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Verbreitung einer »Entschließung«, Gehaltserhöhung für Sekretärinnen

16. Juli 1959
Information Nr. 494/59 – Bericht über die Verbreitung einer »Entschließung«, in der Gehaltserhöhung für Sekretärinnen an medizinischen Einrichtungen gefordert wird

Wie uns bekannt wurde, erhielt die Universität Halle eine »Entschließung« zugesandt, in der Gehaltserhöhung für Sekretärinnen an medizinischen Einrichtungen, insbesondere an Universitäten gefordert wird und die wir nachfolgend im Text wiedergeben.

Aus einem dazugehörigen Begleitschreiben geht hervor, dass die Initiative dazu von der Chefsekretärin der Universitäts-Hautklinik in Rostock, [Name], (Mitglied der Fakultäts-Gewerkschaftsleitung) ausgehen soll. Die [Name] ist bisher nicht in feindlicher oder negativer Form in Erscheinung getreten. Da der Verdacht einer feindlichen Einflussnahme besteht, die [Name] sich zzt. aber nicht in Rostock aufhält, sondern angeblich in Urlaub befindet, wird diese Angelegenheit gegenwärtig noch überprüft.

In dem Begleitschreiben wird der Vorschlag unterbreitet, von allen Universitäten der DDR diese »Entschließung« an den Zentralvorstand der Gewerkschaft Wissenschaft, Abteilung Arbeit und Löhne, in Berlin zur richten. Deshalb sollen sich alle Sekretärinnen in den medizinischen Einrichtungen mit dem Absender in Verbindung setzten, um einen günstigen Zeitpunkt der Übersendung (gegenwärtig wäre dies durch die Urlaubszeit wenig günstig), die Form der Übersendung (entweder von den jeweiligen Universitäten direkt an den Zentralvorstand der Gewerkschaft Wissenschaft oder geschlossene Übergabe von Berlin aus) und eventuelle Änderungen zu besprechen, »um geschlossen gegen die Diskriminierung unseres Berufszweiges zu protestieren«.

Wortlaut der »Entschließung«

»Wir Sekretärinnen der Universität … empfinden es als eine unbillige Härte, dass wieder nur eine Gehaltserhöhung des mittleren medizinischen Personals einschließlich der Reinigungskräfte erfolgt ist1 und die C-Gruppen völlig unberücksichtigt bleiben.

Darüber hinaus sehen wir Sekretärinnen der medizinischen Fakultät es als eine maßlose Ungerechtigkeit an, dass alle im Klinik-Betrieb Beschäftigten zum medizinischen Hilfspersonal zählen, aber nicht die ärztlichen Sekretärinnen, welche absolut nichts mit der Verwaltung zu tun haben, aber als Verwaltungsangestellte gelten.

Wir wollen keineswegs die Arbeit einer Reinigungshilfe herabsetzen, denn das Säubern der Treppen z. B. ist genauso wichtig wie jede andere Arbeit im Klinik-Betrieb, aber genauso nötig dürften auch die Sekretärinnen sein, denn was nutzt die Untersuchung des einzelnen Patienten, wenn der Praktiker keinen Befundbericht erhält, wie soll der Arzt wissenschaftlich arbeiten ohne Sekretärin.

Wir Sekretärinnen der Universität … stellen daher folgende Forderungen:

  • 1.

    Beschleunigte Regulierung der C-Gruppen bzw. Umstufung der Arztsekretärinnen in das medizinische Hilfspersonal.

  • 2.

    Anerkennung unserer Berufsausbildung (Fachschule oder 3-jährige Lehrzeit), zum Unterschied von Kräften, welche in späteren Jahren aus fremden Berufen umgesattelt haben und vielleicht einen Schnellsiedekursus aufweisen und eventuelle mit zwei Fingern auf der Schreibmaschine tippen können, aber ohne jegliche sonstige Kenntnisse sind.

  • 3.

    Anrechnung unserer Berufsjahre – wie beim übrigen medizinischen Hilfspersonal bis zu 20 Berufsjahren – denn heute ist es ja so, dass es ganz gleich ist, ob jemand 30 Berufsjahre aufzuweisen hat oder eben erst in den Beruf eintritt, das ohnedies niedrige Sekretärinnengehalt bleibt immer dasselbe.

Wir sind der Meinung, dass eine gute Arbeitsleistung nur möglich ist, wenn man Freude an einer Arbeit hat und seinen Arbeitsplatz gern betritt, aber es gehört wirklich viel Idealismus dazu, unter diesen Bedingungen noch Lust und Liebe für seine Arbeit aufzubringen, wenn man zusehen muss, dass das mittlere medizinische Personal nun schon die 3. Gehaltsregulierung erfährt – z. T. wohl bis an die DM 100 und wir Sekretärinnen auch diesmal wieder leer ausgehen müssen. Es ist ja wohl nun praktisch so, dass eine Reinigungshilfe mehr verdient als eine Arztsekretärin in Gruppe C. Es dürfte auch bekannt sein, dass die Sekretärinnen an den Universitäten im Vergleich zu anderen Industriezweigen schon immer bedeutend schlechter bezahlt wurden.

Wir verlangen daher umgehende Stellungnahme zu unseren Forderungen und Mitteilung, wann auch wir mit einer Gehaltsregulierung rechnen können.«

  1. Zum nächsten Dokument Feindtätigkeit in der Zeit vom 1.1. bis 30.6.1959

    22. Juli 1959
    Information Nr. 511/59 – Bericht über die Feindtätigkeit in der Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 1959

  2. Zum vorherigen Dokument Bericht über unsachgemäß montierte Schraubverbindungen

    14. Juli 1959
    Information Nr. 488/59 – Bericht über Havarien und Störungen durch unsachgemäß montierte Ermeto-Rohrverschraubungen