Verhalten der westlichen Besatzungsmächte in Ostberlin, Juni–Sep. 1963
2. Oktober 1963
Bericht Nr. 589/63 über provokatorische Handlungen von Angehörigen der in Westberlin stationierten Besatzungsmächte bei Fahrten mit Militärfahrzeugen in das demokratische Berlin
Die in Westberlin stationierten Besatzungsmächte1 haben bei ihren Fahrten in das demokratische Berlin2 in letzter Zeit verstärkt versucht zu provozieren, offiziell Spionageinformationen zu sammeln und Möglichkeiten zur Durchführung subversiver Tätigkeit zu erkunden.
In der Zeit vom 1.6. bis 30.9.1963 fuhren insgesamt 2 929 Militärfahrzeuge der westlichen Besatzungsmächte in das demokratische Berlin ein, davon waren 1 856 amerikanische, 534 britische, 539 französische Militärfahrzeuge. Ihr besonderes Interesse gilt dabei den militärischen Objekten und Anlagen der Sowjetarmee, der NVA, des MdI und des MfS im Raum Berlin, wo sie täglich – teilweise unter Missachtung von Verbotszeichen und der Verletzung der Sperrgebiete (Biesdorf, Marzahn, Johannisthal, Rahnsdorf) – Beobachtungen durchführen und Spionageinformationen sammeln. Zum Beispiel wurden in der Berichtszeit insgesamt zehn Sperrgebietsverletzungen bekannt (hauptsächlich Sperrgebiet Biesdorf).
An den Sperrgebietsverletzungen waren die englischen Besatzer wie folgt beteiligt:
12.6.1963 | 16 XB 11 | Sperrgebiet Biesdorf Globsower Straße |
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3.7.1963 | 10 XJ 03 | Sperrgebiet Biesdorf Wahlsheimer Straße |
23.7.1963 | 15 XB 58 | Sperrgebiet Biesdorf Wahlsheimer Straße |
3.8.1963 | 10 XJ 22 | Sperrgebiet Biesdorf Globsower Straße |
2.9.1963 | 28 XB 64 | Sperrgebiet Nähe S-Bahnhof Rahnsdorf |
12.9.1963 | 15 XB 52 | Sperrgebiet Biesdorf, Meißweg |
16.9.1963 | 27 XB 20 | Sperrgebiet Johannisthal, Groß-Berliner-Damm |
Die amerikanischen Besatzer fuhren in folgende Sperrgebiete ein:
4.6.1963 | BC3 104 | Sperrgebiet Friedrichshagen, Lindenstraße |
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28.8.1963 | BC 16 | Sperrgebiet Marzahn, Hellersdorfer Weg |
Durch die französischen Besatzer wurde am 10.6.1963 durch den Pkw FFA 122941 das Sperrgebiet Malchow, Wartenberger Weg verletzt.
Bei allen Fahrten versuchten sie, militärische Objekte und Anlagen näher aufzuklären, wobei sie ganz offensichtlich und provokatorisch fotografieren, Eintragungen in Karten vornehmen, entsprechende Aufzeichnungen fertigen, Kennzeichen von Fahrzeugen der NVA und der Sowjetarmee notieren u. a.
Zum Beispiel fuhr am 15.6.1963 gegen 12.20 Uhr im Stadtgebiet von Berlin der amerikanische Pkw BC 104 einer Kolonne von sechs SPW der NVA nach, wobei von den Amerikanern offensichtlich die Fahrzeugnummern der SPW notiert wurden.
Die Insassen des französischen Militärfahrzeuges 143715 fotografierten am 12.6.1963 gegen 9.09 Uhr die Grenzsicherungsanlagen in der Wilhelmstraße und am Brandenburger Tor.
Am 1.8.1963, 16.10 Uhr, wurden durch die Insassen des amerikanischen Fahrzeuges BC 51 an der Verladerampe des Bahnhofes Kaulsdorf die Spuren von sowjetischen Panzern nachgemessen. Die Panzer waren am Vortage verladen worden.
Am 16.9.1963, gegen 9.10 Uhr, beobachteten die Insassen des Pkw BC 51 am Güterbahnhof Kaulsdorf die Entladung einer sowjetischen Panzereinheit.
In den letzten Tagen hat sich die Provokationstätigkeit insbesondere der amerikanischen Besatzer wesentlich verstärkt. Wiederholt wurden dabei Staatsflaggen der DDR und Fahnen der Arbeiterklasse abgerissen oder aus der Halterung entfernt und zum Teil mitgenommen.
Dazu folgende Beispiele:
Am 28.6.1963, gegen 21.35 Uhr, versuchte ein Insasse des amerikanischen BC-Fahrzeuges in der Anklamer Straße 56 eine Staatsflagge der DDR abzureißen, wurde aber durch einen Bürger daran gehindert und entfernte sich daraufhin mit dem Fahrzeug.
Am 16.7.1963, gegen 2.35 Uhr, hielt das amerikanische Fahrzeug BC 51 am Bahnhof Kaulsdorf. Durch eine Insassen wurden von einem dort abgestellten Personenzugwagen eine DDR-Staatsflagge gewaltsam aus der Zugschluss-Lichthaltung entfernt und eine weitere Staatsflagge der DDR – die an einem Eisenpfahl am Eingang zur Ladestraße befestigt war – abgerissen und mitgenommen. Die Fahnenstange der zuletzt entwendeten Staatsflagge wurde beim Anfahren des Fahrzeuges unmittelbar am Ladestraßeneingang aus dem Wagen geworfen. Anschließend fuhr der Pkw in Richtung Brodauer Straße davon.
Am 31.8.1963, gegen 0.30 Uhr, wurde durch die Besatzung des Pkw BC 51 in der Bahnhofstraße (Berlin-Mitte) eine Fahne abgerissen und mitgenommen.
Am 8.9.1963, 3.35 Uhr, entwendeten die Insassen des amerikanischen Militärfahrzeuges BC 51 in der Monbijoustraße eine DDR-Flagge und nahmen diese mit.
Die Besatzung des gleichen Fahrzeuges riss am 9.9.1963 gegen 4.20 Uhr in der Oberwallstraße/Ecke Otto-Nuschke-Straße eine Staatsflagge ab und nahm diese ebenfalls mit.
Am 13.9.1963,4 5.40 Uhr, rissen die Insassen des amerikanischen Pkw BC 52 am S-Bahnhof Treptow eine Staatsflagge der DDR ab und nahmen diese mit.
Am 28.9.1963, gegen 2.45 Uhr, wurde vor dem Haus Frankfurter Allee 78 beobachtet, wie Insassen eines Militärfahrzeuges (vermutlich BC 51) an einem Fahnenmast hantierten. Durch die Rufe eines Bürgers in ihrem Vorhaben gestört, fuhren sie in Richtung Waldeyerstraße fort. Dort stieg erneut ein Besatzer aus und entwendete von einem dort stehenden Fahnenmast eine Flagge. Wie die Untersuchungen ergaben, wurde das Seil mit einem Schneidewerkzeug durchschnitten.
Am 30.9.1963, gegen 22.30 Uhr, hielt der amerikanische Pkw BC 110 in der Strausberger Straße/Ecke Leninplatz. Zwei Insassen verließen den Wagen und rissen aus dem dort angebrachten Fahnenhalter eine rote Fahne, die sie mitnahmen. Danach entfernte sich das Fahrzeug in Richtung S-Bahnhof Leninallee.
Am 1.10.1963, gegen 4.00 Uhr, wurden durch die Besatzung des amerikanischen Pkw BC 51 von der Mauer des Osthafens in der Stralauer Allee zwei Staatsflaggen der DDR abgerissen und mitgenommen.
Weiter wurden die das Leben und die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer gefährdenden Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung fortgesetzt. Insgesamt wurden in der Berichtszeit 26 Fälle bekannt; im Wesentlichen handelt es sich dabei
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um eine rücksichtlose Raserei zum Teil mit Höchstgeschwindigkeiten bis zu 120 km/h im Stadtgebiet,
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um das Befahren gesperrter Straßen.
Zum Beispiel am 17.6.1963, 2.55 Uhr, durchfuhr das US-Fahrzeug BC 104 mit 120 km/h den Fürstenwalder Damm. Am gleichen Tage 15.30 Uhr, fuhr der englische Pkw 26 XH 72 die für jeglichen Verkehr gesperrte Straße am Kupfergraben entlang. Am 25.6.1963, 15.21 Uhr, durchfuhr der britische Pkw 10 XJ 19 die als Einbahnstraße gekennzeichnete Parkstraße in Pankow in entgegengesetzter Richtung. Am gleichen Tage, gegen 14.45 Uhr, durchfuhr der amerikanische BC 16 die Landsberger Chaussee mit 100 km/h. Am 3.7.1963, 15.10 Uhr, fuhr das französische Militärfahrzeug FFA 146626 die Straße Alt-Friedrichsfelde mit 100 km/h entlang. Am 1.10.1963, gegen 21.55 Uhr, durchfuhr der Pkw BC 41 die Straße in Richtung Hellersdorf mit über 100 km/h. Gegen 22.00 Uhr fuhr das gleiche Fahrzeug von der Landsberger Chaussee bis zur Klement-Gottwald-Allee mit ca. 100 km/h, wobei in zwei Fällen Stoppschilder überfahren wurden.
Weiter sind die in Westberlin stationierten Besatzer (besonders Amerikaner) bei ihren Fahrten in das demokratische Berlin in verstärktem Maße bestrebt, Kontakte und Verbindungen mit Bürgern der DDR herzustellen. Durch Verteilen von Genussmitteln wie Südfrüchte, Süßwaren usw. (vor allem an Kinder und Jugendliche) beabsichtigen sie, »Sympathien« zu gewinnen und Gespräche anzuknüpfen.