Verhalten des US-Offiziers Svenson seit Übertritt in DDR
13. April 1964
Einzelinformation Nr. 306/64 über das Verhalten des ehemaligen US-Offiziers Svenson seit seinem Übertritt in die DDR am 4. Mai 1963
Der ehemalige US-Offizier Svenson, Alfred, geboren [Tag, Monat] 1932 in Kaunas/Litauen, Angehöriger der US-Armee von 1951 bis 1954 und wieder ab 1958, zuletzt Captain und in Kirchgöns/WD stationiert, zzt. ohne feste Beschäftigung und in Dresden-A, [Straße, Nr.] wohnhaft, bat am 4.5.1963 in der DDR um Asylrecht, da er angeblich unter den derzeitigen politischen Bedingungen nicht mehr in der US-Armee dienen wolle und die Absicht habe, von der DDR aus aktiv für eine Politik der friedlichen Koexistenz einzutreten.1
Sein Übertritt in die DDR wurde auf Vorliegen eines positiven Überprüfungsergebnisses und aufgrund seiner Bereitwilligkeit in Presse, Funk und Fernsehen weitgehend ausgewertet.2
Da S. von vornherein eine entsprechende Bedingung stellte und »Radio Berlin International«3 an seiner Mitarbeit interessiert war, erfolgte seine Unterbringung in einer gut eingerichteten 2-Zimmer-Wohnung in Berlin. Er wurde vom Rundfunk zunächst als redaktioneller Mitarbeiter, später – wiederum auf seinen ausdrücklichen Wunsch – als freischaffender Journalist und Sprecher mit einem hohen Monatseinkommen (1 500 DM) beschäftigt. S. hat jedoch im Verlaufe seines bisherigen Aufenthaltes die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt, sondern böswillig hintertrieben. Trotz großzügiger Unterstützung bemühte er sich in keiner Weise den politischen und moralischen Anforderungen des ihm erteilten Asylrechts zu entsprechen. Von Beginn seines Aufenthaltes an setzte er sich über alle Normen unseres gesellschaftlichen Lebens hinweg in der Auffassung, dass die DDR ihn um jeden Preis brauche, er hingegen ohne die DDR auskommen könne.
Diese Grundauffassung spiegelt sich in seiner persönlichen Haltung, in seinem Privatleben und in seiner Einstellung zur Arbeit wider. Die arbeitsmäßigen Verpflichtungen vernachlässigte er in gerade asozialer Weise, sein Lebenswandel war durch beträchtliche Geldausgaben, ständige sexuelle und alkoholische Ausschweifungen gekennzeichnet. S., der nur über geringe journalistische Fähigkeiten verfügte, erhielt ausreichende Qualifizierungsmöglichkeiten, nutzte diese jedoch infolge mangelnder Disziplin und Arbeitsunlust nicht.
Seine großen Schwächen versuchte S. immer durch provokatorische – für uns unannehmbare – Forderungen zu vertuschen. Abschlägige Bescheide nahm er zum Anlass zu erklären, dass er »in der DDR fehl am Platze sei«, bzw. er provozierte skandalöse Zwischenfälle in der Absicht, um seine in erster Linie materiellen Forderungen durchzusetzen. Bereits nach kurzem Aufenthalt in der DDR kam es zwischen S., der angetrunken war, und einem DDR-Bürger auf Verschulden des S. zu einer Schlägerei. Da S. hierauf von der VP vernommen wurde, nahm er diesen Vorfall zum Anlass, den in Berlin akkreditierten Reuter-Korrespondenten sofort ein Interview zu geben, in welchem er den Vorfall in verleumderischer Weise schilderte. Die entsprechende, groß aufgemachte Reuter-Meldung besagte deshalb, S. würde in der DDR mit Gewalt festgehalten und sei beim Versuch, die Staatsgrenze nach Westberlin zu überschreiten, von Volkspolizisten zusammengeschlagen worden.
Zu den bereits angeführten Schwächen des S. kommen noch einige kriminelle Delikte (Scheckbetrug, Körperverletzung, wissentliche Verbreitung einer Geschlechtskrankheit) hinzu, die bisher nicht strafrechtlich verfolgt wurden.
Infolge des geschilderten Gesamtverhaltens und zur Verhinderung weiterer skandalöser Zwischenfälle in Berlin wurde S. Anfang März 1964 nach Dresden übergesiedelt, wo er seinen Lebenswandel jedoch fortführte. Um zu vermeiden, dass S. weiterhin in der Öffentlichkeit negativ auftrat, wurde er in der letzten Zeit vom MfS mit fiktiven journalistischen Aufgaben beschäftigt und materiell gebührend unterstützt.4
Während seines gesamten bisherigen Aufenthaltes wurden ständig Versuche unternommen, ihn durch eindringliche Gespräche und Vorhaltungen zu veranlassen, seinen beruflichen Pflichten nachzukommen und sein Privatleben solider zu gestalten. Alle Aussprachen verliefen ergebnislos, obwohl S. ständig eine Änderung versprach. Aus diesem Grunde ist damit zu rechnen, dass S. auch in Zukunft ähnliche Schwierigkeiten bereiten wird.
Da das Verhalten des S. in der Öffentlichkeit untragbar geworden ist und er in der Zwischenzeit zudem viele Verbindungen zu negativen Personenkreisen geknüpft hat, wird vorgeschlagen,5 S. zusammen mit einem anderen amerikanischen Übersiedler, der sich zzt. in der USA-Militärmission in Potsdam aufhält, in einem Akt des guten Willens der DDR an einem geeigneten KPP den amerikanischen Militärbehörden in Westdeutschland zu übergeben.
Um einer eventuellen Hetzkampagne vorzubeugen, wird dem S. mitgeteilt, dass in einem solchen Falle Veröffentlichungen erscheinen, die über seine gegen die US-Armee gerichteten Vorschläge konkret aussagen. (Unter anderem sollte die DDR unter seiner Leitung eine Organisation übergetretener US-Soldaten bilden und mit aktiver Tätigkeit gegen die US-Armee in Westdeutschland beauftragen.)
In einer entsprechenden Presseverlautbarung könnte nach unserer Auffassung die Übergabe damit begründet werden, dass sich S. trotz entsprechender Möglichkeiten in keiner Weise in das gesellschaftliche Leben der DDR einordnen wollte. Es habe sich erwiesen, dass S. ein asoziales, kriminelles Element sei, keiner geregelten Arbeit nachgegangen wäre und mehrfach betrügerische Manipulationen unternommen hätte, um ein ausschweifendes Leben führen zu können.