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DDR-Kontakte von Günter Gaus, Winfried Staar und Peter Nöldechen

Januar 1977
Hinweise über Kontakte des Leiters der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR, Gaus, des Ministerialrats für Kultur und Sport in der Ständigen Vertretung der BRD, Staar, und des in der DDR akkreditierten Korrespondenten der »Westfälischen Rundschau«, Nöldechen, seit dem 17.11.1976 [Bericht K 3/11]

1. Kontakte von Gaus, Leiter der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR,1 seit dem 17.11.1976

17.11.1976 – Gaus sucht die Ehefrau des Biermann in deren Wohnung auf. Er fragt an, ob Biermann ihn sprechen möchte, er – Gaus – sei bereit, sich am 20. oder 21.11.1976 mit ihm zu treffen. Weiter wurde über eine mögliche Reise der Christine Biermann in die BRD bzw. über deren mögliche Ausbürgerung gesprochen.

18.11.1976 – Gaus sucht wiederum die Ehefrau des Biermann in deren Wohnung auf. (Der Besuch dauerte lediglich fünf Minuten, obwohl Christine Biermann anwesend war.)

19.11.1976 – Zusammenkunft mit den BRD-Korrespondenten

  • Loewe – ARD,

  • Nette – ARD,

  • Tautz-Wiessner – ZDF,

  • Schulz – DPA,

  • Pragal – Süddeutsche Zeitung,

  • Bayer – Badische Zeitung, Kölnische Rundschau

um eine Abstimmung herbeizuführen, wie im Zusammenhang mit den Vorgängen um Biermann vorgegangen werden soll.

16.12.1976 – Zusammenkunft mit dem Schriftsteller Rolf Schneider in dessen Wohnung in Schöneiche bei Berlin. (Diese dauerte ca. 1 Stunde und fand auf Wunsch des Schneider statt.)

17.12.1976 – Gaus lädt Prof. Cremer2 und Prof. Henselmann3 für den 13.1.1977 zu einem Abendessen ein. (Dieses Essen, zu dem ca. 12 bis 14 Personen geladen seien, werde für den Schweizer Botschafter in der DDR gegeben, der anschließend nach Nairobi gehe.)

19.12.1976 – Zusammentreffen mit dem in Westberlin ansässigen Schriftsteller Günter Grass in Westberlin. (Es wurde u. a. für Januar 1977 eine erneute Zusammenkunft in der Wohnung von Grass vereinbart.)

15.1.1977 – Gaus hat die anlässlich des am gleichen Tage in Westberlin stattfindenden Presseballs in Westberlin anwesenden Chefredakteure der Massenmedien der BRD für 12.00 Uhr zu einem sog. Hintergrundgespräch in die Ständige Vertretung der BRD in der DDR-Hauptstadt eingeladen.

2. Kontakte des Staar, Winfried, Ministerialrat für Kultur und Sport der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR seit dem 17.11.1976

23.11.1976 – Zusammenkunft mit Dr. Bunge, Hans-Joachim, Dramaturg am Deutschen Theater, in dessen Wohnung. (Dr. Bunge ist Unterzeichner der »Protesterklärung« für Biermann.)

29.11.1976 – Erneute Zusammenkunft mit Dr. Bunge in dessen Wohnung.

10.12.1976 – Staar benachrichtigt im Zusammenhang mit dem Ableben seiner Schwiegermutter die DDR-Bürger

  • Prof. Dr. Dr. h.c. [Vorname Name, Adresse]

  • [Name, Vorname, Adresse]

  • [Name, Vorname, Adresse]

  • [Name, Vorname, Adresse] (Ehefrau des Rektors der Filmhochschule der DDR)

  • [Name, Vorname, Adresse] (Schwester der Schwiegermutter des Staar)

  • [Name, Vorname, Adresse] (Pfarrer, hat aus eigener Initiative Kontakt zur Ständigen Vertretung aufgenommen, hatte bereits mehrere Zusammenkünfte mit Staar.)

16.12.1976 – Fernmündliches Gespräch mit Jurek Becker und Einladung zum Empfang der BRD-Vertretung am 21.12.1976 (Staar wurde dazu von Nöldechen veranlasst). Becker lud Staar zu einem Gegenbesuch in seine Wohnung am 30.12.1976 ein.

29.12.1976 – Zusammenkunft mit Neubauer – Innensenator von Westberlin –, Bräutigam4 und Nöldechen anlässlich eines Abendessens in der Wohnung von Staar in der Leipziger Straße. (Der Korrespondent Nöldechen wurde Neubauer als »einer der interessantesten in der DDR akkreditierten Journalisten der BRD« vorgestellt.)

3. Kontakte des in der DDR akkreditierten Korrespondenten der »Westfälischen Rundschau«, Nöldechen, seit dem 17.11.1976

17.11.1976 – Gespräch mit Havemann in dessen Wohnung in Grünheide nach telefonischer Voranmeldung.

18.11.1976 – Fernmündliches Gespräch mit Jurek Becker und Bitte um ein Telefon-Interview sowie Mitteilung weiterer Namen von Unterzeichnern der »Protesterklärung«. Ansinnen wurde von Becker abgelehnt.

18.11.1976 – Fernmündliches Gespräch mit Stefan Heym, ebenfalls mit der Bitte um ein Interview. Heym lehnte ab.

22.11.1976 – Zusammentreffen mit Sager (ZDF), der den Nöldechen ausführlich über ein am gleichen Tage mit Havemann geführtes Gespräch informiert. Dabei ging es hauptsächlich um Vermutungen des Havemann, wonach »Freunde von ihm inhaftiert worden seien«.

20.11.1976 – Zusammentreffen mit Jurek Becker und Kämpgen, »Westdeutsche Allgemeine Zeitung«. N. interessierte sich insbesondere dafür, ob einige Unterzeichner der »Protestresolution« ihre Unterschrift zurückgezogen hätten. Becker verweigerte diese Auskunft.

1.12.1976, 2.12.1976 – Nöldechen unternimmt zwei »Testfahrten« zum Grundstück Havemanns, um zu sehen, »wie die Lage sei«. Dem DPA-Korrespondenten Schulz teilte N. anschließend mit, dass die »Situation unverändert sei«. Bei seiner Ankunft seien durch die Sicherungskräfte Aktivitäten entwickelt worden. Da er selbst nicht »verfolgt« wurde, nahm er an, dass die Maßnahmen nur auf das Gebiet von Grünheide beschränkt seien.

2.12.1976, 13.11 Uhr – Fernmündliches Gespräch mit Sawade, Annette, wohnhaft: 1058 Berlin, [Adresse], Tierpflegerin5 (gehört zum Kreis feindlich eingestellter Personen um Dr. Rudolf Kunze, Pharmakologe an der Humboldt-Universität). Die S. teilt dem Nöldechen mit, dass der Maler Kastner aus Stralsund etwas in den Briefkasten des Büros von Nöldechen gesteckt habe. N. zeigte sich verwundert, da er nichts vorgefunden habe. Die S. erhält den Auftrag, dem Kastner mitzuteilen, er solle sich bei N. melden.

5.12.1976 – Zusammentreffen mit Kastner, Manfred, wohnhaft: Stralsund, Maler, im Wohnbüro von Nöldechen, 113 Berlin, [Adresse]. (N. setzte sich in der »Westfälischen Rundschau« für die Aufnahme des Kastner in den Verband Bildender Künstler der DDR ein.)6

7.12.1976, 15.14 Uhr – Fernmündliches Gespräch mit Sawade, Gottfried, wohnhaft: 1058 Berlin, [Adresse], Dipl.-Physiker, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Humboldt-Universität zu Berlin7 (gehört ebenfalls zum Kreis um Dr. Kunze), der dem Nöldechen mitteilt, dass er einen nicht näher bezeichneten Gegenstand für N. habe, der zwischen 17.15 und 17.30 Uhr in Sawades Wohnung in Empfang genommen werden könne.

7.12.1976, 16.47 Uhr – Fernmündliches Gespräch mit der Sawade, Annette, die dem N. mitteilt, der Verwendungszweck für den bereits erwähnten Gegenstand sei auf diesem selbst verzeichnet.

7.12.1976, 17.08 Uhr – Fernmündliches Gespräch mit Hagemeyer, Harm-Hinrich, wohnhaft: Berlin, [Adresse], Elektromechaniker an der Humboldt-Universität zu Berlin (gehört zum Kreis der Kunstaussteller »Kleine Galerie«, Berlin-Pankow, um Dr. Rudolf Kunze, Pharmakologe an der Humboldt-Universität zu Berlin), in dessen Verlauf ein sofortiger Besuch angekündigt wird.8

7.12.1976, 17.15 Uhr – Zusammenkunft mit Hagemeyer in dessen Wohnung.

7.12.1976, 17.30 Uhr – Zusammenkunft mit Sawade, Gottfried, in dessen Wohnung. Es wird höchstwahrscheinlich der nicht näher bezeichnete Gegenstand abgeholt.

10.12.1976, 18.00 Uhr – Fernmündliches Gespräch mit Bonsack, Wilfried, wohnhaft: 104 Berlin, [Adresse], Buchhändler/Schriftsteller, in dessen Verlauf N. von Bonsack Angaben zu Nina Hagen verlangt. Der B. teilte mit, dass dem Antrag schneller als erwartet Rechnung getragen worden sei. Nöldechen teilte ferner mit, dass Kunert, Becker und G. Wolf aus der SED ausgeschlossen wurden, die Kirsch als Mitglied gestrichen wurde und Hermlin und Jakobs9 eine Rüge erhalten hätten. Diese Informationen habe er »fast aus dem Untergrund«. Beide vereinbaren, sich am 11.12.1976 im Jüdischen Gemeindehaus zu einer Buchlesung Kunerts zu treffen.

11.12.1976, 16.00 Uhr – Zusammenkunft mit Bonsack, Wilfried, während einer Buchlesung von Günter Kunert im Haus der Jüdischen Gemeinde von Berlin.

14.12.1976 – Eine Frau [Name 2] vom Institut für Schauspielregie hinterlässt auf dem Anrufbeantworter im Büro von Nöldechen, dass Herr Prof. Wekwerth (Leiter des Instituts für Schauspielregie) wieder große Wünsche habe, die sie nicht nennen wolle. N. solle entsprechende Verbindung aufnehmen.

14.12.1976 – Fernmündliches Gespräch mit Materna, Helmut, wohnhaft: Halle, Chemiker im Institut für Denkmalpflege Halle, in dessen Verlauf der M. für den 15.12.1976 einen Besuch im Wohnbüro von Nöldechen ankündigt.

15.12.1976 – Zusammenkunft mit Materna, Helmut, im Wohnbüro von Nöldechen.

15.12.1976 – Wiederum Zusammentreffen mit Kastner, Manfred, im Wohnbüro von Nöldechen.

15.12.1976, 19.03 Uhr – Fernmündliches Gespräch mit Jurek Becker, in dessen Verlauf eine Zusammenkunft für den 17.12.1976 festgelegt wurde. Becker wird gefragt, ob es stimme, dass er und andere Schriftsteller aus der Partei ausgeschlossen wurden. N. wollte gleichzeitig erfahren, ob der Bericht des »Spiegel«10 den Tatsachen entspreche. Becker bestätigt dies, es »sei ein großes Aufräumen im Gange«. Gleichzeitig wurde dem Becker mitgeteilt, dass Staar am 21.12.1976 einen Empfang gibt. Becker bittet Nöldechen, ihm eine Einladung zu beschaffen.

15.12.1976, 19.10 Uhr – Fernmündliches Gespräch mit Prof. Wekwerth […] Wekwerth erklärte weiter, er habe ein 14-tägiges Visum für Westberlin gehabt und vergeblich versucht, Nöldechen in Westberlin zu erreichen. Sie vereinbaren für den 18.12.1976, 18.00 Uhr, eine Zusammenkunft in der »Komischen Oper«. (Dieser Treff wird am 18.12.1976 von W. wegen Zeitmangels abgesagt. Es wird die Absicht geäußert, zwischen Weihnachten und Neujahr einen neuen Termin zu vereinbaren.)

17.12.1976, 11.30 Uhr – Zusammenkunft mit Gruhn, Martin, wohnhaft: Neuendorf/Hiddensee, Diplom-Volkswirt/Invalidenrentner, in der Wohnung von Prof. Dr. Wolfgang Heinrichs, wohnhaft: 102 Berlin, [Adresse], Dipl.-Wirtschaftler an der Akademie der Wissenschaften. (Der H. ist ein Freund des Gruhn.)

17.12.1976 – Zusammenkunft mit Becker, Jurek, in der Wohnung von Becker, 115 Berlin, [Adresse]. Es wurde über die Parteiausschlüsse sowie über Ausschlüsse aus dem Vorstand des Berliner Schriftstellerverbandes gesprochen.

20.12.1976, 12.52 Uhr – Fernmündliches Gespräch mit Sawade, Gottfried, in dessen Verlauf der S. gebeten wurde, bis 16.00 Uhr im Wohnbüro des Nöldechen vorbeizukommen, da er etwas vom »Jahresendmann«11 bekommen habe. Der S. erklärte sich bereit, den N. nach 13.00 Uhr aufzusuchen.

20.12.1976 – In zwei fernmündlichen Gesprächen mit dem Büro der »Westfälischen Rundschau« in Westberlin erwähnt N., er arbeite an der Geschichte über einen DDR-Autoren, der aus der Partei ausgeschlossen worden sei. Den Namen wolle er noch nicht nennen. (Es handelt sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Jurek Becker.)

30.12.1976, 2.1.1977 – Aufenthalt mit Familie bei Gruhn, Martin, wohnhaft: Neuendorf/Hiddensee zur gemeinsamen Silvesterfeier.

4. Empfang des Staar im Gartenhaus der BRD-Vertretung am 21.12.1976

Am 21.12.1976, in der Zeit von 18.00 bis 22.00 Uhr, fand im Gartenhaus der BRD-Vertretung ein Empfang statt, zu dem der Ministerialrat für Kultur und Sport der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR, Staar, eingeladen hatte. Anwesend waren ca. 100 Personen, vorwiegend offizielle Persönlichkeiten der DDR sowie Diplomaten der UdSSR, Frankreichs, Englands u. a. Aus Kreisen Kulturschaffender der DDR waren Stephan Hermlin, Günter Kunert und Dr. Hans Bunge – jeweils mit Ehefrauen –, Jurek Becker, Jochen Schädlich12 und der Komponist Bredemeyer anwesend. Der Leiter der BRD-Vertretung, Gaus, war zeitweilig anwesend und führte ein ca. drei Minuten langes Gespräch mit Hermlin.

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    1. Februar 1977
    Information Nr. 76/77 über die Entwicklung der Einnahmen aus der Durchführung des verbindlichen Mindestumtausches für die Zeit vom 24. Januar 1977 bis 30. Januar 1977

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    31. Januar 1977
    Information Nr. 75/77 über den Umfang des grenzüberschreitenden Verkehrs im IV. Quartal 1976