Verletzung des Luftraumes der DDR durch Motorflugzeug
4. Juni 1983
Information Nr. 207/83 über die Verletzung des Luftraumes der DDR durch ein Motorflugzeug der BRD am 3. Juni 1983 im Raum Schleiz, Bezirk Gera
Am 3.6.1983 verletzte ein Motorflugzeug der BRD vom Typ »Cessna 175«, Kennzeichen [Nr.] das Hoheitsgebiet der DDR und landete gegen 16.15 Uhr bei Thierbach, Kreis Schleiz.
Bei dem Luftraumverletzer handelt es sich um den Bürger der BRD [Name, Vorname] (62), geb. am [Tag, Monat] 1920, wohnhaft 85 Nürnberg, [Straße, Nr.], selbstständiger Kfz-Meister, ausgewiesen durch Reisepass der BRD [Nr.].
[Name] gab an, die Orientierung verloren zu haben und wegen Kraftstoffmangels gelandet zu sein.
Der Pilot ist seit 1963 hobbymäßig Motorsportflieger und absolvierte bisher 275 Flugstunden. Seinen letzten Flug absolvierte er im September 1982. Am 19.5.1983 begab er sich zu einem Fliegertreffen nach Zell am See (Österreich). Wegen schlechter Wetterlage erfolgten dort bis zum 3.6.1983 keine Flüge. Daraufhin wollte er zu seinem Heimatflugplatz Nürnberg/Herzogenaurach zurückfliegen. Da er diese Flugstrecke in den Vorjahren bereits etwa zehnmal zurückgelegt hatte, erfolgte keine spezielle Flugvorbereitung. Er gab lediglich den benötigten Flugplan ab und holte eine Wetterberatung ein.
Um 12.35 Uhr startete [Name] in Zell am See mit dem Ziel, über Landshut nach Herzogenaurach zu fliegen. Noch vor Erreichen des als Orientierungspunkt gewählten Flugplatzes Landshut beantragte und erhielt er per Funk von der Informationsstelle München eine Abänderung des Flugplanes nach Straubing, um die eingenommene Höhe von ca. 2 400 Meter für einen längeren Flug zu nutzen. Beim Anflug nach Straubing kam es nach seinen eigenen Angaben zu Störungen bei dem als Navigationsgerät dienenden Funkkompass, und er erreichte Straubing nicht.
Beim Hantieren am Gerät vernachlässigte er die gebotene Sichtorientierung, die er im Folgenden auch nicht wiedergewann. Außerdem berücksichtigte er nicht die durch die Windverhältnisse zwangsläufige östliche Versetzung. Sein Entschluss, mit Nordwestkurs und damit außerhalb der Flugüberwachungszone (ADIZ)1 entlang der Staatsgrenze der BRD zur ČSSR fliegen zu wollen und dabei durch Suchen nach ihm bekannten Geländeabschnitten die Orientierung wiederzugewinnen, führte im Zusammenhang mit der östlichen Versetzung dazu, dass er im Bezirk Karl-Marx-Stadt mit Nordwest- bis Nordkurs in den Luftraum der DDR eindrang. Zur besseren Bodensicht flog er zum Teil im Tiefflug (unter 50 m).
Um 15.20 Uhr wurde der Luftraumverletzer durch einen Angehörigen des Agrarfluges, aus Richtung Karl-Marx-Stadt/Hilbersdorf kommend, über Burgstädt festgestellt.
Aus der Rekonstruktion des Weiteren Flugverlaufes ergibt sich, dass er Ronneburg und die in Ost-West-Richtung verlaufende Autobahn Hermsdorfer Kreuz/Karl-Marx-Stadt überflog.
Wegen akuten Kraftstoffmangels landete er komplikationslos gegen 16.15 Uhr auf einer abgeernteten Wiese bei Thierbach, Kreis Schleiz. Danach meldete er sich in der Gaststätte des Ortes, von wo aus um 16.43 Uhr sofort die DVP verständigt wurde.
Über den Ort den Eindringens in den Luftraum der DDR liegen weder Funkmesswerte der NVA, LSK/LV noch Meldungen der Grenztruppen der DDR vor.
Bei dem Piloten handelt es sich um einen parteilosen, politisch desinteressierten Kleinunternehmer. Mit seiner selbstständig betriebenen Kfz-Reparaturfirma, in der seine Ehefrau mitarbeitet, erzielt er nach eigenen Angaben einen monatlichen Gewinn von ca. 2 500 DM.
Es wird vorgeschlagen,
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den Piloten noch am heutigen Tage und das Flugzeug auf dem üblichen Wege zurückzuführen,
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den Entwurf der beigefügten Pressemitteilung über die Luftraumverletzung zu veröffentlichen,
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über das MfAA durch die Ständige Vertretung der DDR in der BRD wegen der erneuten Luftraumverletzung zu protestieren und diese Maßnahmen zu publizieren.
Anlage zur Information Nr. 207/83
»ADN-Meldung ›Erneute Verletzung des Luftraums der DDR durch BRD-Flugzeug‹.«
Erneute Verletzung des Luftraumes der DDR durch BRD-Flugzeug
Berlin (ADN): Am 3. Juni 1983 drang das Motorflugzeug der BRD vom Typ »Cessna 175«, Kennzeichen [Nr.], in den Luftraum der DDR ein und landete im Hoheitsgebiet der DDR. Nach der Landung wurde der Pilot, [Name, Vorname], Bürger der BRD, den zuständigen Organen der DDR übergeben. Nach der Klärung der Ursachen für die Luftraumverletzung wurde er in die BRD zurückgeführt.