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Tätliche Auseinandersetzung mit sowjetischen Soldaten in Lossa

6. September 1965
Einzelinformation Nr. 786/65 über Vorkommisse mit sowjetischen Armeeangehörigen im Bezirk Halle

Am 3.9.1965, gegen 20.45 Uhr, suchten sieben sowjetische Soldaten aus dem Armeelager Lossa, [Kreis] Nebra, [Bezirk] Halle, die Gaststätte in Lossa auf, wo sie von dem Gastwirt Wodka und Bier verlangten. Der Gastwirt kam diesem Verlangen jedoch nicht nach und wies darauf hin, dass es von der sowjetischen Kommandantur verboten wurde, alkoholische Getränke an sowjetische Armeeangehörige zu verkaufen.

Anschließend verwies der Wirt die Soldaten aus der Gaststätte.

Da die Armeeangehörigen dieser Aufforderung nicht nachkamen, wollte der Wirt die Kommandantur anrufen. Zu diesem Zweck begab er sich in ein Nebenzimmer. Dabei folgten ihm drei Soldaten, die eine Verständigung der Kommandantur verhinderten.

Als auch die weiteren Bemühungen des Wirtes ohne Erfolg blieben, forderte er einen Gast – [Vorname Name 1] – auf, ihm behilflich zu sein.

Beide brachten daraufhin die sowjetischen Soldaten vor die Tür der Gaststätte. Ein weiterer hinzukommender Gast – [Name 2] – wurde von einem sowjetischen Soldaten von der Haustür auf die Straße gezogen.

Durch die andauernden Streitereien und Auseinandersetzungen vor der Tür wurden die weiteren in der Gaststätte befindlichen 26 Gäste – vorwiegend Fußballsportler – aufmerksam. Sie begaben sich ebenfalls auf die Straße und versuchten die Auseinandersetzungen zu beenden. Dabei entwickelte sich eine Schlägerei, woran sich sechs Sportler beteiligten. Erst durch das Eingreifen weiterer Sportler wurde die Schlägerei beendet.

Der hinzukommende Parteisekretär der LPG Typ III1 »5. Parteitag« versuchte ebenfalls den Streit zu schlichten und begleitete die Soldaten bis zum Ausgang des Dorfes in Richtung des Armeelagers. Unterwegs äußerten die Armeeangehörigen, dass sie mit mehreren Soldaten wiederkommen würden.

Gegen 23.15 Uhr erschienen 20 sowjetische Soldaten in der Gaststätte, die alle Türen und Fenster besetzten und das gesamte Haus nach Personen durchsuchten, die vorher an der Schlägerei beteiligt waren. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich nur noch sechs Gäste im Lokal.

Im Gastzimmer erkannten die sowjetischen Soldaten den [Vorname Name 3] wieder, der an der Schlägerei beteiligt war. Sie schlugen auf ihn ein, sodass er zeitweilig besinnungslos war. Die anderen Gäste wurden ebenfalls mit Koppeln geschlagen, bis sich herausstellte, dass sie an der vorangegangenen tätlichen Auseinandersetzung nicht beteiligt waren. Ein Soldat gab dem Wirt 2,00 MDN und verlangte dafür Bier. Um weitere Auseinandersetzungen zu vermeiden, schenkte der Wirt zwölf Bier ein.

Nach ca. 15 Minuten verließen die Soldaten das Lokal. Nach Aussagen des Wirtes fehlten aus seiner Räucherkammer zwei Würste und eine Seite Speck.

Bei der Schlägerei wurden zwei Bürger der DDR und ein sowjetischer Soldat leicht verletzt. Weiter entstand Sachschaden in Höhe von ca. 40,00 MDN.

Zur Untersuchung des Vorkommnisses wurde eine Kommission in Verbindung mit der sowjetischen Militärstaatsanwaltschaft eingesetzt.

Die Bewohner von Lossa verhalten sich abwartend, bisher wurden keine negativen Diskussionen über das Vorkommnis geführt.

Bereits am 28.8.1965 war es in Halle zu einem besonderen Vorkommnis durch Angehörige der sowjetischen Armee gekommen. In der Gaststätte »Heiderand« in Halle NW 21, Straße am Waldrand, fand eine geschlossene Veranstaltung der PGH »Hans Sachs« statt.

Gegen 23.00 Uhr betraten zwei sowjetische Soldaten in angetrunkenem Zustand das Lokal. Sie sangen im Lokal und belästigten die anwesenden Gäste. Aufgrund des Verhaltens der Soldaten kam es zu Auseinandersetzungen, die auf der Straße in Form einer Schlägerei fortgesetzt wurden.

Zum gleichen Zeitpunkt befand sich der Peter Hüttner, geb. [Tag, Monat] 1941, wohnhaft Halle NW 20, [Straße Nr.], mit seiner Frau, von einer Familienfeier kommend, auf dem Heimweg. Als das Ehepaar auf der gegenüberliegenden Straßenseite an der Gaststätte vorbeikam, löste sich einer der sowjetischen Soldaten aus der Gruppe der an der Auseinandersetzung beteiligten Personen und ging auf das Ehepaar Hüttner zu. Ohne jeglichen Grund stach der sowjetische Soldat auf Hüttner ein, der nach kurzer Zeit an den Verletzungen (Herzstich) verstarb.

Unter der Bevölkerung wurden zum Vorkommnis bisher keine feindlichen gegen die Sowjetarmee gerichteten Diskussionen bekannt. Überwiegend wird die Meinung vertreten, dass die Handlungsweise des sowjetischen Soldaten nicht verallgemeinert werden kann und es sich dabei um ein sog. »schwarzes Schaf« handelte.

  1. Zum nächsten Dokument Brand einiger Wagen des Expresszuges »Vindobona«

    9. September 1965
    Einzelinformation Nr. 797/65 über den Brand einiger Wagen des »Vindobona« Wien–Prag–Berlin (Ext 55) am 8. September 1965

  2. Zum vorherigen Dokument Nichtanerkennung der ostdeutschen biochemischen Arbeitsgemeinschaft

    4. September 1965
    Einzelinformation Nr. 783/65 über Bestrebungen westdeutscher Kreise zur Unterminierung der internationalen Anerkennung der Arbeitsgemeinschaft Biochemie der DDR