952 als Obdachloser in Düsseldorf und Frankfurt/M. auf. Während dieser Zeit bestritt er seinen Lebensunterhalt durch Gelegenheitsarbeiten, Diebstähle, Raubüberfälle und andere kriminelle Verbrechen.

Im Februar 1956 führte Plasa mit einer aus der DDR geflüchteten Person in Frankfurt/M. einen Einbruchsdiebstahl in der Gastwirtschaft der Frau [Vorname Name 8] durch, um die Kasse auszurauben. Da sich die [Name 8] wehrte, schlug Plasa auf sie ein, bis sie ohnmächtig war. Mit dem Inhalt der Kasse entflohen Plasa und sein Komplize, ohne sich nochmals um die [Name 8] zu bemühen, die anschließend an den ihr beigebrachten Schädelverletzungen verstorben ist. Plasa setzte von diesem Raubüberfall die Mitarbeiter des amerikanischen Geheimdienstes in Kenntnis, mit denen er kurze Zeit später in Verbindung kam. Die Mitarbeiter des amerikanischen Geheimdienstes [Name 9] und [Name 10] übergaben Plasa nicht der Polizei, sondern machten ihm das Angebot, Fahrten in das Gebiet der Volksrepublik Polen durchzuführen, um dort Militärspionage zu betreiben. Plasa erklärte sich dazu bereit und wurde durch den Mitarbeiter des amerikanischen Geheimdienstes [Name 10] für die von ihm in der späteren Zeit durchzuführende Spionagetätigkeit in der Volksrepublik Polen geschult. Seine Ausbildung währte bis Ende Juni 1956. Danach wurde Plasa in einem amerikanischen Militärflugzeug von Frankfurt/M. nach Westberlin gebracht, wo er den Auftrag erhielt, illegal in das Gebiet der Volksrepublik Polen einzureisen, um dort militärische Objekte auszukundschaften und zu beobachten. Für eine durchgeführte Fahrt sollte Plasa 2 000 Westmark erhalten. Für seine Spionagefahrt nach Polen wurden Plasa vom amerikanischen Geheimdienst gefälschte Ausweispapiere der Deutschen Demokratischen Republik und der Volksrepublik Polen zur Verfügung gestellt, die auf den Namen Max Weber und Josef Borowski ausgeschrieben waren. Außerdem erhielt Plasa noch Geld in der Währung der Deutschen Notenbank und der Polnischen Staatsbank sowie Gummibeutel, in die er seine Ausweispapiere und Bekleidungsgegenstände beim Durchschwimmen der Neiße verpacken sollte.

Der Agent [Name 11, Vorname] verließ Ende Oktober 1957 illegal die DDR und begab sich nach Westberlin. Im Flüchtlingslager Berlin-Marienfelde wurde er von dem Mitarbeiter des MID »Fischer«57 zur Spionagetätigkeit gegen die Volksrepublik Polen angeworben und zur Ausbildung nach Kassel ausgeflogen. Nach dieser Ausbildung führte [Name 11] im Auftrage des MID Spionagefahrten in die Volksrepublik Polen durch, wobei er besonders militärische Objekte auskundschaftete und Informationen darüber zu sammeln hatte. Seine letzte Spionagefahrt fand Mitte März 1958 statt. [Name 11] erhielt, wie alle anderen Agenten, vom amerikanischen Geheimdienst gefälschte Ausweise der DDR und der Volksrepublik Polen. Bei seiner letzten Spionagefahrt war er außerdem im Besitz gefälschter Fahrkarten, eines gefälschten Visums des Ministeriums des Innern der DDR und größerer Geldbeträge der Deutschen Notenbank und der Polnischen Staatsbank.

Der Agent [Name 12, Vorname], Angestellter der Deutschen Schifffahrtsgesellschaft, erhielt vom englischen Geheimdienst Secret Intelligence Service (SIS)58 den Auftrag, gegen hohe Bezahlung Pakete mit Hetzschriften auf Schiffen der Deutschen Schifffahrtsgesellschaft nach Polen einzuschleusen.

Der Agent [Name 13, Vorname] war Brigadefahrer der Deutschen Reichsbahn und auf der Strecke nach der Sowjetunion eingesetzt. Vom englischen Geheimdienst SIS erhielt er den Auftrag, Uhren und andere Schmuckgegenstände in die Sowjetunion einzuschmuggeln und dort zu verkaufen, um so größere Beträge sowjetischer Währung zu erhalten. Diese Beträge sollte er nach Westberlin überbringen. Der englische Geheimdienst beabsichtigte mit diesen Geldbeträgen Agenten zu finanzieren, die in die Sowjetunion eingeschleust werden.

II. Mittel und Methoden der imperialistischen Geheimdienste, Bürger der DDR für ihre verbrecherische Tätigkeit auszunutzen

Für ihre feindliche Tätigkeit gegen die DDR werden von den Geheimdiensten und Agentenzentralen in großem Umfang Anwerbungen von Bürgern der DDR vorgenommen. Die dabei angewandten Methoden zeigen anschaulich, dass vor keinem noch so verwerflichen Mittel zurückgeschreckt wird und selbst Drohungen und Gewalttätigkeiten angewandt werden, um die Person für die Feindtätigkeit gefügig zu machen. Diese Mittel und Methoden und die Ausnutzung der Personen für die verbrecherische Tätigkeit stellen eine große Einmischung in die persönlichen Freiheiten der Bürger der DDR dar. Das zeigen die nachfolgenden Beispiele:

1. Werbung durch Lockbriefe und fingierte Schreiben

Der vom MfS festgenommene Wache, Hermann,59 hauptamtlicher Mitarbeiter des amerikanischen Geheimdienstes MID (Military Intelligence Division)60 und Leiter der Agentenwerbebüros »Elan-Agentur« in Berlin-Charlottenburg, Giesebrechtstraße 3 und »ANS – Berlin Büro« in Berlin-Charlottenburg, Nürnberger Straße 21 hat im Verlaufe seiner Tätigkeit ca. 450 Lockbriefe an Bürger der DDR gesandt, vorwiegend an Betriebsinhaber, in denen er sie aufforderte, die »Elan-Agentur« in Westberlin zur Anbahnung von Geschäftsverbindungen zwischen Westberlin und ihren Firmen in der DDR aufzusuchen. Bei Bürgern der DDR, die diesen Briefen Glauben schenkten und die genannten Werbebüros in Westberlin aufsuchten, wurde von Wache versucht, sie zur Spionagetätigkeit anzuwerben, was auch unter Versprechungen in ca. 25 Fällen gelungen ist. Wache hat sich weiterhin besonders darauf konzentriert, Bewohner der DDR oder des demokratischen Sektors von Berlin, die in Westberlin zu Besuch weilten oder dort Kinos und Gaststätten aufsuchten, für den amerikanischen Geheimdienst anzuwerben. Angeworbene Westberliner Bürger erhielten von Wache für ihre Fahrten in die DDR gefälschte Ausweispapiere, darunter Personalausweise, Geschäftskarten, Auftragsbücher, Geschäftsbogen und Arbeitsbescheinigungen.

Die MID – Dienststelle Berlin-Dahlem, Ihnestraße 45, ging sogar soweit, Annoncen in der demokratischen Presse auszunutzen, um Bürger der DDR für ihre Spionagetätigkeit zu gewinnen. So hatte ein Bewohner der DDR im »Neuen Deutschland« eine Annonce zur Suche eines besseren Arbeitsverhältnisses aufgegeben. Er wurde daraufhin angeschrieben und am 15.4.1958 zu einem [Name 14] nach Westberlin bestellt (Telefon [Nr.]). Als diese Person der Aufforderung nachkam und sich in Westberlin unter der genannten Telefonnummer meldete, wurde er mit dem Mitarbeiter des Geheimdienstes [Name 15] in Verbindung gebracht und sollte im Hotel »Savigny« angeworben werden. Zu diesem Zweck wurde ihm eine Stellung als kaufmännischer Leiter eines westdeutschen Unternehmens der englischen Firma »Earlton« mit einem Monatsgehalt von 1 000 DM angeboten.

2. Werbung Jugendlicher und Minderjähriger

Der Resident des amerikanischen Geheimdienstes MID, Steinborn, Herbert,61 wohnhaft in Berlin-Wilmersdorf, [Straße, Nr.], wirbt besonders Jugendliche aus dem demokratischen Sektor und aus der DDR an, die er dann für Militärspionage ausnutzt. Zu diesem Zweck hält er sich besonders in Spielkasinos auf, u. a. im Spielkasino »Bei Paule« in Berlin-Wedding, Badstraße, wo er die Jugendlichen anspricht und unter Versprechung von Geld zur Mitarbeit verleitet. Außerdem hat er verschiedene Personen in Westberlin als »Zuführer« eingesetzt, darunter die Serviererin [Vorname Name 16], die im Cafè62 Erdmann am Hohenzollerndamm beschäftigt ist und die Aufgabe hat, Besucher aus der DDR und dem demokratischen Sektor von Berlin anzusprechen und Steinborn zur Anwerbung zuzuführen.

Die MID-Dienststelle Berlin-Zehlendorf, Podbielskiallee 66, die sich ausschließlich mit der Werbung von Agenten befasst und diese dann an die verschiedenen speziellen Dienststellen des amerikanischen Geheimdienstes weitergibt, wirbt ebenfalls in größerem Umfange Jugendliche für die verbrecherische Tätigkeit gegen die DDR an. Für den MID hat auch der vom MfS verhaftete und bereits wegen Spionage vorbestrafte Resident, Klosa, Wolfgang,63 gearbeitet. Nach seiner Haftentlassung war er im Oktober 1955 erneut mit dem MID in Verbindung gekommen und von dem Leiter der Dienststelle Berlin-Zehlendorf/West, Bogotastraße 19, beauftragt worden, in der Wohnung seiner Eltern in Berlin N 20, [Straße, Nr.] ein Werbebüro einzurichten und sich Schlepper anzuwerben, um so systematisch Massenwerbungen von Personen aus dem demokratischen Sektor von Berlin und dem Gebiet der DDR zu organisieren. Auftragsgemäß hat sich Klosa 20 Schlepper angeworben, die ihm ca. 320 Personen – vorwiegend Jugendliche – zuführten. Diese hat er in seinem Werbebüro zur Anwerbung vorbereitet und dann der Dienststelle des MID in Berlin-Zehlendorf/West Bogotastraße 19 übergeben, wo sie zur Spionage gegen die Nationale Volksarmee, Wirtschaft und Verkehrswesen der DDR angeworben wurden.

Die Schlepper suchten Personen zur Anwerbung besonders in Spielhöllen und anderen zweifelhaften Vergnügungsstätten. So suchte sich der Werber Voigt, Oskar64 seine Opfer in den Spielkasinos »Bei Paule« und »Berliner Kindl«, letzteres in der Grüntaler Straße 6. Unter Vortäuschung der Beschaffung von Arbeitsplätzen in Westberlin bzw. des Verdienens von Westgeld durch kleinere Besorgungen gelang es ihm, über 40 Jugendliche dem amerikanischen Geheimdienst zur Anwerbung zuzuführen.

Der Werber [Name 17, Vorname], wohnhaft in Berlin-Wilmersdorf, [Straße, Nr.], hat besonders in dem Spielkasino »Bei Paule« 15 Personen – vorwiegend Jugendliche – angeworben. Bei diesen Werbungen für den amerikanischen Geheimdienst wurde auch nicht davor zurückgeschreckt, minderjährige Jugendliche anzuwerben, z. B. den 17-jährigen [Vorname Name 18], wohnhaft in Berlin-Pankow.

Der 16-jährige [Name 19, Vorname] wohnhaft in Frankfurt/O., [Straße, Nr.], wurde vom MID – Dienststelle Würzburg – angeworben, als er Verwandte in Westdeutschland besuchte. Er hat unter dem Decknamen »Basdörfer« (Militärspionage betrieben und die gesammelten Informationen in Westberlin seinen Auftraggebern übergeben.

Auch von den in Westberlin tätigen Dienststellen des englischen Geheimdienstes SIS (Secret Intelligence Service) in Berlin-Neuwestend, Sperrgebiet Olympia-Station und BIS (12. Berliner Intelligence Staff) im Yorkshire-Haus im Olympia-Station werden skrupellose Anwerbungen von Jugendlichen durchgeführt. So wurde der 15-jährige [Vorname Name 20] wohnhaft in Frankfurt/O., [Straße, Nr.] im Februar 1957 durch den hauptamtlichen Mitarbeiter des englischen Geheimdienstes [Name 21] in Westberlin zur Militärspionage angeworben. Er erhielt u. a. folgende Aufträge:

  • über die Lage und Bewachung sowjetischer Kasernen in Frankfurt/O. zu informieren.

  • Waffengattungen der in diesen Kasernen stationierten Einheiten der Sowjetarmee festzustellen.

  • Spionagenachrichten über die Lage der Übungs- und Schießplätze und des darauf ablaufenden Dienstbetriebes sammeln.

  • Weitere Personen – besonders Jugendliche – zur Anwerbung zuzuführen.

[Name 22] hat auch noch einen Jugendlichen dem englischen Geheimdienst zur Anwerbung zugeführt und für seine Spionagetätigkeit Bilder sowjetischer Panzer, Geschütze und Kraftfahrzeug als Anschauungs- und Vergleichsmaterial in einer Streichholzschachtel mit doppeltem Boden erhalten.

Der 17-jährige Lagerarbeiter der Schuhfabrik Hugo Hänsel in Berlin C 2, [Name 23, Vorname], wurde am 7.5.1958 während seines Aufenthaltes in Westberlin von einem Mitarbeiter des Geheimdienstes angesprochen und zur Spionagetätigkeit angeworben. Er erhielt den Auftrag nach Werneuchen zu fahren und dort Erkundungen über militärische Objekte einzuziehen, die er dann in Westberlin wieder übergeben sollte.

3. Werbung von Besuchern Westberlins

Aus den angeführten Beispielen ist bereits ersichtlich, dass die imperialistischen Geheimdienste bei der Suche und Anwerbung von Personen für ihre Spionagetätigkeit skrupellos vorgehen und keine Möglichkeit ungenutzt lassen, um neue Verbindungen zu schaffen. Das bezieht sich insbesondere auf Anwerbungen von Bürgern der DDR und des demokratischen Sektors von Berlin, die unter verschiedenen Beweggründen Westberlin aufsuchen.

Um unter den verschiedenartigen Vorwänden und Gelegenheiten an die Personen heranzutreten, ihre Möglichkeiten zur Durchführung von Spionagetätigkeit bzw. Zuführung von Agenten zu prüfen und sie dann anzuwerben, haben die Geheimdienste speziell für diese Personenkreise ein umfangreiches System der Kontrolle geschaffen. So wurden ständig alle größeren Veranstaltungen in Westberlin, zu denen Besucher aus der DDR und aus dem demokratischen Sektor von Berlin zu erwarten sind, von Werbern beschickt, die Kinos, Gast- und Vergnügungsstätten unter Kontrolle gehalten und selbst bei Einkäufen Versuche zur Anwerbung unternommen. Unter anderem wurden bei Einkäufen in Westberlin Klug, Alwin,65 wohnhaft Berlin N 113, [Straße, Nr.], durch den Mitarbeiter des amerikanischen Geheimdienstes [Name 24] und der in Woltersdorf, [Straße, Nr.], wohnhafte [Vorname Name 25] durch Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes zur Spionagetätigkeit angeworben.

Allein im September 1957 wurden bei dem Besuch des Westberliner Kinos »City«, Friedrich-/Ecke Kochstraße die nachfolgenden, vom MfS inhaftierten Personen angesprochen und dem Mitarbeiter des amerikanischen Geheimdienstes [Name 26] zur Anwerbung als Spion zugeführt:

  • Gutzmerow, Günther,66 wohnhaft Berlin N 4, [Straße, Nr.]

  • [Name 27, Vorname], wohnhaft Berlin N 58, [Straße, Nr.]

  • [Name 28, Vorname], wohnhaft Berlin-Niederschönhausen, [Straße, Nr.]

4. Werbung von »Grenzgängern«

Ein wesentliches Reservoir sämtlicher Geheimdienste und Agentenzentralen zur Anwerbung von Spionen und Agenten bilden die sogenannten Grenzgänger, d. h. Personen aus dem demokratischen Sektor von Berlin und aus der DDR, die in Westberlin arbeiten. So wurde [Name 29, Vorname], wohnhaft in Berlin-Baumschulenweg, [Straße, Nr.], tätig gewesen bei der Fa. Drucker, Kunststoffverwertung in Berlin-Charlottenburg, Dernburgstraße 55, durch den Betriebsinhaber dem Mitarbeiter des amerikanischen Geheimdienstes [Name 30] zur Anwerbung zugeführt. [Name 26] erhielt u. a. den Auftrag, vom Geheimdienst benannte Personen unter verschiedenen Vorwänden in der DDR aufzusuchen und sie zur Republikflucht bzw. zu Besuchen in Westberlin zu veranlassen, wo sie dann angeworben werden sollten, was auch in einigen Fällen gelang. Unter anderem erhielt [Name 29] den Auftrag nach Dresden zu fahren, um Prof. Dr. Müller,67 Leiter der Silikonchemie Radebeul,68 nach Westberlin zu locken und dort dem amerikanischen Geheimdienst zur Anwerbung zuzuführen. Zur Tarnung der wirklichen Absichten sollte Prof. Dr. Müller mitgeteilt werden, dass der ihm bekannte Chemiker Dr. [Name 31] aus Westdeutschland in die DDR umsiedeln will und er, Müller, ihm bei der Beschaffung einer Arbeitsstelle in der DDR behilflich sein und zu diesem Zweck wegen einer Rücksprache nach Westberlin kommen soll. Nachdem dieses Vorhaben scheiterte, wurde Prof. Dr. Müller anlässlich der Herbstmesse und der Tagung von Vertretern der Kunststoffbranche in Stuttgart erneut angesprochen und zum Verlassen der DDR aufgefordert.

Der bei der Weingroßhandlung Hut & Sohn in Berlin-Tiergarten, Potsdamer Straße 5 als Kellerarbeiter tätige [Name 32, Vorname], wohnhaft in Berlin O 112, [Straße, Nr.], wurde 1955 von dem Mitarbeiter des amerikanischen Geheimdienstes [Name 33, Vorname], wohnhaft Berlin-Schöneberg, [Straße, Nr.], zur Militärspionage angeworben.

Die auf dem Westberliner Postscheckamt beschäftigte und in Berlin-Pankow, [Straße, Nr.] wohnhafte [Name 34, Vorname] wurde im Juni 1957 von dem Mitarbeiter des Geheimdienstes [Name 35] angeworben und zu Kurierfahrten in die DDR geschickt. Dabei wurde sie vom MfS festgenommen.

Ähnliche Beispiele der Ausnutzung von »Grenzgängern« für die Spionagetätigkeit der imperialistischen Geheimdienste könnten noch angeführt werden.

5. Werbung von Teilnehmern der DDR an internationalen wissenschaftlichen Tagungen

Von den Geheimdiensten werden selbst wissenschaftliche Tagungen internationalen Charakters für Versuche ausgenutzt, Bürger der DDR als Spione anzuwerben. Das trifft besonders für den amerikanischen Geheimdienst zu.

Der Studiendirektor der Arbeit-und-Bauern-Fakultät an der Hochschule für Architektur in Weimar, Taubert, Erich69 nahm im April 1957 als einer der offiziellen Delegierten der DDR an der 6. Generalversammlung und Studientagung des FICE (Internationaler Bund von Erziehern für Erziehungsgemeinschaften) in Brighton/England teil.70 Die FICE ist eine Konsultativ-Organisation der UNESCO. Als während dieser Tagung die DDR-Delegation in England Schülerheime und Internate besichtigte, wurde Taubert von einem Amerikaner [Name 36] angesprochen, der ihm Dolmetschertätigkeit anbot, sich über die Verhältnisse in der DDR erkundigte und um Unterstützung bei einer Einreise in die DDR bat. Im August 1957 erhielt Taubert eine Einladung von [Name 36] nach Westberlin. Im Hotel »Windsor« in Berlin-Charlottenburg, Knesebecktraße 8–9 wurde Taubert nicht von [Name 36] empfangen, sondern von zwei Personen, die sich als Mitarbeiter der amerikanischen Abwehr vorstellten und ihm im Verlaufe eines längeren Gespräches als Spion anzuwerben versuchten. Da Taubert entschieden ablehnte, drohten sie mit Verhaftung durch die Westberliner Polizei und sprachen die Drohung aus, dass es für die Gesundheit seiner Familie sehr schlecht sei, wenn er sich ihrem Willen nicht fügen würde und ihm außerdem sämtliche Möglichkeiten zu Reisen in das kapitalistische Ausland gesperrt würden. Trotz Ablehnung übergaben sie ihm die Telefonnummer einer Dienststelle des amerikanischen Geheimdienstes in Westberlin und erläuterten ihm Verhaltungsmaßregeln [sic!] für eine Zusammenarbeit. Taubert kam dem Ansinnen des amerikanischen Geheimdienstes nicht nach, sondern meldete diesen Vorfall den zuständigen Organen der DDR. Am 3. Juni 1958 erhielt er nun eine erneute Aufforderung nach Westberlin zu kommen und am 14.6.1958 im Hotel »Windsor« zu einem Treffen zu erscheinen, andernfalls die Androhungen von August 1957 wahrgemacht würden.

6. Behinderung des innerdeutschen Reiseverkehrs und dessen Ausnutzung zur Anwerbung

Neben diesen Beispielen, die aufzeigen, in welchem Umfang Bürger der DDR in Westdeutschland und Westberlin dem Treiben der Geheimdienste ausgesetzt sind, beweist zahlreiches Tatsachenmaterial, dass auch der innerdeutsche Reiseverkehr durch diese Zentralen behindert und dazu ausgenutzt wird, Besucher aus der DDR in Westdeutschland zur Spionagetätigkeit anzuwerben. Diese jede gesamtdeutsche Verständigung störende Tätigkeit wird in der Hauptsache von dem sogenannten »Bundesamt für Verfassungsschutz« (BAVS) durchgeführt, das dazu auch solche Organe wie den Zolldienst, den Bundesgrenzschutz (BGS) und selbst kommunale Verwaltungen heranzieht.

Zu diesem Zweck fand Anfang des Jahres 1957 innerhalb des »BAVS« eine Reorganisation statt, in deren Ergebnis die unter Leitung des Regierungsdirektors Dr. Nollau71 stehende Abteilung III, »Linksradikalismus«, personell verstärkt wurde. Dieser Abteilung obliegt die Aufgabe, jede gesamtdeutsche Verständigung, und selbst den Handel zwischen beiden deutschen Staaten, in Deutschland zu stören, was durch den Vizepräsidenten des Bundeskriminalamtes, Dr. Müllenmeister,72 im Prozess gegen den ehemaligen Leiter des Amtes, John,73 bestätigt wurde.74

Parallel mit der Verstärkung des »BAVS« wurden vor allem auch die Kontrollorgane des BGS und des Zolldienstes personell erweitert und zahlreiche Maßnahmen eingeleitet, die den innerdeutschen Reiseverkehr in erheblichem Umfang behindern. Diese Maßnahmen richten sich nicht nur gegen die persönliche Freiheit der Bürger DDR, sondern sind auch darauf gerichtet, Bürger der DDR zur Spionagetätigkeit auszunutzen und anzuwerben. Das »BAVS« hat zu diesem Zweck den Passkontrolldienst und den Zolldienst systematisch mit seinen Agenten durchsetzt, sich entlang der Grenze zur DDR zahlreiche Stützpunkte aufgebaut, die sich u. a. auch in den Objekten des Zolldienstes befinden und außerdem zahlreiche Maßnahmen zu einer schärferen Kontrolle der einreisenden Bürger der DDR ergriffen. So werden bereits in den Interzonenzügen aus der DDR geflüchtete Personen eingesetzt, die beauftragt sind, interessante Personen aus der DDR zum Zwecke der Anwerbung bzw. Festnahme festzustellen.

Die Meldeämter in Westdeutschland wurden vom »BAVS« angewiesen: »Ausweise, die bei den Behörden der Bundesrepublik verbleiben, müssen so aufbewahrt und behandelt werden, dass sie innerhalb ihrer Gültigkeit für spätere Reisen in die SBZ (gemeint ist die DDR) verwendet werden können, ohne dass den sowjetzonalen Behörden die vorübergehende Abgabe an westdeutsche Behörden erkennbar wird.«

Das »BAVS« unterhält an der Grenze und im gesamten Bundesgebiet außerdem zahlenmäßig starke Beobachtungsgruppen, die alle sich in Westdeutschland befindlichen Bürger der DDR beobachten, ohne dass irgendwelche rechtlichen Beweise oder Beschuldigungen gegen sie vorliegen.

In welchem Umfang die Kontrollen gegen ausreisende Bürger der DDR verschärft wurden, ist aus der Tatsache ersichtlich, dass auf Weisung des »BAVS«, ohne Rücksicht auf die Personen und ohne dass dafür Verdachtsgründe vorliegen, Kontrollen der persönlichen Gegenstände und der Kleidung durchgeführt werden. Außerdem werden Bürger der DDR ohne Beweise festgenommen und nach dem Zweck der Reise, sowie auf ihre mitgeführten finanziellen Mittel und auf ihre beabsichtigten Besuche vernommen. Besucher, die durch diese unverhoffte Behandlung schockiert sind und dem »BAVS« dadurch als »verdächtig« erscheinen, werden daraufhin ausführlicher vernommen, wobei die genauen Personalien festgestellt sowie Fingerabdrücke und Fotografien dieser Bürger der DDR angefertigt werden. In einigen Fällen musste auch eine Erklärung unterschrieben werden, nicht mehr in die Bundesrepublik einzureisen. Außerdem sind Beispiele bekannt, wo im Verlaufe dieser Vernehmungen versucht wurde, Bürger der DDR zur Spionagetätigkeit anzuwerben.

Dass für diese Zwecke auch kommunale Verwaltungen eingespannt werden, geht aus einer Anweisung des »BAVS« hervor, wonach Landratsämter, Bürgermeister der Stadtkreise und Kreisstädte jeden Versuch der Verbindungsaufnahme durch Bürger der DDR sofort zu melden, diese Besuche zu kontrollieren und außerdem den Zweck der Reise festzustellen haben, und ob diese Besuche über private Beziehungen hinausgehen.

Neben den westdeutschen Geheimdiensten wird der innerdeutsche Reiseverkehr auch durch ausländische Geheimdienste behindert und zur Werbung von Spionen und Agenten ausgenutzt. Die Zentrale des MID in Würzburg, Eisenmannstraße 4, die ein Teil der 66. CIC-Gruppe ist und in spionagetechnischer Hinsicht dem 522. MID-Bataillon untersteht, verschaffte sich zu diesem Zweck durch Postkontrolle einen Überblick darüber, bei welchen westdeutschen Familien Personen aus der DDR zu Besuch weilen oder erwartet werden. Getarnt als Mitarbeiter des Amtes für Meinungsforschung und mit den entsprechenden gefälschten Ausweisen versehen wurden diese Familien aufgesucht, die Einstellung der Besucher aus der DDR und deren Möglichkeiten zur Spionage erforscht und versucht, diese Personen anzuwerben bzw. durch diese Personen Bürger der DDR Bürger für diese Zwecke zugeführt zu bekommen. Die Ergebnisse dieser »Aussprachen« wurden durch die Mitarbeiter der MID-Zentrale in Berichten niedergelegt. Wie aus diesen Berichten ersichtlich ist, kam es nicht selten vor, dass die Mitarbeiter des MID bereits eher bei den westdeutschen Familien anwesend waren als die Besucher aus der DDR. Dazu folgende Auszüge aus Berichten von Mitarbeitern des MID:

Im Bericht der Mitarbeiter [Name 37] und [Name 38] über »Besuche zwecks Neuwerbung am 12.10.1955 in Fürth« wurde geschrieben: »Betr.: Adresse [Vorname Name 39], Dolgesheim, [Straße, Nr.], wo sich eine [Vorname] aus Ohrdruf aufhält. Der Ort Dolgesheim befindet sich nicht im Postdirektionsbezirk Nürnberg, sondern nach Erkundigung bei der Bundespost in Fürth konnte festgestellt werden, dass sich der Ort Dolgesheim im Postdirektionsbezirk Koblenz befindet. Die Durchführung der Neuwerbung konnte unter diesen Umständen nicht erfolgen.«

Im Bericht der gleichen Mitarbeiter des MID »zwecks Neuwerbung am 13.10.1955 in Offenbach und Wiesbaden« steht unter Betreff: »[Vorname Name 40], Wiesbaden, [Straße, Nr.] (Besuch aus Weimar) Ergebnis: Als wir in der Dunkelheit nach dem Namensschild [Name 40] an der Haustür suchten, erschienen ein Herr und zwei Damen und fragten uns, zu wem wir im Hause wollten. Als wir den Namen [Name 40] nannten, erklärte der Herr sofort: ›Das bin ich selbst.‹ Auf eine weitere Frage, ob er denn nicht Besuch aus der Ostzone habe, war seine prompte Antwort: ›Hier ist er. Den haben wir eben von der Bahn abgeholt.‹ Frau [Name 41] aus Weimar, etwa 46 Jahre alt, war hierauf sehr erstaunt, dass wir von ihrer Ankunft wussten und noch schneller vor dem Haus waren, als sie selbst. Wir gaben sofort zur Antwort, dass wir vom Amt zur Erforschung der öffentlichen Meinung kommen und von ihrer Ankunft Kenntnis erhalten haben. Ihre anfängliche Zurückhaltung wurde jedoch durch Herrn [Name 40] mit seiner offenen Art genommen. Wir haben jedoch vorgeschlagen, eine Aussprache auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, da sie erst angekommen sei und sich selbst mit ihren Angehörigen oder Verwandten noch nicht unterhalten habe.«

Im gleichen Bericht heißt es unter 6.) Betreff: Dritten Besuch der [Name 42, Vorname] in Wiesbaden, [Straße, Nr.]: »[Vorname] war beim dritten Besuch am 13.10. überaus freundlich und zutraulich und bestieg auch unseren Wagen. In einem abseits gelegenen Lokal hatten wir Gelegenheit, eingehend mit ihr über alle Werbungsmöglichkeiten zu sprechen. Er selbst nannte die wichtigen Objekte des Düsenjägerflugplatzes und sieht mehrere Möglichkeiten der Werbung, insbesondere einen Zugführer, der mit ihm sehr gut bekannt ist und dessen Einstellung er genauestens kennt. Schriftlich möchte er jedoch von hier aus die Werbungsmöglichkeiten nicht vornehmen. Diese könnten jederzeit durch seine Frau erfolgen. Da er mehrere Werbungsmöglichkeiten in Köthen und Umgebung in Aussicht stellte, wurde ihm folgender Vorschlag unterbreitet. Er selbst soll [Name 43]75 seine Frau in Berlin am 5.11.1955, um 18.00 Uhr im Café ›Schwarzwald‹ in Berlin-Schöneberg vorstellen. Zu diesem Zweck müsste er am 5.11.1955 um 13.45 Uhr in Wiesbaden abgeholt werden, um 15.45 den gemeinsamen Flug anzutreten. Er war mit diesem Vorschlag voll einverstanden, zumal er auch mit seiner Frau noch persönliche Dinge zu besprechen hat. Seine Frau wird er selbst verständigen.«76

In einem weiteren Bericht schrieb [Name 43]: »Am Sonnabend, den 7.4.1956, wurde der Besuch bei [Name 44] in Würzburg, [Straße, Nr.], aufgesucht. Es waren anwesend: Herr [Vorname Name 45], geb. 1903, wohnhaft in Naumburg, [Straße, Nr.]. Herr [Name 45] hat dort ein Seifen- und Parfümeriegeschäft. Er war sehr zugänglich und erklärte gleich, dass er zuverlässig sei, gehe schon allein daraus hervor, dass er hier bei seinem Verwandten, der General a. D. ist, zu Besuch sei. Er selbst denkt, dass er nicht genügend Einblick in russische Einheiten hat und erwähnte seinen Kollegen, der am Markt eine Drogerie hat, bei dem sehr viele Russen einkaufen und der auch selbst gut russisch spricht. Er ist jederzeit bereit, selbst über alles in Naumburg Auskunft zu erteilen … Selbst muss er auch öfters nach Berlin zu seiner Innung … Über Einzelheiten zur Werbung durch ihn, die er zusagte, soll morgen mit ihm in einer Dienststelle Näheres besprochen werden … Er erwartet am 10.4.1956 einen Anruf von [Name 43] unter der Telefon-Nr. [Nr.] (bei [Name 44]), wo nach einem Treffen mit ihm Näheres besprochen werden kann …«

Von den in den Berichten der MID-Dienststelle Würzburg angeführten Personen, an die anlässlich ihrer Reisen nach Westdeutschland mit solchen »Aussprachen« herangetreten wurde, sind eine Reihe zur Spionagetätigkeit angeworben und vom MfS festgenommen worden.

III. Charakter und Ziele der Agentenorganisationen – Mittel und Methoden ihrer feindlichen Tätigkeit gegen die DDR

Außer den bereits angeführten, in Westberlin bestehenden Dienststellen der imperialistischen Geheimdienste gibt es noch eine Reihe weiterer Agentenzentralen und Organisationen, die im Zuge der »vorgeschobenen Brückenkopfpolitik« zum Teil im Auftrage der amerikanischen Regierung geschaffen und von ausländischen, vor allem amerikanischen Dienststellen, finanziert und angeleitet werden. Neben umfangreicher Spionage betrieben diese Agentenorganisationen eine starke Untergrundtätigkeit gegen die Deutsche Demokratische Republik. Dabei benutzen sie die besondere Lage Westberlins, um mit Spionage, Terror und Zersetzungstätigkeit das wirtschaftliche, kulturelle und politische Leben in der DDR zu stören und Unruhe unter der Bevölkerung zu erzeugen. Mit verbrecherischen Mitteln und Methoden versuchen diese Zentralen, Bürger aus der DDR zu ihren Verbrechen zu missbrauchen und zu staatsfeindlichen Handlungen gegen die DDR anzustiften. Unter Tarnbezeichnungen verbergen diese Agenten- und Spionagezentralen ihr wahres Gesicht und geben somit ihrem terroristischen Charakter einen humanitären Anstrich.

1. Die sogenannte »KgU«

Eine von der Vielzahl der Spionage- und Untergrundorganisationen in Westberlin ist die sogenannte »Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit«. Diese Zentrale hat ihren Sitz in Berlin-Nikolassee, Ernst-Ring-Straße 2–4, und eine Nebenstelle im Notaufnahmelager Berlin-Marienfelde. Sie ist eine Agentenorganisation, die unmittelbar vom amerikanischen Geheimdienst finanziert und angeleitet wird und gleichzeitig von ihm Spionage-Aufträge erhält. Der gemeingefährliche Charakter dieser Agentenzentrale kommt vor allem in den ihren Agenten erteilten Aufträgen zum Ausdruck, die sich in ihrer Zielsetzung gegen das Leben und Eigentum der Bürger der DDR richten.

Der von den Sicherheitsorganen der DDR festgenommene Agent Benkowitz, Gerhard77 erhielt von dem hauptamtlichen Mitarbeiter der KgU, Bährmann – alias Wolf, – alias Langer78 den Auftrag, wichtige Verkehrsknotenpunkte und Industrieanlagen zu sprengen. Zum Beispiel das Eisenbahnviadukt in Weimar, die sogenannte Sechsbogenbrücke sowie drei weitere Eisenbahn- und eine Straßenbrücke in Weimar. Die Sechsbogenbrücke sollte zum Einsturz gebracht werden, wenn sich ein Zug auf ihr befindet. Des Weiteren erhielt Benkowitz den Auftrag, einen Hochspannungsmast der Starkstromleitung zwischen Weimar und Erfurt zu sprengen und gemeinsam mit dem Agenten Kogel79 das Elektrizitätswerk Weimar durch Anzünden der Kohlenvorräte mittels Brandsatz zu zerstören. Im Auftrage der KgU führte Benkowitz auch Spionage durch. So erkundete er Details der ihm zur Zerstörung angewiesenen Objekte und beteiligte sich an der Vorbereitung der von der KgU beabsichtigten Sprengung der Saale-Talsperre, indem er technische Einzelheiten ausspionierte und auftragsgemäß Fotos von der Talsperre anfertigte.

Einen ähnlichen Auftrag erhielt auch der Agent Schuster.80 Schuster wurde von dem KgU-Mitarbeiter Wagner – alias Lange81 beauftragt, die Eisenbahnstrecke Münchenbernsdorf – Gera durch Sprengung einer über die Bahnstrecke führenden Brücke außer Betrieb zu setzen und die vor dem dortigen Benzinauslieferungslager befindlichen Weichen zu zerstören. Weiter wurde er von dem KgU-Mitarbeiter angewiesen, einem Funktionär einer demokratischen Partei wegen seiner Aktivität aufzulauern und [ihn] zu ermorden.

Von einem anderen KgU-Agenten wurden vier Jugendliche im Alter von 15 bis 19 Jahren beauftragt, eine große Scheune des VEG Lanke [Bezirk] Potsdam82 niederzubrennen, wofür ihnen 2 000 DM versprochen wurden.

Der Agent [Name 46, Vorname] aus Wehnsdorf, [Bezirk] Cottbus, bezog regelmäßig in großem Umfange Hetzschriften der KgU und wurde von dieser Agentenzentrale zu Terrorhandlungen angestiftet. Da ihm die Bildung einer staatsfeindlichen Gruppe nicht gelang, führte er selbst verbrecherische Handlungen gegen die DDR durch. Von der KgU angestiftet, vernichtete er am 26.5.1957 das Sägewerk Petschick83 und zündete am 14.8.1957 die Scheune eines Mittelbauern an.

Die [Name 47, Vorname] kam anlässlich eines Besuches bei ihrem Onkel [Name 48, Vorname] in Berlin-Schlachtensee mit dem Mitarbeiter der KgU Bruhn – alias Schulz84 zusammen. Bruhn erklärte, dass er an Informationen aus Mecklenburg interessiert sei und forderte sie auf, in der Folgezeit wieder nach Westberlin zu kommen. Bei der nächsten Zusammenkunft wurde die Jugendliche, die zu diesem Zeitpunkt erst 17 Jahre alt war, unter dem Decknamen »Sänger« zur Lieferung wirtschaftlicher und politischer Spionageangaben verpflichtet.

Durch einen 1957 republikflüchtig gewordenen Verwandten wurde der [Name 49, Vorname] aus Stralsund, [Straße, Nr.], brieflich zu einem Besuch nach Westberlin eingeladen. Bei diesem Besuch seines Verwandten in Westberlin wurde [Name 48] sofort mit dem Mitarbeiter der KgU Gulich – alias Kunze,85 zusammengebracht und von diesem unter dem Decknamen »Eberlein« zur Mitarbeit in einer »Widerstandsgruppe« verpflichtet. [Name 49] erhielt Aufträge zur Spionage und zum Einschleusen von Hetzmaterial in die DDR. Er wurde ferner beauftragt, seinen Bruder (Oberleutnant und Stabschef eines Bataillons der NVA) zur Spionagetätigkeit für die Agentenzentrale KgU anzuwerben. Zur Erfüllung dieses Auftrages wurden ihm von der KgU 1 600 DM übergeben.

Der im November 1957 von den Sicherheitsorganen der DDR festgenommene Agent Wieckert, Paul86 aus Mahlow, [Kreis] Zossen, unterhielt seit 1955 Verbindung zur sogenannten »Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit« und schleuste bis zu seiner Festnahme ca. 450 Briefe mit Hetzschriften ein, die an verschiedene Bürger der DDR gerichtet waren. Diese Bürger sollten für die KgU gewonnen werden und sich gegen die Verhältnisse in der DDR auflehnen.

2. Der sogenannte »UfJ«

Eine andere, ebenfalls vom amerikanischen Geheimdienst finanzierte und angeleitete Agentenzentrale ist der sogenannte »Untersuchungsausschuss freiheitlicher Juristen«. Die Zentrale des »UfJ« befindet sich in Berlin-Zehlendorf/West, Limastraße 29, und eine »Beratungsstelle« im Notauffanglager Berlin-Marienfelde.

Auch der UfJ will seinen wahren Charakter verschleiern, indem er den Anschein einer Rechtsberatungsstelle zu erwecken sucht. Unter diesem Deckmantel versucht der UfJ, unter den Besuchern aus der DDR geeignete Personen als Agenten anzuwerben oder von diesen Informationen über die DDR zu verlangen. Die Schädlichkeit dieser Zentrale findet auch ihren Ausdruck in der Täuschung der Bürger, die in der Erwartung einer »kostenlosen Beratung« zur Spionage missbraucht werden.

Der festgenommene [Name 50, Vorname] aus Lankwitz/Berlin nahm Verbindung zum UfJ auf, um sich Auskunft zu holen, wo er in Westberlin bestimmte Medikamente erhalten könne. [Name 50] sagte aus, dass er die verlangte Medizin nicht bekommen habe, sondern von einer Zusammenkunft auf die andere vertröstet wurde. Bei diesen Zusammenkünften wurden umfangreiche Spionageinformationen über die Arbeitsstelle des [Name 50] (VEB Lokomotiv- und Elektrowerk Hennigsdorf)87 gefordert.

Der [Name 51, Vorname] aus Hennigsdorf, [Bezirk] Potsdam, sprach in der Zentrale des UfJ vor, um sich in einer privaten Angelegenheit Rat zu holen. Er wurde aber nur verströstet und mit dem UfJ-Hauptagenten »Albricht«88 zusammengebracht. Durch diesen wurde er zur Spionagetätigkeit verpflichtet, erhielt Decknamen und Deckadresse und musste eine entsprechende Erklärung unterschreiben. In der Folgezeit lieferte er umfangreiche Spionageinformationen über das Stahl- und Walzwerk »Wilhelm Florin«, wo er als Gießerei-Ingenieur arbeitete.89

Ein anderer Agent des UfJ, [Name 52, Vorname], aus Welzow, wurde ebenfalls in der Zentrale des UfJ Limastraße angeworben, als er sich eine Auskunft holen wollte. Er wurde mit dem Hauptagenten »Dr. Berger«90 bekannt gemacht und von diesem unter dem Decknamen »Max Engelmann« zur Militärspionage angeworben. Des Weiteren führte [Name 52] der Spionageorganisation UfJ einen weiteren Bürger der DDR zur Anwerbung zu.

Der am 9.1.1958 von den Sicherheitsorganen der DDR festgenommene Ritschel, Herbert91 aus Wickerstedt, [Kreis] Apolda, lieferte gleichfalls umfangreiches Spionagematerial an den UfJ. Bei dem am 13.10.1957 stattgefundenen Geldumtausch in der DDR meldete Ritschel 2 000 DM zum späteren Umtausch an. Von seiten des UfJ wurden ihm daraufhin 1 100 DM übermittelt, die er am 28.10.1957 in neue Banknoten umtauschte.

Seit Januar 1958 hat der UfJ eine sogenannte »Berufsberatung für Jugendliche« eingerichtet. Bei dieser »Beratung« sollen die Jugendlichen beeinflusst werden, sich solchen Berufsgruppen zuzuwenden, an denen bereits ein Überfluss an Arbeitskräften in der DDR besteht. Dadurch soll der Engpass in wichtigen Berufsgruppen verstärkt werden. Andererseits sollen die Jugendlichen veranlasst werden, die DDR zu verlassen.

3. Die sogenannte »VOS«

Mit Spionage und Zersetzungstätigkeit befasst sich auch die Agentenorganisation »VOS« (Vereinigung der Opfer des Stalinismus). Diese Organisation hat ihren Sitz in Berlin-Charlottenburg, Jebensstraße 1. Die Tätigkeit dieser Organisation richtet sich hauptsächlich auf die Unterwühlung der DDR. Die Mitglieder dieser Zentrale sind Personen, die wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Agententätigkeit, Wirtschaftsverbrechen und anderer Delikte in der DDR inhaftiert waren.

Alle Besucher aus der DDR, besonders Angehörige von Häftlingen, werden intensiv über politische, wirtschaftliche und militärische Dinge befragt. Dabei ist diese Agentenzentrale bestrebt, unter den Besuchern neue Agenten anzuwerben. Neben der Spionage werden von der VOS im demokratischen Sektor von Berlin Hetzschriften verteilt. Der festgenommene VOS-Agent [Name 53, Vorname], bestätigte, dass von der VOS auch größere Mengen Hetzschriften durch die Post in die DDR eingeschleust werden.

4. Die sogenannten Ostbüros der Parteien und ihre Nebenorganisationen

Außer den bereits genannten gibt es in Westberlin noch zahlreiche andere Agentenzentralen, die sich als »Ostbüro« politischer Parteien und Organisationen der Bundesrepublik bezeichnen. Diese haben jedoch mit dem eigentlichen Charakter und den Zielen politischer Parteien und Organisationen schlechthin nichts gemein. Die »Ostbüros«, insbesondere die »Ostbüros der SPD«, CDU – und FDP unterscheiden sich in ihrer Tätigkeit durch nichts von den vorgenannten verbrecherischen Zentralen. Obwohl vorgetäuscht werden soll, dass diese »Ostbüros« der Wiedervereinigung Deutschlands und der Pflege von Kontakten zwischen Ost- und Westdeutschland dienen, werden auch hier Agenten geworben und Wühlarbeit gegen die Deutsche Demokratische Republik organisiert.

»Ostbüro der SPD«92

Die Zentrale des SPD-Ostbüros befindet sich in Bonn, Friedrich-Ebert-Allee 170–174, in Westberlin hat das Ostbüro der SPD seinen Sitz in Berlin-Dahlem, Spechtstraße 17.

Die Gefährlichkeit der Tätigkeit des Ostbüros der SPD wird dadurch erhöht, dass es in der Öffentlichkeit – dem Namen nach – als Vertreter einer Arbeiterpartei angesehen wird und diesen Anschein auch zu wahren versucht. In Wirklichkeit verbirgt sich jedoch dahinter eine der verbrecherischsten Agentenzentralen, die mit der Tätigkeit der Partei und der überwiegenden Mehrheit der Mitglieder nichts gemein hat. Das beweisen anschaulich nachfolgende Beispiele:

Dem Inhaftierten Saudhof93 aus Caputh, [Bezirk] Potsdam, wurde von der Funktionärin des SPD-Landesvorstandes, Ella Kay,94 in der Zietenstraße in Westberlin sein Ersuchen auf die Mitgliedschaft in der Westberliner SPD abgelehnt. Auf Vorschlag befreundeter SPD-Mitglieder wendete er sich deshalb an das Ostbüro der SPD, wo er jedoch unter dem Decknamen »Zacharias« als »V-Mann« angeworben wurde. Im Auftrage des Ostbüros der SPD lieferte er Berichte über die Landwirtschaftsschule in Caputh und Charakteristiken über Bürger der DDR, sowie über die VEB »Karl-Marx-Werke« Babelsberg,95 und Stahl- und Walzwerk Hennigsdorf u. a. m. Dafür wurde dem S. laufend versprochen, dass ihm das Ostbüro der SPD zur Mitgliedschaft verhelfen wollte.

1954 wurden die Geschwister [Vorname 1] und [Vorname 2 Name 54] aus Bötzow, [Bezirk] Potsdam, [Straße], von ihrem Cousin Heinz Putzrath96 aus Bad Godesberg, [Straße, Nr.], brieflich zu einer Zusammenkunft nach Westberlin eingeladen. Putzrath, der Referent und Dolmetscher bei dem Vorsitzenden der SPD, Erich Ollenhauer97 ist, warb bei dieser Zusammenkunft seine Cousinen an und übergab sie dem Hauptagenten des Ostbüros der SPD, Maerker alias Baumann.98 Die Geschwister [Name 54] erhielten die Decknamen »Kiebitz« und »Bachstelze« und arbeiteten bis zu ihrer Verhaftung mit den

  • [Name 55] alias »Kramer«,

  • Eckmann alias »Berg«99,

  • Zachmann alias »Müller100« und

  • Weber alias »Wandel«101

zusammen.

Die Geschwister [Name 54] waren in der Abteilung Materialplanung des VEB Stahl- und Walzwerkes Hennigsdorf tätig und überbrachten ihren Auftraggebern u. a. Originale, Kopien, Abschriften und Berichte über sämtliche ihnen zugängliche Unterlagen des Betriebes sowie genaue Anschriften und Charakteristiken von leitenden Angestellten.

Als besonders gefährlicher und skrupelloser Agent des Ostbüros der SPD wurde Ende 1957 der 27-jährige [Name 53, Vorname] festgenommen. [Name 53] stand als »Flüchtling« aus der DDR bereits 1949/50 mit dem Ostbüro der SPD in Verbindung und betrieb Hetze gegen die DDR. Nach einer Strafverbüßung verließ er abermals die DDR und lieferte in der Folgezeit an insgesamt 14 Agenten- und Spionageorganisationen Informationen, die er bei ca. 500 Vernehmungen von Flüchtlingen als »VOS-Mitglied« im Landes-Gastlager Lübeck-Blankensee sammelte.102 Im Dezember 1956 kehrte er aufgrund seiner »guten Arbeit« im Auftrage des Ostbüros der SPD in die DDR zurück und fand Arbeit als Ladeschaffner auf dem Güterbahnhof Altendorf. Seine dienstfreie Zeit benutzte er dazu, um sich in der Uniform der Deutschen Reichsbahn auf den Bahnhöfen aufzuhalten und Informationen zu sammeln. Er führte umfangreiche Tagebücher, die von Kurieren des Ostbüros der SPD abgeholt wurden und sammelte Informationen über die Nationale Volksarmee, die sowjetischen Streitkräfte und über die Produktion wichtiger VE-Betriebe. Zur Abfassung seiner Spionageberichte benutzte er Geheimtinte. Auftragsgemäß sollte er in die SED eintreten, was ihm jedoch nicht gelang. [Name 53] ist einer von zahlreichen Agenten, die eigens zum Zwecke der Wühl- und Spionagetätigkeit in der DDR vom Ostbüro der SPD geschult wurden.

Das Ostbüro der SPD führt diese Agentenschulungen im Rahmen der sogenannten »Sonderkurse für Betriebsfunktionäre« an der Heimvolkshochschule in Bergneustadt in Westdeutschland durch. Die Heimvolkshochschule Bergneustadt (Oberbergischer Kreis) Telefon [Nr.] oder [Nr.] gehört zu der in Westdeutschland existierenden Friedrich-Ebert-Stiftung,103 die diese Schule am 28.2.1956 auch eröffnete. Die Heimvolkshochschule ist die Parteischule der SPD, obwohl nach außen hin diese Tatsache nicht bekannt gemacht wird, um dadurch die Staatszuschüsse nicht zu gefährden. Außer den Zuschüssen vom Parteivorstand der SPD wird die Schule auch durch Zuschüsse des Bundesinnenministeriums, des Innenministeriums von Nordrhein-Westfalen und der sogenannten Zentralstelle für Heimatvertriebene finanziert.

Bereits der Teilnehmerkreis lässt erkennen, dass es sich bei dieser Schule um eine getarnte Agenten- und Spionageschule handelt. Neben Mitgliedern der SPD, Betriebsfunktionären, Gewerkschaftlern und Funktionären der SPD aus Westdeutschland und aus dem demokratischen Sektor von Berlin nehmen auch sogenannte »V-Leute« des Ostbüros der SPD und aus der DDR geflüchtete ehemalige Strafgefangene teil. Die Teilnehmerlisten werden geheim gehalten, Gruppenfotografien sind untersagt und die teilnehmenden Personen aus der DDR dürfen sich nicht beim Familiennamen nennen, ihre Heimatorte nicht angeben und nur mit ihren Deck- oder Vornamen auftreten. In den sogenannten »Sonderkursen für Betriebsfunktionäre«, auf denen die Agenten geschult und die unter dem Thema »Darstellung und Kritik des Kommunismus« durchgeführt werden, treten als Lektoren hauptsächlich der Leiter des Ostbüros der SPD, Stephan Thomas, sowie zahlreiche hauptamtliche Mitarbeiter der SPD, unter ihnen die Renegatin Carola Stern,104 die aus dem Gebiet der DDR flüchtete, auf.

Zum Thema »Die Darstellung und Kritik des Bolschewismus« suggeriert Thomas den Teilnehmern den Gedanken der Annexion des Gebietes der DDR durch Westdeutschland und erklärte dabei u. a., dass der Forschungsbeirat des Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen den »Wiedervereinigungstag« bereits fix und fertig analysiert habe, sämtliche Gebiete bereits erfasst und die Vorbereitungen dazu ebenfalls abgeschlossen seien. Der Tag der Wiedervereinigung stehe kurz bevor. Über die Tätigkeit des Ostbüros der SPD in diesem Zusammenhang machte er folgende aufschlussreiche Ausführungen, die dazu angetan sind, die Agenten des Ostbüros der SPD in der DDR zum Widerstand gegen die verfassungsmäßige Ordnung aufzuhetzen und die bereits angeführten Beispiele der Feindtätigkeit dieser Zentrale gegen die DDR [zu] bestätigen. Nach seinen Worten führt das SPD-Ostbüro einen »Aufklärungsfeldzug« und Propaganda mittels Flugblätter und Schriften durch, sammelt es Nachrichten über die DDR und ihre Maßnahmen und leitet es die »Hilfsaktion für Flüchtlinge«. Für das SPD-Ostbüro gelte es, einen unabdingbaren kompromisslosen Kampf gegen den Kommunismus zu führen. Es gibt keine DDR für die SPD-Mitglieder, sondern nur eine sowjetisch besetzte Zone. Aufschlussreich sind auch die Erklärungen von Thomas, die er vor den Teilnehmern dieser Kurse über den Fall des ehemaligen Leiters des sogenannten »Bundesamtes für Verfassungsschutz«, Dr. John, abgegeben hat. Wörtlich führte er darüber aus, dass dieser »im Auftrage der Bundesrepublik und des englischen Geheimdienstes in die DDR geschickt wurde, um hinter die Kulissen zu sehen. Als Preis dafür habe er einige Agenten preisgegeben. Das Ziel wurde jedoch nicht erreicht, da er keinen Einblick erhielt. Der Prozess in Karlsruhe wäre nur eine Farce«.

Die Lektionen der übrigen Lektoren haben alle den gleichen Inhalt: Hetze gegen die sozialistischen Staaten, besonders gegen die Sowjetunion und die DDR und die Erziehung und Schulung ihrer Agenten aus der DDR zum »Widerstand«. Auch in den Arbeitsgemeinschaften, die an Stelle von Seminaren zu diesen Sektionen stattfinden, werden diese Themen behandelt. Zum Beispiel:

  • »Wie können wir den sozialdemokratischen Kampf in der Zone unterstützen?«

  • »Wie soll die Neuordnung in der ›Zone‹ aussehen auf dem Gebiet der Industrie, des Handels und der Landwirtschaft?«

Das Ostbüro der SPD unterhält in Westberlin noch eine Reihe untergeordneter Agentenorganisationen.

Die Gefährlichkeit und der Charakter des Ostbüros der SPD und seiner Nebenorganisationen gehen aus den nachfolgenden Schilderungen hervor:

Von dem hauptamtlichen Mitarbeiter »Dr. Pritzel« alias »Dr. Reinhardt«105 wurde der Ingenieur Martin Bitterlich106 aus den Industriewerken Dresden als »V-Mann« des Ostbüros der SPD angeworben und erhielt den Decknamen »Süss«. Bitterlich erhielt den Auftrag, Spionageberichte über Konstruktionspläne im Flugzeugbau zu beschaffen und genaue Angaben über die Verkehrsanlagen und Transporte der Deutschen Reichsbahn zu geben. Dazu wurde er mit dem Gebrauch von Geheimtinte und einer Spezialkamera vertraut gemacht.

Ebenso trieb der ehemalige »V-Mann« des Ostbüros der SPD [Vorname Name 56] alias [Name 57] aus Magdeburg Wirtschaftsspionage im VEB »Karl-Liebknecht-Werk« Magdeburg.107 Er lieferte auftragsgemäß Spionageberichte über Produktionsprogramme, Planerfüllung, Exportprogramm usw. an das Ostbüro der SPD. Diese Informationen sollten dazu dienen, das Produktionsprogramm der DDR zu stören.

Der verbrecherische Charakter des Ostbüros der SPD und seiner untergeordneten Agentenorganisationen zeigt sich besonders auch in der Ausnutzung Jugendlicher für ihre feindliche Tätigkeit.

Der damals 16-jährige Schüler am Lehrerbildungsinstitut Potsdam Nikoleit, Klaus-Hermann,108 stand seit 1955 mit der Agentenorganisation des Ostbüros der SPD »Aktionsgemeinschaft freier Jugend Mitteldeutschland«,109 Redaktion »Freie Junge Welt«110 in Berlin-Wilmersdorf, Hohenzollerndamm 174/175 in Verbindung. Im Auftrag der hauptamtlichen Mitarbeiterin [Vorname Name 58] alias [Name 59] berichtete N. bis zum April 1957 fortgesetzt über die Situation und den Ausbildungsverlauf – u. a.m. – am Institut. Diese Informationen wurden von der Hetzzeitschrift »Freie Junge Welt« in entstellter Form wiedergegeben, um unter den Jugendlichen, besonders unter den Studenten und Oberschülern des demokratischen Sektors von Berlin und in der DDR Unruhen und Unzufriedenheit zu stiften.

»Redaktion Freie Junge Welt«

Die Redaktion »Freie Junge Welt« führt die Deckbezeichnung »Garage«. Die Hauptrichtung ihrer verbrecherischen Tätigkeit ist die Spionage, wobei sie vorwiegend Jugendliche missbraucht, die studieren oder schon in der Produktion tätig sind. Bei ihren Anwerbungsmethoden versandte sie u. a. Preisausschreiben, deren »Gewinner« bei der Abholung des Geldpreises angeworben wurden. Außer der Hetzschrift »Freie Junge Welt« werden noch die »Junge Generation«111 und eine Fälschung der im demokratischen Sektor von Berlin erscheinenden »Einheit«112 verbreitet.

»Ost-West-Begegnungen« der Falken113

Einen ebenso gefährlichen Charakter wie die »Aktionsgemeinschaft Freier Jugend Mitteldeutschland« haben die sogenannten »Ost-West-Bewegungen« der Falken und Jungsozialisten. Diese haben das Ziel, die Jugend der Deutschen Demokratischen Republik ideologisch zu zersetzen und gegen die DDR aufzuwiegeln.

Die Zielsetzung des »Referates Mitteldeutschland« der Falken114 charakterisierte deren Vorsitzender Ristock115 auf die Feststellung des Org.-Sekretärs im Landesvorstand der Falken, Dittner,116 dass das »Referat Mitteldeutschland« eine Spionage- und Agentenorganisation ist, welche vom Ministerium für gesamtdeutsche Fragen und von den USA finanziert wird, wie folgt: »In der Sowjetunion, in den Volksdemokratien und in der DDR Zersetzungsarbeit zu leisten und deshalb in der DDR und im demokratischen Sektor von Berlin Kontakte zu Studenten und SED-Mitgliedern schaffen und vertiefen und geheime Parteizellen in der SED und in den Massenorganisationen zu bilden.«

Die »Ost-West-Begegnungen« dieser Organisation werden konspirativ durchgeführt, wobei die Teilnehmer aufgefordert werden, sich nicht mit den Familiennamen anzusprechen und keine Einzelheiten über ihre Herkunft zu nennen. Besonders wurde der konspirative Charakter dieser »Begegnungen« durch den Prozess gegen den Vorsitzenden der Falken, Harry Ristock, bestätigt, der unter Ausschluss der Öffentlichkeit in Westberlin durchgeführt wurde. Dadurch sollte verhindert werden, dass die Westberliner Bevölkerung Kenntnis davon erhielt, welche umfangreichen Geldmittel bei diesem zweifelhaften Unternehmen vergeudet werden. Dies mussten selbst die »BZ« vom 23.5.1958117 und der »Spiegel« 14/58118 zugeben. In der »BZ« heißt es u. a.: »Mehr als zweifelhaft erscheint die Berechtigung einer Jugendorganisation, sich mit Dingen zu beschäftigen, die die Sicherheit des Staates gefährden.« Ristock war wegen Betrug und Urkundenfälschung angeklagt. Er hatte 5 000 DM von einer Summe Gelder unterschlagen, die für sogenannte »Helferschulung« und ca. 500 000 DM, die für sogenannte »Ost-West-Begegnungen« beim Senator für Jugend und Sport angefordert und bewilligt worden war.

Der feindliche Charakter der »Begegnungen« geht besonders auch aus den Worten des Mitglieds der sogenannten »Ortskommission« des Falkenvorstandes, Jürgen Gerull,119 hervor. G. äußerte: »dass es für die Jugendlichen aus der DDR gefährlich sei, an den Begegnungen teilzunehmen. Man müsse aber das Risiko eingehen, wenn die Möglichkeit bestände, einen neuen 17. Juni – Putsch120 auszulösen.«

Mit den gleichen Zielen arbeiten der »Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS)« und die »Gewerkschaftliche Studentengemeinschaft« (GSG).

Der SDS-Landesverband Westberlin z. B. verfolgte schon 1956 das Ziel – wie der Landesvorsitzende Büsch erklärte – »an den Universitäten der DDR einen dauernden Unruhezustand zu schaffen«. Dies geschah in Übereinstimmung und mit Unterstützung der SPD in Westberlin, die – wie Brandt zusagte – dafür Mittel zur Verfügung stellen wollte. Zu diesem Zweck sollte auch ein Ausschuss gebildet werden, der sich ständig mit der Hochschulsituation in der DDR befasst.

Wie das Vorstandsmitglied des Westberliner DGB, Anneliese Holtz, anlässlich einer Landesvollversammlung der GSG erklärte, soll die GSG zum »Geistigen Zentrum einer Widerstandsbewegung unter den Studenten der DDR« und zum Sammelbecken aller Feinde der DDR gemacht werden.

»Ostbüro der CDU«121

In Berlin-Tempelhof, Manfred von Richthofenstraße 2 befindet sich das sogenannte »Ostbüro der CDU«, welches 1947 von dem ehemaligen Leiter des Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen, Jakob122 Kaiser, als »Büro Jakob Kaiser« gegründet wurde.

Das Ostbüro der CDU ist eine Agentenzentrale, die Wühlarbeit, Spionage und Zersetzungstätigkeit in der DDR durchführt und große Sendungen Hetzmaterial durch die Post und mit Ballon in die DDR einschleust. Die Aussagen der ehemaligen Hauptagenten des Ostbüros der CDU [Name 60] und Koschinski123 – die gleichzeitig mit dem französischen Geheimdienst in Verbindung standen – sowie des Agenten Müller124 bewiesen dies eindeutig. Koschinksi führte als Hauptagent des Ostbüros der CDU dem französischen Geheimdienst den ehemaligen Kreissekretär der CDU aus Bernau, Kurt Brandenburg125 zu; während der Agent Müller die Studenten Hans-Ulrich Klose126 und Helge Herrmann127 aus Falkensee dem Ostbüro der CDU zur Anwerbung zuführte.

Zur Übermittlung der Spionageinformationen werden in Westberlin Treffs mit den Agenten aus der DDR durchgeführt. Besonderen Wert legt das »Ostbüro der CDU« auf die Zuführung von Personen für die Durchführung der Feindtätigkeit.

»Ostbüro der FDP«128

Das Ostbüro der FDP wurde 1948 in Westberlin und Westdeutschland als sogenannter »Hilfsdienst – Ost« gegründet und 1952 in das »Ostbüro der FDP« umbenannt. Seit 1956 existiert dieses Büro unter der Tarnbezeichnung »Referat Wiedervereinigung« und hat seinen Sitz in Berlin-Charlottenburg, Württembergallee 8. Das Ostbüro der FDP (Referat Wiedervereinigung) befasst sich – ebenso wie die vorgenannten Ostbüros – mit Störaktionen und Wühlarbeit gegen die Ordnung der Deutschen Demokratischen Republik.

Der hauptamtliche Mitarbeiter des Ostbüros der FDP, Hans Füldner,129 organisierte und leitete z. B. einige Tage nach dem 17. Juni 1953 mit etwa 40 ausgewählten Personen aus dem Flüchtlingslager Berlin-Marienfelde einen terroristischen Überfall auf das Parteibüro der SED in Berlin-Neukölln. Dazu gab er den Personen Anweisung, sämtliche Einrichtungsgegenstände des Büros zu zerstören und Unterlagen und Akten zu vernichten oder auf die Straße zu werfen. Vor dem Überfall verständigte Füldner die Polizei. Diese gab ihre Sanktionierung zu dem Überfall und erschien erst nach der Demolierung des Büros, um die auf der Straße liegenden Akten und Unterlagen abzutransportieren. In seiner Vernehmung sagte Füldner später aus, dass dieser Überfall eine Vergeltungsmaßnahme für den misslungenen Putschversuch vom 17. Juni 1953 sein sollte.

5. Die Wühl- und Zersetzungsarbeit der Sender »RIAS« und »Radio freies Europa«.

Der »RIAS« oder »Rundfunk im amerikanischen Sektor« mit dem Sitz in Berlin-Schöneberg, Kufsteiner Straße 69, ist ein staatliches Unternehmen des Informationsdienstes der USA beim Staatsdepartement der USA. Die Sendungen erfolgen ausschließlich in deutscher Sprache und sind darauf abgestimmt, im deutschen Volk ein gewisses Misstrauen und Feindschaft zur Regierung der DDR und zu den von ihr durchgeführten Maßnahmen zu verbreiten.

Der Sender wurde 1945 – Anfang 1946 geschaffen und unterstand den amerikanischen Militärbehörden. 1947 wurde der »RIAS« der Abteilung für Gesellschaftsfragen der diplomatischen Mission der USA in Westdeutschland und später der Verwaltung des Informationsdienstes der USA in Washington unterstellt. In administrativer Hinsicht untersteht der »RIAS« unmittelbar der Abteilung für Gesellschaftsfragen der diplomatischen Mission der USA in Westberlin sowie dem Chef der Mission, Mr. [Name 61].

Der Sender hat eine Personalstärke von ca. 500 Personen. Außer den Büros und Studios in Berlin-Schöneberg, Kufsteiner Straße 69 befindet sich in Westberlin ein Sender, der als »RIAS-Britz« bezeichnet wird.

Der Sender sowie andere Rundfunkanlagen stammen vom USA-Armeerundfunkdienst (AFN). Ein weiterer Sender des »RIAS« befindet sich in Hof bei München.

Die Finanzierung des »RIAS« erfolgt ausschließlich aus amerikanischen Mitteln. So wurden allein im Finanzjahr 1959 (Juli 1958 bis Juni 1959) im Kostenanschlag [sic!] für Ausgaben dieses Senders 2 986 000 Dollar vorgesehen.

Bezeichnend ist ferner das Interesse des Informationsdienstes der USA in Washington und dessen europäischen Abteilungen an diesem Sender, das insbesondere in Besichtigungen des »RIAS« durch Kommissionen, Komitees usw. seinen Ausdruck findet.130 Zum Beispiel arbeitete 1955 das »Branson-Komitee« an diesem Sender mit der Aufgabe, für die amerikanische Regierung einen ausführlichen Bericht über die Arbeit des »RIAS« anzufertigen.

Am 28.1.1957 besichtigte der Direktor des Informationsdienstes der USA, Mr. Larson,131 den RIAS. Von April bis Mai 1958 weilte eine Inspektionsgruppe am »RIAS«, der [Name 62] und [Name 63] – Vertreter der Administration des Informationsdienstes der USA in Washington, sowie John McGowan,132 Stellv. Chef der Abteilung für Gesellschaftsfragen der USA-Botschaft in Westdeutschland angehörten.

Die Aufgaben des »RIAS« werden besonders deutlich in einem Brief des stellv. Direktors des »RIAS«, Fielden,133 an die »Genossenschaft zum Schutze der Autorenrechte der Komponisten« vom 13.2.1958. In diesem Brief schreibt Fielden:

»Der RIAS ist ein Unternehmen der Regierung der USA. Seine Aufgaben sind politischer Art, in der Hauptsache keine geschäftlichen Sendungen. Die musikalischen Sendungen sind eine zweitrangige Aufgabe des RIAS, welche bei der Lösung der Hauptaufgabe, der politischen Aufgabe, helfen.«

Der wahre Charakter des Senders »RIAS« zeigt sich auch in der Teilnahme von Vertretern der Direktion dieses Senders an Tagungen des Informationsdienstes der NATO in Paris sowie in den übrigen Beziehungen der NATO. So nahm z. B. am 16.5.1957 der Vertreter des »RIAS« Dalcher,134 an einer solchen Tagung in Paris teil. Im Dezember 1957 fuhr der Mitarbeiter der Sektion politische Programme im Bonner Büro des »RIAS«, Roland Müllerburg,135 nach Paris zur Konferenz der NATO. Andererseits besuchte der Leiter des NATO-Informationsdienstes, Major [Name 64] im Mai 1957 den »RIAS«, wo er Ratschläge und Hinweise über die Verbreitung der NATO-Politik erteilte.

Die amerikanischen Mitarbeiter des »RIAS« werden vom amerikanischen Informationsdienst gestellt und sind vorwiegend hauptamtliche Mitarbeiter des amerikanischen Geheimdienstes. Bei der Festsetzung des neuen Haushaltsplanes 1959 entschloss sich die Leitung des Informationsdienstes der USA, die Gruppe der amerikanischen Angestellten am Sender zu erweitern.

Der Leitungsgruppe des Senders gehören unter anderem an:

  • Dalcher, Laurence,136 Amerikaner, Direktor des »RIAS«,

  • Fielden, Bert, Amerikaner, Stellv. Direktor, Sekretär des diplomatischen Dienstes II. Klasse. Er gehört zzt. der 1. Reserve des militärischen Aufklärungsdienstes des Heeres der USA an und besuchte mehrere Lehrgänge an der Schule für militärische Aufklärung in Oberammergau.

  • Trembour,137 Fred, Amerikaner, 2. Stellvertreter des Direktors des »RIAS«.

Neben den provokatorischen Propagandasendungen versucht der »RIAS« die Bevölkerung der DDR zur aktiven Tätigkeit gegen die DDR aufzuwiegeln. Bereits am Tage vor dem Putschversuch – am 16. Juni 1953 – rief der »RIAS« die Bevölkerung der DDR auf, »sich die Unsicherheit der Funktionäre zunutze zu machen« und dazu überzugehen, die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften »zu zerschlagen«.Auch in der Folgezeit hat der »RIAS« die Bevölkerung der DDR ständig zum Widerstand gegen die Regierung der DDR aufgefordert.

Darüber hinaus werden vom »RIAS« Bürger der DDR zur Agententätigkeit angeworben und an die amerikanischen Geheimdienste in Westberlin übergeben. Außerdem wirbt der »RIAS« aus dem Gebiet der DDR eine Anzahl sogenannter »Interviewer« an, die in seinem Auftrag Spionageberichte sammeln, die vom »RIAS« in Sendungen und Kommentaren zur Hetze und Zersetzungstätigkeit gegen die DDR ausgenutzt werden.

»Radio Freies Europa«

Der in München, Englischer Garten, stationierte Sender »Freies Europa« ist ebenfalls eine amerikanisch gesteuerte Spionage- und Agentenzentrale, deren vorgesetzte Dienststelle (Free Europe Commitee) sich in den USA befindet.138 Die Sendeeinrichtungen sind in Moosburg bei München untergebracht. Weitere Sendeanlagen stehen in Biblis, Holzkirchen und Lissabon. Die Sendungen werden in verschiedenen Sprachen ausgestrahlt und richten sich mit Lügen und Verleumdungen gegen die Sowjetunion und die Volksdemokratien.

Zur Finanzierung werden dem Sender aus dem USA-Propaganda-Fonds umfangreiche Mittel zur Verfügung gestellt. Weitere Zuwendungen erhält der Sender von amerikanischen Privatpersonen, wobei es sich vor allem um Mitglieder der Organisation »Kreuzzug der Freiheit«139 handelt, an deren Spitze der amerikanische Millionär Henry Ford II140 steht. Diese Mittel erhalten vor allem die Leiter der Emigrantenorganisationen, die eng mit dem Sender zusammenarbeiten.

Die Sendungen vom »Radio Freies Europa« werden von der Informationsabteilung unter Aufsicht des Amerikaners [Vorname Name 65] zusammengestellt. Dabei werden in den Programmen verschlüsselte Anweisungen an die Agenten des amerikanischen Geheimdienstes in den Volksdemokratien gegeben.

In der Druckerei des »RFE« werden unter Anleitung des [Vorname Name 65] Flugblätter und Hetzschriften, sowie achtseitige Zeitungen in polnischer, tschechischer, ungarischer, rumänischer und bulgarischer Sprache hergestellt, die in großen Mengen mittels Ballons in die einzelnen Volksdemokratien eingeschleust werden. Abschussbasen befinden sich in Giebelstadt und in anderen Orten in der Nähe der Grenze zur ČSR.

Eine Zweigstelle des »Radio Freies Europa« befindet sich in Hamburg 13, Harvestehuder Weg 49.141 Diese Zentrale befasst sich besonders mit der Anwerbung von Spionen und ist bemüht, unter den Angestellten der ČSPLO (tschechische Schifffahrt) geeignete Personen als Agenten zu gewinnen, die auf den Wasserwegen Spionagetätigkeit durchführen sollen.142

Weitere Verbindungen des »RFE« bestehen noch zu dem ebenfalls mit amerikanischen Mitteln finanzierten »Free Europe Press«.143 Diese amerikanische Zentrale begann 1954 mit dem Einschleusen von Hetzmaterial mittels Ballon in die Volksdemokratien. Der Inhalt dieser Hetzschriften wird mit den Sendungen des »RFE« koordiniert und richtet sich in übelster Weise gegen die Volksdemokratien. Seit Anfang dieser Aktion wurden bisher sehr große Mengen an Hetzmaterial in die Volksdemokratien eingeflogen. Allein bis 1956 waren es bereits über 400 000 Ballons.

IV. Westdeutschland und Westberlin als Ausgangspunkt der Einschleusung von Hetzschriften und Fälschungen in die DDR

Viele der in Westdeutschland und Westberlin befindlichen Agentenzentralen, besonders aber das Ostbüro der SPD und das CDU-Ostbüro, die KgU, der UfJ, NTS und ZOPE benutzen die für sie günstige Lage Westberlins mitten im Gebiet der DDR, um Millionen von Hetzflugblättern durch Ballons verschiedener Größen und Konstruktion und auf dem Postwege in den demokratischen Sektor von Berlin und in die DDR einzuschleusen. Den Hauptanteil trägt dabei das Ostbüro der SPD und NTS/ZOPE, während sich der UfJ vorwiegend auf den Hetzschriftenversand durch die Post konzentriert.

So wurden beispielsweise seit 1957 von Westdeutschland und Westberlin kommend fast 16 Millionen Hetzschriften sichergestellt, deren Inhalt in den meisten Fällen eine Einmischung in innere Angelegenheiten der DDR darstellt und – zum Teil mit entsprechenden Verhaltungsmaßregeln – zur Sabotage und Diversion, zu Streik und zum Aufstand gegen die staatliche Ordnung in der DDR auffordert, nicht zuletzt um Möglichkeiten und Voraussetzungen auch einer militärischen Einmischung zu provozieren.

In einem mit Galgen und Karikaturen versehenen Hetzzettel werden die Mitglieder der SED, verbunden mit Mordhetze, aufgerufen, die gesellschaftlichen Verhältnisse in der DDR zu beseitigen. 102 000 solcher und ähnlicher Exemplare wurden am 25.6.1957 in der von Westberlin kommenden S-Bahn am Grenzkontrollpunkt Griebnitzsee sichergestellt.

In einem Flugblatt der KgU wird die Bevölkerung der DDR zur Sabotage, Diversion und Schädlingstätigkeit angehalten und ihr wörtlich folgende Hinweise gegeben:

»Zucker in den Benzin tun, in die Ölbuchsen für Öle und Fette bei Maschinen Sand werfen und über die Telefondrähte einen Bindfaden (oder noch besser Draht) zweimal überwerfen und beide Enden fest zusammenziehen und befestigen, Buna-Treibstoffe mit Leuna vermischen usw.,144 bei wichtigen Arbeiten Krankheit vortäuschen, im Post- und Fernmeldewesen Störungen vornehmen, die nicht sofort entdeckt werden, Briefe von VEB und Verwaltungen verschwinden lassen, seitlich liegende Signaldrähte bei der Eisenbahn durchkneifen und vieles andere mehr. Bei allen Widerstandshandlungen, die verrichtet werden, dürft ihr nichts zu anderen sagen und keine offene Opposition zeigen! Sabotageakte niemals vor der eigenen Haustür und am eigenen Arbeitsplatz durchführen, doch jede Arbeit so verrichten, dass in der späteren Zeit das Material verschleißt oder unbrauchbar ist! Niemals Normtreiber werden! Vorsicht bei Fingerabdrücken! Vorsicht bei Spuren! (Sackleinen um die Füße wickeln und mit Petroleum oder ähnlichem begießen)«.

Das SPD-Ostbüro versandte eine Reihe von Hetzschriften, in denen offen eingestanden wird, dass »durch ihre sozialdemokratischen Ideen und Parolen« Widerstand der Bevölkerung der DDR gegen die Regierung organisiert und in die entsprechenden Bahnen gelenkt werden soll. Zu diesem Zweck fordern sie, »spezifische Mittel der stillen Revolution« anzuwenden und versuchen, durch Hetze gegen die Regierung der DDR und deren Maßnahmen die Arbeiter zum Streik und zur »Langsamarbeit« zu bewegen, um eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität unmöglich zu machen. Arbeiter, die nicht im Sinne der »Anordnungen« des SPD-Ostbüros handeln, sollen terrorisiert werden.

Schon im Jahre 1953 waren die Agentenzentralen in Westberlin bestrebt, diese Hetzschriftenverbreitung in größerem Umfange zu organisieren. So erklärte beispielsweise der Leiter des Ostbüros der FDP (das sich jetzt »Referat Wiedervereinigung« nennt) Naase,145 dass man in Zukunft von der Einschleusung durch kleine Ballons absehe und hauptsächlich zwei Sorten von Großballons einsetzen werde; an erster Stelle die sogenannten »Superballons«, die von einer »bekannten und auf diesem Gebiet sehr bewährten Berliner Firma gestartet und durch Uhrwerkzünder auf direkte Ziele gesteuert werden können.« In zweiter Linie sollen die sogenannten »Pilotballons«, die immerhin noch einen Umfang von 3,5 m haben und als »Verbesserung eine aus Westdeutschland importierte echte Zündschnur aufweisen«, benutzt werden. Seit diesem Zeitraum werden durch derartige Ballonaktionen in starkem Maße die Flugkorridore und damit die Luftsicherheit der DDR gefährdet, Menschenleben in unverantwortlicher Weise bedroht und Sachwerte vernichtet. Zum Beispiel verursachte die Explosion des Zündsatzes eines auf das Wohnhaus in Berlin, Rungestraße 9 niedergehenden Ballons mit Hetzmaterial einen Brand. In Bad Freienwalde stürzte ein mit Brandsatz versehener Ballon auf das christliche Kinderheim »Waldhaus«, in unmittelbarer Nähe der spielenden Kinder, die durch einen glücklichen Zufall nicht von den herabstürzenden Ziegelsteinen verletzt wurden. Solche Beispiele gibt es noch viele. Erst vor kurzer Zeit wurden in Lynow, [Kreis] Luckenwalde, eine Kindergärtnerin und drei Kinder durch einen zu einem Ballon gehörenden Zündsatz verletzt. Einem Kind musste der Arm amputiert werden.

Eine weitere Methode der Einmischung in innere Angelegenheiten der DDR sind die Versuche, mittels gefälschter Schreiben und Anweisungen – meist auf wirtschaftlichem Gebiet – die Handelsbeziehungen zu anderen Ländern zu stören und dabei das Ansehen der DDR zu schädigen, Produktionsstörungen hervorzurufen und das Vertrauen der Bevölkerung der DDR zur Regierung zu untergraben. Die sogenannte KgU unterhält eigens zu diesem Zweck eine Fälscherwerkstatt, administrative Störstellen genannt, die von dem Hauptagenten Pönack alias Barth alias Rabaul alias Daniel146 geleitet wird. Hier werden Briefmarken, Beitragsmarken verschiedenster Art (in der Vergangenheit auch Lebensmittelkarten), Stempel, Dienstsiegel, Ausweise und die schon erwähnten Rundschreiben, Anordnungen und andere Schriftstücke gefälscht.

Diese Fälschungen werden schon seit vielen Jahren an Betriebe, Behörden, Personen in der DDR und entsprechende Wirtschaftspartner der DDR im Ausland gesandt bzw. durch die Agenten der KgU im Gebiete der DDR verbreitet. Zum Beispiel wurde dem Ministerium für Außenhandel in Neu-Dehli, Indien, mitgeteilt, dass das Ministerium für Außenhandel und Innerdeutschen Handel der DDR nicht in der Lage sei, die für 1955 vorgesehenen Lieferungen zu realisieren, da infolge der Pariser Verträge die Industrie auf Wiederaufrüstung umgestellt werde und die vertraglichen Produkte für die eigene Industrie und für die Volksdemokratien zurückgehalten werden müssten.147 In einem anderen Falle wurde der VEB Pels, Erfurt, angewiesen, vertragliche Lieferungen nach Holland einzustellen und die entsprechende Produktion zu stoppen, weil Verrechnungsschwierigkeiten bestünden.148 Einer Firma in Bukarest wurde mitgeteilt, dass die DDR wegen Übernahme großer Exportverpflichtungen in das kapitalistische Ausland ihre Lieferverträge für Vulkanfiberplatten nicht einhalten könne. Für alle Fälschungen wurde als Absender der Deutsche Innen- und Außenhandel (DIA) vorgetäuscht.

Mit einer anderen äußerst raffinierten Fälschung sollte der Finanzplan der DDR geschädigt und auf der anderen Seite Unzufriedenheit unter den Arbeitern mehrerer Betriebe hervorgerufen werden, indem an verschiedene Banken der DDR telegrafische Überweisungen auf das Konto verschiedener Betriebe geschickt wurden, während die entsprechenden Betriebe die gefälschte Anweisung erhielten, hohe Beträge abzuheben und zu verausgaben.

Dass nicht nur allein die KgU mit dem Mittel solcher Fälschungen arbeitet, geht u. a. aus der Äußerung des schon einmal erwähnten Leiters des Ostbüros der FDP hervor, der erklärte, dass Vorkehrungen getroffen seien, weitere Maßnahmen auf dem Gebiete der »administrativen Sabotage« zu ergreifen. Auch beziehen sich die Fälschungen nicht immer auf wirtschaftliche Komplexe. Der Agent der KgU, Heyder149 aus Quedlinburg, der seine gerechte Strafe erhielt, stellte beispielsweise im Auftrage der KgU mit nachgeprägten Stempeln und Siegeln die verschiedensten Schreiben her, deren falscher Inhalt in großen Bevölkerungskreisen Unzufriedenheit und Unsicherheit hervorrufen sollte. Unter anderem entwarf und verschickte er im Auftrage der KgU auch Morddrohungen.

V. Die Zusammenarbeit der imperialistischen Geheimdienste und Agentenzentralen mit dem Regierungs- und Senatsdienststellen

Die gesamte Spionage- und Wühltätigkeit der imperialistischen Geheimdienste und der Agentenzentralen in Westdeutschland und Westberlin erfolgt mit auf das Betreiben und teilweise im direkten Auftrag der westdeutschen und Westberliner Regierungs- bzw. Senatsdienststellen und erfährt deren weitestgehende Billigung und Unterstützung. Die Vielfältigkeit und der Umfang der Förderung dieser Verbrecherorganisationen werden bereits aus den nachstehenden Beispielen ersichtlich:

Die unmittelbare Einmischung Brandts in die Agententätigkeit zeigte sich bereits auf einer gemeinsamen Sitzung des »Bundestagsausschusses für gesamtdeutsche Fragen« und des »Forschungsbeirates« in Westberlin am 10. bis 15.5.1954. Brandt hielt dort ein Referat über die Notwendigkeit stärkerer Agentenwerbung und -tätigkeit in der DDR. Dies führte neben der grundsätzlichen Feststellung, dass die Filtrierung in Zukunft bei der FDJ und der Volkspolizei beginnen und dort ihren Schwerpunkt haben muss, zu folgenden detaillierten Vorschlägen:

»Die Werbung aus den Reihen der Volkspolizei soll dem Gehlen-Apparat150 und den Leuten des Amtes Blank (heutiger Bundesnachrichtendienst)151 vorbehalten bleiben, da dem Kaiser-Ministerium (»Ministerium für gesamtdeutsche Fragen«)152 die hierfür benötigten Fachleute fehlen. Der mittlere und gehobene Apparat der Regierung und Verwaltung der DDR muss mit V-Leuten durchsetzt werden. Man müsse Kader heranziehen, die bei der SED unbegrenztes Vertrauen genießen und gleichzeitig die Fähigkeit haben, sich unter der Bevölkerung populär zu machen. Aus der FDJ als einer kaderbildenden Organisation der DDR müssen, besonders aus den Funktionärsschichten, Mitglieder angeworben werden, die Aufstiegsmöglichkeiten haben.«

Die Fortsetzung dieser Linie zeigte sich u. a. besonders in den Maßnahmen zur Störung der Kommunalwahlen am 23. Juni 1957 in der DDR. In Westberlin wurde zu diesem Zweck ein »Aktions-Komitee« gegründet, das die Störungsmaßnahmen vorbereiten und auch nach den Wahlen seine Tätigkeit fortsetzen sollte. Zu den Mitgliedern zählten neben Vertretern des SFB, des »RIAS«, des SPD-Ostbüros, des CDU-Ostbüros, des DGB, des Informationsbüros West, des UfJ, der NTS auch Vertreter des »Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen«, des Senats, der Freien Universität, der Hochschule für Politik u. a. Senatsdienststellen. Ernest153 Salter, als einer der Hauptsprecher, erklärte dort neben anderen Beiträgen in zynischer Offenheit, dass sich der Westen seine »Revolution« in den Ostblockstaaten nicht zu den ihm passenden Zeitpunkt bestellen kann, deshalb sollte man sich darauf konzentrieren, dass der Kommunismus mit »Kommunisten zu schlagen sei und dass man die DDR als geeignetes Objekt für die Aktivierung antikommunistischer Tätigkeit ansehe u. a. weil sie eine offene Grenze nach dem Westen habe.«

Der Leiter der NTS, Kurbatow,154 ergänzte dies mit der Feststellung, dass es gilt, die Politik der Koexistenz, also des friedlichen Nebeneinanderlebens, erfolgreich zu durchkreuzen. Auch das angeblich zur »Verständigung« geschaffene »Büro für gesamtdeutsche Fragen« wurde für die Durchsetzung dieser Aufgaben herangezogen.

Nach Angaben von [Name 66] vom »Büro für Gesamtberliner Fragen«, die er in der Versammlung einer SPD-Betriebsgruppe machte, schaltet sich das Büro immer dann ein, wenn es gilt, Gegensätze zum »Ostregime« hervorzurufen.155 Dabei konzentriert sich das Büro darauf, Verbindung mit allen Schichten der »Ostbewohner« und besonders mit in der DDR straffällig gewordenen Personen zu halten und feindliche Personen, vor allem an den Universitäten und Betrieben der DDR, zu unterstützen. Er verfügt für diese Zwecke über einen Etat von mehreren Millionen Mark.

Über die damit gleichlaufende Behinderung der SED in Westberlin geben die Ausführungen von Lipschitz156 vor Mitgliedern des »Freiheitsbundes« in Westberlin Aufschluss, indem er die SED-Mitglieder indirekt den ehemaligen nazistischen Beamten gleichstellt und erklärt, dass SED-Mitglieder in Westberliner Verwaltungen nicht geduldet werden, genauso wenig, wie die ehemaligen Nazi-Beamten. Der Freiheitsbund arbeitet eng mit dem Ostbüro der SPD und der Polizei zusammen und registriert systematisch alle SED-Mitglieder in Westberlin.157

Anlässlich des Besuches von Außenminister Dulles158 am 8.5.1958 in Westberlin wurden dem Westberliner Senat 250 000 Dollar von amerikanischer Seite für den »Ostkampf« zur Verfügung gestellt. Die Schwester des amerikanischen Außenministers, Eleanor Dulles,159 übergab auf einem Empfang für Westberliner Theologiestudenten, an dem auch Bischof Dibelius160 und Propst Böhm161 teilnahmen, der Kirche eine Stiftung von 100 000 Dollar zur Unterstützung des »Kampfes der Kirche im Osten«.

Frau [Vorname Name 67], wohnhaft Schwerin, [Straße, Nr.], suchte 1956 in Westberlin den Rechtsanwalt [Name 68], wohnhaft Berlin-Schöneberg, [Straße, Nr.] sowie durch dessen Vermittlung die Politische Polizei in Berlin-Tempelhof, Tempelhofer Damm 1–7 auf,162 um gegen den Mitarbeiter des amerikanischen Geheimdienstes [Vorname Name 69] wohnhaft Berlin-Halensee, [Straße, Nr.], ein Strafverfahren einzuleiten. Der Ehemann der [Name 67] war durch den [Name 69] mit erpresserischen Machenschaften zur Agententätigkeit gezwungen und aufgrund dieser Tätigkeit von den Sicherheitsorganen der DDR festgenommen worden. Nachdem sie diesen Sachverhalt der Politischen Polizei vorgetragen hatte, äußerte einer der Polizeiangehörigen, dass »dieser Fall kein Einzelfall sei und dass ihnen schon wiederholt ähnliche Dinge vorgetragen wurden, dass es aber leider, und das sei seine private Meinung, in der Bundesrepublik keine Gesetze gäbe, um solche Leute, auch wenn sie deutscher Staatsangehörigkeit sind, zu belangen«. Der Frau [Name 67] wurde durch die Politische Polizei geraten, von einem Prozess abzusehen, da diese Personen durch ausländische Mächte gestützt werden.

Die Politische Polizei in Westberlin begünstigt nicht nur die Tätigkeit, sondern unterstützt direkt imperialistische Geheimdienste und Agentenorganisationen. Das findet u. a. in Folgendem seinen Ausdruck: Die Agenten des Bundesnachrichtendienstes aus der DDR, die die Zentrale in Westberlin anlaufen, haben als Sicherungsmaßnahmen sogenannte »Notnummern« erhalten. Wird ein Agent aus der DDR bei irgendeinem Zwischenfall in Westberlin durch die Polizei festgenommen, so soll er zur Wahrung der Konspiration niemals seinen Namen nennen, sondern einen amerikanischen Offizier zu sprechen wünschen. Diesen hat er seine Notnummer zu nennen. Nach Überprüfung erfolgt dann sofortige Entlassung. Derartige Notnummern erhielten auch die Mitarbeiter der Zentralen, sodass die Westberliner Polizei, selbst bei bekannt gewordenen kriminellen Delikten dieser Personen, nichts unternehmen kann.

In großem Umfange werden über die Westberliner Behörden, insbesondere über die Polizei, Zubringerdienste für die Geheimdienste geleistet, indem geeignete Personen zur Anwerbung zugeführt werden. Der Schiffseigner [Name 70, Vorname], Magdeburg, [Straße, Nr.], lernte über einen Bekannten den Angehörigen der Westberliner Kriminalpolizei, [Vorname Name 71], kennen. [Name 71] brachte [Name 70] mit dem Mitarbeiter des englischen Geheimdienstes, [Name 72], in Verbindung, von dem [Name 70] als Funker für den Kriegsfall angeworben wurde.

Der Agent [Name 73, Vorname] aus Cottbus, [Straße, Nr.], begab sich im August 1956 nach Westberlin, um bei Westberliner Verwaltungsorganen juristische Ratschläge einzuholen, da er Differenzen auf seiner Arbeitsstelle hatte. Er meldete sich im 151. Revier der Westberliner Schutzpolizei in Berlin-Wilmersdorf, Berliner Straße. Von dort aus wurde er von einem Polizeibeamten in einer Gaststätte in Charlottenburg, Pestalozzistraße, mit dem Mitarbeiter des englischen Geheimdienstes, »Born« bekannt gemacht, bei einem weiteren Treff zur Spionagetätigkeit angeworben und als Funker für den Kriegsfall geschult.

In gleicher Weise erhalten diese Geheimdienste und Agentenzentralen auch durch andere Senatsstellen Unterstützung. Der 1958 festgenommene Agent [Name 74, Vorname] aus Hohen Neuendorf bei Berlin wurde von einem leitenden Senatsangestellten des Rathauses in Berlin-Schöneberg an die Westberliner Dienststelle des »Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen« verwiesen, wo er von dem Mitarbeiter [Name 75] unter dem Decknamen »Tarnow« angeworben und zur Spionage beauftragt wurde. [Name 74] lieferte 470 verschiedene DEFA-Filme an die Westberliner Dienststelle des »Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen«, die von dieser Dienststelle zur Hetze gegen die DDR genutzt wurden.

Der im Rathaus Berlin-Neukölln, Abteilung Bauwesen, tätige [Vorname Name 76] war gleichzeitig Abteilungsleiter in der AIS-Dienststelle163 des amerikanischen Geheimdienstes Berlin-Dahlem, Auf dem Grat 7. Seine besondere Methode war, durch Vortäuschen von Liebesverhältnissen Frauen zu intimen Beziehungen zu nötigen und sie dann anzuwerben.

Der Senatsdirektor beim Senat des Innern, Luster,164 Mitglied der CDU, ist »Vertrauensmann« des Bundesverfassungsschutzamtes. Er wurde durch Staatssekretär Globke165 mit ausdrücklicher Billigung von Brandt in diese Funktion gebracht, um den Einfluss des Bundeskanzleramtes auf den Westberliner Senat, besonders auf den Innensenator Lipschitz, sicherzustellen. Brandt hat gleichzeitig seine Genehmigung erteilt, unter dem Deckmantel »Senat des Innern« – Inn IZ(G) – durch den Bundesverfassungsschutz Personen zu erpresserischen Verhören vorladen zu lassen.

  1. Zum nächsten Dokument Pläne der kirchlichen Leitungsgremien gegen die DDR

    6. Mai 1959
    Information Nr. 251/59 – Materialien über Pläne der kirchlichen Leitungsgremien gegen die Deutsche Demokratische Republik und über die Einflussnahme Bonner Regierungsstellen auf die Kirche und deren Missbrauch für die entspannungsfeindliche Bonner Politik

  2. Zum vorherigen Dokument Schwächen im Arbeitsstil der Institutionen des Bauwesens

    4. Mai 1959
    Information Nr. 249/59 – Bericht über einige Erscheinungen von Schematismus, Missachtung von Partei- und Regierungsbeschlüssen, falscher Kaderpolitik und anderen Schwächen im Arbeitsstil der Institutionen und Dienststellen des Bauwesens in der DDR und deren schädliche Auswirkungen