Verbreitung pazifist. Losungen und Hetzblätter durch 2 Schüler in Halle
16. Dezember 1982
Information Nr. 645/82 über das Anbringen von Losungen mit hetzerischem und pazifistischem Inhalt sowie das Verbreiten selbst gefertigter Hetzblätter durch zwei Schüler einer Polytechnischen Oberschule aus Halle
Am 5. Dezember 1982 wurden im Wohnkomplex »Franckesche Stiftungen« in Halle mehrere mittels weißer Schulkreide in einer Länge bis zu einem Meter an Häuserwänden und Türen angebrachte Losungen festgestellt.
Der Inhalt der Texte trägt hetzerischen und pazifistischen Charakter; so u. a.:
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»Freiheit für acht Führer von Solidarność«,1 »Freiheit für Solidarność«, »Solidarność soll leben«, »Freiheit für Walesa«,2
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»Russen raus«, »Nieder mit Breshnew3…«, »Russen raus aus Afghanistan«,4
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»Freies Deutschland«, »SED erschießen«,
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»Schwerter zu Pflugscharen«,5
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»Freiheit für die Roten Brigaden«.8
Im Ergebnis unverzüglich eingeleiteter Untersuchungen wurden als gemeinschaftlich handelnde Täter zwei Schüler (15, 16 Jahre) der Klasse 10b der Polytechnischen Oberschule »Georgi Dimitroff« aus Halle ermittelt.
Beide Schüler hatten, wie die weiteren Untersuchungen ergaben, bereits am 20. April 1982 im Bereich des Bahnhofes Aschersleben ca. 100 selbst gefertigte Hetzblätter gleichen Inhalts verbreitet.
Eigenen Einlassungen zufolge sind beide Schüler durch das ständige ungehinderte Abhören westlicher Rundfunksender und dem häufigen Empfang politischer Sendungen des BRD-Fernsehens zu ihren Straftaten inspiriert worden. Sie besitzen eine negative politische Grundeinstellung zur sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung in der DDR.
Ein Schüler – Vater Maschinist, Mutter Lagerarbeiterin – siedelte im Jahre 1978 mit seinen Eltern aus der VR Polen in die DDR über. Er identifiziert sich mit den konterrevolutionären Ereignissen in der VR Polen.
Der Vater des zweiten Schülers, beschäftigt als Kraftfahrer im Sportmedizinischen Dienst Halle, ist Mitglied der SED.
Gegen beide jugendlichen Täter wurden Ermittlungsverfahren wegen öffentlicher Herabwürdigung gemäß § 220 StGB ohne Haft eingeleitet.9
Die Untersuchungen werden mit dem Ziel fortgeführt, insbesondere die den Straftaten zugrunde liegende Motivation umfassend aufzuklären.
Es ist vorgesehen, das Ergebnis der Untersuchungen in differenzierter Form mit den Erziehungsträgern an der genannten Schule auszuwerten.