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Ermittlungen über eine Brandstiftung in der Ostberliner S-Bahn

5. Juni 1981
Information Nr. 287/81 über die bisher vorliegenden Aufklärungsergebnisse im Zusammenhang mit einer Brandstiftung in einem S-Bahnzug auf dem S-Bahnhof Jannowitzbrücke am 3. Juni 1981

Am 3.6.1981, gegen 0.30 Uhr, wurde bei Einfahrt des S-Bahnzuges Strausberg – Friedrichstraße (E 14 PS 34 420) auf dem S-Bahnhof Jannowitzbrücke im dritten Wagen eine am Boden liegende brennende Zeitung festgestellt.

Daraufhin unverzüglich eingeleitete Maßnahmen führten zur Festnahme des Tatverdächtigen [Name, Vorname] (19), geb. [Tag, Monat] 1962, wh.: 1080 Berlin, [Straße, Nr.], beschäftigt als Maßschleifer im VEB Kombinat EAW »Friedrich Ebert« Berlin-Treptow, Produktionsbereich 2.

Wie die bisher gemeinsam mit der Transportpolizei geführten Untersuchungen ergaben, habe sich der Tatverdächtige eigenen Angaben zufolge nach einem Gaststättenbesuch (»Spreebrücke« in Berlin-Friedrichshain) während der S-Bahnfahrt von Ostkreuz in Richtung Jannowitzbrücke – »einem inneren Drang folgend« – entschlossen, ein Feuer zu legen. Er habe deshalb vor der Einfahrt des S-Bahnzuges in den S-Bahnhof Jannowitzbrücke eine mitgeführte Zeitung »Junge Welt«1 mittels eines Feuerzeuges in Brand gesetzt und anschließend den S-Bahnzug auf vorgenanntem Bahnhof verlassen.

Obwohl sich [Name] nach seinen bisherigen Angaben über die möglichen Folgen seiner Tat im Klaren gewesen sei, habe er mit seiner Handlungsweise größeren Brandschaden oder Gefahren für andere Personen nicht angestrebt.

Wie der Tatverdächtige weiter behauptet, verspüre er schon seit längerer Zeit, insbesondere nach dem Genuss von Alkohol, einen »bestimmten inneren Drang, etwas zu machen«. So habe er in derartiger Situation bereits zwei Fensterscheiben eingeworfen, einen Pkw-Spiegel abgebrochen und etwa Ende November 1980 in der Toilette seines Arbeitsbereiches eine zwischen Rohrleitung und Wand steckende Zeitung einem »spontanen Einfall folgend« in Brand gesetzt.

Am 7.5.1981, gegen 0.10 Uhr, habe er, ebenfalls nach vorausgegangenem Gaststättenaufenthalt, vor Einfahrt eines S-Bahnzuges in den S-Bahnhof Jannowitzbrücke eine Zeitung in Brand gesetzt und nach Erreichen des S-Bahnhofes den S-Bahnzug sofort verlassen (Schaden 14 000 Mark).

Vorliegende Hinweise zum Persönlichkeitsbild des [Name] beinhalten, dass er in geordneten Familienverhältnissen (Vater – Sektorenleiter im ZK der SED; Mutter – Friseuse) aufwuchs und ein gutes Verhältnis zu seinen Eltern hat. Seine persönliche Entwicklung sei bisher ohne Schwierigkeiten verlaufen.

Die Transportpolizei leitete gegen den [Name] ein Ermittlungsverfahren mit Haft gemäß § 185 StGB – Brandstiftung2 – ein. Es ist im Verlauf der weiteren Untersuchungen vorgesehen, den [Name] einer gerichtspsychiatrischen Untersuchung zuzuführen.

  1. Zum nächsten Dokument Vergewaltigung einer Bürgerin durch GSSD-Angehörige bei Potsdam

    9. Juni 1981
    Information Nr. 296/81 über die Vergewaltigung einer Bürgerin der DDR durch sechs Angehörige der GSSD in Potsdam

  2. Zum vorherigen Dokument Erste Reaktionen der Bevölkerung auf das FDJ-Parlament

    4. Juni 1981
    Hinweise über erste Meinungsäußerungen und Reaktionen zum XI. Parlament der Freien Deutschen Jugend [Bericht O/100]