Lesung des Schriftstellers Klaus Schlesinger in der ESG Berlin (1)
5. Oktober 1977
Information Nr. 619/77 über eine vorgesehene Lesung des Schriftstellers Klaus Schlesinger vor der Evangelischen Studentengemeinde (ESG) Berlin
Dem MfS wurde bekannt, dass der Schriftsteller Klaus Schlesinger am 6.10.1977 auf einer 19.30 Uhr beginnenden Veranstaltung der ESG im kircheneigenen Gebäude der Elias-Gemeinde, Berlin-Mitte, Invalidenstraße 4 (der vorgesehene Raum fasst ca. 100 Personen) aufzutreten beabsichtigt.
Ursprünglich war im Rahmen dieser Veranstaltung etwa gegen 20.30 Uhr ein Vortrag eines gewissen Milbradt zum Thema »Einflüsse indischer Frömmigkeit auf das abendländische Denken« vorgesehen. Aufgrund einer kurzfristig erfolgten Absage des Milbradt erklärte sich Schlesinger auf Initiative des Studentenpfarrers der ESG Berlin, Schreiber, zu einer Buchlesung bereit.
Wie bekannt wurde, will Schlesinger aus seinem Buch mit dem Arbeitstitel »Berliner Traum«, dessen Veröffentlichung in der DDR abgelehnt wurde, lesen. (Nach vorliegenden Hinweisen hat Schlesinger am 29.9.1977 in Westberlin, Jungbuchhändlerkeller, Kammerstraße, bereits eine Lesung aus diesem Buch durchgeführt; das Erscheinen dieses Buches im S.-Fischer-Verlag/BRD wurde vom RIAS angekündigt.1)
Das Auftreten Schlesingers in der Veranstaltung der ESG wurde durch Veränderung der ursprünglich ausgehängten Plakate (Marienkirche, Dorotheenstädtischer Friedhof, Elias-Gemeinde) sowie in einer Veranstaltung der ESG am 29.9.1977 bekannt gegeben.
Bekanntlich tritt Schlesinger schon längere Zeit in negativ-feindlichem Sinne auf und versucht ständig, sich ihm bietende Möglichkeiten zur Verbreitung seiner Auffassungen zu nutzen.
Da es sich aufgrund des Auftretens Schlesingers in der ESG-Veranstaltung nicht mehr um eine von der Anmeldepflicht ausgenommene Veranstaltung in kirchlich genutzten Räumen handelt, eine Anmeldung auch nicht erfolgte, wird vorgeschlagen, diese Veranstaltung gemäß der »Verordnung über die Durchführung von Veranstaltungen« vom 26.11.1970 (GBl. II 1971, Nr. 10, S. 69)2 nicht zu genehmigen.