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Festnahme in Westdeutschland lebender DDR-Bürger in Prag

3. April 1964
Einzelinformation Nr. 273/64 über Festnahme der zeitweilig in Westdeutschland lebenden DDR-Bürger Klitschke, Ulrich und Klitschke, Eleonore in der ČSSR

Die zeitweilig in Westdeutschland lebenden DDR-Bürger Klitschke, Ulrich, geboren [Tag, Monat] 1932 in Zollbrück und Klitschke, geborene [Geburtsname], Eleonore, geboren [Tag, Monat] 1934 in Zeithain, beide zuletzt wohnhaft Frankfurt/M.-Zeilsheim, [Straße, Nr.], hatten Ende April 1958 die DDR illegal verlassen, nachdem Klitschke, Ulrich wegen schwerer dienstlicher und moralischer Vergehen vom Leutnant zum Soldaten degradiert und aus der Nationalen Volksarmee entlassen worden war. Klitschke hat nach dem illegalen Verlassen der DDR im Lager des amerikanischen Geheimdienstes Camp King in Oberursel und im sogenannten Notaufnahmelager Gießen umfangreichen Verrat an militärischen Geheimnissen verübt. Unter anderem benannte und charakterisierte er teilweise ca. 60 Angehörige der NVA, die ihm aufgrund seiner früheren Zugehörigkeit als Offizier zur Nachrichteneinheit der NVA in Niederlehme bekannt geworden waren.

Das Ehepaar Klitschke wurde daraufhin vom Bundesnachrichtendienst (BND) schriftlich zur Zusammenarbeit verpflichtet und insbesondere von dem verantwortlichen Mitarbeiter des BND mit dem Decknamen »Karl Turow« gesteuert. (Von »Karl Turow« ist dem MfS bekannt, dass er aufgrund seiner wichtigen Aufgabenstellung im BND Westdeutschland nicht verlassen darf.)

Im Verlaufe der Zusammenarbeit mit dem BND hat das Ehepaar Klitschke weitere Angaben über eventuell zur Anwerbung geeignete DDR-Bürger gemacht und andere detaillierte Pläne zur Herstellung von Spionageverbindungen in die DDR unterbreitet. Unter anderem führte es dem BND ein Ehepaar aus der DDR zur Anwerbung zu und leitete es bei der Durchführung der Spionagetätigkeit persönlich an. Inwieweit weitere vom Ehepaar Klitschke zur eventuellen Anwerbung benannte DDR-Bürger vom BND angeworben wurden, wird gegenwärtig noch überprüft. Desgleichen wird auch eingehend untersucht, ob das Ehepaar Klitschke noch andere feindliche Handlungen durchgeführt hat.

Aufgrund vorliegender Hinweise, dass das Ehepaar Klitschke an den Osterfeiertagen einen Spionagetreff mit dem von ihm gesteuerten Ehepaar aus der DDR in Prag durchführen wollte, erfolgte vom MfS eine Absprache mit den Staatssicherheitsorganen der ČSSR, ob sie auf Ersuchen der DDR zur Festnahme des Ehepaares Klitschke in der ČSSR und zu ihrer Auslieferung an die DDR bereit sind. Nach Rücksprache der Staatssicherheitsorgane der ČSSR mit dem Generalstaatsanwalt der ČSSR wurde die Bereitschaft dazu erklärt, wenn ein offizielles Rechtshilfeersuchen des Generalstaatsanwalts der DDR vorliegt.

Im Ergebnis dieser Vereinbarung wurde auf der Grundlage des Rechtshilfevertrages zwischen der DDR und der ČSSR durch den Generalstaatsanwalt der DDR ein offizielles Rechtshilfeersuchen mit den notwendigen Unterlagen um Festnahme und Auslieferung des Ehepaares Klitschke gestellt.

Daraufhin wurde das Ehepaar Klitschke, das unter Ausnutzung des Touristenverkehrs nach Prag eingereist war, am 27.3.1964 durch die Staatssicherheitsorgane der ČSSR festgenommen und nach einem am 28.3.1964 in Prag durchgeführten gerichtlichen Auslieferungsverfahren, in dem Rechtmäßigkeit der Festnahme und Auslieferung festgestellt wurde, an der Staatsgrenze DDR – ČSSR dem MfS übergeben.

Vom MfS wird beabsichtigt, der Presse in Ergänzung der bereits erfolgten Mitteilung des Generalstaatsanwaltes der DDR über die Festnahme des Ehepaares Klitschke in der ČSSR1 eine entsprechende Information über die von ihnen durchgeführte gefährliche und umfangreiche Spionagetätigkeit gegen die DDR zur Veröffentlichung zu übergeben.2

  1. Zum nächsten Dokument Festnahme von Angehörigen einer Berliner Schleusergruppe

    3. April 1964
    Einzelinformation Nr. 276/64 über die Festnahme von Angehörigen einer Westberliner Schleusergruppe

  2. Zum vorherigen Dokument Protestlosungen und -Anrufe von Oberschülern

    3. April 1964
    Einzelinformation Nr. 272/64 über einige von Oberschülern durchgeführte feindliche und provokatorische Handlungen